Jeder Hype, der in die Jahre kommt, wird gerne publizistisch zu Grabe getragen, oft ganz ohne Anhaltspunkte in der „wirklichen Welt“. So geht’s länger schon mit dem Bloggen, gerade prophezeit Sarah Perez im ReadWriteWeb, dass Blogs, wie wir sie kennen, bald von der Bildfläche verschwinden könnten: Lifestreaming sei das neue „big Thing“: dynamischer, kürzer – und viel viel attraktiver für Kommentargespräche.
Na sowas! Da bin ich ja mal ungeheuer „im Trend“: Grade hab‘ ich nämlich meinen ersten „Lifestream“ auf Friendfeed konfiguriert: Es war mir auf Dauer zu umständlich, selber eine Übersicht meiner Blogbeiträge aktuell zu halten – das macht jetzt friendfeed.com/claudiaklinger ganz automatisch, indem die versammelten Newsfeeds all meiner Blogs dort jeweils die letzten Artikel anzeigen. (Man braucht natürlich nicht die Website anzusurfen, sondern kann sich den Stream als Newsfeed abonnieren).
Ohne Blogs wär‘ dieser „Friendfeed“ allerdings ohne Inhalt. In meinem Fall droht also keine Ablösung der guten alten Artikel-Schreiberei zugunsten des „Lifestreams“. MEIN Netzleben besteht ja im Wesentlichen aus dem Schreiben über Dinge, die mich bewegen, daran ändert auch ein automatisiertes Sammel-Tool nichts.
Nun ist Friendfeed ja eigentlich dazu gedacht, die über auf viele Plattformen verteilten Beiträge aktiver Onliner zu bündeln: Das Neueste aus den Profilen bei diversen Communities, Bilder auf Flickr, Videos auf Youtube und so weiter. Bisher bietet Friendfeed 43 Dienste, die eingebunden werden können, so man dort „irgendwie aktiv“ ist.
Ich werde aber den Teufel tun und etwa meinen Twitter-Stream der Welt via Friendfeed noch einmal unter die Nase zu reiben! 140 Zeichen werden auch nicht interessanter, wenn man sie immer wieder kopiert und unschuldige Leser damit belästigt. Überhaupt machen solche „Sammel-Feeds“ auf mich oft genug einen allzu eitlen Eindruck: alles, was jemand irgendwo hinrotzt ist offensichtlich wichtig genug, um in die Annalen einzugehen und aller Welt vermeldet zu werden. Eine Person, deren Selbstausdruck im Blog mir gefällt, kann mich ganz schnell anöden, wenn sie mich mit Irrelevantem überschüttet – aber gut, ich muss den „Gesamtfeed“ ja nicht abonnieren!
Sinn vermehren statt SPAM multiplizieren
Neben den Blog-Artikeln hab‘ ich dann doch noch EINEN weiteren Dienst in den Klinger-Friendfeed eingebunden: Im Google-Newsreader kann man interessante Artikel aus der eigenen täglichen Lektüre mit einem Mausklick auf „empfehlen“ in einen öffentlichen Bereich schaufeln: Diese Links bzw. Surf-Tipps erscheinen nun auch im Friendfeed. Das erschien mir sinnvoll, da ich tatsächlich oft auf spannende Inhalte stoße, über die ich nicht immer gleich bloggen will. Und wer meine Blogs gerne liest, liest mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch gerne, was ich im weiten Web bemerkenswert finde.
Neue Dienste und Werkzeuge sollen aus meiner Sicht MEHR SINN MACHEN, nicht einfach nur Daten, die anfallen, „irgendwie“ recyclen und das Zuviel an Informationen nochmal potenzieren. Perspektivisch werde ich es vielleicht ähnlich machen wie der PR-Blogger, der auf Friendfeed verschiedene „Räume“ bzw. Einzelfeeds zu den persönlichen Großthemen eröffnet hat. Bei mir böte sich eine Aufsplittung nach Blogs an: Erotik-Links interessieren ja vermutlich eher Leser des Lustgespinst als die des Gartenblogs. Und Webdesign-Inhalte passen eher zum Webwriting-Magazin als hier ins Digital-Diary. Kommt zeit, kommt Ordnung. Genau wie bei der Gestaltung eines neuen Gartens gehe ich da nach dem Motto vor: Erst (den Bedarf) fühlen, dann ändern!
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5 Kommentare zu „Streamen statt bloggen?“.