Claudia am 09. Mai 2014 —

Warum immer so feindselig? Aus gegebenem Anlass…

Zum Glück ist „immer“ übertrieben: es gibt sie noch, die konstruktiven Beiträge, die weder die Haare in jeder Suppe finden und aufblasen noch Personen oder ganze Gruppen in die Tonne treten. Leider sind sie deutlich in der Minderheit, fast egal, wo man hinschaut, nicht etwa nur in den Kommentarspalten großer Medien, in denen die Post ganz besonders beschissen abgeht.

Ja, ich weiß: only bad news are good news und aus der Anonymität heraus leben Menschen gerne ihre dunkle Seite aus. Sie nutzen das Schreiben, Posten, Kommentieren als Ventil für ihre Aggressionen und Frustrationen, die ganz andere Wurzeln haben als den Text, unter dem sie sich äußern. Das wird man nicht abgestellt bekommen, will man nicht die Anonymität opfern – und das will ich definitiv nicht.

Gestandene Netzbürger/innen machen sich gegenseitig nieder

Es sind aber nicht nur frustrierte Trolls, deren Hauptspaß das Niedermachen Anderer ist, sondern auch viele gestandene Netzbürger, die nach dem Motto „im Zweifel das Negative sehen“ verfahren. Man bräuchte ein dickes Fell und müsste fähig sein, Mitgefühl und die eigene Identifikation mit einer guten Sache, die man mit den jeweils Betroffenen teilt, beim Lesen einfach abzustellen.

Das aber kann ich nicht und wenn ich die Wahl hätte, wollte ich es auch nicht können. Und so tut es mir halt immer in der Seele weh, wenn sich Menschen streiten und auseinander dividieren, deren Interessen doch – eigentlich! – diesselben sind.

Ich nehme mal Hardys aktuelle Beschimpfung der „Netzgemeinde“ als Beispiel, weil ich von ihm weiß, dass er es gut ab kann, kritisiert zu werden und nicht gleich einschnappt. Zudem gilt: Wer austeilt, muss auch einstecken können – und naja, mein „Austeilen“ ist ja nie besonders schlimm!

So schrieb also Hardy in Reaktion auf Sascha Lobos Rede an die Netzgemeinde:

“ die „netzgemeinde“ ist ein haufen sich selbst überschätzender luschen, es gibt nur eine „bohème“, eine schickeria, „echokammern gleichgesinnter“. „wer hat’s erfunden?“ [=das Internet] nein, nicht die nerds, das waren doch die politiker und geheimdienstler – und nicht die ganzen selbstgefälligen schwätzer da draussen, die eine „netzgemeinde“ brauchen, um sich selbst zu ihren häuptlingen zu stilisieren … und genau das nicht tun: vorangehen und etwas tun, was über das kommentieren und bejammern hinausgeht.“

Erstens ist das eine sehr einseitige Sicht auf die Netzgeschichte. Das wurde nämlich erst massenrelevant, als das WEB erfunden wurde:

„Das Web entstand 1989 als Projekt an der Forschungseinrichtung CERN, in der Nähe von Genf auf schweizerischem und französischem Gebiet liegend, an dem Tim Berners-Lee ein Hypertext-System aufbaute. Die Idee hierzu stellte er erstmals am 12. März 1989 in der Forschungseinrichtung vor.[2] Das Konzept wurde von dem Belgier Robert Cailliau mitentworfen. Das ursprüngliche Ziel des Systems war es, Forschungsergebnisse auf einfache Art und Weise mit Kollegen auszutauschen. Eine Methode dafür war das „Verflechten“ von wissenschaftlichen Artikeln – also das Erstellen eines Webs.“ (Wikipedia)

Die Netzgemeinde, die es nicht gibt

Zweitens tut das Hardysche Bashing der „Netzgemeinde“ tausenden Menschen Unrecht, die sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten engagieren, auch wenn das „nur“ bloggen, mit Freunden und Bekannten diskutieren, Petitionen zeichnen, Kampagnen unterstützen, und einschlägig kommentieren bedeutet. Was tut denn der Kritiker Hardy MEHR – mal zurück gefragt?

Netzgemeinde? Fast jeder, der im Grunde dazu gehört, fügt bei der Nennung an „die es eigentlich nicht gibt“. Zu Recht, denn es handelt sich um sehr unterschiedliche Menschen, Gruppen, Klein-Communities, StartUpler, Bloggende, Medienschaffende, Programmierer/innen, politisch Aktive für verschiedenste Interessen, Marketing-Leute, Journalisten, Hobbyisten, Nerds jeglicher Coleur – sie alle, die das Netz nicht nur zum Konsumieren nutzen und die totale Überwachung ablehnen, das Netz insofern gerne „repariert“ sähen, sind „Netzgemeinde“. Man kann das Wort aus Gründen kritisieren, aber einen besseren Begriff hat offenbar noch niemand gefunden.

Auch die verbitterte Resignation, die aus Hardys Text spricht, teile ich nicht. Gerade hat ein US-Gericht entschieden, dass amerikanische Unternehmen auch dann Kundendaten an NSA & Co. heraus geben müssen, wenn diese Daten in europäischen Datencentern gespeichert sind:

„….neben den vorprogrammierten politischen Auseinandersetzungen werden damit auch die Bestrebungen einiger amerikanischer Anbieter wie Amazon und Google, die derzeit eigene europäische Rechenzentren planen, um die Spionage- und Sicherheitsbedenken der hiesigen Kundschaft nach der Aufregung um die Enthüllungen des NSA-Whistleblowers Edward Snowden auszuräumen, hinfällig“

Wow! Das ist ja wie eine Damenvorgabe beim Schach für europäische Unternehmen! Auch der NSA-Untersuchungsausschuss ist ein Stachel im Fleisch der aktuellen Politik der Ignoranz und wird es noch einige Zeit bleiben, Ströbele sei Dank. Es ist nicht alles gegessen und aussichtslos! Und ich finde jede Initiative, jede Veranstaltung, jede einzelne Aktion, die gegen die schöne neue Überwachungswelt gerichtet ist, unterstützenswert – sei es nun mit einem Blogpost, einem Retweet oder einem Dauerauftrag.

Diesem Blog per E-Mail folgen…

Diskussion

Kommentare abonnieren (RSS)
17 Kommentare zu „Warum immer so feindselig? Aus gegebenem Anlass…“.

  1. Warum immer so feindseelig?

    Die Inszenierung heißt divide et impera. So gesehen das meist Gelebte – und damit ziemlich erfolgreiches – Bühnenstück. Kein Wunder also, sondern eine logische Konsequenz.

    MfG

  2. @Wanderer: eine Inszenierung bräuchte ja einen Inszenierenden, jemanden, der das beabsichtigt und verantwortet. Wer sollte das denn sein?

