Claudia am 22. März 2003 — Kommentare deaktiviert für Kleine Mitteilungen am Rande

Kleine Mitteilungen am Rande

Krieg

Eigentlich sind große Worte gefragt, ich weiß. Ein Leser mailte mir: „Du schweigst zum Irak-Krieg? Ich mag dich trotzdem!“ Sorry, mir ist nicht danach und ich werde mich jetzt auch nicht zu „Stellungnahmen“ aufraffen. Es reicht mir schon völlig, wieder zu erleben, wie der Geist des Krieges Mailinglisten und Webforen ergreift. Es verschlägt mir jede Lust, dazu etwas zu schreiben. Zumindest für jetzt.

Gespräch

Im Forum ist ein philosophisches Gespräch ausgebrochen. Eines von der Art, das jeden Bezug zum eigenen Leben, zum Hier & Jetzt in Windeseile hinter sich lässt. Im Beitrag „Achtung, Philosophen“ versuche ich, es ein wenig einzudämmen.

Go East

Im Diary wird es einen Gast-Autor geben: Danny Fundinger zieht für ein paar Monate nach Russland, um dort zu leben und zu arbeiten. Seine gelegentlichen Berichte, die er von einer Südamerika-Tour an Bekannte schickte, haben mir so gut gefallen, dass ich anlässlich der ersten aktuellen Mail „Der lange Weg nach Russland“ auf die Idee gekommen bin, die neue Serie im Diary zu bringen. Er ist einverstanden, also: demnächst an dieser Stelle!

Rauchen & Selbst

Seit fast zwei Wochen rauche ich wieder. Nach zehn Monaten „ohne“ wundert das, auch mich hat es verwundert, zu erleben, wie ich ohne Stress, ohne Konflikt, ohne „belastende Situation“ auf einmal Zigaretten kaufte. Da ich aber zur Zeit auf allen Ebenen meinen Impulsen folge, um mir anzugucken, was es mit ihnen auf sich hat, machte ich keinerlei Versuche, mich zu bezähmen. Und siehe da: es gibt immer noch etwas zu entdecken!

Rauchenderweise arbeite ich seither mit einer Leichtigkeit und Begeisterung, die ich gar nicht mehr von mir kannte. Ich tanze auf verschiedensten Hochzeiten, plane ein tolles neues Projekt, nehme lange vernachlässigte Fäden auf, mache mich an die Neugestaltung einiger Webwerke, die es nötig haben, schreibe viel und bediene mehrere Kunden gleichzeitig. Alles geht leicht von der Hand, strengt mich nicht mehr an, nichts zieht mich ständig „ab in die Sauna“ – ein ganz bestimmter „Elan Vital“, der mich lange verlassen hatte, ist zurück! Ich dachte schon, es sei das zunehmende ALTER und ich müsse mich halt damit abfinden, so langsam in die „innere Kündigung“ zu gehen. Jetzt weiß ich es besser! Es ist nicht das Alter, sondern DAS NIKOTIN, bzw. dessen Fehlen.

Wer bin ich? Mit einem gewissen Grausen stelle ich neu fest: Das, was ich im Leben hauptsächlich war und bin, das, womit ich mich am meisten identifiziere und auf das ich keinesfalls verzichten will: das bin gar nicht ICH! Bzw. das bin nur „ich mit Nikotin“.

Wie kann das sein? Ich will jetzt nicht darüber reflektieren, dass das „Ich“ nur ein Gedanke ist, davon gehe ich aus. Doch ist es schon erschütternd, zu bemerken, in welchem Maße das eigene innerste Wesen, bzw. das, was ich dafür gehalten habe, sich letztlich der steten Verfügbarkeit eines Stöffchens verdankt, das sich seit dem 15. Lebensjahr in meine psychophysische Leiblichkeit eingebaut hat. Und das – mit allen anderen Stoffen und Einflüssen zusammen – die Identität, die ich als „ich“ kenne, erst schafft und aufrecht erhält. Nimmt man den „Baustein Nikotin“ heraus, wie ich es erfolgreich getan habe, ist das, was bleibt, nicht mehr dasselbe!

Was tun? Auf die Dauer, das merke ich jetzt schon, halte ich Rauchen nicht mehr aus. Ich bekümmere mich gerade darum, heraus zu finden, ob Homöopathie vielleicht an der Lage etwas ändern kann. Wenn nicht, werde ich das Nikotin „in Reinform“ zu mir nehmen, mal sehen, auf welchem Wege.

Denn: ICH WILL diejenige sein, als die ich mich „mit Nikotin“ kenne! Das habe ich jetzt in aller Deutlichkeit bemerkt – das irgendwie nebenbei noch „falsch“ zu finden, bringt mir nichts, also schenk ich es mir.

Diesem Blog per E-Mail folgen…

Claudia am 17. März 2003 — Kommentare deaktiviert für Der Berber so fern – von Konsumwünschen und Hemmungen

Der Berber so fern – von Konsumwünschen und Hemmungen

Alle Welt spricht über die „Kaufzurückhaltung“ der Deutschen. Diese Haltung, die langsam aber sicher in den Geruch der Ruck-Feindlichkeit gerät, pflege ich nicht erst seit gestern, sondern schon recht lange, in manchen Bereichen immer schon. Man redet sich dabei gern ein, es geschehe aus Protest gegen irgend etwas, oder aus ökologischen Gründen, zumindest aus einem bewussten Sparwillen heraus – stimmt alles nicht. Es ergibt sich so, entlang an den Konditionierungen aus der Kindheit und entsprechend den Lebensgewohnheiten, die im Lauf der Zeit entstehen und sich verfestigen. Auch Konsumieren will gelernt sein!

Mode zum Beispiel. In der heißen Phase der Pubertät war es in meinen Peergroups rund um ein „fortschrittliches“ hessisches Gymnasium angesagt, in Jeans und T- oder Sweatshirts herum zu rennen. Klar, es musste eine bestimmte Marke, eine gewisse Farbe sein und manchmal kam es drauf an, wie tief die Hose auf der Hüfte hing oder wie breit die Beine in den Wind flatterten – dazu trug man tunlichst „Clarks“, wildlederne flache Treter mit dem Charme der Birkenstock-Zeit, die allerdings erst später kam. Manchmal stylten sich die Mädchen für die Disko, da das aber ein eher seltener Event war, lernte ich es nur in Ansätzen und vergaß es auch bald wieder. Sommers dann manchmal nur ein langes Shirt, das knapp über den Hintern reichte – der Mini-Rock war überall. Das war es dann auch schon.

Mit meinem damaligen Liebsten teilte ich zudem die Meinung: Gehe nirgends hin, wofür du andre Kleider anziehen musst! Und dem entsprechend gestaltete sich mein Berufsleben – eigentlich bis heute.

Als ich später – einfach mal so – etwas anderes anziehen wollte, so ein bisschen meine Optik ändern, vielleicht um einem neuen Mann zu gefallen, klappte das nicht mehr. Den halben Tag durch Kaufhäuser rennen, in stickigen Kabinen seltsame Zelte anprobieren, unfähig, etwas zu finden, was mir steht – der reine Horror! Ich hatte meinen Stil, und der war eigentlich keiner. Mir reichen drei Hosen und drei Sweatshirts, mal eine Hemdbluse zum schwarzen Blazer, den ich später zu Geschäftszwecken über den Jeans trug. Schuhe, die die Zehen unangenehm zusammen drücken oder es verunmöglichen, mal eben loszurennen, kommen nicht in Frage und auch keine Stoffe, in denen man schwitzt oder die irgendwie kratzen. Wer in Baumwolle sozialisiert ist, packt das einfach nicht mehr. Alles in allem war und blieb ich modemäßig eine Versagerin, zum Schaden der Wirtschaft, ich seh es ein.

Hifi ? Foto? Reisen?

An ganzen Konsumgüterfeldern verlor ich nach anfänglichem Engagement das Interesse: ein-, zwei Hifi-Anlagen, dann war schon Schluss. In den besetzten Häusern zu Anfang der 80ger war nichts sicher, die Polizei trat bei Durchsuchungen gerne Lautsprecher ein und suchte da nach Marihuana. Also reichte die alte Anlage vom Flohmarkt, dann kam ein geschenkter Radiorekorder und schließlich verlor ich den Draht zur aktuellen Musik.

Ach ja, die Fotoausrüstung! Ein Jahr mit einem engagierten Fotografen in der Dunkelkammer zugebracht – aber schon bald verkaufte ich die Konika wieder (alles noch echt aus Metall!). Es dauerte mir einfach zu lange, bis ich die Bilder zu Gesicht bekam – und dann gefielen mir davon zu wenige, um die Investition zu rechtfertigen. Seit es Digicams gibt, bin ich wieder dabei, immerhin ein Lichtblick.

