Thema: Konsum-Blog

An der Konsumfront: Erlebnisse, Bewertungen, Philosophisches….

Claudia am 08. Juli 2006 — 8 Kommentare

Aus dem Alltag einer LIDL-Kundin

Endlich Regen. Gestern hab‘ ich überall nasse Tücher aufgehangen, um die 29 Grad Raumtemperatur (Nordseite!) etwas zu mildern. Dann erst mal der Gang zu LIDL, die mir nächstgelegene Einkaufsgelegenheit. Zwei- bis dreimal die Woche kaufe ich hier für zehn bis 15 Euro ein, der Laden ist mir vertrauter als mein Hinterhof. Für alles andere müsste ich deutlich weiter gehen und ein Bioladenbesuch wäre richtig aufwändig. Ans latent schlechte Gewissen, das mich – mehr gedacht als gefühlt – stets zum Discounter begleitet, hab‘ ich mich gewöhnt und nehme es kaum noch wahr. Wohl aber die angenehme Kühle der klimatisierten Räume, in diesen Tagen die reine Erholung. Weiter → (Aus dem Alltag einer LIDL-Kundin)

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Claudia am 22. Dezember 2003 — Kommentare deaktiviert für Wert und Wertschätzung – über die Konsumkrise

Wert und Wertschätzung – über die Konsumkrise

Nun ist die Weihnachts-Einkaufsschlacht ja bald wieder vorbei. Wie ich höre, versucht der Handel noch in letzter Minute, mit neuen Rabatten Käufer zu locken, die immer noch in „Kaufzurückhaltung“ verharren. Schnäppchen jagen ist lange Volkssport Nummer Eins geworden, und es heißt, Geiz sei geil. In den Talkshows sitzen Politiker und grübeln darüber, was sie alles tun könnten, sollten oder müssten, damit das „Sparen“ als oberster Wert aus den Köpfen wieder verschwindet und die Wirtschaft endlich wiederbelebt würde. Hört man ihnen zu, erscheint das Konsumieren leicht als patriotische Pflicht eines jeden, der noch ein Minimum an Verantwortung für diesen Staat empfindet und das soziale Netz erhalten sehen will.

So kann man das betrachten, es ist allerdings eine rein äußerliche Sicht. Klar, die „unsicheren Verhältnisse“ stören die Bereitschaft, größere Anschaffungen zu machen oder gar auf Kredit zu kaufen. Doch warum jagen auch Leute nach Schnäppchen, die das nicht nötig haben? Warum kaufen Besserverdienende bei Lidl und Aldi ein? Warum geht alles nur noch mit immensen Rabatten? Rabatte, die, wie man sich denken kann, auf Preise eingeräumt werden, die es so nie gegeben hat – und deshalb geht der Schuss nach hinten los: jedes Vertrauen darauf, dass ein gutes Produkt auch seinen guten Preis hat, dass dieser Preis etwas mit dem Wert des Erworbenen zu tun hat, geht zum Teufel.