    Es ist doch offensichtlich die Eigendynamik der Vielen, die jeder für sich im jeweiligen Moment darüber selbst bestimmen, ob sie jetzt „die gute Absicht“ in einem Text, einem Vortrag, einer Idee sehen und unterstützen oder weiter denken wollen – oder lieber „das Haar in der Suppe“ thematisieren.

  3. Schon die Parteien spalten, Claudia. Es liegt in ihrer Natur (Part = Teil). Aber auch Gewerkschaften, Verbände, Interessengruppen, Ideologien, Weltanschauungen und sogar politische Vorgehensweisen spalten. Sieh dir die Medien an. Sie unterstützen die Atomisierung der Gesellschaft. Momentan ist zwar Kriegshetze angesagt aber im Sommerloch gehts dann wieder Mann gegen Frau, alt gegen jung, arm gegen reich usw. usf.

    Das Ganze hat zwar eine Eigendynamik, die ist aber inszeniert.

    MfG

  4. @claudia

    ich bin nicht „feindseelig“, ich bin „ernüchtert“ …

    wir gucken dieser sache doch nun wirklich seit gefühlten jahrtausenden zu, wenn du meine ersten posts unter „quixiot“ noch mal nachliest, habe ich im grunde nur meinen ewigen anwurf, daß „da draussen“ übellaunige [selbstzensur] nur darauf lauern, dem anderen einen reinzuwürgen und ihrem frust ungehindert freien lauf zu lassen, noch mal ausdruck verliehen.

    ich sehe das schon seit 12 und mehr jahren so.

    was läuft schief?

    einfache sache: die blogs und leidmedien haben im grunde eine plattform geboten, auf der sich diese art kleinkrieg erst entfalten konnte. kein redakteur eines leidmediums hat in diesen 12 jahren auch nur den ansatz unternommen, sich mal in das kommentariat zu beugen und _stellung_ zu beziehen.

    „wir“ haben es für unsere „pflicht“ gehalten, auch die reden zu lassen, deren meinung uns ggfl. nicht passt und das mit „oleranz“ verbrämt. in wirklichkeit waren „wir“ nur zu faul, dem paroli zu bieten, „wir“ haben unseren ureigenen zielen gefrönt und das feld kampflos geräumt.

    ich setze das „wir“ in anführungszeichen, weil ich sehr wohl über jahre weg in den foren versucht habe gegenzuhalten … statt mich um meinen eigenen blog zu kümmern.

    mittlerweile haben das selbst sie leute bei der ARD gemerkt.

    http://www.tagesschau.de/inland/republica144.html

    und, wenn sich bei den leidmedien schon mal einer dazu herabläßt, anzukündigen, er werde jetzt mal mit dem kommentariat reden, dann … naja, findet sich schon eine, die ihm armseeligkeit attestiert.

    kein link, aber das dortige kommentariat ist ja auch nicht blöde und hat sofort gemerkt, wie weit das unter niveau ist.

    claudia, ich teile aus und ich stecke ein, das ist für mich so okay. der anlass war die übliche selbstüberschätzung der „häuptlinge“.

    ich teile lobo’s attacke zu 100%, aber … das ist ja mein letzter satz: auch er hat es mit all den anderen, deren wichtigkeit sich daraus generiert, daß sie sich mit häuptlingen nur verwechseln, schlicht versemmelt.

    alle waren über die jahre zu sehr mit ihrem eigenen kram befasst, ihrem spezialthema, sei es nun der genderism oder die feindschaft dazu – oder in was sich die einzelnen so verstricken – vergraben und so getan, als reiche das aus.

    tut es nicht: wir stehen vor einem trümmerhaufen und wer gelernt hat, zu verstehen, der sollte um die jahreswende herum auch vestanden haben, daß das „die andere seite“, das alte, die leidmedien und ihre anhänger, das genz genau verstanden habe: wir sind machtlose luschen, weil wir ein verzankter kindergarten sind – aber eben keine politische macht.

    was du an meiner attacke nicht verstehst, aber das nur am rande: ich rede über „die netzgemeinde“. die gibt es nicht, auch wenn das jemand denken sollte, es gibt sie nicht und es gab sie nie. daß da draussen viele fleissige menschen sich den schneid nicht abkaufen lassen und sehr wohl ein kohärentes ding durchziehen, ist mir so ganz klar bewusst, und diesen fleissigen menschen gilt meine rede nicht eher mein respekt.

    aber die werden den teufel tun, sich als „netzgemeinde“ zu verstehen und ihren protest im grunde auf das virtuelle reduzieren wie etwa diese nette junge dame, die f#ckbook und twatter mit dem schlachtfeld verwechselt

    http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2014/05/08/dlf_20140508_1418_47bf7082.mp3

    das ist witzlos, weil von denen, die die gesetze machen, mittlerweile schlicht ignoriert werden kann.

  5. @wanderer

    das hätte ich eben auch noch erwähnen müssen: wenn „wir“ in den letzten wochen eines hätten verstehen können/müssen, dann … daß du auf einer ebene recht hast, allerdings auf der „niedrigsten“.

    die foren sind gerade in einen krieg verstrickt, in dem längst nicht mehr „wir“ schreiben, sondern leute, die dafür explizit bezahlt werden. ich sag‘ mal „moshibots“.

    es war ja immer der lieblingsvorwurf, wenn man mal für die EU oder den Euro partei ergriff, daß man von „denen“ bezahlt wird. ich denke, umgekehrt wird eins chuh draus: _die_ wurden und werden.

    mit deiner vorstellung von einem großen plan, in dem „wir“ auseinandergetrieben werden sollen, kann ich wiederum gar nix anfangen. den gibt es nicht und den bilden wir uns nur deshalb ein, weil wir erst ganz am ende bereit sind, unser eigenes verhalten in frage zu stellen … wir sind nun mal selbstverliebt, halten unsere meinung für die einzig relevante und wenn bloß alle anderen sie teilen würden … dann.

    dann wären wir zb. da, wo uns mal eine in der ommunity beliebte autorin sich wohlfühlt: in der bubble – dem, was fefe mal „die echokammern der gleichgesinnten“ nannte.

    oooops. wahrscheinlich sind wir da schon längst.

    all die häuptlinge, die sich seit jahren ihr kleinen gezänke, ausgrenzungen, verächtlichmachungen, ausgrenzungen des jeweils anderen liefern und nun darüber jammern, daß es wohl nicht klappt mir der „bewegung“ predigen ihrem eigenen publikum und zwar ausschließlich.

    da braucht es keinen plan, man muss als „mächtiger“ nur hingucken und verstehen, daß das so ist. man kann es zur not – das hast du ja schön beschreben – die sache befeuern, also dieses „die nächste sau durch’s dorf treiben“ – und ich bin mir sicher, daß das schon seit jahren auch gemacht wird. unserer früherer bundespräsident wurde so den wölfen vorgeworfen zb.