Reisen? Ein ganz trauriges Kapitel, unter Konsumaspekten betrachtet! Mit meinen Eltern hatte ich zwischen 9 und 17 immer denselben Sommerurlaub verbracht: vier bis sechs Wochen auf einem Campingplatz nördlich von Rom. Ohne Pinienduft war es für mich dann später kein richtiger Urlaub, und auch Hotels brachten nicht das richtige Feeling von Freiheit und Abenteuer rüber. Mehr noch beschlich mich nach dem dritten Urlaubsversuch in den Zwanzigern das Gefühl: Was soll ich denn da? Da kenn ich doch keinen und habe auch nichts zu tun! Da half auch die Reise in der Kleingruppe nichts, ich langweilte mich: immer rumlaufen und gucken? Von einem Ort zum andern fahren? Ja wohin denn und wozu? Schon bald war es vorbei damit, ich entdeckte die Freuden meines spannenden Arbeitslebens und wollte sowieso nicht mehr weg. Nur ins Toskana-Haus eines lieben Freundes – bella Italia! – Wochen und Monate lang immer an denselben Ort, das ging dann wieder. Und kostete mich fast nichts.

Möbel? Während der 80ger zog ich so oft um, dass es mir zuviel wurde, deshalb immer so einen Aufstand zu machen und so viele Leute zu brauchen. Ich reduzierte meine Habe auf das nötigste und verabschiedete jede Menge Bücher. Es wurde mir klar, dass Bücherwände immer weiter wachsen und immer schwerer umzuziehen sind. Dem gebot ich Einhalt. Etwa 200 dürfen sich seither auf 4 Regalbrettern sammeln, wenn es mehr werden, ist Ausmisten angesagt.

An den Rudolfplatz zog ich mit neun Umzugskisten und den wenigen Möbeln, die man eben braucht: Schreibtisch, Bett, zwei Regale, ein paar Stühle, Waschmaschine und Kühlschrank, ein Tisch – für die Klamotten reichte mir ein Sideboard und die Kleiderstange, immer hatte ich mich geweigert, einen Schrank anzuschaffen. Ich will sehen, was da ist. Es soll nicht in Schränken und Kästen versteckt sein, denn dann wird es leicht immer mehr.

Einkaufen verlernt

Und nun ist gerade die sechste Woche in der neuen Wohnung rum, es ist wunderschön hier, aber es fehlt mir was! Dies und das – ja, ich weiß langsam ganz genau, was mir alles fehlt. Auf einmal gibt es diese „innere Liste“ der Anschaffungen, die ich machen will. Ich bin bereit! Ich WILL einkaufen – und schleiche seit Wochen immer mal durch die Shoppingmalls, Möbelgeschäfte, Trödler und Flohmärkte. Himmel, es geht nicht „einfach so“. Ich habe das Einkaufen richtig verlernt!

Drei Wochen hab ich gebraucht, um einen simplen Staubsauer zu erstehen. Erst die Überlegung: Warum nicht ein Gebrauchter zu 10 Euro vom Trödel?? Lieber nicht, der Gedanke an fremden Dreck war mir dann doch unsymphatisch. Dann die neuen Geräte in den einschlägigen Geschäften: Warum kostet der eine 89,-, der andere 245 Euro? Muss ich jetzt etwa Informationen über Staubsauger sammeln? Um Himmels Willen, ich wendete mich mit Grausen – bis zum nächsten Versuch. Langsam sammelten sich die Staubschwaden unterm Bett, die Sache drängte.. Und wieder stand ich vor einem Sauger meiner Wahl, hob das Teil in der Verpackung kurz an: Zu Fuß nach hause tragen? Unmöglich, da brauch ich ein Auto. Vertagt! Die ganze Sache entwickelte sich zum Slapstick – aber na ja, jetzt hab ich einen AEG Vampir zu 79,- von Saturn, heimgefahren mit dem Taxi, Kurzsstrecke zu 3 Euro. Erfolg!

So langsam hat sich auch ein Bedürfnis nach einem gemütlichen Zimmer eingestellt: Ich möchte meinen Ort verändern können, weg vom Arbeitsplatz, aber nicht gleich aufs Bett liegen. Das ist besonders schwierig, denn mein „gemütliches Zimmer“ war seit 15 Jahren das Zimmer meines Lebensgefährten. Wo immer er wohnt, seine Räume sind wohnlich und angenehm, sprechen die Gefühle positiv an, sind in rot-, ocker- und Brauntönen gehalten, strahlen Wärme aus. Wogegen meine Zimmer eher cool wirken, zweckmäßig, nichts, um so richtig auszuspannen. Ich brauchte das ja nicht, denn abends ging ich zu ihm rüber. Einen Fernseher gab’s da auch – bei mir natürlich nicht. Wenn man Wand an Wand wohnt, dringt der Sound immer durch, das haben wir lieber gelassen.

Mehr Druck, mehr Ruck

Nun sitze ich also da, sehne mich nach dieser wohnlichen Wärme und schreibe auf meine innere Liste: ein großer Teppich, mindestens 2.50 mal 3.50, ein Nepal-Teppich oder Tibeter, gern auch ein naturfarbener dicker (!) Berber. Auf den Holzdielen sähe er super aus, ohne dass ich mich durch ihn schon für eine Farbe entscheiden müsste. Mir fehlt der Mut zur Farbe, stelle ich fest. Ein paar kleinere farbige Teppiche sind da zwar schon, aber ich kann mich nicht entscheiden, ob das ganze Zimmer eher Richtung rot oder blau gehen soll.

So ein teurer Teppich bloß fürs Wohlbefinden? Kostet locker 500 bis 700 Euro – das ist die nächste Hürde! Bevor ich mir den leiste, müsste sich finanziell erst deutlich etwas ändern, klar. Immerhin ist es nicht schlecht, Konsumwünsche zu haben, dann ergibt das etwas mehr Druck, sich in Richtung Geld verdienen mal einen richtigen Ruck zu geben – ach Deutschland, lass rucken, für den Berber ruck ich mit!

Die Medien sind auch so ein Thema. Derzeit sitze ich in der Stille und lese täglich die Zeitung, das ist alles. Kein TV, kein Radio – meine Versuche, einen Radiorecorder mit CD-Player oder eine kleine Anlage anzuschaffen, waren eine Katastrophe. Wer das Musikgerät für Jahrzehnte keines Blickes gewürdigt hat, hat in so einer Abteilung Schwierigkeiten, überhaupt zu erkennen, was da so rumsteht. Sieht deutlich anders aus als früher – mir fehlen sämtliche Kritierien, um auch nur zu entscheiden, was für eine Größe das Teil haben soll (Mikro? Mini? Kompakt?), geschweige denn weiß ich noch was von den „Werten“, die man da üblicherweise vergleicht. Die Boxen sind kleiner geworden, das seh‘ ich. Es gibt ihn also doch, den Fortschritt.

Das Schnäppchen..

Ich werde wohl auf eine Begegnung auf dem Flohmarkt warten müssen – so eine, wie ich sie am Sonntag hatte mit dem Schrank (!) meiner Vorstellungen! Ja, ich bin auf den Schrank gekommen, das Sideboard und die Kleiderstange sollen dafür verschwinden. Aber bitte kein moderner Schrank!. Ich hasse Pressspan, diesen überschweren furnierten Müll, elend zu schleppen und beim zweiten Mal zusammen schrauben bricht alles auseinander. Ein alter Schrank sollte es sein, aus leichtem Holz, gern ganz schlicht, ohne viel Säulchen und Verzierungen. In den Trödelläden sah ich jede Menge: für 450 Euro aufwärts verbreiteten sie Gediegenheit, abgebeizt oder dunkel belassen, mit Säulen und Spiegeln. Na, ich bin kein Antiquitäten-Fan, meine Vorliebe ist ganz unromantisch, rein materialtechnisch begründet. Für Omas Kleiderschrank soviel Geld auszugeben, erschien mir einfach vermessen! Ich dachte nicht mehr ernsthaft an den Schrank, als ich ihn Sonntags auf dem Flohmarkt auf einmal da rumstehen sah. Der Junge, der davor Spielzeug verkaufte, sagte auf meine Frage nach dem Preis: „30 Euro“. Und als ich, etwas perplex, nicht gleich etwas erwiderte, meinte der Vater, der mein Zögern bemerkt hatte: „20 Euro. Ein echtes Schnäppchen“.

Womit er recht hatte. Weitere 20 Euro wurde ich bei einem Plattenhändler los, der sich bereit erklärte, mir den Schrank mit seinem Laster an den Rudolfplatz zu fahren. Wie leicht die Teile sich dann in den dritten Stock tragen ließen! Und wie problemlos das Zusammenstecken funktionierte: ohne jedes Werkzeug!

Na, so geht es also langsam doch voran. Wie lange ich noch bis zur Musik, bis zum Fernseher, dem besonders ersehnten Teppich und vielleicht gar einer großen Couch brauchen werde, weiß der Himmel. Aber ich bin guter Dinge, der Konsumstau löst sich langsam auf! (Ob das für den „Ruck“ reicht, ist eher ungewiss…)

Diesem Blog per E-Mail folgen…

Claudia am 14. März 2003 — Kommentare deaktiviert für Am Rudolfplatz – ein Blitzlicht

Am Rudolfplatz – ein Blitzlicht

Meine Vormieterin hat mir eine Mail mit der Frage geschickt, wie es mir denn nun am Rudolfplatz gefalle. Immerhin lebe ich jetzt schon eineinhalb Monate hier. So wenig? Es kommt mir länger vor, obwohl ich doch erst seit etwa einer Woche die Küche richtig nutzen kann. Ein Teil der Dielen wurde erneuert, das Ergebnis schreit mich täglich an: Nun mach aber auch den Rest, das sieht ja grausig aus!! Ohhhh, Dielen abschleifen, wann hab ich das zum letzten Mal gemacht? Sind zwar nur etwa drei Quadratmeter, aber man braucht diese brachiale Maschine, es staubt wie in der Wüste Gobi und das Versiegeln ist auch noch mal eine klebrige und stinkige Angelegenheit. So eine kleine Fläche zu beauftragen, würde sich andrerseits auch für den Handwerker nicht lohnen – also warte ich einfach ab, bis mich der große Frühlingselan packt und hoffe das beste.