Ich bin keine „gute Konsumentin“. Wenn ich wenig Geld habe, und das ist die meiste Zeit so, dann kaufe ich lieber gar nichts, als dass ich lange nach etwas Billigem herumsuche. Noch immer stehen zwei Plastik-Gartenstühle hier herum, falls mal mehr Leute um den Tisch sitzen sollen. Das uralte Zweisitzersofa hat Risse im Bezugsstoff, es ist lange reif für den Müll. ABER: ich denk‘ nicht dran, mir ein billiges, unbequemes, hässliches und unsorgfältig zusammengeschustertes Möbel für 300 Euro zu kaufen, um es zu ersetzen. Ich weiß genau, was ich für ein Sofa will, und das kostet mindestens 1000 Euro. Bisher jedenfalls – würde ich es morgen irgendwo rabattiert für „nur noch 600 Euro“ sehen, wäre ich in meinem Kaufwunsch irritiert. Denn mein Wunschsofa IST wertvoll: ordentlich verarbeitet, gute Stoffe, groß und bequem, farblich harmonisch – wenn das auf einmal verramscht würde, muss ich mich fragen, ob es wirklich DAS ist, was ich meinte?
Ein kleiner Prozentsatz der Gesellschaft ist immerhin bereit, Fleisch nur noch aus artgerechter Tierhaltung zu kaufen. Gut so! Aber warum ist es so weltfremd, beim Einkauf aller anderen Dinge auch auf die „artgerechte Menschenhaltung“ zu achten? Jeder Billigpreis, jeder (echte) Rabatt mindert den Gewinn der Hersteller und Verteiler, manchmal bis dahin, dass nichts übrig bleibt. Also „rationalisieren“ sie mehr und mehr, nehmen billigere Materialien, mindern die Verarbeitungsqualität, ersetzen Menschen durch Maschinen und quetschen ihre Zulieferer bis aufs Blut aus. Damit entfällt das Wertbewusstsein auf der Herstellungsebene: es macht keine Freude mehr, Dinge zu produzieren, die im Grunde schon Müll sind, bevor sie in die Läden kommen. Kreativität kann sich nicht mehr darin verwirklichen, schöne, gute, innovative Dinge herzustellen, sondern fließt in die Vermarktung und Verpackung, und eben ins Bemühen, immer schneller und billiger zu produzieren.

Die Liebe zum Gegenstand

Ein lieber Freund hat mir ein Regal geschenkt, das ich dringend brauchte. Ich durfte es selber aussuchen und wählte ein leichtes, helles Vollholzregal, einfach zusammen zu bauen. Ein schwedisches System (nicht Ikea!), das es seit 20 Jahren gibt, alles andere als billig. Beim Aufbauen bemerkte ich, dass das Regal nicht den „Sockel“ hat, der noch in der Gebrauchsanweisung eingezeichnet war, sondern statt dessen lediglich auf den beiden Längsseiten Latten angeschraubt werden mussten. Meine Nachfrage beim Verkäufer ergab: Eine „Sparmaßnahme“, der komplette Sockel wäre zu teuer und so ginge es ja auch. Mich hat das gewundert: ICH als Kundin wollte und musste ja NICHT sparen! Ich war bereit, ein teureres und in meiner Anmutung auch rundum perfektes Regal zu kaufen. Gut, man sieht den Unterschied von außen wirklich nicht. Auch die Standfestigkeit ist nicht gemindert, alles ok. Trotzdem wäre es mir lieber gewesen, wenn sich die Perfektion auch durchgängig auf die Bauweise erstreckt hätte.

Warum nur ist unsere Zeit so arm, sich das nicht mehr leisten zu wollen? Auch mein Vollholz-Sideboard hat leider innen furnierte Pressspanplatten als Einlegeböden – man sieht sie nicht, klar, aber man SPÜRT sie, wenn man das Ding mal verschiebt, gar tragen muss. Und man weiß außerdem, was Pressspan so alles ausdünstet. Die richtige Liebe zum Gegenstand will da einfach nicht mehr aufkommen.

Die Liebe zum Gegenstand – ist sie vielleicht überflüssig? Ein unmodernes Festhalten an traditionellen Erwartungen und Gepflogenheiten? Nicht das Besitzen und Benutzen soll offensichtlich im Vordergrund des Umgangs mit den Dingen stehen, sondern das Kaufen im Sinne des Erjagens. Und der Besitz ist dann nur noch „Bedeutung“: eine „Marke“ bringt Status, man zeigt, was man sich leisten kann. Wenn die Mode dann wieder wechselt, ab auf den Müll, das Nächste bitte! Dass dieser letztlich lustarme Prozess in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ins Stocken gerät, wundert nicht. Ich bedauere das auch nicht, obwohl mir alle leid tun, die sich verunsichert fühlen, um ihren Arbeitsplatz bangen oder ihn bereits verloren haben.