    man muss halt nur wissen, wie die leute eben ticken. die sind leicht aufzustacheln, wenn man ihnen ein moralisches feigenblatt bietet: „wir sind so was von empört“. diesen erregungswellen kann man seit jahren zugucken, man kann sagen: „komm mal runter und denk mal drüber nach, daß du hier den job der BLÖD machst“ (habe ich zu der zeit übrigens tagein tagaus gesagt)

    und jetzt fragt sich claudia woher diese feindseligkeit kommt: einfache sache, man kann die sache eben nur noch beim namen nennen und jemanden, der zu viel oder zu wenig verständnis hat, darauf in aller deutlichkeit hinweisen, wie naiv er/sie sich verhält.

    weil es ja alle „gut“ meinen (ich gifte an der stelle gerne, man möge sich doch mal „die wohlmeinenden“ von litell reinziehen, damit man versteht, wohin dieses wohlmeinen führt.

    mittlerweile, das sollten wir endlich nüchtern akzeptieren, gehört das netz _anderen_. es gehört den ken jebsens und elsäßers, den verhetzern und lügnern, die „uns“ mittlerweile sogar die friedensbewegtheit geklaut haben. das netz gehört auch nicht mehr den netten wie claudia, es gehört den vergiftern des diskussionsklimas.

    die frage ist, von was mehr übel rührt: vom streit – oder dem versuch, doch noch was gutes entdecken zu wollen, damit bloß alles „gut“ bleibt.

    ich streite. mein maß an verständnis ist da mittlerweile erschöpft. der versuch, harmonie wieder herzustelle, wird scheitern, weil „da draussen“ längst kräfte wirken, denen es egal ist, wie nett wir sein wollen.

    [..] kriegshetze

    guck, die sache ist ganz einfach und du kannst sie dir in der wohlgesetzten sprache eines professorrs erklären lassen:

    http://www.deutschlandfunk.de/russland-und-die-ukraine-krise-putin-ist-ein-virtuose-in.694.de.html?dram:article_id=284745

    wenn du mich jetzt als kriegstreiber, die ÖR wortradios als verblöder und kriegshetzer und in putin den friedensengel sehen willst, haben wir zwei auch streit: so sehr ich versuche, in putin einen zu sehen, mit dem man unbedingt reden müsste, ich habe mittlwerweile genau verstanden, wer in den krieg treibt und es sind nicht die üblichen verdächtigen.

    wer in europa grenzen verschiebt, muss damit rechnen, daß man ihm entgegentritt. putin hat jedenfalls die glaubwürdigkeit und den respekt verspielt – da beziehe ich mittlerweile keine position mehr, die allgemein als „pazifistisch“ verstanden werden will.

    ich sehe seine lauten kreischer in den foren wüten und wer da immer noch lieber auf den westen“ zeigt, dem ist nun wirklich nicht mehr zu helfen.

    hätten wir in den letzten jahren über politik geredet, politik gemacht, dann wäre wir auch nicht solche leichten opfer für diese desinformations und verblödungsnummern.

    statt dessen haben „wir“ (don’t count me in) seit jahren nur skandal nach skandal nach skandl beklagt und einfach die maßstäbe verloren.

  6. nachtrag: das gespräch mit prof schlögel im oTon

    http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2014/05/08/dlf_20140508_0810_84c0c0ca.mp3

    sehr wohl gewählte und präzis gesetzte worte. wir sind in einem zustand der „selbstverteidigung“ angekommen.

  7. Wow, Hardy! Was für eine Rede…danke für das umfangreiche Eingehen auf meine Vorhaltungen!

    Muss heute früh los und kann erst morgen was dazu schreiben – bis dahin trotzalledem ein schönes Wochenende!

  8. @Hardy: was die Kommentare in Großmedien angeht, wird ja mittlerweile fast überall moderiert, bzw. das Übelste rausgelöscht. Die Autoren äußern sich durchaus hin und wieder mal, doch werden sie etwa bei SPON ermuntert, die Kommentare NICHT zu lesen – wegen des hohen Frustfaktors (Quelle vergessen). Wollte man überall „gegen halten“, wenn destruktive Meinungen gepostet werden, wär das ja ein Fulltimejob! Das mit „Faulheit“ zu beschreiben… nun ja…

    Gerade Sascha Lobo kann man NICHT vorwerfen, dass er „ausschließlich dem eigenen Publikum“ predigt. Er ist einer der wenigen, die auf vielerlei Events, im TV, in Institutionen und Unternehmen „das Internet erklären“ und auch weithin wahrgenommen werden. (seit Snowden konzentriert er sich sehr engagiert auf den Themenkreis Überwachung).

    Die aktuelle Rede wurde bereits jetzt 55000 mal abgerufen, die ebenfalls sehr gute Rede von dem nur „in der Bubble“ bekannten Felix Schwenzel grade 1500 mal. Günther Dücks Rede, die 2013 „die republica rockte, kommt auf 20.000 Abrufe in über einem Jahr. Das nur zum Beleg der „Außenwirkung“. Gerade die nehmen dem Lobo offenbar viele übel – ich denke, da ist viel Neid im Spiel: man tritt selber nicht an, neidet aber anderen ihre mediale Bekanntheit.

    Neid, Missgunst und das Aufblasen jeglichen Dissenses sind das eine, das Andere ist die Tatsache, dass es nun mal in der Gesellschaft viele Menschen gibt, die flach oder gar nicht denken, die nur nachplappern, dabei nur sich und das Ausleben ihrer Impulse als das Weltwichtigste ansehen – die auch allen Ernstes meinen, Ausländer sollte besser „raus“, weil sie uns angeblich die Butter vom Brot nehmen, und die gerne Schwächere als Sündenböcke für ihren Frust und ihr zu-kurz-gekommen-Sein nutzen, auch wenn sie gar nichts mit den jeweils beschimpften Gruppen zu tun haben. Die mit dem „das wird man ja wohl noch sagen dürfen“ und dann noch alle, die von Dingen reden, von denen sie keine Ahnung haben, was m.E. zum Beispiel für viele Euro-Gegner zutrifft.

    Das wird nun alles öffentlich, weil ja jeder alles schreiben darf, solange keine Gesetze verletzt werden. Ein Zustand, den „wir“ uns ja eigentlich gewünscht haben… ein Elend, denn ein Zurück in die Gatekeeper-Welt will ja auch niemand.