Dies ist das erste Mal, dass ich meinen Wohnort ganz alleine aussuchte. Unbeeinflusst von einem Mitbewohner, mit dem ich mich einigen musste, unbeeinflusst auch von diesen alten Ängsten, die nahe legen, lieber dort zu wohnen, wo man sich auskennt., wo alte Freunde leben und alles bekannt ist. Bisher habe ich es keinen Tag bereut! Ich schaue aus dem Fenster und sehe über den Platz, über das (noch) ungenutze Gewerbegelände auf der anderen Seite bis hin zu den Bahngleisen und den Häuserblöcken dahinter. Züge fahren hin und her – ich sehe sie, höre sie aber nicht, dazu sind sie zu weit weg. Schön! Die Lage im dritten Stock bringt es außerdem mit sich, immer sehr viel Himmel im Blick zu haben, auch das tut meiner Seele gut, ich liebe die Weite, es macht mich auch innerlich weiter – bilde ich mir zumindest ein.

Zur U-Bahn gehe ich drei Minuten durch die Oberbaum-City, ein aus den alten Glühlampen-Fabriken herausrestauriertes und edel modernisiertes Geschäftsviertel, das abends und wochenends völlig tot ist. „Visionen leben“ steht auf großen Plakaten und Fahnen wehen, wer genauer hin sieht, bemerkt den hohen Leerstand: Büromieten um 30 Euro, wer zahlt das schon derzeit? In den toten Zeiten laufen Wachschutzleute in blauen Parkas mit Taschenlampen herum und erhöhen die „gefühlte Sicherheit“. Eine Münchnerin, die mich neulich besuchte, grauste es richtig beim nächtlichen Gang durch diese menschenleeren Straßen, aber ich versicherte ihr, „die Bösen“ seien eher im Kneipenviertel auf der anderen Seite der Geleise zu gange – wer läuft schon nachts durch die Oberbaumcity, da ist ja nichts!

Der Rudolfplatz mit Kirche, Schule, Kita, Grünanlage und Gründerzeitbauten bietet dann die angenehme Wohnlichkeit, die ich nicht missen möchte. Und binnen weniger Minuten kann ich Stadtlandschaften erreichen, die spektakuläre Ausblicke bieten: keine Postkartenidyllen, sondern die Schründe und Widersprüche, das Unfertige und Kaputte zusammen mit dem Schicken und Größenwahnsinnigen – so gerne will ich dazu eine Bilderseite machen, wenn ich mal richtig Zeit finde!

Und im Haus? Kaum war ich eingezogen, fingen Bauarbeiten an: Über mir, unter mir, Wohnungen werden ausgebaut, immer mal wieder Gas und Wasser abgedreht, die Decken erzittern, Bohrer heulen auf, Staub rieselt im Bad auf das schöne Schlammgrau. Der Bauleiter hat mir eine Flasche Wein vorbei gebracht und gut Wetter gemacht: wir müssen mal eben ein Wasserrohr in Ihrer Toilette rausreißen… Ich verlangte, dass sie das neue dann wenigstens wieder streichen, doch bisher geschah nichts. Auch in der Decke blieb ein Loch, es soll wohl noch verputzt werden.

Dies alles mindert kaum je mein Wohlbefinden, schließlich bin ich Sanierungs-gestählt: in Kreuzberg zu Beginn der 80ger waren die Baustellen andere und der Umgang weit rauher, keine Weinflaschen sondern Drohungen, keinerlei Ankündigungen, aber plötzlich war das Klo weg – das hier ist dagegen ein Kinderspiel!

Vor zwei Wochen dann flatterten Flugblätter der Kiez-Initiative herein: mir gegenüber auf der anderen Seite des Platzes wird die BSR (Berliner Stadtreinigung) einen Recyclinghof errichten. Natürlich ist jeder dagegen, man befürchtet Lärm, Dreck und „Gelichter“ – auch ich bin dagegen und habe als gute Bürgerin eine Einwendung gegen die Änderung des Flächennutzungsplans abgegeben. Gewiss ohne Aussicht auf Erfolg, doch war ich selber lang genug in solchen Kiez-Initiativen und unterstütze sie im gleichen Geist, wie ich mich von Marktforschern befragen lasse, wenn Zeit ist (Den Job hab ich schließlich auch mal gemacht..).

Der Rudolfplatz, ein Paradies? Gewiss nicht, aber ich fühl mich sauwohl hier. Ein Wohlgefühl, das von innen kommt, klar, doch es bedeutet viel, in einem Umfeld zu wohnen, das dieses „Innen“ nicht ständig unter Stress setzt. Und bisher stören mich die Ereignisse nicht wirklich, es kommt mir alles so bekannt vor, keiner großen Aufregung wert.

Diesem Blog per E-Mail folgen…

Claudia am 13. März 2003 — Kommentare deaktiviert für Vom Leiden frei?

Vom Leiden frei?

Es ist der dreizehnte März, 7.33 Uhr, und die Morgensonne scheint von rechts (Osten) auf meinen Balkon. Dies ist eine Nordseite-Wohnung, von der die Vormieterin erzählte, dass sich die Morgensonne immerhin im Juni zwischen sechs und acht Uhr früh kurz zeige – und nun kommt sie schon jetzt, wie schön.

Meine Welt und mein ganzes Leben verändert sich drastisch. Nicht unbedingt von heute auf morgen, aber seit ein paar Monaten zerlegt sich alles, was lange Bestand hatte. Kein Stein bleibt auf dem anderen, keine Gewohnheit oder Errungenschaft bleibt, wie sie war. Wohnen, Arbeit, Beziehungen und Freundschaften verwandeln sich, ja sogar das Essen und Trinken bis hin zum Körpergefühl ist anders: Sieben Kilo weniger machen einen Unterschied, der in jeder Bewegung zu spüren ist.

Und alles geht wie von selbst. Nicht, dass ich etwas geplant oder konkret gewünscht hätte: der Entschluss vom letzten Herbst, in Zukunft alleine zu wohnen, der von außen so selbstbestimmt wirkt, war nur das Ja zu einer länger schon offenkundigen Not-Wendigkeit. Nicht ICH wende die Not, ich folge nur.

Wem? Da ist niemand mehr. Kein Mensch und auch keine „Lehre“, an der ich mich ausrichte und festhalte. Nicht, dass ich irgendwie dagegen wäre, das zu tun, es funktioniert einfach nicht mehr.

Wie fühl‘ ich mich dabei? Gelegentlich ist es geradezu euphorisch: Ich wandere in der Wohnung herum und empfinde Glück, frag mich verwundert, woher es kommt: Müsste da nicht etwas oder jemand sein, eine Ursache? Aber es findet sich nichts, nichts, was ich benennen könnte. Doch weil ich es gewohnt war, für alles Ursachen zu sehen, kann ich nur staunen.

Natürlich gibt es auch Tiefs, Verunsicherung, Einsamkeitsgefühle – sie kommen und gehen und auch von ihnen kann ich nicht sagen, WARUM sie sich zeigen. Und vor allem nicht, warum sie wieder gehen. Ich bemerke sie, forsche nach möglichen Ursachen, hänge mich vielleicht mental für kurze Zeit an das, was mir dazu gerade einfällt, hege „Meinungen“, drücke sie aus – aber schon wenig später zerrinnt wieder alles. Die Sonne kommt hinter den Wolken hervor, einfach so.

Was folgt daraus? Müsste das nicht bedeuten, dass mich alles cool und gleichgültig lässt, unberührt über den Wassern schwebend, wohl wissend: die Zeit nimmt alles Übel mit sich weg, genau wie alles Gute, Wahre, Schöne? Sollte ich – zumindest in meiner Kommunikation – immer von diesem erlebten Wissen ausgehen und die konkreten Höhen und Tiefen nicht mehr Ernst nehmen? Sie nicht mehr ausdrücken vor allem, damit sich niemand betroffen fühlt und womöglich meint, ich sei NUR so – und daraus falsche Schlüsse zieht?

Geht nicht. Es gibt keinen Weg zurück ins berechnende Denken. Wenn sich in mir etwas aufstaut, muss ich es ausdrücken, um es gehen lassen zu können. Mag es den Gipfel der Unvernunft bedeuten, mag es falsch und unberechtigt sein, mag es mich als Idiotin erscheinen lassen (was ja ganz besonders schmerzt!) – was raus muss, muss raus. Eindruck und Ausdruck müssen im Fluss bleiben – und auch „Denken“ hat keine höhere Qualität, sondern ist etwas, was mir ganz genauso zustößt wie eine Empfindung oder ein Gefühl, ist also Teil des Eindrucks, der im jeweiligen Augenblick oder nach einer kleinen Zeit der Einwirkung zum Ausdruck drängt.

