Claudia am 12. März 2018 —

10 Tage Lissabon: Regen, Regen, Regen

Dass hier eine Zeit lang nichts los war, verdankt sich meinem Endwinterurlaub: Um diese Zeit verlasse ich mit dem Liebsten jedes Jahr Berlin Richtung Süden, um den allzu langen Berliner Winter zu verkürzen. Bisher ging es dafür nach Sizilien oder Südspanien, wo wir das sonnige, fast sommerlich anmutende Klima mit Temperaturen bis zu 26 Grad (Malaga, 2015) genießen konnten, während Berlin in kaltem Matsch versank.

Nach dem Motto „öfter mal was Neues“ war dieses Jahr Lissabon das Ziel.

Lissabon

Die Klimatabellen für diese Jahreszeit sahen eigentlich gut aus, doch hatte die europaweit ungewöhnliche Wetterlage auch Folgen für Portugal: es regnete – mit Pausen – jeden Tag (!), teilweise sehr ergiebig! Die Temperaturen schwankten immerhin zwischen 16 und 12 Grad, während zuhause Eiseskälte bei minus 8 Grad und weniger die Stadt im Griff hielt.

Dennoch geriet dieser Urlaub vergleichsweise anstrengend, oft hat es regelrecht geschüttet, ausgedehnte Spaziergänge waren nur punktuell möglich. Immer wieder flüchteten wir in Cafés und trösteten uns mit portugiesischen Snacks. Wir besuchten Kirchen und Museen, staunten über Menschen, die bei heftigem Gewitter in einer langen Schlange vor dem Hieronymuskloster (ein „Must see“, hier eine gute Fotostrecke) anstanden, um einen Kreuzgang zu besichtigen, während die Kirche daneben im selben ausufernden Stil ganz kostenlos und regensicher zu besichtigen war.

Besonders beeindruckt hat mich das MAAT (Museum of Art, Architecture and Technology), ein Museum für moderne Kunst, das zweifellos in der Weltspitze mitspielt.

MAAT Lissabon

Es besteht aus einem älteren Teil (Technik und bildende Kunst), der ein Industriedenkmal integriert und einem architektonisch extrem auffälligem Neubau für spannende zeitgenössische Video-Kunst. Für beides braucht man locker einen ganzen Tag, wenn man nicht nur durchrasen will – und ist trotzdem überfordert von den vielen Eindrücken, insbesondere von den spannenden Videos, die in der speziellen Architektur ganz großartig inszeniert sind.

Maat

Viel Lust zum Fotografieren hatte ich während dieses Urlaubs nicht (wer mag, möge die 409 Fotos auf Tripadvisor sichten, die das MAAT ausgiebig zeigen).

Schutz vor Regen bot uns auch das skurrile Kutschenmuseum, das allerlei prächtige Zeremonialgefährte vergangener feudaler Zeiten zeigt.

Kutschenmuseum

Sehr bemerkenswert fand ich übrigens auch die Plasterung eines zentralen Stadtplatzes (Praça Dom Pedro IV), die optisch Wellen vortäuscht, die gar nicht da sind. In Deutschland würde man so etwas gewiss wegen Sicherheitsbedenken gar nicht erst zulassen!

Lissabon Stadtplatz

Im Unterschied zu Berlin und anderen deutschen Städten, die das Thema Kunst am Bau und im öffentlichen Raum eher stiefmütterlich behandeln, ist der Wille zur Kunst in Lissabon fast so stark wahrnehmbar wie etwa in Barcelona.

Kunst im öffentlichen Raum Lissabon

Fast jeder U-Bahnhof ist künstlerisch gestaltet und sogar die Flughafengänge und Treppenhäuser erfreuen das Auge mit witzigen Details.

