Claudia am 27. November 2000 — Kommentare deaktiviert für Geist ist knapper als RAM

Geist ist knapper als RAM

Endlich bin ich ins arbeiten geraten! Es ist schon längere Zeit her, dass ich mal völlig selbstvergessen vor einer entstehenden Webseite sitzen konnte und mich einfach nur um die Harmonie der Optik kümmern: Ist das der richtige Abstand? Hat der Text genug Platz? Wirkt das ganze eher locker und beiläufig selbstverständlich, oder ist alles in eine starre Form gezwängt? Sollte da nicht etwas Rundes auftauchen, wo doch das senkrechte und eckig-quaderhafte technisch bedingt dominiert? ( Und weiter: Wie sieht die Seite auf einem 800x600er Bildschirm aus? Braucht sie irgendwo Bewegung oder lieber nicht? Bloss kein Zappeln in den Augenwinkel, wenn der User wirklich LESEN soll… Weiter → (Geist ist knapper als RAM)

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Claudia am 23. November 2000 — Kommentare deaktiviert für Nachlese zur Gehirnwäsche, Mehltau über dem Web

Nachlese zur Gehirnwäsche, Mehltau über dem Web

Den gestrigen Beitrag Wahrheit oder Gehirnwäsche? hatte ich auch im STERN-Raucherforum gepostet und damit heftigen Wiederspruch geerntet. Dazu muss man wissen, dass dieses Forum ungemein überlaufen ist und extrem schnell durchscrollt – ein Grund, dort allenfalls mal eine URL zu hinterlassen, zum richtigen Gedanken-Austausch ist es viel zu ungemütlich. Umso mehr wundert es mich, wenn dann doch lange „Widerlegungen“ kommen: Warum, um Himmels Willen macht sich da jemand die Mühe, in einem anonymen Rahmen „an Unbekannt“ so ausführlich und voll agressiver Energie zu antworten? Naja, der Schreiber nennt sich immerhin Fumo, das heisst „Rauch“, und das ganze Forum ist ein Raucher- und kein Nichtraucherforum. :-)

Genug davon – für jetzt. Ich kann mir gut vorstellen, wie sehr dieses Thema manchen langweilt, der damit nun mal nichts am Hut hat. Sorry, aber hauptsächlich schreib‘ ich dieses Diary für mich: als Selbstverständigung, zur Ordnung der Gedanken und Gefühle, und als ein Experiment in der Frage „Wer bin ich?“. Wenn ein Text nämlich mal „draussen“ ist, dann verändert er sich auf geheimnisvolle Weise in einen Beitrag zum Thema „Wer will ich sein?“, auch wenn ich darauf wert lege, halbwegs authentisch zu schreiben und nichts definitiv Falsches einfliessen zu lassen. Diese Tatsache immer wieder zu beobachten, ist schon an und für sich lehrreich. Man kann dabei feststellen, wie Texte es doch niemals vermögen, ein Ganzes abzubilden, bzw. wie dieses Ganze sich eiligst ändert und seinem Begräbnis in den Festschreibungen immer wieder davonläuft. (Glücklicherweise behindert mich keinerlei VERPFLICHTUNG gegenüber unbekannten Lesern, explizit „ehrlich“ zu sein. Ihm oder ihr könnte ich ohne den Schimmer eines Schuldgefühls das Blaue vom Himmel herunterschreiben, schliesslich werde ich hier mehr oder weniger in der Sparte „Unterhaltung“ konsumiert. Andrerseits ist das absichtsvoll Simulierte für mich sehr viel langweiliger und anstrengender als das, was „von selber“ kommt – das mach‘ ich also verständlicherweise nur noch gegen Bezahlung.)