Vielleicht ändert sich ja etwas, indem diese Gesellschaft altert. Zwar besteht die Werbewirtschaft in ihrem Jugendwahn darauf, nur die 14 – 49-Jährigen als Zielgruppe ins Auge zu fassen, aber damit gräbt sie sich auf Dauer ihr eigenes Grab. Es gibt nun mal immer mehr Ältere und sie haben vergleichsweise viel Geld! Ältere Menschen sind allerdings stärker individualisiert, lassen sich weniger durch Mode und Meinung beeinflussen, wissen einfach schon genauer, was ihnen gut tut. Zum Beispiel ein Radiorecorder-CD-Player mit 50 Bedienelementen und einer 50-seitigen Gebrauchsanleitung tut nicht gut: das Teil kostet einfach zuviel Konzentration auf Technik und frisst kostbare Lebenszeit. Mein Gerät hat genau 15 Knöpfe und Tasten – wobei man mit DENSELBEN Knöpfen sowohl den Recorder, den Player, als auch das Radio steuern kann. Eine Anleitung gibt’s auch, aber die hab ich bisher nicht gebraucht. Genial!

Wert und Sinnlichkeit

„Man gönnt sich ja sonst nichts“, „weil ich es mir wert bin“ – mit solchen Sprüchen wird geworben, aber niemand nimmt das ernst. Allenfalls ist ein äußeres Statusdenken gemeint: Ja, ich leiste mir das, ich gehöre dazu! Wirkliche Wertschätzung benötigt zu ihrer Entstehung bewusste Sinnlichkeit: Farbe, Form, Verarbeitung, Bedienbarkeit, Material – all das macht etwas mit mir, wirkt auf mich, wenn ich mit einem Ding umgehe. Es sind Qualitäten, die ich ERFÜHLEN muss, nicht bloße Quantitäten, um die ich nur wissen kann. Wer die Dinge so erfühlt, ist Eigentümer, Besitzer, Benutzer, wer diese Aufmerksamkeit nicht aufbringen will, ist allenfalls Verbraucher. Ein wirklich passendes Wort, nur seltsam, dass kaum jemand den beleidigenden Gehalt wahrnimmt – es ist das gleiche „Ver-“ wie in „Verachtung“.

Der sinnlich-bewusste Umgang mit den Gegenständen ist ein Akt der Selbstachtung und Selbstliebe. Doch das Selbst, das hier „Beachtung“ erfährt, ist nicht das denkende und rechnende „Ich“, sondern das Ganze, das ich wahrnehme, wenn ich mit einem Ding umgehe. Meine physischen Empfindungen und psychischen Reaktionen auf seine gegenständlichen Qualitäten gehören dazu, aber genauso auch die Bedingungen, unter denen es hergestellt wird. Es stört meinen Genuss, wenn die Menschen, die es produzieren und vermarkten, dabei auf unergonomischen Billigstühlen sitzen müssen, nur einen Hungerlohn bekommen und keine Zeit haben, um es wirklich gut zu machen. Auf (echtem) Rabatt zu bestehen heißt im Klartext: Ich gönne dir deinen Lohn nicht; du sollst dich krumm legen und darben, um mir möglichst billig, am liebsten ganz umsonst das Optimale zu bieten! Mit Wertschätzung geht das nicht zusammen, denn das „Selbst“ ist nicht teilbar: die Ebene, auf der ich Qualität wahrnehme, verbindet mich mit allen anderen Menschen. Wenn ich ihnen ihren Verdienst streitig mache, hat das tief in mir immer eine Entsprechung, die da heißt: Ich verdiene es nicht! Es wird mir nicht wirklich gehören, denn ich habe es nicht angemessen bezahlt. Allenfalls kann ich es „als Beute“ wahrnehmen und allen erzählen, wie trickreich ich es erworben habe. Genießen ist das nicht – und Schnäppchenjäger-Gespräche werden schnell langweilig.