    Zu Putin: in dem von dir verlinkten Interview steht im Vorspann:

    „Eine solche Haltung, die Interessen der Russen auch jenseits der eigenen Grenzen zu verteidigen, sei ein „imperiales, gar völkisches Konzept, das ihnen das Recht gibt, überall einzugreifen, wo es ihnen gefällt“.“

    Und du meinst, es gäbe keinen Grund mehr, „auf den Westen zu zeigen“. Aber sag mir: was ist der Unterschied dieser Haltung zu der der amerikanischen Regierung, die ihre innere Sicherheit als Rechtfertigung für weltweite Überwachung, massenweise Drohnenangriffe in Pakistan und z.B. den Irak-Krieg (der mittels eine Lüge geführt wurde) benutzt? Ich denke, dass diese Enttäuschung über die einst zu Recht ganz anders wahrgenommenen USA langfristige Tiefenwirkung entfaltet, die man gar nicht unterschätzen kann. Es gibt „die Guten“ nicht mehr – und das tut weh und unterminiert die Bereitschaft, gegen (vermeintlich oder tatsächlich) „Böse“ mit einiger Entschlossenheit vorzugehen.

    Mir gehts so, dass ich speziell zur Ukraine eigentlich gar nichts mehr sagen kann, denn ich hab das Vertrauen in die Informationen (aller Seiten) bzgl. dieses Dilemmas komplett verloren.

    Zum Thema Feindseligkeiten in Sachen Netzpolitik schreibt Yannick Haan (SPD):

    „Sehr anschaulich wird die Lage wenn sich die Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung innerhalb der SPD anschaut. Seit vielen Jahren wird über dieses Thema innerparteilich sehr kontrovers gestritten. Auf der einen Seite stehen die Innenpolitiker und die Sicherheitsbehörden die die Einführung fordern. Auf der anderen Seite die Netzpolitiker und die sogenannte Netzgemeinde die die Einführung dieser verhindern wollen. Während die Innenpolitiker von den Sicherheitsbehörden jede mögliche Unterstützung für den politischen Kampf erhalten werden die Netzpolitiker von der so genannten Netzgemeinde vor allem beschimpft. Von Unterstützung ist da keine Spur. Wenn der Parteitag knapp für die Einführung der Vorratsdatenspeicherung stimmt, schimpft man natürlich über die Netzpolitiker die diese Einführung ja eigentlich verhindern wollten. Von Allianzen mit Menschen die eigentlich das gleiche Ziel haben ist da wenig bis gar nichts zu spüren. Während man von Lobbyisten zu netten Veranstatlungen mit Schnittchen und Getränken eingeladen wird, wird man von der so genannten Netzgemeinde vor allem beschimpft. So gewinnt man keine politischen Kämpfe.“

    https://spd-netzpolitik.de/bund/support-your-local-netzpolitiker

    recht hat er! Auch sonst ist der Text lesenswert, der einige Punkt aufzeigt, warum der netzpolitische Aktivismus derzeit so machtlos ist.

  9. claudia,

    nachdem ich nochmal drüber geschlafen habe …

    es ist ein bißchen so wie auf der arche_b, die von Golgafrincham mit einer ladung telefondesinfizierer unterwegs ist und kurz vor dem aufschlag auf einen planeten steht („per anhalter“, falls nicht geläufig) … und der kapitän, der seit dem start des raumschiffs sich eigentlich nur in der badewanne aufhält, bemerkt, es sei ja noch zeit für ein bad.

    also: ich stimme der rede von sascha zu 100% zu, das habe ich ja deutlichst gesagt … ich bin nur ein klitzekleines bißchen von dieser „bitte mehr geld“ sache irritiert – die 68er haben nicht die gesellschaft verändert, indem sie geld gesammelt haben, sondern indem sie _auf die strasse gegangen_ sind.

    die waren manifest und kein shitstorm.

    was die foren betrifft. einmal abgesehen davon, daß du huhn und ei verwechselst – ich war engagiert, als das ei aus dem huhn herauskam, mittlerweile ist es ein ausgesprochener kampfhahn aus dem instrumentenkasten einer … feindlichen? … jedenfalls mir fremden macht. daß die sich _heute_ nach unten _beugen_ kommt zu spät, ist aber definitiv kein grund, hier einen persönlichen zickenkrieg a la …. duweistschonwer … zu betreiben. jemand, der orchideenthemen bedient, besitzt für mich keine politische relavanz sondern einen fanclub.

    die re:publica ist eher so was wie eine „messe“, politische relevanz gefühlt null. schon zu den letzten kongressen kamen nicht mal mehr die netzpolitiker oder gar die neue datenschutzbeauftragte. veranstaltungen in einem virtuellen raum. aber hey, 180 euro eintritt, da kann man workshops und schnittchen wohl erwarten …

    „netzpolitikern“ der SPD misstraue ich übrigens zutiefst, auch, weil mir diese art sich anschleimende „ich-bin-doch-auch-nur-einer-von-euch“ typen schlicht quergehen. es ist ja, denke ich, das eigentliche problem, daß uns das „wir“ und „die“ mittlerweile komplett abgeht und mit dieser unschärfe haben wir eben auch eine des denkens.

    laß mich das so kurz wie möglich sagen: ich befürchte, claudia, daß die unerfreulichen dinge, die ich zu sagen habe, bei dir auf ein erschrecken stoßen und du das nicht wissen willst. ich habe dir vor wochen ein fundiertes bild dessen, was sich da montagsdemo schimpft, geliefert, das unterdessen (…) von menschen, die ihre politische verortung noch unter kontrolle haben, so geteilt wird.

    du hast darauf reagiert und gesagt: da gehe ich doch mal hin und gucke nach, ob nicht die „mainstream“-medien mich nicht doch belügen. du fandest den „aufstand“ gegen diese uns angeblich verblödenden medien sogar bis zu einem gewissen grad löblich … was soll ich dir also erzählen? was willst du hören? was kannst du ertragen?

    ich befürchte, du _möchtest_, daß die dinge in ordnung sind und übersiehst dabei, daß sie es defiitiv nicht sind. du suchst die „guten menschen“ und ich sehe dummerweise selbstverliebte und sich selbst überschätzende orchideenliebhaberinnen mit fangemeinde, die sich nicht _erblöden_, etwas armselig finden … und nicht bemerken, wie armselig genau das ist. das ist so „klasse“ wie etwa ein fefe, der zwar schön die „echokammern der gleichgesinnten“ und die „empöreria“ seziert … nur um ein paar tage später einen skandal beklagen, weil in einem einstunden-beitrag etwas drinne ist, was er „skandalös“ genug findet, um alles andere in dem beitrag auszublenden.

