Claudia am 25. November 1999 —

Dringende Arbeiten…

„…an unserem Stromnetz erfordern das ABSCHALTEN im Ortsnetz Gottesgabe am 25.11. von 8.30 bis VORAUSSICHTLICH 11.00 Uhr!“ schreibt die WEMAG AG auf einem kleinen blauen Zettel, der gestern im Briefkasten lag. Jetzt ist es zehn nach sieben, noch eineinhalb Stunden bis zum AUS. Und hier ist dann wirklich alles aus. Nicht nur Licht und Herd und Kühlschrank und PC, auch die Zentralheizung braucht ihren Strom und wird auf die Schnelle erkalten.
Was tun? Ich werde das stromlose Ambiente verlassen und einen Ausflug nach Schwerin machen, anstatt hier im Dunklen und Kalten zu sitzen! Gottesgabe ohne Strom ist nichts, woran ich hänge! Überhaupt: das DORF Gottesgabe hat bisher in meinen Berichten vom Leben auf dem Land mit gutem Grund keine Rolle gespielt: Alle Straßen (drei parallel laufende Dorfstraßen, ein „Dorfzentrum“ mit Bushaltestelle, Briefkasten, Weiher und zwei Ausfallstraßen) sind länger schon aufgerissene Schlammpisten, Rohrverlegearbeiten bedingen Umleitungen querfeldein, man wartet, bis der Baggerführer ein Einsehen hat und ausweicht, wenn man ‚rausfahren möchte, allenthalben wird mal das Wasser abgestellt – und jetzt ist der Strom dran.

Ein später „Aufbau Ost“ hat Gottesgabe ergriffen und es geht sehr sehr gemächlich voran. Der Laden mit den Hochzeitsmoden im Schloß hat geschlossen: nicht nur wird jahreszeitlich bedingt jetzt wenig geheiratet, auch die Anfahrt ist den Kunden nicht zuzumuten. Mit einem Geländewagen würde Gottesgabe jetzt richtig Spaß machen.

Also auf nach Schwerin! Es ist auch Zeit, daß ich wieder mal ‚rauskomme und etwas anderes sehe als die beiden Supermärkte in Lützow und Wittenförden – Gottesgabe selbst hat keinen Laden, nur einen „Getränkestützpunkt“, der bis 22 Uhr verkauft. Man muß nur an der Haustür klingeln… (Die ‚Grundversorgung‘ ist eben in jedem noch so entlegenen Dorf garantiert!).

Gestern bin ich ein bißchen durch die Umgebung gesurft. Auf der Suche nach allem, was es da so geben mag, fand ich im Schweriner Cyberspace die bemerkenswerte Satire-Site „Schwerinerfolgszeitung“. Zwar optisch ein Graus, aber der Content ist stellenweise witzig und gibt einen Eindruck vom Selbstverständnis der Mecklenburger und speziell der Schweriner. Ich wußte garnicht, daß die Leute hier offenbar sowas sind wie die „Ostfriesen“ im Westen. Besonders erheitert haben mich die Fragen & Antworten auf der Post-Seite! (Leser schreibt: Ihr seid die ersten wirklich niveauvoll – witzigen Ossi’s, die ich kennenlernen durfte! Antwort: Wahrscheinlich auch die einzigen…)

Genug für jetzt! Eine letzte Frage: Weiß jemand, warum dieses Diary seit einigen Tagen mehr als doppelt soviele Besucher hat wie sonst? Werbung hab‘ ich nicht gemacht, liegt es also an der Jahreszeit? Oder an deprimierten Winterstimmungen? Oder wird in den Büros weniger gearbeitet und mehr gelesen?

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