Sich diesem Fluss verweigern, ihn kanalisieren wollen, bedeutet Elend und Leiden. Das Gute und Schöne existiert dann nur noch in der Zukunft, also in der Vorstellung. Die Gegenwart ist zubetoniert durch berechnendes Handeln, von Wünschen und Ängsten gesteuert. Immer im Versuch, durch Wohlverhalten nirgends anzuecken oder positive Reaktionen anderer zu erleben, verfehle ich dann genau das, was ich eigentlich wünsche: die Freiheit vom Leiden.

Diese Freiheit verwirklicht sich nicht dadurch, dass ein Rezept, ein Verhaltenskanon gefunden wird, wodurch das Leiden ein für allemal in Schach gehalten werden kann, sondern allein durch das Akzeptieren dessen, was ist. Eben auch, wenn es leidvoll ist. So schnell, wie es sich wieder verändert, wenn ich nicht dran klebe, kann ich manchmal kaum gucken!

Ist das jetzt ein Rezept? Denken und Reden entlang dieses Themas endet immer im Paradox. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es unmöglich ist, so etwas einfach zu lesen und zu übernehmen. Ganze Bibliotheken weißer Worte begleiteten schließlich meinen Weg ins Elend, konnten mir nicht aus der Verstrickung ins rechnende Denken und berechnende Handeln heraus helfen. Es ist erst dann genug, wenn es eben genug ist. Jeder Versuch, etwas grundlegend zu ändern, ist ja genau wieder das beschriebene „Berechnen“, das nur immer tiefer in den Sumpf führt.

Die größte Behinderung bei alledem – nachdem Wünsche und Ängste ihre Macht bereits verloren haben! – ist jedenfalls das Bemühen, doch immer noch „ein gutes Bild abzugeben“. Ich möchte aus dem Augenblick leben, ja sicher, aber andererseits sollen doch alle sehen, dass ich nicht so eine unbewusste Idiotin bin, die vom „richtigen Leben“ nichts weiß.

Und DAS funktioniert nicht. Nie.

Diesem Blog per E-Mail folgen…

Claudia am 12. März 2003 — Kommentare deaktiviert für Die Wahrheit: ein Flop

Die Wahrheit: ein Flop

Es ist gelegentlich spannend, sich über Weltanschauungen auszutauschen – aber im Grunde sind das, zumindest bei mir, Momentaufnahmen. Auch die Philosophie folgt dem aktuellen Bedarf, will rechtfertigen und in einen größeren Zusammenhang einbetten, was ist, und öfter noch, was man sich wünscht. Von daher ist es interessant, auch mal zu fragen: Warum hat einer diese oder jene Philosophie? Welche Not lindert er damit?

Man glaubt, Weltanschauung sei Wahrheit, zumindest aus der Suche nach ihr geboren, wenn auch immer unvollkommen. Was aber ist Wahrheit?

Wahrheit, so die traditionelle Anschauung, ist die Übereinstimmung des Denkens mit den Sachen. Wenn aber auch das Denken eine „Sache“ ist, oder die Sache eine Anschauung – was dann?

Dies ist vielleicht DIE Erkenntnis des dritten Jahrtausends. Und das gesamtgesellschaftliche Initiationserlebnis ins Abdanken der Wahrheit war die New Economy, der Börsenhype. Nun verharren alle in der Depression und Stagnation, weil erkannt wurde, dass der Glaube die Werte erschafft – und ebenso schnell wieder vernichtet. Einen Weg zurück gibt es aber nicht, kein Zurück zu den „fundamentalen Werten“. Und Sparen allein ergibt keine florierende Wirtschaft.

Das Problem: dass man den Glauben nicht beliebig erschaffen kann. Ich weiß, manche denken anders, aber mir gelingt es nicht. Nicht „einfach so“, indem ich etwa beschließe, nun etwas anderes zu glauben als das, was mir bisher als wahr erschien.

Der Glaube muss aus den Herzen kommen. Und das bedeutet, dass verobjektiviertes, instrumentalisiertes, einzig der Rendite verpflichtetes Handeln keinen Glauben produzieren kann, der Werte schafft.

Das müsste eigentlich das Ende des Kapitalismus bedeuten, wie wir ihn kennen. Aber naja, das Jahrtausend hat ja erst angefangen.

Wie entsteht Glaube? Ich meine nicht den religiösen Glauben, sondern den, der uns z.B. ein neues Projekt starten lässt – mitten in der Depression. Den, der uns frei macht, heute Geld auszugeben, im Vertrauen darauf, dass morgen wieder etwas herein kommt.

Ich weiß es nicht. Aber ich weiß zunehmend besser, was hindert. Die „Wissensflut“ steht ganz vorne in der Reihe: diese Unmengen Konzepte, Ideengebäude, Vorschriften, Ge- und Verbote, Traditionen und Moden, Warnungen, Analysen, Szenarien, Handlungsanleitungen – alles, was ich mir von außerhalb zusammen klaube, weil ich grad nicht weiß, wo es lang geht. Oft bedeutet das die reine Zeitverschwendung, schlimmer noch: Verwirrung. Denn ich schaue auf unzählige „Infos“ und Ratschläge, aber nicht mehr auf das, was mich zur jeweiligen Ratsuche motiviert. Ein flüchtiges Unwohl-Sein, ein kleiner Frust, eine gewisse Unsicherheit – und schon wenden wir uns ab und beginnen, uns zu in-formieren: von fremden Inhalten innerlich ausrichten zu lassen.

Ein Konzept, ein Gedankengebäude ist eine Verallgemeinerung einer Lösung, die einmal oder auch öfter in einer bestimmten Situation richtig war. Davon auszugehen, dass dies nun immer stimmt, ja, dass dieses Rezept nun schon vorab in die Strukturierung des Lebens einfließen müsse, ist verrückt. Vor allem ist man dann nur noch am Konzepte abgleichen: oh, das war wohl doch das falsche, es hatte vielleicht einen Fehler, nehmen wir halt Version 1.2. Und auch das wird wieder Fehler haben, genau wie das nächste.

Reden oder Schweigen?

Was im Einzelfall jeweils „richtig“ ist, lässt sich nicht aus dem Denken allein entnehmen. Ein Beispiel aus dem Beziehungsleben: Was tun im Fall eines Konflikts? Die Harmonie ist zum Teufel, man hat ein „Problem“, die schöne Welt der Zweisamkeit droht zu zerschellen – wie verhalte ich mich? Jahrzehntelang war ich der festen Meinung, es sei auf jeden Fall angesagt, darüber zu reden: Sich auseinander setzen, die Dinge KLÄREN. Standpunkte austauschen, Verständnis für den Anderen gewinnen, verhandeln, Abstriche von Ansprüchen machen, möglichst gerechte Kompromisse schließen, auch mal streiten und sich wieder versöhnen – wir redeten und redeten, Tage und Nächte lang: Die „Beziehungsdiskussion“ war schon bald der weit größere Horror als das, was sie jeweils ausgelöst hatte.

Irgendwann, im Rahmen einer mehrere Wochen dauernden Kräfte zehrenden Auseinandersetzung, hatte ich meine „Erleuchtung“. Ein Frühlingstag, ich stand mit meinem Gefährten auf dem Chamissoplatz, wir hatten den Arbeitsplatz verlassen, um die Kollegen mit unserem schon Tage andauernden Streit zu verschonen. Ein Moment der Ruhe, die Sonne kam heraus. Jeder erwartete vom anderen den nächsten verbalen Angriff, eine Art Showdown – ich hatte jedoch ein totales Energie-Tief und fragte ihn erst mal nach einer Zigarette. Wir rauchten. Schwiegen. Schauten uns an. Er sagte: „Du meinst, es gäbe Besseres? Zum Beispiel, mit der Liebsten einen Spaziergang in der Sonne machen?“ Er reichte mir den Arm, ich hakte mich unter – wir lächelten uns an. Es war vorbei.

Für mich eine grundstürzende Erfahrung: Ohne Worte, ohne eine mühsam ausdiskutierte „Problembearbeitung“ war der Konflikt auf einmal verschwunden. Es war sogar schwierig, sich zu erinnern, was eigentlich los gewesen war: Nichtigkeiten!

Die Realität hatte mich belehrt, ich dachte also um. Machte die Erfahrung zu einem neuen Konzept: Nicht drüber reden, einfach leben. Ärger, Wut, Frustrationsgefühle, Leiden aller Art: nichts unternehmen, es verschwindet von selber, wenn ich keine Energie rein stecke. Und der nächste Mann, dem ich nahe kam, sagte es noch deutlicher: wenn erst geredet werden muss, ist eh schon alles zu spät.