    [..] Aber sag mir

    guck claudia, ich halte obama für einen verbrecher. wegen dieser drohnennummer. ich denke, der westen hat sich komplett verkalkuliert und ist natürlich an der situation mit schuld, ich denke ALLE LÜGEN.

    das muss nun nicht heissen, daß ich die netzattacke durch bezahlte moshibots ignoriere, daß ich jedes noch so blöde pseudo- und propagandaargument von komplett durchgeknallten „linken“ fresse, die dann nichts besseres zu tun haben, als jeden als kriegstreiber und debilen faschistoiden schwachkopf titulieren, der nicht ihre (hüstel) meinung teilt.

    ach ja, die unerfreulichen dinge: es kann passieren, daß der krieg schneller vor unserer haustür stehen könnte, als uns lieb ist. es passieren dinge, die seit 1939 nicht mehr passiert sind … und die verantwortung dafür tragen neovölkische, die hier sich ihre eigenen veranstaltungen und parteien halten.

    [..] Ein Zustand, den “wir” uns ja eigentlich
    [..] gewünscht haben

    naja, ich habe mir einen zustand gewünscht, in dem kluge menschen miteinander kluge dinge austauschen können. ich erlebe eine zustand, in dem dumme andere dumme in ihrer dummheit vestärken.

  10. sorry, aber das sollte nicht fett sein, kannst du das bitte ändern?

  11. Himmel, deine Beiträge sind so dermaßen inspirierend, dass mir gleich gefühlte 10 Blog-Artikel dazu einfallen… :-)

    Ich hoffe, dass ich wenigstens einen davon zustande kriege (Arbeitstitel: „Warum wir nicht auf die Straße gehen“ – vielleicht findet sich ja ein Sponsor.. :-))).

    Jetzt nur mal „wild durch die Assziationen springend“:

    „naja, ich habe mir einen zustand gewünscht, in dem kluge menschen miteinander kluge dinge austauschen können. ich erlebe eine zustand, in dem dumme andere dumme in ihrer dummheit vestärken.“

    Wir reden doch.. ;-) Aber ich frag mich manchmal schon, ob unsere Dialoge noch sonstwen interessieren… Wenn nicht, wäre es dann doch eher angesagt, dich im richtigen Leben zu treffen und mal 3 Tage zu quatschen über „das Leben, das Universum und den ganzen Rest“.

    „ach ja, die unerfreulichen dinge: es kann passieren, daß der krieg schneller vor unserer haustür stehen könnte, als uns lieb ist.“

    Und wer greift uns an? Mit welchem Ziel? Was droht? Doch vermutlich nicht, dass sich Putin von der Ukraine aus in einen Eroberungskrieg gegen Westen begibt? Oder denkst du das tatsächlich?

    Doch wohl eher, dass sich die alten Kontrahenten mal so eben in einen 3.Weltkrieg reinsteigern – ohne es wirklich zu wollen.

    Wenn es aber DARUM geht, dann sag: Auf wen haben „wir“ wohl mehr Einfluss – auf den „Westen“ (USA/EUROPA + nationale Politik) oder auf Putin / die Russen?

    Im übrigen finde ich unsere Groka-Politk der Mäßigung und des Setzens auf Diplomatie gar nicht schlecht. Wogegen mir die stets markigen Sprüche und das Drängen der Amerikaner auf MEHR (Sanktionen, Militärpräsenz, was auch immer..) suspekt ist. SIE leben ja nicht quasi in Nachbarschaft mit Russland, in den letzten Jahrzehnten stärker wirtschaftlich verflochten denn je.

    „ich befürchte, du _möchtest_, daß die dinge in ordnung sind und übersiehst dabei, daß sie es defiitiv nicht sind.“

    Ganz im Gegenteil sehe ich, dass die Dinge nicht in Ordnung sind, sonst käme ich gar nicht auf diese Themen. Sondern würde gartenbloggen, vegane Rezepte ausprobieren oder mal wieder ein gutes Buch (Vorschlag?) lesen! :-)

    „du suchst die “guten menschen” und ich sehe dummerweise selbstverliebte und sich selbst überschätzende orchideenliebhaberinnen mit fangemeinde“

    Ja, ich suche die „guten Menschen“ – richtiger: das Gute in all diesen „selbstverliebten, sich selbst überschätzende orchideenliebhaberinnen mit fangemeinde“ (für mich nur ein kleiner Teil der sog. „Netzgemeinde“) und auch ansonsten in nahezu jedem, der mir über den Weg läuft.

    Meine Texte sind nicht für Verbrecher gedacht, die nur ihre eigene Nutzenmaximierung bewegt und „nach mir die Sintflut“. Käme mir so jemand im realen Leben unter, würde ich dennoch – sofern ich überhaupt mit ihm spreche – noch auszuloten suchen, ob da nicht doch irgendo ein versprengter Fetzen des „Guten“ noch in ihm lebt.

    Ja was denn sonst?

    Für Selbst(!)verteidigung bin ich natürlich schon. Daher die Frage: Was droht?

  12. Grade lese ich auf Twitter:

  13. du hast mittlerweile bemerkt, daß es nicht „feindseligkeit“ ist, was mich treibt, es ist das schiere entsetzen über die indifferenz, die unschärfe, das vage „sind wir nicht alle irgendwie nett?“.

    [..] Wir reden doch.. ;-)

    ja, und es ist schön, daß wir hier reden können, ohne daß es einen geben muss, der recht hat (ich will alles, nur nicht recht behalten mit dem, was ich befürchte …) und einen der irrt. das ist an den meisten orten nicht mehr der fall, da herrscht jetzt schon offen krieg.

    [..] Und wer greift uns an? Mit welchem Ziel?
    [..] Was droht? Doch vermutlich nicht, dass sich
    [..] Putin von der Ukraine aus in einen
    [..] Eroberungskrieg gegen Westen begibt?

    also, das ist jetzt wirklich sehr komplex und ich bekomme das hier sicher nicht hin und selbst bei klaus, dem einzigen ort, an dem ich mich gelegentlich dazu äußere, verharre ich in einer „weder.noch“ position – weil ich weiss, was den unterschied zwischen mir und ihm ausmacht: er ergreift vehement partei. ich nicht. aber da spinne ich schon mal rum

    ich bin mittlerweile an einem punkt, an dem all das, was ich in den letzten jahren so verständnislos beobachtete, „sinn“ macht … es wurden instrumente für einen krieg, der vorerst nur in den foren tobt, geschaffen. für mich sind solche veranstaltungen wie die neovölkischen bewegungen und ein bestimmter anteil an online medien instrumente systematischer unterwanderung durch feindliche mächte. und ja, auch putin hat da so seine leute, er lädt sie ja als wahlbeobachter ein … genau, die euroneurotischen …

    über die usa und die PI-jünger müssen wir nicht lange debattieren: eindeutig das produkt amerikanischer bemühungen, europa zu dstabilisieren, das alte gegen das neue … ich sage nur „libertas“.

    klaus vermutet einen russischen plan, basierend auf einer völkischen ideologie eines herren dugin. ich halte putin ja für ein würstchen, der viel zu früh losmarschiert ist.