Werkstattbericht: Mehltau über dem Web

Tja, so langsam gerate ich doch wieder ins arbeiten, ein Glück! Zwar ist es nicht der große Motivationsschub, die durchgreifende Veränderung, der ganz neue Elan, – sowas kann man wohl nur im Frühling und nicht im November spüren – doch das Gefühl der Lähmung, der absoluten Ablehnung aller Aktivitäten ist vorbei. Und so langsam beginne ich mich wieder für das zu interessieren, was ich vorhabe. Da ist zuvorderst das Webwriting-Magazin, für das jetzt die ersten Artikel in Arbeit sind. Sowohl die Inhalte als auch das Design des Cyberzines entstehen ganz neu, alles, was vor Monaten schon einmal vorlag, wird links liegen gelassen, allerhöchstens ausgeschlachtet. Anders als bei fast allen vorherigen Projekten steht im Moment auch DESIGNERISCH der Inhalt im Vordergrund, der Text, der Sinn. Der erste Artikel wird über den Webguru Nielsen („Designing Web Usability“) gehen und befindet sich damit inmitten der Kontroverse und der Entwicklungen, die auch zu meiner monatelangen Depression bezüglich der Web-Arbeit beigetragen haben.

Es ist mir aus guten Gründen in der letzten Zeit nicht mehr gelungen, ein neues Magazin-Design zu entwickeln, das meinen eigenen Ansprüchen genügt. Wie ich jetzt bei der Arbeit am Artikel bemerke, lag das daran, dass es grundfalsch war, wieder eine neue SCHUBLADE, bzw. ein REGAL für beliebige Texte schaffen zu wollen. Dieses eigentlich öde Bemühen hat bei mir eingesetzt, als ich 1996 mein erstes Frameset für Missing Link baute (weil es soviel Arbeit spart…) und stellt sich heute webweit so dar, dass Programme beliebige Inhalte aus verschiedensten Datenbanken auf Designvorlagen zusammensetzen, die von den Inhalten völlig unabhängig sind. Genau dieses Herangehen zerschlägt die Einheit von Form und Inhalt, die nun einmal das Ideal ist, das im Herzen eines jeden Autors liegt; noch dazu ein Ideal, das sich – wie gute Webdesigner wissen – im Web sogar verwirklichen lässt, wenn man sich die Arbeit macht.

Die „Magazinform“ als Container hat heute eine Standardisierung erfahren, die jeder kennt, weil sie bei jedem zweiten Mausklick erschient: Dreispalter, links und rechts allerlei Navigation und Werbung, in der Mitte kurz angerissen diverse Artikel, drüber Bannerplatz und Erscheinungsdatum, drunter Impressum, Zusatzangebote…. gähn. Ich verspreche nicht, dass das Webwriting-Magazin letztlich ganz anders sein wird, vielleicht ist das ja die „optimale Form“. Doch erlebe ich jetzt immerhin, dass ich auf jeden Fall ganz anders herangehen muss: nämlich beim LayOut des zentralen Contents beginnend, bei der bestmöglichen Präsentation eines einzelnen Artikels, die Erfordernisse des künftigen Magazins nach und nach darum herum wachsen lassend – und immer erst dann, wenn man sie braucht, nicht von vorne herein ein für alle mal.

Denn, das hab‘ ich schmerzhaft gemerkt: man kann sich monatelang damit befassen, einen Magazin-Mantel mit allem SchnickSchnack zu entwickeln, der heute üblich ist, und sich dabei immer weiter vom ursprünglichen Impuls entfernen, warum man dieses Magazin eigentlich wollte: Um bestimmte Inhalte zu kommunizieren, um Angelegenheiten zu verhandeln und Einfluß auszuüben in einem Sinne, den man für richtig und nützlich, für gut und schön hält.

Ich bin praktisch der Hynose erlegen, die der kommerzielle Sektor über das Web gelegt hat wie Mehltau. Es geht da ja nicht mehr um Kommunikation, nicht einmal um die viel beschworenen NÜTZLICHEN Anwendungen – nein, in aller breit angelegten Ödheit geht es nur noch darum, wie man im Web Geld verdienen kann, und zwar so viel, dass es den Kapitalmarkt dauerhaft interessiert. Ein Bekannter mailte mir gestern:

„…Die ganze momentane Stimmung im Web gefällt mir nicht mehr. Zu viel Cash, zu viel Geballer, zu viel Status Quo, zu viel Phrasendrescherei. Das ist nicht mehr das inspirierende Umfeld, in dem ich mal angefangen habe, sondern kommt mir manchmal eher vor wie die Plastikbank an der Bushaltestelle im Gewerbegebiet …“