Hatte ich jetzt die Wahrheit gefunden? Das RICHTIGE Leben? Immerhin lebte ich lange ohne Diskussion und ohne Streit. Es erschien mir weit angenehmer als in den Zeiten des Beziehungs-Clinchs. Kein Kämpfen mehr, wie schön! Unmerklich aber schlich sich das Elend wieder ein: auf einmal steckte ich in einem Miteinander, das fast nur noch ein stummes Nebeneinander war. Jeder nahm sich zurück, unterdrückte und ignorierte eigene Wünsche und Impulse, sah über alles hinweg, was die so hoch geschätzte Friedlichkeit und Freundlichkeit hätte gefährden können – bloß keine Auseinandersetzungen! Und irgendwo in einem Winkel der Seele baute sich ein Druck auf, der letztlich die Veränderung unausweichlich machte. Das neue Konzept war ebenso falsch wie das alte.

Böses weißes Mehl

In den kleinen Dingen praktiziere ich gerade versuchsweise die schrankenlose Konzeptlosigkeit. Es ist wunderbar! In Sachen Ernährung hat es mich bisher sogar vor dem angeblich unausweichlichen Jojo-Effekt nach dem Fasten gerettet. Tag um Tag hab‘ ich Lust auf diese ungesunden Bäcker-Stückchen: böses weißes Mehl mit viel Zucker und nicht wenig Fett. Und Tag um Tag kauf ich mir eins oder auch zwei, verzehre sie mit Genuss, putze allenfalls die armen Zähne hinterher und mach mir ansonsten keinen Kopf. Und siehe da: ich nehme nicht zu, hab sogar noch ein bisschen abgenommen. :-)))) Nun lässt der Zuckerstück-Hype auch langsam nach, was gewiss nicht der Fall wäre, würde ich mir die Teile versagen!

Wir sind umstellt von Vorschriften, die in ihrer Widersprüchlichkeit geradezu lächerlich sind – und alles WIRKT, gelegentlich, und ebenso oft auch nicht! Da kann ich doch gleich bei dem bleiben, was als Impuls aus mir kommt, das ist wenigstens Realität. Wenn ich sie nicht zum Rezept mache, zum Konzept abstrahiere, kommt alsbald wieder etwas anderes, was zumindest schlimme Schäden vermeidet. Wogegen so mancher Makrobiot oder Urköstler tatsächlich abwartet, bis ihm Haare und Zähne ausfallen, bevor er seine Ernährungsweise nicht mehr an der reinen Lehre ausrichtet.

Diesem Blog per E-Mail folgen…

Claudia am 08. März 2003 — Kommentare deaktiviert für Die Guten gibt es nicht

Die Guten gibt es nicht

Je älter ich werde, desto mehr werden mir bestimmte Denkgewohnheiten bewusst, die meinem Leben eine Form geben. Es sind keine Wahrheiten, sondern geistige Filter, die aus „allem, was ist“ nur das in meine Wahrnehmung einlassen, was ich mir wünsche.

Zuvorderst – das fängt gleich bei der Geburt an – wünsche ich mir freundliche, liebevolle Mitmenschen, friedliche Lichtgestalten, die mich lieben und achten, die sich um mich kümmern, wenn es mir nicht gut geht und die mir ein Pflaster auf die Wunden kleben, die das Leben schlägt.

Sobald dann das Denken einsetzt, und die eigene Bedürftigkeit nicht mehr nur als Gefühl und Empfindung, sondern in Gedankengestalt zu Bewusstsein kommt, ist es mit dem Wünschen alleine nicht mehr getan. Wenn ich von anderen erwarte, edel, hilfreich und gut zu sein, muss ich davon ausgehen, dass ich auch selber so bin – wie könnte ich es sonst einfordern?

Ich bin ok

Damit entsteht der Filter gegenüber dem eigenen So-Sein: ich glaube fest an meine eigenes „Gut sein“ und bewerte nun Gedanken, Gefühle und Taten im Rahmen dieser Vorgabe. Meist gelingt es, insbesondere in jungen Jahren, sich selber völlig in Ordnung zu finden – aber ach, die böse Welt pfuscht ständig in dieses friedlich und freundlich gemeinte Dasein, so dass man sich doch gelegentlich verteidigen muss. An der durchweg positiven Selbsteinschätzung kann das lange nicht rütteln – bei mir hat es bis Mitte dreißig gedauert, bis ich realisieren konnte, was ich für eine Schreckschraube geworden war: immer nur den eigenen Vorstellungen vom richtigen Leben hinterher rennend, mit gegen Null tendierender Aufmerksamkeit für Andere. Dabei kaum in der Lage, jemandem richtig zuzuhören, geschweige denn, die Bedürfnisse anderer, ihre Standpunkte und Sichtweisen ernst zu nehmen.

Das Aufschlagen auf dem Boden der Wirklichkeit war hart aber hilfreich. Es war, als wiche ein inneres Terror-Regime von mir, das meine sämtlichen Lebensäußerungen bestimmt hatte. Meine ununterbrochenen Anstrengungen, selber über alle Zweifel erhaben zu sein, alles richtig zu machen, die besten Absichten zu pflegen und immer perfekt und unangreifbar zu wirken, hatten genau ins Gegenteil geführt und mich noch dazu blind dafür gemacht, es zu bemerken.

Als es schließlich vorbei war, begann eine paradiesische Phase. Endlich mal einfach nur leben, neugierig hinsehen, was ist, anstatt zwingen zu wollen, was sein soll – der ganze Verlauf hatte nichts mystisches und doch fühlte ich mich wahrhaftig erleuchtet! Das Licht hatte meine dunkle Seite ins Bewusstsein gehoben und in meinem Leben gab es tatsächlich niemanden mehr, dem gegenüber ich sie glaubte, verleugnen zu müssen. Was für eine Entspannung!

Paradoxerweise machte mich dieses neue Bewusstsein der eigenen Fehlerhaftigkeit friedlicher und freundlicher. Ich lief ja nicht mehr in einer Rüstung herum, immer zum Kampf bereit, nach Feinden Ausschau haltend, die meinem Gut-Sein im Wege stehen könnten. Endlich interessierte ich mich wirklich für andere Menschen, jenseits des bloßen Nutzens, den sie für mich haben mochten.

Auf einmal war ich ein Nichts und hatte nichts dagegen. Ich konnte jetzt die anderen kämpfen sehen, konnte die Filter und Scheuklappen wahrnehmen, die sie – in der mir so gut bekannten Weise! – von der Wirklichkeit abtrennten. Zum ersten Mal hatte ich Mitgefühl, wissend um meine Ohnmacht, durch diese Mauern zu dringen. Denn niemand kann jemand anderen, der fest entschlossen ist, sein aktuelles Selbstbild aufrecht zu erhalten, irgendwie „aufwecken“. Das geschieht nur von innen her, wenn genug gelitten wurde. Bei manchen nie.

Ich lernte also eine neue Einsamkeit kennen – doch mit ihr kam zum ersten Mal die Fähigkeit, alleine zu sein, ohne das irgendwie falsch zu finden. Ohne daran zu leiden. Es gibt ja nicht nur die Menschen in ihren jeweiligen Verstrickungen, die Welt selber ist ein riesiges Wunder. Ein Vogel, eine Wolkenformation, Licht und Schatten, der Frühling, der Atem – ich nahm auf einmal das Leben war, in einer viel umfassenderen Weise als je zuvor.

In den Sand geschrieben

Es war die Zeit, als mir plötzlich auffiel, dass ich die verstreichende Zeit nicht mehr „seit“ rechnete (seit dem Abitur, seit dem Umzug nach Berlin, seit dem Studienabschluss…), sondern da auf einmal ein „bis..?“ vor mir stand. Das war neu! Ohne dass ich bewusst „umgedacht“ hätte, war mir das Gefühl der eigenen Endlichkeit zugewachsen. Ohne dass das irgend eine Art Stress ausgelöst hätte, im Gegenteil. Es war eine weitere Form noch tieferer Entspannung!

Denn früher hatte ich bei allem, was ich tat, immer mit der Ewigkeit gerechnet – unbewusst. Ich strebte in jeder Hinsicht nach „Endlösungen“ – sei es bei der Renovierung der eigenen Wohnung, beim Verhandeln über einen Vertrag, bei der Ausgestaltung einer Arbeitssituation – und natürlich auch in der Politik, soweit ich daran teil nahm: das Bemühen war auf das Absolute gerichtet: hier und jetzt etwas Perfektes schaffen, etwas, das allen Zweifeln und Unwägbarkeiten stand halten würde, egal, was kommt. Was für sinnlose Kraftakte, alles in allem!

Jetzt wusste ich: mein Leben schreibt sich in den Sand. Wie schön, mich dabei nicht mehr aufführen zu müssen, als würde immer alles in Marmor gemeißelt!

Es wundert nicht, dass seitdem alles viel leichter geht. Ohne den Automatismus von Kampf und Krampf, ohne feste Vorstellungen, wie die Dinge zu sein haben, ist es leicht, in den Fluss zu kommen: mitzuschwimmen mit eigenen und fremden Impulsen, sehen, was geschieht, nicht immer alles zwingen wollen. Dann ERGIBT sich auf einmal unglaublich viel – einfach so!