So gesehen ist die derzeitige Konsumkrise vielleicht gar nicht so schlecht. Vielleicht besinnen wir uns ja wieder darauf, was wir uns wert sind.

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Claudia am 17. März 2003 — Kommentare deaktiviert für Der Berber so fern – von Konsumwünschen und Hemmungen

Der Berber so fern – von Konsumwünschen und Hemmungen

Alle Welt spricht über die „Kaufzurückhaltung“ der Deutschen. Diese Haltung, die langsam aber sicher in den Geruch der Ruck-Feindlichkeit gerät, pflege ich nicht erst seit gestern, sondern schon recht lange, in manchen Bereichen immer schon. Man redet sich dabei gern ein, es geschehe aus Protest gegen irgend etwas, oder aus ökologischen Gründen, zumindest aus einem bewussten Sparwillen heraus – stimmt alles nicht. Es ergibt sich so, entlang an den Konditionierungen aus der Kindheit und entsprechend den Lebensgewohnheiten, die im Lauf der Zeit entstehen und sich verfestigen. Auch Konsumieren will gelernt sein!

Mode zum Beispiel. In der heißen Phase der Pubertät war es in meinen Peergroups rund um ein „fortschrittliches“ hessisches Gymnasium angesagt, in Jeans und T- oder Sweatshirts herum zu rennen. Klar, es musste eine bestimmte Marke, eine gewisse Farbe sein und manchmal kam es drauf an, wie tief die Hose auf der Hüfte hing oder wie breit die Beine in den Wind flatterten – dazu trug man tunlichst „Clarks“, wildlederne flache Treter mit dem Charme der Birkenstock-Zeit, die allerdings erst später kam. Manchmal stylten sich die Mädchen für die Disko, da das aber ein eher seltener Event war, lernte ich es nur in Ansätzen und vergaß es auch bald wieder. Sommers dann manchmal nur ein langes Shirt, das knapp über den Hintern reichte – der Mini-Rock war überall. Das war es dann auch schon.

Mit meinem damaligen Liebsten teilte ich zudem die Meinung: Gehe nirgends hin, wofür du andre Kleider anziehen musst! Und dem entsprechend gestaltete sich mein Berufsleben – eigentlich bis heute.

Als ich später – einfach mal so – etwas anderes anziehen wollte, so ein bisschen meine Optik ändern, vielleicht um einem neuen Mann zu gefallen, klappte das nicht mehr. Den halben Tag durch Kaufhäuser rennen, in stickigen Kabinen seltsame Zelte anprobieren, unfähig, etwas zu finden, was mir steht – der reine Horror! Ich hatte meinen Stil, und der war eigentlich keiner. Mir reichen drei Hosen und drei Sweatshirts, mal eine Hemdbluse zum schwarzen Blazer, den ich später zu Geschäftszwecken über den Jeans trug. Schuhe, die die Zehen unangenehm zusammen drücken oder es verunmöglichen, mal eben loszurennen, kommen nicht in Frage und auch keine Stoffe, in denen man schwitzt oder die irgendwie kratzen. Wer in Baumwolle sozialisiert ist, packt das einfach nicht mehr. Alles in allem war und blieb ich modemäßig eine Versagerin, zum Schaden der Wirtschaft, ich seh es ein.

Hifi ? Foto? Reisen?

An ganzen Konsumgüterfeldern verlor ich nach anfänglichem Engagement das Interesse: ein-, zwei Hifi-Anlagen, dann war schon Schluss. In den besetzten Häusern zu Anfang der 80ger war nichts sicher, die Polizei trat bei Durchsuchungen gerne Lautsprecher ein und suchte da nach Marihuana. Also reichte die alte Anlage vom Flohmarkt, dann kam ein geschenkter Radiorekorder und schließlich verlor ich den Draht zur aktuellen Musik.