    aber in einem sind wir uns einig: das verschieben von grenzen ist ein bruch aller vereinbarungen, die wir mit den russen hatten, das einkassieren der krim und der jetzige versuch, sich auch die ostukraine zu schnappen, sind _komplett indiskutabel_.

    wer mir hier mit „hat schon immer zu russland gehört“ kommt, den frage ich, ob ich als saarländer jetzt auch das elsaß und lothringen wieder haben darf. und die franzosen nordafrika … usw usf.

    egal wie die nummer läuft, claudia, wir bewegen uns unabdingbar auf eine konfrontation zu, die am ende – wenn alles schiefgeht – militärisch sein wird. wenn es „gut geht“ resultiert sie in einem neuen „kalten“ krieg, aber da würde ich mal nicht drauf wetten.

    wenn putin in die ukraine einmarschiert, haben „wir“ einen _feind_. ob wir das wollen oder nicht. ich halte dem eine menge zu gute (zb. das verhindern eines krieges gegen syrien), aber … wie weit werden wir ihn gehen lassen?

    nicht so weit, wie er vielleicht geht, claudia.

    das ist keine paranoia, das ist nüchtern.

    laß es dir (wie beim mir zuhause schon verlinkt) von prof schlögel erklären, ich empfhle als o-ton, es ist was anderes, etwas präzise formuliertes zu lesen, als die stimme des mannes zu hören. ich gehe aber mal davon aus – du sagtest „selbstverteidigung“ und das scheint von ihm her zu rühren – daß du ihn schon gelesen/gehört hast ;-)

    das mit der „selbstverteidigung“ ist zentral, auch deshalb, weil ich da draussen eine menge leute sehe, die lieber jeden noch so mühlselig errungen fortschritt gegen die erhaltung eine friedens tauschen würden. die haben nicht nur das vertrauen in die „systemmedien“ verloren … nope auch in ihre eigenen überzeugungen.

    [..] Oder denkst du das tatsächlich?

    ich befürchte, wir erlen das ende einer langen periode des friedens. ich bin geradezu froh, daß putin seine karten zu früh auf den tisch gelegt hat.

    [..] in einen 3.Weltkrieg reinsteigern

    möglich, claudia, das war am anfang meine größte angst, mittlerweile sehe ich, daß „wir“ jedenfalls sagen: so nicht und ihm einfach den geldhahn zudrehen. das kann funktionieren, es funktioniert sogar, aber … naja, was passiert, wenn der bär mit dem rücken an die wand steht? bunkermentalität.

    immerhin, die kanzleröse hat „die schlafwandler“ gelesen ;-)

    [..] Ja, ich suche die “guten Menschen”

    hey, ich sehe sie auch. aber ich verstehe nichtsdestotrotz (hihi), daß es da draussen eben immer mehr BÖSE gibt und es ihnen gelingt, verwirrung zu stiften … weil sie wissen, daß wir gerne daran glauben möchten, daß sie GUT seien.

    sind sie nicht – sie werden dafür bezahlt.

    [..] Vorschlag?

    mach dir ne todo liste ;-)

    alles, was du schon immer mal wieder lesen, hören, gucken, machen wolltest. nur so. auf nummer sicher gehen …

    [..] nicht für Verbrecher gedacht

    guck, die kommen nicht hier her.

    sie sind halt da draussen.

    unser „streit“ basiert auf der vorstellung, die jeder von uns beiden hegt: ich bin die kassandra, die sagt: „da sind die bösen!“ … und du sagst „und da sind die guten!“, du denkst vielleicht, der soll mal nicht so in panik machen, der hardy, ist doch alles soweit noch im lot … ich stehe neben der badewanne und frage: „noch ein stück seife, kapitän?“ …. wissend, daß die arche_b auf dieen planeten klatschen wird.

    nicht nur wegen der 10 milliarden (gibt’s auch als text und zwar hier). nein, weil ich die schleichende veränderungen nicht einfach wie der frosch im immer heisser werdende topf ignoriere.

    wie gesagt: vor meinen augen verwandeln sich leute, die ich für klug hielt, in hetzer. die leute reden nicht mehr miteinander.

    als kleine „übung“ bin ich – nur um mich selbst zu testen – zu einem gegangen, den andere eben als rechtsradikalen labeln … und habe einen menschen gefunden mit geschichte. wir sind beide so radikal in unseren ideen … wir müssen uns nicht zanken … wir können usn auf vernunft einigen ;-)

    je mehr sich alle radikalisieren, um so „weicher“ werde ich, wenn alle sich anschreien, sage ich „schhhhhhh, kommt mal runter mit eurem geschrei“. der arme klaus ;-)

    das ist das, was ich tun kann: dir sagen, daß es grund zur beunruhigung gibt, daß man dieen leuten auf den montagsdemos mit äußerster skepsis begegnen muss und … naja, daß ich am ende kein pazifist bin, der vor lauter taumeligkeit alle maßstäbe zugunsten einer logik aufgeben kann, die von moshibots in die köpfe der leute gesetzt wird. oder dem klaus, daß putin kein böser riese sondern nur ein würstchen ist.

    zu dem tweet, hör dir bitte diese frau an, die nicht schiessen will.

    keine ahnung, ob sie eine von den „guten“ ist, aber sie symbolisiert für mich den ganzen irrsinn und wie wenig alles, was wir sonst so hören, dem angemessen ist.

    weil – zur not wird sie schiessen.

    wie „wir“.

    „wir“ werden den zustand wieder herstellen müssen, der vorher herrschte, als „wir“ putin noch vertrauen konnten. also den, der es uns erlaubt, hier so miteinander reden zu können.

    wenn ich das „da draussen“ sagen würde, bin ich ein „kriegstreiber“. es sind dann „meine leute“, die lieber alles, woran sie bis gestern geglaubt haben (sexuelle selbstbestimmung zb) dann aufgeben, wenn eine dame mit bart singt und die russen als homophob ausgebuht werden.

    so schnell kann man gar nicht „a########“ sagen wie gestern alle strikt hetero wurden. ;-)

  14. Bedrückend, deine Szenarios – auch eine Woche später noch (Hardys Kommentar war in der Moderation und ich habs nicht mitbekommen, sorry!)

    Im Moment „verschwindet“ der Ukraine-Konflikt zunehmend aus den Medien – wie ist das zu erklären?