Die wirklich schlimmen Leiden sind nie mehr wieder gekommen: die Angst, zu versagen, zum Beispiel. Die heftigen Alpträume. Die Angst vor Einsamkeit und Verlassenheit. Das nächtliche Zähneknirschen und der Traum von der Prüfung, bei der man auf einmal alles vergessen hat. Auch der extreme Ehrgeiz, wie ich ihn von früher kenne, ist ohne Abstriche in die Reihe der schlimmen Leiden zu stellen – auch er ist weg. Mit ihm verging auch die Verachtung einfacher Menschen und körperlicher Arbeit, die ich mir im nachhinein als echte Sünde ankreide, bzw. als große Dummheit.

Und was ist jetzt? Welche alten oder neuen Leiden suchen mich heute heim?

Nun, auch ohne Illusionen über mich selbst zu hegen, wünsche ich mir unverdrossen freundliche, liebevolle Mitmenschen, friedliche Lichtgestalten, die mich lieben und achten, die sich um mich kümmern, wenn es mir nicht gut geht und die mir ein Pflaster auf die Wunden kleben, die das Leben schlägt.

Und bin dann enttäuscht, wenn mal das Licht auf ihre dunkle Seite fällt.

Diesem Blog per E-Mail folgen…

Claudia am 02. März 2003 — Kommentare deaktiviert für Digital Diary – wie geht es weiter? Auch DU bist gefragt.

Digital Diary – wie geht es weiter? Auch DU bist gefragt.

Demnächst möchte ich mal wieder was verändern. Ich lade Euch ein, an der Zukunft dieser Seiten mitzuspinnen und mich ein bisschen zu beraten.

Wer das Diary kennt, weiß, dass ich es nur sehr selten ändere, denn ich möchte ein winziges Gegengewicht zur Welt setzen, in der sich alles immer schneller und unvorhersehbarer verändert. Daher mute ich hier niemandem ohne guten Grund Neuerungen zu – so langsam aber gibt es sie, die guten Gründe.

Schon länger beobachte ich nämlich, dass mich der Aufwand schreckt, einen neuen Beitrag zu bringen: neben dem Artikel selbst (den ich mit ungebrochener Freude schreibe, keine Frage!) mache ich immerhin jeweils drei neue Webseiten (Index-Seite, Permanent-Seite, Druckversion) und ändere eine Menüdatei, hinzu kommt der Text selber, der separat als Textdatei vorliegt und in diese drei Seiten erst beim Aufruf eingebunden wird. Fünf Dateien also – und zum Monatswechsel sind es noch zwei kleine Pflichten mehr, die jeder Schreibanfall zwangsläufig nach sich zieht.

Einerseits denk ich also darüber nach, wie ich diese langweilig technoide Arbeit reduzieren könnte –
andrerseits hab ich auch wieder Lust, Themenseiten aufzubauen, also Texte unter je eigenen Projekt-Homepages mit spezifischer Optik zu versammeln – ZUSÄTZLICH zu ihrem Erscheinen im Diary. Und das bedeutet natürlich noch MEHR technoide Idiotenarbeit pro Beitrag. Was wiederum noch mehr abschreckt!

Das Digital Diary ist historisch entstanden aus meinem einstigen Unwillen, mich immer weiter in selbst geschaffene Schubladen (magazinartige Webzines mit Rubriken, wie z.B. Missing Link) einzusortieren: wenn diese Schubladen veralteten, inhaltlich oder optisch, musste ich alles umarbeiten, neu sortieren und ins erneuerte Design „nachziehen“ – was für ein Aufwand! Die Lösung bestand in einem immer gleich bleibenden Umfeld und der Sortierung nach Datum: Problem abgehakt, das Digital Diary war geboren! Inhaltlich handelten meine Artikel unverändert von Gott und der Welt, waren also meist nicht besonders „Tagebuch-artig“. Immerhin gab mir das neue Arrangement mehr Freiheit, persönlicher zu werden. Ein Prozess, der sich stetig vertieft, bei dem ich aber nur ungern in bloßem Berichten aus dem Alltag enden würde. Ein Blick über den Tellerrand – nach innen, nach außen, nach oben oder ganz unten – soll schon dabei sein. Mal sehen, ob mein Daily Life ihn weiterhin hergibt, das kann man ja nicht auf Dauer inszenieren.

Heute finde ich es jedenfalls wieder schade, die Diary-Artikel nur chronologisch zu erschließen. Damit sind sie so gut wie weg, wenn das Menü den aktuellen Monat nicht mehr anzeigt und werden allenfalls zufällig über Google gefunden. Dieses baldige Versacken aller Inhalte im Nirgendwo reizt nicht dazu, Themen zu vertiefen. Mit jedem Betrag fange ich im Prinzip bei Null an, aus dem Nichts, ohne etwas voraus zu setzen oder auf ein MEHR hin zu führen – und das reicht mir nicht mehr. In mir „leben“ bereits Themenseiten zu meiner Umgebung, zu Berlin, zu Wellnetics bzw. zum „Guten Leben“, wie ich es verstehe – alle mit einer originären Optik aus eigenen Fotos und Collagen – ich hab ja wieder so Lust drauf! ABER ich will nicht mehr im Code versacken, sondern an den INHALTEN arbeiten.

Die Technik ist ja nun glücklicherweise so weit, dass das Einbinden gleicher Inhalte in mehreren Umfeldern an sich kein Problem mehr ist. Allerdings wären das dann NOCH MEHR Dateien, die ich anfassen muss, wenn ich was geschrieben habe – was wiederum den Abschreckungsfaktor erhöht! Und: Soviel Aufwand ums eigene Geschreibsel? Da vereinigen sich Faulheit und Reste anerzogener Bescheidenheid in entrüsteter Ablehnung: Kommt überhaupt nicht in die Tüte! Siehe oben.

Die Würze der Kürze: ein Blog?

Weiter: oft hab ich Lust, was deutlich Kürzeres zu schreiben als so einen Diary-Artikel. Die MÜSSEN aber von meinem Gefühl her so lang sein, um den erforderlichen AUFWAND zu rechtfertigen, den ich ja nun nicht wegen drei Absätzen machen will – obwohl ich mir durchaus drei unterhaltende Absätze zutraue, die einen Kurzbesuch wert sind!

Also: muss vielleicht ein Weblog her? Zusätzlich, daneben, darüber? Seit Jahren seh ich die rasante Entwicklung dieser schnellen Homepage-Nachfolger: eine Art „Diary Light“ mit Kommentarfunktion pro Beitrag, die ich bisher nicht zu brauchen glaubte. Schließlich KANN ich HTML, dacht‘ ich mir immer, nicht bedenkend, dass ich vielleicht auch mal genug davon gesehen habe!

Allerdings stimmt es mich immer bedenklich, Teile meiner Webseiten auszulagern. Vielleicht sind die Fremdanbieter mit dem Weblog-Server morgen pleite oder werden kostenpflichtig! Womöglich hab ich dann eine Lesercommunity um Seiten herum erzeugt, die plötzlich verschwinden oder zu Geiseln fremder Geldverdiener werden – Horror!!! Und DIE TEXTE selber könnten auch verschwinden, wenn ich das bei Kurztexten auch leichter verschmerzen könnte als bei mehrseitigen – trotzdem ist es eine unangenehme Vorstellung, so abhängig zu sein.

Sollte ich es vielleicht dabei bewenden lassen, ein Blog zu „simulieren“?? Das einzige, was dabei problematisch wäre, ist die Kommentarfunktion – und brauch ich die wirklich ??? Ich frag mich sowieso immer, wenn ich das anderwo sehe: Wie merken die Leute, dass jemand gerade uralte Beiträge kommentiert hat??? Vermutlich tut das ja sowieso niemand oder man bekommt vom Server eine Mail. Viel
Besser fand ich bisher ein richtiges Forum, weil es diesen gewissen Saloncharakter hat und die Leser auch miteinander reden. Na, mal sehen, ich bin durchaus offen für neue Erfahrungen und andere Bedürfnisse.

Hallo, es gibt was Neues!

Weil es zur Zukunft dazu gehört, erzähl ich der Vollständigkeit halber auch vom Newsletter. Den gab’s als „Info-Mail“ und „Claudia Klinger-News“ seit den Zeiten von Missing Link – und er wurde nur sehr sporadisch ausgesendet. Dies auch noch „händisch“, immer 150 Adressen im BCC pro „Mailpaket“, was nicht wenig Aufwand bedeutet, deshalb das seltene Erscheinen. Seit zwei Tagen hab ich ihn nun endlich ins Newslettertool meines Providers überführt, in Zukunft kommt er also öfter.

Früher dachte ich zum Thema Leser-Benachrichtigung: wenn ich alle zwei Tage einen Beitrag schreibe, kann ich nicht wirklich auch alle zwei Tage einen Rundbrief versenden, das nervt. Heut hat sich das entspannt, ich schreibe im Schnitt alle Woche einen richtigen Artikel und für einen Blog-Eintrag würd‘ ich natürlich keinen Newsletter versenden, sondern sowas Neu-Schickes wie RSS-Feeds anbieten (damit können Leser, die das wollen, neue überschriften auslesen, OHNE das Diary besuchen zu müssen).

Brauch ich die eierlegende Wollmilchsau?

