Claudia am 03. Juni 2004 —

Kein „Ruck“ – aber die Blockade zerbröselt

Über Geld spricht man nicht – woher stammt eigentlich diese seltsame Volksweisheit, die selbst im Jahre 2004 noch immer jedem einfällt, wenn man es doch einmal tut? Eine Teilnehmerin in einer Frauenliste fand es sehr problematisch, dass ich so „offenherzig“ über meine Situation schreibe wie im letzten Diary-Artikel. Sie sei Kauffrau und würde nun ganz gewiss erst länger recherchieren, bevor sie mir einen Auftrag gibt, und dann versuchen, die Preise zu drücken. Das war aber auch schon die einzige negative Resonanz! Ansonsten konnte ich mich über allerlei Zuspruch und Ermunterung, konkrete Ideen und Angebote freuen – bis hin zu einer hilfreichen Spende. 1000 Dank!

Dass ich sogar das Kühe-Hüten in Betracht zog, brachte mir eine Anfrage, ob ich mich nicht um eine offene Stelle in einer Bergbauern-Initiative bewerben möchte. Und eine ehemalige Bauernmagd setzte mir auseinander, dass der Sennerinnen-Job ein Knochenjob sei – man „hütet“ ja nicht nur, sondern muss auch melken und Käse machen. Dafür gibt’s zwar in der Schweiz 100 Euro/Tag, aber man schafft es körperlich nur bis ungefähr 30. Naja, so ganz ernsthaft war ich in Sachen „Kühe hüten“ ja nun doch nicht…

Besser gefällt mir die Idee, „problematische Immobilien“ für Menschen zu verkaufen, die keine Lust auf Makler haben. Das ist mir schon mal im Leben zugestoßen und war eine interessante Erfahrung in einem Metier, das mir doch ziemlich fremd ist. Mit dem Honorar konnte ich dann eine Stadtteilkneipe eröffnen, die mir auch eher „zuflog“, als dass ich mich drum gerissen hätte. Gern würde ich auch hochpreisige Liebhaberobjekte im Web präsentieren – hier in der Nähe gibt’s so ein Gebiet mit interessanten Neubauten, darunter einige, die offensichtlich bisher keine Käufer oder Mieter fanden. Wenn ich mal ausrecherchiere, wie die im Web angeboten werden, treffe ich nur auf langweiligst gestaltete Datenbanken mit ein paar Angaben und je einem winzigen Bild. Muss das so bleiben?

Motivationskrise

Ach ja, es gibt viele Möglichkeiten – auch solche, die ein bisschen näher dran sind an meiner bisherigen Arbeit. Es ist ja nicht so, dass ich in den letzten Wochen schwer gewirbelt hätte, um bestimmte Angebote an den Mann bzw. die Frau zu bringen, eher war ich außerstande, meine „To-Do-List“ mit all den Ideen wirklich abzuarbeiten. Eine Art Motivationskrise, in der es absolut nichts gebracht hat, endlos über Möglichkeiten und Ursachen zu grübeln. Trotz aller Sorgen vergingen die Tage, ohne dass ich „effizienter“ wurde. Erst das immer neue Scheitern am Versuch, mich erfolgreich anzutreiben, führte zu einem inneren Loslassen. Ein paar Tage tat ich wirklich NICHTS – und zu meinem Erstaunen hab‘ ich auf einmal wieder Lust!

An den äußeren Bedingungen, z.B. am mittlerweile grundstürzend gewandelten Internet, ändert das zwar nichts – wohl aber kann ich mit Freude an der Sache wieder kreativ auf geänderte Bedingungen antworten (toi toi toi!). Einfach „irgendwas machen“, ohne einen Funken von Begeisterung, das konnte ich auch vor den Zeiten der Netze nicht. Hab‘ es ausprobiert, schon gleich nach dem Abitur und als Studentin. In den Semesterferien-Jobs lernte ich viele Unternehmen und Behörden von innen kennen und kämpfte ständig mit dem Einschlafen. Damals herrschten in Sachen Arbeit noch paradiesische Zeiten („Kommen Sie zu uns, Sie können gleich mit BAT 2A anfangen, wenn Sie Ihren Abschluss haben“), aber in so einer Behörde anzuheuern, erschien mir nur als lebendiges Begraben-Sein.

So ist es halt ein Patchwork-Lebenslauf geworden und keine Beamtenlaufbahn, wie mein Vater es sich gewünscht hätte. Die letzten acht Jahre – also die Netz-Zeit – waren verdammt spannend und abwechslungsreich. Ich bin gespannt, wie es weiter geht!

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