Claudia am 26. November 1999 —

Schaufelmännchen

Rose für ClaudiaDas Rätsel hat sich gelöst! Herzlichen Dank an Ulrich und Piet, die mich auf die Spiegel-Netzwelt aufmerksam machten – da wird mir im Artikel „Eine Weltbürgerin zieht aufs Land„, speziell für das Webdiary ein „goldenes Schaufelmännchen“ verliehen, was mich natürlich sehr freut! Auch für Maximilians Rose und einige wirklich nette Lob-Mails bedanke ich mich! Dieses Diary ist mein Lieblingsprojekt, weil ich hier am allermeisten das schreiben und zeigen kann, was halt gerade anliegt. Ohne große Überlegungen, ob es nun für eine Zielgruppe paßt oder ob es „nützlich“ oder „literarisch“ genug ist, um im Web zu stehen. Umso mehr motiviert es mich, wenn ich ab und an mitbekomme, daß das einigen gefällt.

Auch in mir lebt ja noch eine kleine – mittlerweile zum Glück stark geschrumpfte – Journalistenseele. Nichts gegen Journalisten! Nur ist das journalistische Schreiben in den letzten Jahren zu einem „Skandalisieren um jeden Preis“ geworden: verkürzen, verdichten, atemloses originell-Sein – und immer muß jemand DER BÖSE sein und medial genüßlich geschlachtet werden (sofern die Anzeigenabteilung nicht abwinkt!).

Dadurch bekommt das Zeitungen- und Magazine-Lesen eine ganz andere Funktion: Man liest vor allem, um sich Kicks und Emotionen zu verschaffen, kaum noch, um sich zu informieren. Nichts dagegen – aber WAS FÜR EMOTIONEN sind das? Nicht gerade die freudvollen und positiven. Und FOLGEN hat die Lektüre in der Regel auch keine: man weiß, über was man heute mit Fug und Recht schimpfen kann….

Interessant in diesem Zusammenhang: 42% der Surfer lesen im Web niemals redaktionelle Inhalte etablierter Medien. Und das, obwohl die Aufmerksamkeitsökonomie in den Netzen sowieso dazu führt, daß „positiver“ geschrieben wird (ein Surftip macht nur Sinn, wenn die Site auch empfehlenswert ist, ansonsten wird sie eben ignoriert. Wer zahlt schon gern für Schrott?). Offenbar merken auch die Millionen Newcomer über kurz oder lang, daß das Netz GANZ ANDERE Qualitäten zu bieten hat, nämlich echte Kommunikation zwischen Menschen, ehrlichen Austausch, gegenseitige Hilfe. Private Homepages vermitteln die „Lizenz zum Ansprechen“, Mailinglisten bieten öffentliche Räume für Gruppen, die sich um die unterschiedlichsten Interessen zusammenfinden und gemeinsam ihre Möglichkeiten erweitern – ganz ohne Commerce-Stress und ohne den steten Zwang zur Originalität bzw. zur journalistischen oder wissenschaftlichen Schreibe.

Und jetzt ruft mich die Arbeit…. heute ist ein typischer grauer Novembertag, an dem das Glück besonders spürbar wird, eine angenehm warme und weitläufige Wohnung zu haben! Da braucht es garnicht „mehr“… :-)

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