    Was ich nicht nachvollziehen kann: dass es immer heißt, Putin „steuere“ das alles. Was soll er mit der Ostukraine? Wie ich lese, gibts da vor allem einen riesigen Investitionsbedarf in ziemlich marode Industrie. Ist es nicht auch sehr wahrscheinlich, dass sich dort Ukrainer selber „erhoben“ haben, weil ihnen die aktuelle Regierung nicht passt und sie denken, nun könnten sie „einen auf Krim machen“ und alles würde gut? Die Ukrainer selbst als politische Subjekte kommen beim drüber reden und schreiben kaum vor – immer heißt es, der Westen/die CIA bzw. Putin steuere das alles…

    Die Montagsdemos sind ein Dauerthema und ich war immer noch nicht dort. Stefan Münz bringt in einem neuen Kommentar auf den Punkt, was mir an dieser Bewegung missfällt. Julia Schramm war dort und hat „unterkomplex Denkende“ gesichtet:

    http://juliaschramm.de/2014/05/14/montag-ist-facebookdemo/

    Im Moment bin ich ratlos angesichts der Lage und muss aufpassen, nicht deprimiert zu werden.

  15. naja, ich finde nicht, daß es aus den medien verschwindet, aber ich nehme das wahrscheinlich anders wahr als du – ich gucke ja so was nicht im tv ;-)

    [..] Was ich nicht nachvollziehen kann:
    [..] dass es immer heißt, Putin “steuere” das alles.

    vielleicht zuerst einmal eine kompetente lektüre: snyder ist, was die ukraine betrifft, sicher der sachkundigste als autor von „bloodland“

    kürzer geht auch – sabine adler hat’s jetzt auch gemerkt ;-)

    dann ein bißchen stoff, um das mit den „nashibots“ besser zu verstehen.

    und, mein held in schweren tagen, florian kellermann. der mann macht einfach die besten reportagen zum thema, er hilft, die kompleität des menschlichen besser zu verstehen. „sie will nicht schiessen“ hatte ich ja da oben schon empfohlen.

    [..] immer heißt es, der Westen/die CIA bzw.
    [..] Putin steuere das alles

    okay: vorab und nur um nicht missverstanden zu werden – „wir“ haben massiv sch###e gebaut, wie und wer und warum erklärt dir günther verheugen in seiner replik auf helmut schmidt und seine warnung vor einem dritten weltkrieg. ich sehe da versäumnisse auf beiden seiten, ein zu selbstgefälliges agieren auf unserer ein zu auftrumpfendes auf der russischen.

    zum „plan“:

    das ist der kern des unterschieds zwischen klaus und mir.

    klaus ist sicher kompetenter als ich, deshalb lese ich ihn ja, aber … ich glaube er starrt zu sehr auf die bäume und sieht den wald nicht mehr ;-)

    klaus sieht diesen „plan“. ich denke, putin ist ganz ohne not „ein bißchen zu früh gekommen“ für echten sex. weiss der teufel, was ihn geritten hat, er hat’s – wenn er denn einen plan hatte – schlicht vergeigt.

    es gab einen punkt, den ich bei klaus rechtzeitig als beobachtung „beansprucht“ habe (die dieser formulierung zugrundeliegende szene aus „the walking dead“, vierte staffel, entzieht sich deiner kenntnis, das also ist ein scherz, der ins leere geht, weil du, denke ich mal, an „the walking dead“ – im gegensatz zu mir – wahrscheinlich keinen spaß hast …), an dem etwas passiert ist, womit ich nicht gerechnet habe …

    mitten in der strategischen „vorwärtbewegung“ hat putin auf die pausetaste gedrückt, warum auch immer, und die bewegung hat ihren schwung verloren … was dann darin endete, daß er das „votum“ in der ostukraine zwar erfreut zur kenntnis nahm, aber … naja, den beitrittswunsch geflissentlich ignorierte.

    mein gedanke: seine generäle haben ihn mit den fakten vertraut gemacht. das sollte dich schon mal „beruhigen“.

    beunruhigen sollte dich der „ausfall“ von steinmeier.

    https://www.youtube.com/watch?v=AX5m5swD-QU

    vor dem ersten weltkrieg haben die politiker („männer!“) noch nervenzusammenbrüche gehabt … da liegen die nerven blank, weil die „die entleerte Masse der Postdemokratie“ offensichtlich zu blöde ist, das naheliegendste zu sehen:

    putin hat mit seinem handeln das vertrauen, das man noch in ihn haben konnte, so gründlich zerstört, daß man sich fragt, wie diese flöhe wieder in den sack sollen.

    egal, auf was man spekuliert („plan“ oder nicht) – wir müssen begreifen lernen, was das bedeutet, und begreifen es nicht, weil wir nicht _wollen_, daß es disharmonisch wird.

    [..] muss aufpassen, nicht deprimiert zu werden.

    siehst du, damit hatte ich mir das nicht-posten erklärt: das macht dir angst und so wenig wie die nette frau aus der ukraine, mit der mich florian kellermann da in einer seiner reportagen „bekannt“ machte, heutzutage noch nachrichten gucken will, so ist dir wahrscheinlich auch zumute.

    das ist eine haltung, die ich übrigens respektiere, deshalb habe ich nicht darauf bestanden, daß du meinen kommentar veröffentlichst und lieber mal den mund gehalten: mir ist klar, daß wissen um die dinge die dinge nicht wirklich beeinflusst. wir sind dem, was passiert, ausgeliefert.

    das liegt auch daran, daß diese montagsdemos _spalten_. ich habe vor ein paar wochen gesagt, daß ich da wirklich probleme hätte … wie viele andere auch.

    lustig ist natürlich, dann diesen rixinger von der „linken“ sagen zu hören, daß die „linke“ eigentlich eine friedensbewegung auf die beine stellen müsste … aha. uns hat damals keiner eine organisieren müssen, die eine kette vom norden der republik in den süden bildete, wenn ich das recht erinnere.

    selbst in der ostukraine sitzen die leute vor den tv-geräten, so daß dieser selbsternannte kreischer jetzt schon um frauen betteln muss, die seine banditenbande, aka separatisten, verstärken, wenn schon die jungs keine lust haben, für russland zu sterben.

    was vorgeht, kannst du dir von einem russischen journalisten erzählen lassen

    wobei es sein könnte, daß der spuk bald vorüber ist, nachdem sich jetzt achmetov eindeutig positioniert hat und die strassen aufräumt. mal gucken, wie sich das entwickelt.

    aber, alles in allem: am ende bleibt, daß putin das vertrauen verspielt und die grenzen verschoben hat. und damit, kann ich dir leider nicht ersparen, müssen wir jetzt umgehen lernen. das wird nicht gemütlich, was immer auch kommt.

    sorry, das war jetzt viel information auf einen haufen.

    aber wie gesagt, ich gehe hier manchmal weiter und bin eindeutiger als bei klaus ;-)

    ach ja: dein link auf stefan münz endet auf dessen homepage, nicht auf dem artikel.