Wie also weiter? Soll ich weiter „händisch“ meine Seiten stricken und umstricken? Wieder Rubriken/Themenseiten schaffen und zig Dateien anfassen müssen, um da irgendwo längere oder kürzere Texte unter verschiedenen Oberflächen mit verschiedenen Techniken an verschiedene Adressaten zu
verteilen? Eigentlich will ich ja SCHREIBEN und Bilder machen, und nicht mich mit der technischen Seite zu Tode langweilen.

„Ich weiß, was du brauchst!“, sagt an dieser Stelle nun fast jeder, der auch schon ein bisschen länger dabei ist. „Nimm Zope, Plone oder Webedition! Probier das Multi-Blog mit integriertem Newsletter. Vielleicht auch Moveable Type oder DingensBumens! Schau dir an, *was es alles gibt und teste es aus!

Publishing-Tools, Redaktionssysteme, Content-Management – ja, die Zauberworte fliegen mir seit längerem zu, doch bisher hab ich mich verweigert. Himmel, ich habe eine gewachsene Webseitenlandschaft, durchsetzt von Tools meines Providers, die ich mir jeweils an meine Bedürfnisse anpasse – und da soll ich jetzt eine fremde eierlegende Wollmilchsau drüber lassen? Deren Zähmung mich vermutlich Tage kostet – und das nur, um die zehn Minuten zu sparen, die ich pro Diary-Eintrag Dateien basteln und Code angucken muß? Lohnt sich das? Bisher war die Antwort NEIN. Aber vielleicht ändert sich das gerade. Denn ich bin am Ende der Geduld in Sachen Seiten-Pfriemeln und habe trotzdem Lust, wieder MEHR zu machen. Aber wie?

Der Traum: mein Mini-CMS

Vielleicht GIBT es ja schon ein Programm für meinen Bedarf, eines, das mich weder völlig entmündigt, noch mich arm macht und auch keinen Horrorcode in die Welt entläßt? ODER ist vielleicht der erforderliche Aufwand gar nicht so groß und ich könnte mir ein Mini-CMS für MEINE Anforderungen schreiben lassen?? Vielleicht hat’s einer der mitlesenden Programmierer zuhause in der Schublade und braucht nur eine Stunde, es soweit zu ergänzen, dass es genau das tut, was hier gebraucht wird?

Das Klinger-CMS sähe folgendermaßen aus:

Die Eingabe-Maske hätte die Felder Headline, Subheadline, Kurzbeschreibung, Text und Datum. Da schreib ich dann rein, wenn’s mir danach ist. Sofern das Tool auf dem Server läuft, könnte ich sogar von überall aus schreiben, nicht nur von zuhause aus! Nach der Eingabe kreuze ich eine oder mehrere Auswahlboxen für die verschiedenen Webseiten an, wo der Text erscheinen soll, z.B. auf den dann locker ins Werk gesetzen Web-Projekten:

Klinger-Blog [],
Digital Diary []
Vom Guten Leben []
über die Liebe zu Berlin []
Ergonomics []
Was ist neu? []…

Und nach dem Absenden bzw. Uploaden erscheint mein Text in den vorgesehenen Seiten (und in deren Menüs). Das Programm hat sich die jeweilige Vorlage gegriffen, hat die spätere Textseite erstellt, bindet dazu die jeweilige überschrift als Link ins je zugehörige Menü ein. (Das ließe sich auch als „Suchanfrage“ und deren Ergebnis realisieren). Und aus der so nebenbei fortlaufend aktualisierten Seite „Was ist neu?“ (wo natürlich NICHT jeder Volltext, sondern nur die Kurzbeschreibung erscheint), generiere ich dann alle zwei Wochen oder einmal monatlich den Newsletter.

Sehnsucht nach Ordnung und Klarheit

Das wär der TRAUM!!! Mein Problem ist nicht, dass ich 10.000 Features brauche, sondern nur ganz wenige, vielleicht drei bis fünf. Und für die Diary-Struktur inklusiv Blog braucht es (unter der Haube) eine andere Verlinkungsweise als für die geplanten Themenseiten. Dem Programm soll es dann aber egal sein, auf wieviel Themenseiten ich es NOCH anwende – ich möchte jederzeit zusätzliche Webprojekte einbinden können, auf die ich meine Texte ebenfalls auf diese praktische Art verteile.

Ja, das wär‘ wirklich wunderbar! Es würde meinem Schreiben einen Schub geben, denn endlich hätte ich dabei ein Gefühl von Ordnung und Klarheit, was das Veröffentlichen, also den Kanal zur Leserin und zum Leser angeht. Oh, ich könnte wieder neue Seiten entwerfen, richtig designen – träum…!!! Und sogar die CD-ROM, die ich gerne mal gemacht hätte, rückt dann in den Bereich des arbeitstechnisch möglichen!

Das Produzieren der Inhalte war für mich nie das Einzige – zwar im Vordergrund, aber wenn das Drumrum im Chaos versackt oder auch nur irgendwie mängelbehaftet wirkt, überträgt sich da eine Unzufriedenheit auch auf das Schreiben. Ähnliche Probleme seh‘ ich beim Surfen durch fremde Web-Labyrinthe, deren Eigner/innen evtl. viel Sorgfalt in die Texte fließen lassen, aber um diese zu finden, muss man in sechs verschiedenen Text-Konglomeraten unter unterschiedlichen überschriften Menüs durchwühlen, um das Neueste zu finden. Womöglich hat das eine Projekt ein Logfile, ein weiteres bietet einen Newsletter, irgendwo schreibt der Mensch vielleicht ein Blog – aber WO um Himmels Willen ist der aktuelle Artikel??? Tja – soooooviel Treue erwarte ich von kaum einem Leser!

Gib mir einen Tip..

…oder erzähl mir deine eigenen Erfahrungen mit deinem Weblog oder Content-Management-System – gerne auch im *Forum. Vielleicht schaff ich dann auch einen Artikel dazu im *Webwriting-Magazin, mal sehen. Natürlich erst, wenn das Problem für mich gelöst ist.

Bevor mich nun kommerzielle Angebote erreichen, sag ich gleich dazu: dies ist erstmal noch ein Gedankenspiel – und wenn ich vom „Selbstgestrickten“ wirklich wegkommen will, dann werde ich versuchen, eine Tauschlösung, also eine nützliche symbiotische Beziehung zum gegenseitigen Nutzen anzustreben. Meine Kunden brauchen solche Lösungen ja gelegentlich auch!

Diesem Blog per E-Mail folgen…

Claudia am 26. Februar 2003 — Kommentare deaktiviert für Nach dem GAU

Nach dem GAU

Wer glaubt, ich sei vom Erdboden verschwunden, weil mir allzu langes Fasten nicht bekommen wäre, irrt: der gemeine Computer-Gau hat mich ereilt, und zwar am Dienstag, den 18.Februar. Ich schaltete morgens wie immer das Gerät an, nichts Böses vermutend, denn am Vorabend war ja noch alles ok gewesen. Doch ein längerer Blick auf den schwarzen Screen bringt das kalte Grausen: Schutzverletzung!!! Starten im „abgesicherten Modus“ wird empfohlen, und noch während ich überlegte, ob ich das Angebot annehmen soll, versuchte Windows, sich zu laden und brach erneut ab: Schutzverletzung am Modul GDI.EXE. Starten Sie neu!

Tja, der PC ließ sich aber gar nicht normal ausschalten, ich musste ihm echt den Strom abwürgen, um es aufs Neue zu versuchen. Wieder und wieder schaltete ich ihn ein, und ebenso gleichmäßig landete ich in derselben Katastrophe. Nur die Adressen der Schutzverletzungen, die angeblich irgendwie kaputten Dateien und Module, änderten sich ständig. Sah gar nicht gut aus!

Ich rief einen lieben Freund zu Hilfe, ein ausgesprochen kundiger Windows-Experte mit viel Erfahrung in Anwenderschulung, Diagnose und Betreuung ganzer Netzwerke. Zwar stand er gerade selber im Stress und musste EIGENTLICH einen eng terminierten Textauftrag abarbeiten, kam aber zu meiner großen Erleichterung trotzdem nachmittags vorbei, startete den PC, landete bei der Schutzverletzung, wählte „schrittweise Eingabe“ und erlebte selber, wie Windows sich beim Starten immer wieder aufhängte. Mehr noch: Er fand per DOS-Befehl (=alter Betriebssystemkern aus der Vor-Windows-Zeit) auch eine Festplatte mehr als vorher, es gab jetzt C, D UND F!

Aha! Mir war jetzt klar, dass es nicht nur um eine kurze, mit ein paar Mausklicks behebbare Störung ging, sondern um eine großkalibrige Nerverei. die sich zu Stunden und Tagen dehnen würde: in den Monitor starren, immer wieder „etwas Neues probieren“, mit CDs und Disketten herumfuhrwerken – natürlich ohne Netzanschluß, also darauf angewiesen, alles Nötige physisch am Ort zu haben: die Mega-Katastrophe!

