Claudia am 04. Mai 2016 —

Prokrastination als Freizeit-Klau

Eine nicht besonders förderliche Angewohnheit behindert mich bei einer sinnvollen Strukturierung des Tages. Das geht seit Jahren so, ohne dass ich daran etwas hätte ändern können, so aus dem willentlichen Entschluss heraus, endlich disziplinierter zu werden. Deshalb nutzt es jetzt auch nichts, wenn mir jemand in die Kommentare schreibt: Hey, mach doch einfach mal… Hab‘ ich schon so oft vorgehabt, falle aber immer wieder meiner Aufschieberitis zum Opfer.

Die Ursache ist mir mittlerweile ziemlich klar: Ich klaue mir durch Aufschieben Freizeit, die ich mir nach Fertigstellung eines anstehenden Werks nicht wirklich gönne. Also unterbreche ich die Arbeit immer wieder, mal zu Gunsten bloßen Herum-Lesens im Netz (und tweete, was ich da so bemerkenswert finde…), mal blogge ich zwischendurch kurz in einem meiner anderen Blogs. Und wenn das alles noch nicht reicht, gehe ich in die Küche und mach‘ mir was zu Essen – schließlich kann niemand erwarten, dass ich während des Essens arbeite!

Die Freiheit im Homebüro

Nun erwartet ja niemand von mir irgend eine spezifische Tagesgestaltung. Solange ich meine Termine einhalte, ist es total egal, ob ich eine oder mehrere Pausen zu Stunden dehne oder einen Artikel in einem Rutsch fertig schreibe und dann Schluss mache. Im Homebüro bin ich so frei wie man nur sein kann in Sachen Zeitmanagement. Leider nutze ich diese Freiheit nicht besonders konstruktiv. Zwar haben die „anderen Tätigkeiten“, die ich in die Brotarbeit einflechte, auch ihren Eigenwert und sollen nicht einfach wegfallen, aber dennoch bin ich unzufrieden. Weil ich nie wirklich „fertig“ bin, sondern mich immer nur zwischendruch „wegschleiche“ – so jedenfalls mein Gefühl.

Warum ist das so? Offenbar gönne ich mir – außer für Gartenbesuche, immerhin! – keine echte Freizeit. Wüsste ja auch nicht, was damit anfangen, da ich das Internet in der Freizeit kennen lernte und erst nach und nach die Arbeit einen zunehmenden Teil meines Sitzens vor dem Monitor ausmachte. Ein Wechsel von Arbeit zu Freizeit bedeutet also nicht zwingend, dass ich mich vom Stuhl erhebe (der im übrigen erneuert gehört, so kaputt gesessen ist er mittlerweile). Und wenn eine Arbeit FERTIG ist, gibt es immer mehrere anstehende „nächste Arbeiten“, die ich dann beginnen sollte. Also komme ich besser nicht zum Ende, sondern „klaue mir Freizeit“ in verlängerten Pausen. Suboptimal!

Nun ja, schön, mal wieder darüber geschrieben zu haben! :-)

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Diskussion

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14 Kommentare zu „Prokrastination als Freizeit-Klau“.

  1. Hallo Claudia,

    die Unzufriedenheit kenne ich. Ich mache eine ähnliche Arbeit als Selbständige wie Du. Zeitlich ist der Tag zwar gegliedert (Bürozeiten), räumlich auch. Dennoch fällt mir das Umschalten von Arbeit und Freizeit schwer.

    Überhaupt einmal musste ich lernen, das eine als Arbeit zu definieren und das andere als Freizeit. Denn es ist ja beides mein Leben, der Gegenstand in beiden Fällen frei gewählt. Beides nimmt Kraft und beides gibt Kraft. Das Problem ist wohl eher die Einseitigkeit der Tätigkeiten.

    Für mich ist es überlebensnotwendig, in meiner Freizeit vom Rechner weg zu kommen und mich in einer „Gegenwelt“ zu erholen. Die Gegenwelt ist bei mir etwas, was für andere die Arbeit ist (Besuche bei alten Leuten). Da werden andere Programme abgerufen, die mir gut tun. Zum Beispiel: Langsam denken und sprechen, bewußt gehen, an einem Gedanken und an einer Sache dranbleiben und nicht hin- und herzuspringen, denn das würde die alten Leute überfordern. Funzt prima, damit bekomme ich den Kopf frei. Und noch was liebe ich daran: Feedbacks gibt es hier unmittelbar und mit Augenkontakt: Dankbarkeit und Liebe. Die Freude, gemeinsam ein paar schöne Momente zu erleben, trotz aller Einschränkungen.