  16. Den Link hab ich korrigiert (hier nochmal).

    Dass Achmetov nun „aufräumt“ ist vielleicht momentan im Sinne der Verhinderung weiterer Russland-Anschluss-Bemühungen der Aufständischen nützlich – aber gewiss nicht im Sinne nachhaltigen Friedens. Denn diese pro-russischen Kräfte haben ja nur deshalb gewisse Erfolge, weil die ganz normalen Ukrainer viel berechtigte Kritik an ihrer Regierung, ihrer Verwaltung, vor allem an der wohl alles überwölbenden Korruption haben. Und dass ein Oligarch die Korruption bekämpft, ist ja wohl illusorisch…

    Dass ich Kommentare nicht frei schalte, weil mir deren Inhalt (!) zu „disharmonisch“ wäre, das wirst du hier nicht erleben! Finde ich direkt ein bisschen beleidigend, aber ich weiß, du meinst es nicht böse.

    Dass Putin Anschlussbegehren von Ostukrainern ignoriert und „die Pause-Taste drückt“ ist doch positiv – ich verstehe da deine gewisse Häme nicht! Das ist nur vernünftig und nicht „zu früh kommen für richtigen Sex“, er hat nichts „vergeigt“, sondern sich sinnvoll verhalten.

    Solche Beurteilungen sind es, die „rein feindselig“ wirken: Macht er was „Böses“, ist es böse. Macht er was „Gutes“, ist es Versagen, Vergeigen, Schwächeln.. ja hey, was soll denn das?

    Ich schaue lieber auf die jeweiligen Gründe für das Verhalten und sehe da durchaus Sinn drin: nach wie vor denke ich, eine Krim mitsamt dem einzigen russischen Schwarzmeer-Hafen/Flottenstützpunkt als Teil der EU, dann womöglich der NATO – das war für Russland eine nicht akzeptable Perspektive, die man vorab verhandelnd hätte bearbeiten müssen.

    Ebenso Ost-Ukraine: es gibt für Russland da nichts zu gewinnen, aber es drohen gewaltige Kosten… warum also annektieren und es sich noch mehr mit dem Westen versauen?

    Insofern: Kein „Plan“, sondern agieren und reagieren im Sinne der realen Interessen Russlands. „Auf Sicht fahren“, wie das bei deutschen Politikern in der Finanzkrise genannt wurde.

    Die ARbeit ruft…

  17. [..] im Sinne nachhaltigen Friedens

    claudia, nichts wäre mir lieber als das.

    dummerweise haben sich da zwei seiten (sic!) in was reingeritten, aus dem keine mehr ohne gesichtsverlust rauskommen wird.

    [..] ein bisschen beleidigend

    du hast mich aber verstanden, ich bin manchmal zu direkt.

    [..] “die Pause-Taste drückt” ist doch positiv

    wenn er es freiwillig gemacht hätte, ja. ich befürchte aber, seine generäle haben ihm gesagt, daß er nicht weiter auf „play“ gehen kann ohne das risiko, daß das ganze ins militärische abgleitet. zwangsläufig

    [..] deine gewisse Häme

    dem wortspiel/witz „zu früh kommen“ geschuldet, ganz ohne häme. es ist ja nicht so, als ob ich nicht (vorher) putin gegenüber eine gewisse sympathie gehegt hätte (verhinderung eines syrien einsatzes der NATO). er ist nicht blöd, ist auch kein BÖSEWICHT, aber er hat halt diese vorstellung von EURASIEN (dugin. bitte unbedingt den snyder artikel lesen!),
    er hat „neurussland“ verkündet und natürlich will er die UDSSR zurück. oder so was in der art.

    das macht anderen angst, den balten, den polen. wir gucken immer auf _uns_ und _ihn_, aber in wirklichkeit hat er ein gefüge _zum einsturz gebracht_, mit dem alle mehr oder weniger in frieden leben konnte.

    _das_ ist der zentrale punkt, nicht, was in der ukraine passiert. er hat es so weit getrieben, daß man ihm nicht mehr traut. und das ist verheerend.

    [..] das war für Russland eine
    [..] nicht akzeptable Perspektive

    der fehler dieser betrachtung liegt darin, daß die perspektive vorher so aussah: russland nähert sich der EU an. jetzt ist seine perspektive: er bildet mit einer geschwächten EU einen block gegen die USA.

    nicht er nähert sich uns an … er möchte gerne eine sturmreif geschossene EU vereinnahmen. und er schießt sie selbst mit seinen hilfstruppen, den neoVölkischen in ganz europa, die ihn anhimmeln, weil er so ein starker bürsche ist, reif.

    früher nannte man die quislinge

    du siehst den unterschied? möchtest du das so?

    ich nicht.

    [..] es gibt für Russland da nichts zu gewinnen

    oh, die ukraine war das zentrale ziel des eroberungskrieges 1939 … raum, bodenschätze, heute die waffenproduktion. er hätte da schon eine menge zu gewinnen. aber er hat leider eher eine menge verloren.

    [..] im Sinne der realen Interessen Russlands

    oh, bisher dachten wir immer, geschäfte miteinander machen wären die „realen“ interessen .. jetzt sind es plötzlich wieder macht, einfluss, kontrolle.

    er ist gerade ins 19. jahrhundert zurückgefallen.

    [..] „kein plan“

    wie gesagt – ich denke, er hatte einen präkox.

    klar hat er einen großen plan, warum auch nicht, ist schon okay, aber … mit uns und nicht gegen uns.

    das was pasiert ist, ist kein „auf sicht fahren“. er ist zu früh gekommen, nach der EU-wahl wäre „intelligenter“ (in seinem sinne) gewesen.

    was hat er erreicht? naja, daß sich jetzt die menschen, die noch halbwegs ihren verstand beisammen haben, plötzlich wieder in die EU verlieben und die NATO als ihren schutz verstehen. danke, putin!

    es war also schlicht dämlich auf der strategischen ebene. viel zu früh, viel zu ungeschickt, viel zu schlecht vorbereitet, alles so halbfertig und unausgegoren.

    nein, der fährt nicht auf sicht: er hat’s probiert und es ist in die hose gegangen. jetzt führt er rückzugsgefechte, klopft sich auf die brust und pfeift doch nur im wald.

    claudia, nichts ist mir „unlieber“ als das. ich hatte vertrauen in den mann, ich dachte, „okay, ein bandit aber unserer. besser der als der schirinowski!“. ich habe ja immer solche seltsamen sympathieen für leute wie assad und gadhafi, weil ich ahne, was danach (!) kommt.

    nichts besseres, guck dir libyen an. in syrien haben wir auch gemerkt, daß dummerweise assad für die christen dort ein besserer schutz ist als die herummarodierenden islamisten.

    zu spät, weil so viele leute wegen unserer dummheit sterben mussten. diese dummheit tötet auch gerade in der ukraine.