Ach ja, die Fotoausrüstung! Ein Jahr mit einem engagierten Fotografen in der Dunkelkammer zugebracht – aber schon bald verkaufte ich die Konika wieder (alles noch echt aus Metall!). Es dauerte mir einfach zu lange, bis ich die Bilder zu Gesicht bekam – und dann gefielen mir davon zu wenige, um die Investition zu rechtfertigen. Seit es Digicams gibt, bin ich wieder dabei, immerhin ein Lichtblick.

Reisen? Ein ganz trauriges Kapitel, unter Konsumaspekten betrachtet! Mit meinen Eltern hatte ich zwischen 9 und 17 immer denselben Sommerurlaub verbracht: vier bis sechs Wochen auf einem Campingplatz nördlich von Rom. Ohne Pinienduft war es für mich dann später kein richtiger Urlaub, und auch Hotels brachten nicht das richtige Feeling von Freiheit und Abenteuer rüber. Mehr noch beschlich mich nach dem dritten Urlaubsversuch in den Zwanzigern das Gefühl: Was soll ich denn da? Da kenn ich doch keinen und habe auch nichts zu tun! Da half auch die Reise in der Kleingruppe nichts, ich langweilte mich: immer rumlaufen und gucken? Von einem Ort zum andern fahren? Ja wohin denn und wozu? Schon bald war es vorbei damit, ich entdeckte die Freuden meines spannenden Arbeitslebens und wollte sowieso nicht mehr weg. Nur ins Toskana-Haus eines lieben Freundes – bella Italia! – Wochen und Monate lang immer an denselben Ort, das ging dann wieder. Und kostete mich fast nichts.

Möbel? Während der 80ger zog ich so oft um, dass es mir zuviel wurde, deshalb immer so einen Aufstand zu machen und so viele Leute zu brauchen. Ich reduzierte meine Habe auf das nötigste und verabschiedete jede Menge Bücher. Es wurde mir klar, dass Bücherwände immer weiter wachsen und immer schwerer umzuziehen sind. Dem gebot ich Einhalt. Etwa 200 dürfen sich seither auf 4 Regalbrettern sammeln, wenn es mehr werden, ist Ausmisten angesagt.

An den Rudolfplatz zog ich mit neun Umzugskisten und den wenigen Möbeln, die man eben braucht: Schreibtisch, Bett, zwei Regale, ein paar Stühle, Waschmaschine und Kühlschrank, ein Tisch – für die Klamotten reichte mir ein Sideboard und die Kleiderstange, immer hatte ich mich geweigert, einen Schrank anzuschaffen. Ich will sehen, was da ist. Es soll nicht in Schränken und Kästen versteckt sein, denn dann wird es leicht immer mehr.

Einkaufen verlernt

Und nun ist gerade die sechste Woche in der neuen Wohnung rum, es ist wunderschön hier, aber es fehlt mir was! Dies und das – ja, ich weiß langsam ganz genau, was mir alles fehlt. Auf einmal gibt es diese „innere Liste“ der Anschaffungen, die ich machen will. Ich bin bereit! Ich WILL einkaufen – und schleiche seit Wochen immer mal durch die Shoppingmalls, Möbelgeschäfte, Trödler und Flohmärkte. Himmel, es geht nicht „einfach so“. Ich habe das Einkaufen richtig verlernt!