Richtig, so ist es. Und ich sage trotzdem: Der kommerzielle Sektor irrt! Der Kaufklick mag alles sein, was ihn bewegt, dies gilt aber bei weitem nicht für den Menschen schlechthin. Ich brauch‘ gar nicht die Pose der Cybervisionärin einnehmen, um vorauszusagen, dass auch in zehn Jahren von hundert Mausklicks (bzw. entsprechenden Akten), noch immer 99 KEINE Kaufakte sein werden! Dem Nemax 50 wäre von daher zu wünschen, dass er demnächst die 2000 Punkte wieder sieht. Vielleicht würde dann allgemein soviel Ernüchterung einsetzen, dass im Web wieder Inhalte erscheinen, die auch von jemandem GEMEINT sind – und nicht nur als Pausenfüller da stehen, weil ja nicht jeder Klick ein Kaufklick sein kann….

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Claudia am 21. November 2000 — Kommentare deaktiviert für Nichtrauchen: Wahrheit oder Gehirnwäsche?

Nichtrauchen: Wahrheit oder Gehirnwäsche?

Das Umdenken, das dafür nötig ist, dauerhaft und ohne spürbare Entbehrungen von der Zigarette loszukommen, macht einigen Leuten ziemliche Probleme. Sie leiden lieber, als dass sie bereit wären, fremde Gedanken zu denken, Gedanken, die denen entgegenstehen, die sie – mehr oder weniger suchtbedingt – während der gesamten Raucherzeit gedacht haben und immer noch denken. Wo käme man da hin, würde man so einfach ganze Gedankengebäude in die eigenen Denklandschaften pflanzen, dafür womöglich selbst gebautes, liebevoll gepflegtes und instand gehaltenes abreissen? Wo bliebe denn das wirklich EIGENE, das ORIGINALE?

Wer auch noch sein Geld damit verdient, die Vorstellung von Eigenheit & Originalität im Denken aufrecht zu erhalten und zu vermarkten, kann nicht einfach all das, was er oder sie über Jahrzehnte für wahr gehalten hat, schlicht fallen lassen, bzw. zugeben, dass es falsch war, und das „nur“, um sich von einer Sucht wie dem Rauchen zu berfreien. Insbesondere Alan Carr, der schon vielen zum Aufhören verholfen hat, zieht von intellektueller Seite viel Ärger auf sich, denn er verlangt das „Verstehen“ einiger Punkte, die zumindest gewöhnungsbedürftig sind, zum Beispiel:

  • Es ist leicht, mit dem Rauchen aufzuhören
  • Zigaretten bringen keinerlei Genuß
  • Zigaretten beruhigen nicht, sondern schaffen die Nervosität erst, die dann mittels der Kippen „bekämpft“ wird.
  • Rauchen macht ganz schnell nikotinsüchtig: bereits mit der zweiten Zigarette kann man drin sein, obwohl die Kippen noch länger nicht einmal schmecken
  • Die Entzugserscheinungen beim Aufhören sind zum Glück gering, ja, kaum wahrnehmbar.

Man kann nun diese Behauptungen „hinterfragen“, also daraufhin diskutieren, ob sie wahr oder falsch sind. Carr tut das in seinem Büchern auch bereitwillig. Er begründet jeden einzelnen Punkt ausführlich mit logischen Argumenten, mit eigenen Erfahrungen und mit den Erfahrungsberichten von Leuten aus seinen Kursen und seinem Bekanntenkreis. Punkt 1 und 5 wird zum Beispiel damit untermauert, dass die physisch spürbaren Folgen des Entzugs tatsächlich geringfügig sind: oder wo wären denn die schlimmen Schwerzen? Hat die schon mal einer erlebt? Nein, vielmehr ist es nur ein Gefühl der Leere und Unruhe, ungefähr so wie Hunger, mehr nicht. Der Rest ist Psycho und diesen Psycho, bestehend aus VORSTELLUNGEN über das Rauchen, die – auch dank der Aktivitäten der Zigarettenindustrie – im Umlauf sind, möchte Carr zerstören, wirkungslos machen, auf dass es uns leicht fällt, mit dem Rauchen aufzuhören.