    Was mir nicht gut bekommt, ist in der Freizeit zu bloggen. Das ist vom Gegenstand so ähnlich wie die Arbeit. Manchmal mache ich es zwar trotzdem, weil ich es mag zu schreiben und ich es schade fände, es nicht zu tun. Ich wähle dann aber auch nur Themen zum Schreiben, die nicht neue Problemfelder öffnen, über die ich dann auch noch tiefer recherchieren und nachdenken muss.

    Freizeit brauche ich, um „vom Konzentrieren“ wegzukommen und Ressourcen aufzubauen. Vom Kopf in den Körper. Einen Punkt zu setzen und nicht neue Fragezeichen zu eröffnen.

    Arbeit ist ein Sog und zieht immer mehr Arbeit nach sich. Manche Freizeitaktivitäten tun das auch. Da muss ich aufpassen. Die richtige Gestaltung der Freizeit erfordert durchaus Disziplin, damit sie ihren Zweck erfüllt (so viel Kraft und Distanz muss dann immer noch über sein). Klappt nicht immer. Aber ich weiss, es ist für mich der richtige Weg.

    Viele Grüße von Christiane

  2. Hallo Christiane,

    danke für deinen ausführlichen Kommentar! Na wenn bei dir eine räumlich und zeitlich getrennte Arbeitsstruktur vorliegt, hast du ja bereits eine ganze Menge Ordnung vorgegeben, die mir fehlt.

    Womit ich nicht sagen will, dass ich gerne in ein Büro gehen würde – genau dazu hab ich ja keine Lust und wollte das immer schon gerne auslassen! :-)
    Der Garten ist bei mir der Ausgleich, da wühle ich in der Erde und bin auf einem ganz anderen Stern. Der Garten ist durchaus auch interaktiv, man fühlt sich gerufen, ich gleite ganz von selbst in immer neue Tätigkeiten dort – es RUFT alles nach mir: mach doch dies jetzt, da fehlt noch jenes, etc. usw.

    Da ich im Frühjahr mehr im Garten zu tun habe, schränkt das die „Sitzzeit“ zum Glück etwas ein.
    Schön, deine Besuche bei alten Meschen! Und dass das für dich Freizeit und nicht Arbeit ist.

  3. Du schreibst die Freizeit in Form verlängerter Pausen sei suboptimal. Aber warum?
    Du sagst selbst, dass du keinen durch strukturierten Büroalltag möchtest. Für Bewegung sorgt deine Gartenarbeit. Du bloggst gerne – und mit hoher Qualität – zwischendurch. Du lebst ein Leben, das sehr gut zu deiner Persönlichkeit passt.

    Ich halte das für hocheffizient.
    Und in deinem Fall auch für sehr kreativ.

  4. ganz schrecklich: ich habe gehört, (von der wunderbaren martina schulte, als deren fanclubvorsitzender ich mich seit jahren berharrlich oute): retweeten macht dumm.

    http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2016/05/03/dradiowissen_re_tweeten_macht_dumm_20160503_af29dd37.mp3

    naja, ich sag’s mal so: in der zeit, in der ich twitter (und anderes) konsequent _nicht_ nutze, höre ich schöne hörbücher (*) und trinke tee ( einen sehr leckeren rohen pu’erh und eben einen golden yunnan mit einer liebenswürdigen chinesin).

    claudia, wir sind doch die herren dessen, was wir so machen . und was wir so machen, das macht uns. in der zeit, in der ich auch irgendwas nutzloses im netz lesen könnte, kann ich natürlich auch was für mich machen, sprich mein schweizer taschenmesser programm ausbauen.

    (*) gerade: Goodman, Marc – Global Hack. nicht nur, daß der auch findet, daß google, twitter & co ihre arbeitssklaven (also uns …) bezahlen müsste, seine sehr sehr sehr umfangreiche schilderung dessen, was im netz so läuft, kann einem schon den spaß an selbigem nehmen. ist sehr lang und sehr ausführlich, aber es lohnt sich definitiv, selten so eine umfassende und spannende geschichte gehört.