Drei Wochen hab ich gebraucht, um einen simplen Staubsauer zu erstehen. Erst die Überlegung: Warum nicht ein Gebrauchter zu 10 Euro vom Trödel?? Lieber nicht, der Gedanke an fremden Dreck war mir dann doch unsymphatisch. Dann die neuen Geräte in den einschlägigen Geschäften: Warum kostet der eine 89,-, der andere 245 Euro? Muss ich jetzt etwa Informationen über Staubsauger sammeln? Um Himmels Willen, ich wendete mich mit Grausen – bis zum nächsten Versuch. Langsam sammelten sich die Staubschwaden unterm Bett, die Sache drängte.. Und wieder stand ich vor einem Sauger meiner Wahl, hob das Teil in der Verpackung kurz an: Zu Fuß nach hause tragen? Unmöglich, da brauch ich ein Auto. Vertagt! Die ganze Sache entwickelte sich zum Slapstick – aber na ja, jetzt hab ich einen AEG Vampir zu 79,- von Saturn, heimgefahren mit dem Taxi, Kurzsstrecke zu 3 Euro. Erfolg!

So langsam hat sich auch ein Bedürfnis nach einem gemütlichen Zimmer eingestellt: Ich möchte meinen Ort verändern können, weg vom Arbeitsplatz, aber nicht gleich aufs Bett liegen. Das ist besonders schwierig, denn mein „gemütliches Zimmer“ war seit 15 Jahren das Zimmer meines Lebensgefährten. Wo immer er wohnt, seine Räume sind wohnlich und angenehm, sprechen die Gefühle positiv an, sind in rot-, ocker- und Brauntönen gehalten, strahlen Wärme aus. Wogegen meine Zimmer eher cool wirken, zweckmäßig, nichts, um so richtig auszuspannen. Ich brauchte das ja nicht, denn abends ging ich zu ihm rüber. Einen Fernseher gab’s da auch – bei mir natürlich nicht. Wenn man Wand an Wand wohnt, dringt der Sound immer durch, das haben wir lieber gelassen.

Mehr Druck, mehr Ruck

Nun sitze ich also da, sehne mich nach dieser wohnlichen Wärme und schreibe auf meine innere Liste: ein großer Teppich, mindestens 2.50 mal 3.50, ein Nepal-Teppich oder Tibeter, gern auch ein naturfarbener dicker (!) Berber. Auf den Holzdielen sähe er super aus, ohne dass ich mich durch ihn schon für eine Farbe entscheiden müsste. Mir fehlt der Mut zur Farbe, stelle ich fest. Ein paar kleinere farbige Teppiche sind da zwar schon, aber ich kann mich nicht entscheiden, ob das ganze Zimmer eher Richtung rot oder blau gehen soll.

So ein teurer Teppich bloß fürs Wohlbefinden? Kostet locker 500 bis 700 Euro – das ist die nächste Hürde! Bevor ich mir den leiste, müsste sich finanziell erst deutlich etwas ändern, klar. Immerhin ist es nicht schlecht, Konsumwünsche zu haben, dann ergibt das etwas mehr Druck, sich in Richtung Geld verdienen mal einen richtigen Ruck zu geben – ach Deutschland, lass rucken, für den Berber ruck ich mit!

Die Medien sind auch so ein Thema. Derzeit sitze ich in der Stille und lese täglich die Zeitung, das ist alles. Kein TV, kein Radio – meine Versuche, einen Radiorecorder mit CD-Player oder eine kleine Anlage anzuschaffen, waren eine Katastrophe. Wer das Musikgerät für Jahrzehnte keines Blickes gewürdigt hat, hat in so einer Abteilung Schwierigkeiten, überhaupt zu erkennen, was da so rumsteht. Sieht deutlich anders aus als früher – mir fehlen sämtliche Kritierien, um auch nur zu entscheiden, was für eine Größe das Teil haben soll (Mikro? Mini? Kompakt?), geschweige denn weiß ich noch was von den „Werten“, die man da üblicherweise vergleicht. Die Boxen sind kleiner geworden, das seh‘ ich. Es gibt ihn also doch, den Fortschritt.

Das Schnäppchen..