Geist und Schmerz

Man könnte jetzt so fortfahren und Carr auch mittels Erkenntnissen aus ganz anderen Quellen „beweisen“: zum Beispiel hat die Schmerzforschung festgestellt, dass ein beliebiger Schmerz (oder auch ein Lärm) ganz unterschiedlich intensiv empfunden wird, je nach der subjektiven Einstellung des Betroffenen. Die „gefühlte Intensität“ kann um bis zu 90% und mehr schwanken! Das erinnert mich an eine Online-Freundin, die mich vor einigen Monaten hier besucht hat. Aus ihren Texten und E-Mails hatte ich den Eindruck gewonnen, sie sei schwer krank, von vielfachen Leiden gezeichnet. Tatsächlich war es eine gepflegte, jugendlich wirkende, kerngesunde und meist gut gelaunte Person, die lediglich die unzähligen kleinen Zipperlein, die mensch nun mal ab dem mittleren Alter hat, ständig thematisierte. Sie „litt“ unter diesen Dingen, zumindest, wenn man ihrer Rede glaubte – aber ich saß ihr gegenüber und glaubte eher ihrer gesamten Ausstrahlung: gesunder Luxus-Typ…. :-)

Ein großer Teil eines Unwohlseins oder Schmerzes rührt vom Widerstand her, den man ihm entgegen setzt: Wenn ich diese Pickel einfach nicht akzeptiere, regen sie mich von mal zu mal mehr auf, wenn ich sie sehe. Oder das Symptom links neben dem Brustbein: juckt wie eine alte Narbe, verdammt, es könnte wunder wer weiss was Schlimmes sein, ich will es nicht haben…. und alles verspannt sich rund um das, was ich nicht spüren will, und macht auf diese Weise (ganz physisch REAL!) den Bereich immer größer, der nicht flexibel und dynamisch mit den Gegebenheiten des Augenblicks mitschwingen kann, weil er ja seine Verteidigungs-Verspannung aufrecht erhalten muss. Und immer härter, verspannter, schmerzhafter wird „das Symptom“….

Ja, und so geht es auch mit dem Rauchen und dem Entzug. Wenn ich weiterhin Gedanken hege wie „EINE Zigarette gelegentlich bringt durchaus Genuß“, dann richtet sich dieser Gedanke wie der Focus eines Brennglases auf das vorhandene physisch-reale Gefühl der Leere, gibt ihm Energie, Gestalt, Raum, und bläht es zu schier unendlich wachsender Größe und Stärke auf. Glückwunsch! Jetzt ist es NICHT mehr leicht, mit dem Rauchen aufzuhören…

Und die Wahrheit?

Ja, was ist mit ihr? Persönlich würde ich mir da keine weiteren tiefschürfenden Gedanken machen, solange es „nur“ darum geht, mit dem Rauchen aufzuhören. Ich war schon immer bereit, umzudenken, wenn ich das, was ich dadurch gewinne, wirklich benötige und durch das Umdenken auch tatsächlich bekomme. Und ich weiss mittlerweile, dass ich es nur dann schaffe, von den Kippen dauerhaft loszukommen, wenn es LEICHT ist. Auf die schwere Weise hat es bisher nicht geklappt.

Und die wirkliche Wahrheit? Die geht so:

Indem ich auf eine bestimmte Weise denke, schaffe ich eine Realität, die sich vollständig anders anfühlt als diejenige, die ich erleben würde, wenn ich anders denken würde.

Das ist unabweisbar wahr. Ich erlebe es nicht zum ersten Mal, sondern kann es täglich auch in Kleinigkeiten beobachten. Wichtig dabei ist, nicht zu vergessen, dass man nicht bei Null beginnt: Die „Start-Realität“ ist auch schon zustande gekommen, durch Gedanken, die täglich, ja sekündlich, von „aussen“ und „innen“ kommend, in einem imaginären Punkt zusammenknallen, den wir gewohnt sind, ICH zu nennen.

Dieses wissend, ist es kein Problem, mit Gedankengebäuden wie das von Alan Carr umzugehen. Ob eine Zigarette ein Genuß sein kann oder nicht, ist keine Frage der Wahrheit, sondern eine der Bewertung, der Definition. Und es erscheint fürs Nichrauchen dienlicher, den sogenannten „Genuß“ als Illusion zu verstehen, als Falle, als hinterhältige Verlackmeierung. Schließlich ist es nicht zu leugnen, dass die Zigarette das Bedürfnis, das sie dann mit vermeintlichem „Genuß“ deckt, dauernd selber erst schafft – zu Lasten unserer Gesundheit, unseres Geldbeutels und unserer inneren Ruhe.