Andrerseits: D. war wieder mal da und wir hatten uns viel zu erzählen. Als erstes berichtete er mir, dass er nur dann Zeit habe, diesen Schlamassel zu bereinigen, wenn ich dafür Teile seiner Text-Arbeit übernähme. Aber sicher doch, mal was anderes! Schließlich sollte er wegen mir keine Einkommensverluste erleiden, wenn er schon so lieb war, mein renitentes Gerät wieder befrieden zu wollen. Also textete ich in den nächsten drei Tagen unterhaltsame Quizfragen zum Thema „Männer & Frauen“, und zwar nicht mit Winword, sondern ich schrieb sie mit der Hand auf Papier. Eine echte Erholung vom Alltag, geistig und körperlich! Wen hat der Märchenprinz denn nun wach geküsst? Dornröschen, Rotkäppchen oder Rumpelstilzchen??? Wie entfernen sich die meisten Frauen überflüssige Haare? Wann gilt eine Ehe als zerrüttet? Was war das „Kranzgeld“ und das „Jus primae noctis?“ Und was trug SIE in den 50ern so Auffälliges unterm Rock? Das sind doch mal lebensnahe Fragen, ich hatte richtig Spaß dabei, außerdem musste ich nicht dauernd aufrecht vor einem Monitor sitzen – wie angenehm.

Starten Sie neu!

Drei Tage gingen ins Land und immer werkte D. einige Stunden am Gerät: prüfte und analysierte, scannte und kopierte, vereinigte die softwäremäßig zu mehreren Partitionen zerhackte Festplatte C: wieder zu einer einzigen Platte, rettete meine dort befindlichen Daten, deren Sicherung auf D: leider nicht mehr ganz frisch war; sicherte auch mein Mailprogramm mit sämtlichen Kundenkontakten der letzten Jahre, und mühte sich schließlich redlich, Windows neu zu installieren – leider nur mit geringem Erfolg. Am Abend des zweiten Tages war ich schon alleine geblieben, um den Rest noch selber drauf zu spielen, als der Bildschirm schon nach der zweiten Installation einfror, ohne dass ich irgend etwas „Schlimmes“ getan hätte. Ich startete neu, kam aber nicht mehr weit: „SCHUTZVERLETZUNG am Modul User.exe, starten Sie neu!“.

Aha. Ich vermutete jetzt einen Hardwarefehler. Glücklicherweise war diesmal die Festplatte nicht wieder zerlegt, doch gelang es nun auch meinem unermüdlichen Helfer nicht mehr, Windows zu installieren. Es wollte einfach nicht. Also noch mal ein Virensuchprogramm über die Platten gucken lassen, ob sich vielleicht im Boot-Sektor der Teufel selber verbirgt: kryptische Fehlermeldungen, Speicherprobleme – ich war ja schon zufrieden, dass meine Daten sicher auf D: lagen und schlug nun vor, das Teil jetzt im Laden abzugeben, wo die Hardwarebastler ihre Künste üben. Wenn mal so was ist, gehe ich immer schon zu *INDAT: morgens bringen, abends holen, manchmal geht’s sogar noch viel schneller.

Diesmal war es allerdings Freitagabend – ich könne ihn Samstag ja gern vorbei bringen, meinte der freundliche Servicemensch. aber da würden sie höchstens noch mal von außen drauf gucken, weil Samstags kein Techniker da sei. Es wurde also Montag, meine PC-freie Zeit begann, sich wie ein richtiger Urlaub anzufühlen, ich verzichtete sogar eineinhalb Tage auf den Besuch im Internet-Café, um in die Mailboxen zu sehen. Die drei Kunden, die aktuell etwas von mir wollen, hatten mir gottlob ihr Mitgefühl signalisiert und nicht etwa Stress gemacht – eigentlich war der Ausnahmezustand, in den mich dieser GAU versetzt hatte, gar nicht mal so schlecht.

Montag hatte ich ihn wieder – und mittlerweile verspürte ich sogar wieder LUST auf PC! Ich las freiwillig die letzten drei Nummern Internet World, was ich die letzen Monate kaum mehr getan hatte, amüsierte mich köstlich mit dem Buch von Thomas Wirth „Über gutes Webdesign“, ja, ich freute mich auf ein frisch aufgebautes und aufgeräumtes Equipment, von dem aller Ballast und aller überflüssiger Datenmüll verschwunden sein würde. Tatsache ist, ohne IHN bin ich unvollständig und regelrecht behindert. Wichtige Teile meines Gedächtnisses, und zwar die, die mir das Überleben in dieser Gesellschaft halbwegs angenehm ermöglichen, befinden sich auf Festplatte und nicht etwa in der Wetware meiner Gehirnwindungen. Was meine Kontakte zu Mitmenschen angeht, so falle ich erst mal voll aus dem eigenen Netz, wenn ich vom Internet-Zugang abgeschnitten bin – wer ist heut schon noch mit seinen physischen Nachbarn befreundet! Und arbeitslos bin ich ohne Gerät sowieso, das Schreiben mit der Hand ist ja nicht wirklich eine konkurrenz-fähige Lösung.

All das nahm ich in dieser guten Woche Zwangsurlaub wahr, ohne es positiv oder negativ einzustufen. Bereit, den Ausnahmezustand zu genießen, ging ich in das nette, aber meistens leere Lokal gegenüber und ließ mir vom Macher seine Geschichte erzählen. Es gibt da Pasta und Suppen, Frühstück und Kuchen, Wein und klassische Musik – auf allen Tischen brennen Teelichte, es ist hell und freundlich und die Preise sind beeindruckend niedrig. Ich traute mich in den leeren Raum, denn ich hatte ja mit Peter schon eine Mail über *seine Website gewechselt, bestellte Pasta mit Pesto (3,60) und freute mich, dass sich nun auch andere herein wagten. „So voll ist es sonst nie“, meinte der Gastgeber. Ich wünsche ihm, dass sich das ändert, jedenfalls werd ich die Suppen alle mal probieren.
Aufhellungen

Und noch etwas ist mir aufgefallen: morgens im Treptower Hafen, an der Anlegestelle der weißen Flotte, gibt es ein Stück vermauertes Ufer, wo oft Eltern mit Kindern die Schwäne und Möwen füttern. Auch jetzt war da ein Vater mit einem kleinen Kind, sie packten einen Sack mit gesammelten Brotkrumen und Toast aus und warfen die Stückchen in die Luft und ins Wasser. Ich liebe es, diesem hektischen Treiben zuzusehen, die eher schwerfälligen Schwäne haben Mühe, überhaupt etwas abzubekommen, denn sie sind umgeben von schwarzen Teichhühnern, die ihnen alles wegschnappen und dazu schnalzende Laute ausstoßen. In der Luft wirbeln unzählige Möwen herum, richtige Ellenbogennaturen, die einander noch den letzten Fetzen abjagen, wenn sie können. Sie sind hübsch, aber irgendwie ausdruckslos und deshalb ein wenig gespenstisch. An diesem Morgen nun fielen mir die Stockenten auf, ganz gewöhnliche Stockenten, nur schillerten ihre Köpfe in der Morgensonne in einem nie zuvor gesehenen grellgrünen Neonschein, so dass ich sie nur anstaunen konnte. Es war mir bisher nie aufgefallen, obwohl ich die Enten oft sehe – aber eben nicht in der Morgensonne!

Der Morgen war eher nicht die Zeit der gemeinsamen Spaziergänge mit Manfred, doch jetzt lebe ich allein, war sogar ohne PC, warum also nicht? „Alles verändert sich, wenn du dich veränderst!“, sangen einst Ton, Steine, Scherben – auch die Stockenten, wie man sieht, mit denen es übrigens noch nicht vorbei ist. Nur wahre Dichterinnen und Dichter halten sich an einem besonderen Grün lange fest, und ich gehöre eher nicht zu ihnen. Vater und Tochter hatten mittlerweile ihr Brot weitgehend verteilt, ich trat den Rückweg an, war schon ein paar Meter gegangen, da sah ich die Stockenten im Sonnenlicht VIOLETT schimmern. Verdammt, dachte ich mir, wo sind denn jetzt die grünen hin? Ich blieb stehen und checkte sie alle durch: ihre Köpfe leuchteten eindeutig violett, nicht ein einziger noch grün. Ich ging zurück – und das Rätsel klärte sich auf: unter direktem Sonnelicht schimmern sie grün, auf der verschatteten Seite glänzen sie violett. Und das Ganze changiert ins farblos dunkle, leuchtet also nur sporadisch auf.

Das Wunder sind nicht eigentlich die Stockenten. Sondern dass ich echt 48 Jahre alt werden muss, um zu bemerken, wie sie aussehen. Offensichtlich hab‘ ich nie zuvor hingesehen, es gab immer WICHTIGERES. Meine Vorhaben zum Beispiel, meine Probleme und Befürchtungen, meine Wünsche und Träume – so langsam lichtet sich dieser öde Dschungel ein wenig und ich bin gespannt, was noch alles in Sicht kommt.

Ach ja, fast hätte ich’s vergessen: INDAT hat die Speichermodule gewechselt und das Netzteil. 129 Euro und die Kiste lief wieder. Im Prinzip – Aufbau und Neuinstallation aller Geräte und Programme hat noch bis heute gedauert. Und ab morgen mach ich eine VIEL bessere Datensicherung, ganz bestimmt!

Diesem Blog per E-Mail folgen…

Neuere Einträge — Ältere Einträge