Ich werde wohl auf eine Begegnung auf dem Flohmarkt warten müssen – so eine, wie ich sie am Sonntag hatte mit dem Schrank (!) meiner Vorstellungen! Ja, ich bin auf den Schrank gekommen, das Sideboard und die Kleiderstange sollen dafür verschwinden. Aber bitte kein moderner Schrank!. Ich hasse Pressspan, diesen überschweren furnierten Müll, elend zu schleppen und beim zweiten Mal zusammen schrauben bricht alles auseinander. Ein alter Schrank sollte es sein, aus leichtem Holz, gern ganz schlicht, ohne viel Säulchen und Verzierungen. In den Trödelläden sah ich jede Menge: für 450 Euro aufwärts verbreiteten sie Gediegenheit, abgebeizt oder dunkel belassen, mit Säulen und Spiegeln. Na, ich bin kein Antiquitäten-Fan, meine Vorliebe ist ganz unromantisch, rein materialtechnisch begründet. Für Omas Kleiderschrank soviel Geld auszugeben, erschien mir einfach vermessen! Ich dachte nicht mehr ernsthaft an den Schrank, als ich ihn Sonntags auf dem Flohmarkt auf einmal da rumstehen sah. Der Junge, der davor Spielzeug verkaufte, sagte auf meine Frage nach dem Preis: „30 Euro“. Und als ich, etwas perplex, nicht gleich etwas erwiderte, meinte der Vater, der mein Zögern bemerkt hatte: „20 Euro. Ein echtes Schnäppchen“.

Womit er recht hatte. Weitere 20 Euro wurde ich bei einem Plattenhändler los, der sich bereit erklärte, mir den Schrank mit seinem Laster an den Rudolfplatz zu fahren. Wie leicht die Teile sich dann in den dritten Stock tragen ließen! Und wie problemlos das Zusammenstecken funktionierte: ohne jedes Werkzeug!

Na, so geht es also langsam doch voran. Wie lange ich noch bis zur Musik, bis zum Fernseher, dem besonders ersehnten Teppich und vielleicht gar einer großen Couch brauchen werde, weiß der Himmel. Aber ich bin guter Dinge, der Konsumstau löst sich langsam auf! (Ob das für den „Ruck“ reicht, ist eher ungewiss…)

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Claudia am 08. Februar 2001 — Kommentare deaktiviert für Schweinefraß – die Fortsetzung

Schweinefraß – die Fortsetzung

Da hat Kurt Jacob im Forum einen grandiosen Rundumschlag gegen die „deutsche Leitkultur des Essens“ gepostet, in dem er gegen den landestypischen Brachialfood anschreibt:

„Eintopfsonntage und die praktisch unverdauliche Hausmannskost sind fester Bestandteil deutscher Leitkultur und feiern auch heute noch fröhliche Urstände in deutschen Landen: Erbsen- und Kartoffelsuppen, Graupen, Eintopf, Klöße, Broiler, Bratkartoffeln, Tagesteller, Sättigungsbeilage, Currywurst; die deutsche Plumpsküche ist nicht tot zu kriegen, allem Hedonismus unserer Zeit zum Trotz. Speckkartoffeln, Buttercremetorte, Sahnequarktorte, Sauerbraten, Ragout fin, geräuchertes Schweinekotelett, Braunkohl, Grünkohl mit Pinkel, Lapskaus, Wienerschnitzel mit Tunke und Pommes Frites, Döner, Bigos, Bratapfel, Steckrüben, ½ Hähnchen, Deutschländer Würstchen, Fertigtorten und -pizzas, Spaghetti Bolognese, Saumagen, Scholle mit Speck, Rührei, Bratkartoffeln, Pommes Frites, Pommes Frites, Pommes Frites und nochmals Pommes Frites. Alles so schmackhaft und leicht verdaulich wie Fertigbeton und die Erklärung von Wolfram Siebeck, das käme alles noch vom 30jährigen Krieg, finde ich etwas weit her gehohlt.“

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Claudia am 02. Februar 2001 — Kommentare deaktiviert für Schluss mit dem Schweinefraß!

Schluss mit dem Schweinefraß!