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Claudia am 20. November 2000 — Kommentare deaktiviert für Nichtrauchen heisst umdenken

Nichtrauchen heisst umdenken

Der Mensch ist eine Ganzheit aus Geist, Körper und Psyche. Ob man es als Konglomerat verschiedener Wesenheiten betrachtet oder als Aspekte derselben Sache, ist eine Diskussion, die im realen Leben kaum je Bedeutung gewinnt. Auch beim Rauchen, bzw. den Versuchen, davon loszukommen, ist es recht egal, ob ich Materialist oder Pneumatikerin bin: die Sucht macht keinen Unterschied.

Das Loskommen vom Rauchen bietet jedenfalls ein weites und interessantes Versuchsfeld, um das Zusammenspiel der Aspekte Denken, Fühlen und körperliches Empfinden an sich selbst zu beobachten; im Ernstfall, nicht in der Theorie. Ich glaube sogar, dass diejenigen wenig Chancen haben, von den Kippen frei zu werden, die so ein Hinsehen vermeiden wollen und glauben, Rauchen (oder Sucht ganz allgemein) sei eine Art Krankheit und mit Hilfe eines Medikaments oder anderen stofflichen Inputs wegzubekommen.

WER wird rückfällig? Aus einer beliebigen Gruppe ehemaliger Raucher würde ich diejenigen benennen, die von „den Schönheiten der EINEN Zigarette nach dem Essen“ schwärmen oder vom Genuß, den es immerhin gelegentlich gebracht hätte, von der Entspannung bei Nervosität, etc. – die ganze Arie vom Rauchen, die nur Raucher herunterbeten und wer so denkt, ist nun mal Raucher und kein Nichtraucher. Um Nichtraucher zu werden, muss man UMDENKEN. Ansonsten ist das „Umhandeln“ einfach nicht von Dauer – eigentlich klar, oder?

Immer wenn eine Zigarette meine Aufmerksamkeit gewinnt – als Anblick im Aussen oder als inneres Bild – dann müssen die Gedanken an all die vollen Aschenbecher kommen, an die verstopften Bronchien, die beim Atmen hörbar mitpfeifen, an die verqualmten Zimmer und den abgestandenen Rauch, der sich in alle Textilien setzt und einfach nur fürchterlich stinkt. Auch die Gedanken an das elend viele Geld, an die Schlaffheit und Trägheit schaden nicht, genau wie die Erinnerungen an die Unfreiheit: Ohne Zigaretten kann man sich als Raucher NIRGENDS wohl und zufrieden fühlen. Vor allem aber muss im Bewusstsein stehen, dass es DIE EINE Zigarette nicht gibt (sie schmeckt einfach nicht), sondern dass man sich ja erst „einrauchen“ muss, um an der jeweils nächsten Zigarette „Freude“ zu haben: Weil sie den Entzug lindert, der durch das schnell schwindende Nikotin ausgelöst wird.

Ohne solches Umdenken bedarf es immer einer gewissen Anstrengung und Willenskraft, um während gelegentlicher Verlangensattacken das selbstverständliche Zusammenspiel von Fühlen („ich will eine Zigarette“), Denken („gelegentlich EINE bringt durchaus Genuß“) und Handeln (eine rauchen) zu unterbinden. Selbst wenn diese Kraftanstrengung noch so gering ist, so wird sie doch keinesfalls dauerhaft aufrecht erhalten werden können: immer gibt es Tage oder Momente, die all unsere Kraft oder unsere Leidensfähigkeit für andere Dinge benötigen – und schon hängt man wieder an der Zigarette!

Man mag über Willenskraft und ihre Möglichkeiten eine hohe Meinung haben, eines ist gewiss: Aus dem Willen heraus kann mensch mal eben sehr hoch springen, aber der Wille ist ungeeignet, den „Normalzustand“ zu verändern, der sich ergibt, OHNE dass speziell Wille eingesetzt wird. Das ist nicht nur wahr, sondern sogar richtig logisch, nicht?