Kunst im Flughafen Lissabon

Streetart findet man in Lissabon an jeder Ecke, wobei das einfach Beschmieren mit irgendwelchen „Tags“ zum Glück kaum eine Rolle spielt. Ganz verschiedene Stilarten sind anzutreffen, von der bunten Wandgestaltung aus vielfarbigen Flächen…

Street Art

…bis zu monochromen Portraits, die durch das Herausschlagen des Putzes entstanden sind:

Streetart

auch die Glascontainer, die herum stehen, sind unterschiedlich bemalt, ein stadtweit organisiertes künstlerisches Projekt, das ich mir auch für Berlin wünschen würde!

bemalter Glascontainer

Lissabon bietet alles in allem jede Menge Besichtigenswertes, auch während einer Regenzeit. Wir haben lange nicht alles geschafft, hatten auch keinen Ehrgeiz in Richtung Vollständigkeit. Für einen Tagesausflug nach Estoril – den „Strand von Lissabon“ – erwischten wir zum Glück einen weitgehend regenfreien Tag.

Estoril

Da waren sogar schon Surfer aktiv, die sich in ihren Neoprenanzügen nicht vom noch recht kalten Wasser abschrecken ließen.

Etwas enttäuschend fand ich übrigens die Landesküche, die Kochkunst haben die Portugiesen wahrlich nicht erfunden! Eigentlich sind die Speisekarten der regionalen Küche immer gleich: Baccalao (Kabeljau), Sardinen, Oktopus, evtl. noch zwei andere Fische, gebraten in Öl – oder ein Lappen Fleisch, dünn geschitten und ebenfalls in Öl, selten mit Spuren einer Soße. Dazu gibts ungeschälte gekochte Kartoffeln oder Pommes und Reis (gleichzeitig!), im Ausnahmefalll liegt mal eine geköchte Karotte bei. Bemerkenswert gut ist immerhin die Qualität des Fleisches: unglaublich geschmacksintensiv, dafür muss man hierzulande beim Gourmet-Metzger teuer einkaufen!

Nun bin ich also wieder zuhause und freue mich über die gewohnte Umgebung: über alles, was meine Wohnung, mein Homebüro und Berlin mir bieten. Es braucht eben immer mal ein paar Tage Abstand vom Gewohnten, um wieder zu wissen, wie gut das alles tut!

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Diskussion

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7 Kommentare zu „10 Tage Lissabon: Regen, Regen, Regen“.

  1. Sehr sehr spannend!
    Wie schnell sich doch so eine Stadt verändert.
    In Lisboa war ich vor wohl 15 Jahren mal für etwa 4-5 Tage, um dann weiterzuziehen nach Porto.
    Die von Dir gezeigte Kunstfreudigkeit der Stadt gefällt mir ausserordentlich.
    Für mich sind das allemal Hingucker – und wie Du sagst- regelrechte Vorzeigprodukte.
    Danke Dir :-)

  2. @Gerhard: dann hast du ja das MAAT noch nicht gesehen! Wirklich ein Grund, nochmal hin zu reisen!

  3. Schönen Dank für die gelungene Reisereportage!
    Pommes und Reis gleichzeitig auf so kleinen Silbertabletts, jaja, damals in Porto war das auch so. Außerdem köstliche winzige Kuchendinger – und ein hervorragendes Kunstmuseum.
    Gruß von Sonja

  4. @Sonja: ja, das ist mir noch aufgefallen, dass ich den Portugiesen da Unrecht tue. Diese Vielfalt an kleinen Kuchen ist wirklich toll und meist auch richtig köstlich. Süßes können sie! Für mich ist das halt nicht so „einschlägig“, da ich nicht so auf Süßes stehe und es auch aus kalorischen Gründen lieber meide.

  5. @Claudia, dieses Kunstmuseum gab es damals sicher noch nicht.
    In Porto hatten sie überraschend ein ganz phänomenales, kann ich mich erinnern.
    In Lissabon fühlte ich mich damals recht einsam, obwohl ich an zwei Abenden mit einem Franzosen aus war. Das war übrigends das allererste Mal, daß ich mich als Alleinreisender elend fühlte – weiß immer noch nicht wieso.

    Die Ecke des 1. Fotos ist mir bekannt. Meines Wissens geht es rechts hoch zu einem schönen Aussichtspunkt mit Cafe‘.

  6. […] unseres Endwinterurlaubs sind wir mit em Vorziehen der Tomaten wieder ein wenig spät dran, doch ist das immer nur ein […]

  7. …erinnert mich ein wenig an meinen Strassburg-Besuch: Saukalt, und Regen, Regen, Regen ;-/
    Urlaubsvergnügen buchstabiert sich anders… :-D