Gestern haben mein Lebensgefährte und ich beschlossen, Ernährung und Einkaufsverhalten konsequent umzustellen. Ein Artikel in der Berliner Zeitung („Kippen Sie Mayonnaise drüber!“ – ich werde ihn hier verlinken, sobald er im Online-Archiv auftaucht) hat das Faß zum Überlaufen gebracht. Es ging nicht um Rindfleisch, sondern um alles andere, um die ganz normalen und legalen Sauereien der Nahrungsmittelindustrie. Gezwungen durch die übermächtigen Handelskonzerne, die hohe „Eintrittspreise“ für die gnädige Aufnahme in die Supermärkte kassieren und den Produzenten die Preise vorschreiben, ist das, was dort dann im Regal steht, in vielen Fällen zusammengerührter Dreck. Nicht die Qualität oder Originalität eines Produkts steht im Mittelpunkt der Anstrengungen, sondern die Bemühung, es „analysefest“ zu machen: es so zu designen, dass die staatliche Lebensmittelüberwachung mit den analytischen Methoden ihrer Kontrollabors nichts mehr finden kann: tausend Tricks bis hin zum Betrug. Weiter → (Schluss mit dem Schweinefraß!)

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Claudia am 21. März 2000 — Kommentare deaktiviert für Mal anders…

Mal anders…

Gedanken kommen nicht in ganzen Sätzen, sagt M., und meinetwegen soll es ruhig mal so vor sich hinschreiben, alles draußen vor oder überhaupt nicht mehr, im Zweifel Leere. Leere Zigarettenschachtel, Camel Filter, Funktastatur von Logitech, was gibt es außer Produkten? Marken, Namen, Zeichen, Logos, Tätowierungen, Webdesigns, Warenmuster, ich bin ich und nicht du, muß das täglich neu bewiesen werden? Heute ist wieder so ein Tag, der einfach endet, ohne jungen wilden Autoren ein Thema gegeben zu haben. Die ergonomische Plastikablage für die Handballen an der Tastatur verhilft auch nicht dazu, große Worte zu machen oder klitzekleine Lacher hervorzukitzeln. Alles easy, draußen sind schon 10 Grad, der Frühling ist da. Gottfried Benn hat daraus gute Gedichte gemacht, sagt M.

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Claudia am 19. März 2000 — Kommentare deaktiviert für Putenfleisch

Putenfleisch

Eine Pute. Als ich klein war, war das noch ein Ereignis! Ein Riesenvogel, der kaum in den Backofen passte, zwei Monate vor Weihnachten beim Bauern bestellt, mit Spannung erwartet, misstrauisch beäugt, in mehreren Stunden gebraten und dann die „7 Sorten Fleisch“ im Rahmen eines großen Familiengelages verspeist. Die Reste reichten für den nächsten Tag und wir sonnten uns im Gefühl, etwas Besonderes zu sein: andere Familys waren schließlich noch bei der gemeinen Weihnachtsgans, ha! Weiter → (Putenfleisch)

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Claudia am 30. November 1999 — Kommentare deaktiviert für Was so alles herumsteht….

Was so alles herumsteht….

DesignerliegeDer respektlose Titel kommt aus einem Unvermögen: die Welt der materiellen Gegenstände ist ein Bereich, in dem ich wenig Freude finde. Möbel, Klamotten, Autos, auch die kleinen Geschenke, die die Freundschaft erhalten sollen – ja, manches sieht schön aus, aber das ist auch schon alles, was ich sagen kann. Beim Anblick eines solchen „Dings“ erfaßt mich nie die Lust, es zu besitzen, im Gegenteil. Ich sehe die Transportprobleme, stell mir vor, wie es wieder zu entsorgen wäre, schüttele den Kopf angesichts der Preise und frag‘ mich, warum jemand soviel Geld ausgibt, um so ein sperriges Objekt irgendwohin zu stellen. Weiter → (Was so alles herumsteht….)

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