Sobald also der Konsum eines schädlichen, letztlich tödlichen Stoffs Teil unseres Normalzustands geworden ist, und das Wechselspiel zwischen dem Reiz der Droge und der zunehmenden Immunität des Körpers langsam oder schnell zur Steigerung der Dosis führt, können wir nicht weiterhin im Halbschlaf mit dem „Autopiloten“ durchs Leben fahren. Wenn ich diesen Dreck wieder loswerden will, weil das Leiden daran mittlerweile die „Freuden“ übersteigt, muss ich bereit sein, mich der Sache – bzw. MIR SELBST – zuzuwenden. Und erforschen, was funktioniert, wenn es der Wille nicht tut.

Bei dieser Betrachtung bleibt wenig, vielleicht nichts von mir übrig. Das zu sehen, ist nicht sehr angenehm. Immer wieder greift man lieber nach etwas, und sei es nach der Form der Darstellung, nach der Identitfikation, die aus dem Verfassen von Texten kommt, nach neuen „Besonderheiten“, die sich aus dem Erleben vielleicht doch noch generieren lassen – aber leider: dies alles ist nur Fassade und Verpackung. Das spürt man, so ganz ohne das „innere Gerüst“, das das Nikotin vorher auf den Innenseiten der Zellwände angelagert hatte, fast wie eine Schicht Hartplastik, hart genug, um dem Leben etwas ENTGEGEN zu setzen…

Na, jetzt werde ich fast poetisch, das wollte ich nicht. Eigentlich hatte ich vor, vom Umdenken, vom Denken allgemein und von der „Wahrheit“ zu schreiben – und von Allen Carr, dem Lehrer für’s Umdenken. Das muß ich jetzt allerdings vertagen, denn die Arbeit ruft. Das Thema ist zu groß für einen Eintrag, ich kratze gerade mal an der Oberfläche. Wer sofort mehr will, kann mal den Eintrag vom 15.11. in Steinhoffs Nichtrauchertagebuch lesen. Der bekannte STERN-Reporter hat mit seinem Diary die publizistisch erfolgreichste Nichtraucher-Aktion seit Jahren losgetreten – interessant, dass er mit Alan Carr Probleme hat (siehe u.a. sein Eintrag vom 5.Tag „ohne“).

…wird fortgesetzt!

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Claudia am 17. November 2000 — Kommentare deaktiviert für Politik zum Weghören

Politik zum Weghören

Derzeit kann ich es kaum mehr ertragen, das Radio anzuschalten. Erst wochenlang „Leitkultur“, eine lächerlich aufgeregte Debatte um ein Wort und seinen möglichen oder vielleicht doch nicht möglichen, seinen so oder vielleicht doch anders gemeinten Inhalt. Grauslig! Weiter → (Politik zum Weghören)

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Claudia am 15. November 2000 — Kommentare deaktiviert für Geld machen mit Herz?

Geld machen mit Herz?

Da ist er also wieder mal heftig abgestürzt, der Neue Markt! Ich sehe es mit einer gewissen Genugtuung, denn während der euphorischen Phase im letzten Jahr, die bis in dieses Frühjahr reichte und unendliche Gewinne versprach, war ich nicht dabei: Zu dumm, zu ängstlich, zu arm, meine Steuerrücklage vergammelte „arbeitslos“ auf einem Konto und andere sahnten gewaltig ab. Das heisst, wenn sie reichtzeitig ausgestiegen sind, was vermutlich kaum jemand geschafft hat. Weiter → (Geld machen mit Herz?)

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Claudia am 11. November 2000 — Kommentare deaktiviert für Was Sache ist (zu Ossis gesprochen)

Was Sache ist (zu Ossis gesprochen)

Heute abend war ich in Schwerin, die Stadt, auf die ich mich hier – 10 Minuten davon entfernt in einem abgelegenen Dorf wohnend – eigentlich beziehen muß, Städterin, die ich bin. Schwerin ist in letzter Zeit unter die Großstadtgrenze von 100.000 Einwohnern gefallen. Der Osten entvölkert sich, immer noch, vor allem Mecklenburg. Das ist auch an Schwerin sichtbar, eine so wunderschöne Stadt wie Freiburg oder Siena, doch keinesfalls wie diese überlaufend und Andenken-strotzend, sondern seltsam leer – und nicht mal eine Uni, ein zusätzliches Handicap. Weiter → (Was Sache ist (zu Ossis gesprochen))

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