  5. ps: mein schweizer messer kann seit dieser woche die länge, frequenz, bitrate, grafik etc aus einer datei lesen, den id3 tag mit bild und allem pipapo setzen und den namen automatisch setzen. mit einem klick! ich kann endlich alle andererleutesoftware wegwerfen, die ich bis jetzt zeitraubend verwenden musste …

    wenn twitter und co mich bezahlen würden, würde ich drüber nachdenken, mich an der generierung ihrer gewinne zu beteiligen.

  6. Gute File, Hardy :-)

  7. @Sammelmappe: danke! :-)

    @Hardy:
    hab mir das Hörstück angehört und meine, von mir sagen zu können: die Textverständnisprobleme chinesischer Studenten muss ich mir nicht zurechnen lassen, da sie in einer ganz anderen medialen Umwelt aufgewachsen sind als ich Kind der Gutenberggalaxis.

    Ob ich Texte tweete oder nicht, macht btw an der Pausenzeit nur marginal etwas aus: zwei Klicks und fertig. Mein Account ist überschrieben mit dem Satz:

    „Infos zum Weltgeschehen und zu allem, was mich bewegt. Nicht alles, was ich hier mit-teile, mache ich mir zu eigen.“

    Da viele Twitter als News-Medium nutzen, sehe ich das Tweeten als Dienst an der Allgemeinheit, der mich wenig kostet. Konkret gibt es auch Freunde in meinem Leben, die auf diese Art mitbekommen (wollen!), was ich so lese und/oder beachtenswert finde.
    Des weiteren sehe ich das selektive Tweeten auch als Mitwirkung an „Meinungswellen“, die hier und da durchaus etwas bedeuten und auch mal Folgen haben können.
    Glückwunsch zu deinem Programm! Für mich ist das entsprechende Tun eben Bloggen…

  8. @Gerhard:

    hab es mir angesehen. Ich verstehe den Vortragenden nur schlecht, meine aber, das Wesentliche mitbekommen zu haben. Er empfiehlt Achtsamkeit, Beobachten des Geschehens im Augenblick mit einer förderlichen Neugier – klar, wer das durchhalten kann im Alltag, hat vermutlich gute Chancen, seine „schlechten Gewohnheiten“ zu verändern.
    Allerdings sind seine Beispiele nicht immer zielführend. So hat mir die Zigarette eben NICHT schlecht geschmeckt, dieses Empfinden setzt erfahrungsgemäß erst nach Wochen der Abstinenz ein. Und beim Dampfen kann ich mir eh die Geschmäcker komponieren, wie ich mag – bis hin zu Aromen wie „Käsekuchen“ oder „Pinacolada“. (Und bevorzuge dennoch Tabakgeschmack mit etwas Menthol).
    Trotzdem: Achtsamkeit üben ist natürlich immer ein guter Vorschlag!

  9. @claudia

    [..] da sie in einer ganz anderen medialen Umwelt aufgewachsen sind als ich Kind der Gutenberggalaxis

    oh, da wäre ich eher vorsichtig mit vorschnellen urteilen

    einmal davon abgesehen, daß ich die kenntnisreichsten gespräche über brecht mit einem chinesen führen durfte und mein gestriger gast, der in luxembourg für einen der weltweit größten hedgefonds als analystin arbeitet (noch in der probezeit), sich wahrscheinlich mit unserer klassischen musik besser auskennt als die meisten hier im raum: das chinesische bildungssystem ist weitaus drastischer als wir zwei das aus einer zeit kennen, als noch der rohrstock als probates mittel akzeptiert galt.

    ich würde grob sagen: wenn ein chinese die schule verlässt, ist er (rein vom wissen her, weniger vom verständnis) definitiv mehr in der guttenberggalaxis zuhause als ein schüler hier und er betritt eine welt, in der du mit deinem ausweis alles bezahlst, was du so brauchst: vom bahnticket bis zum neuen pc: die sind weitaus mehr in der zukunft zuhause als wir. das alles sind sachen, die bei uns nicht mal angedacht sind, bei den chinesen sind sie seit ein paar jahren „normal“.

    also bitte keine kulturelle überlegenheit an diesem punkt – sie ist eine illusion. die chinesen werden während ihrer ausbildung durch ein strenges system gepeitscht, bei dem es uns jedenfalls gruseln würde.

    aber, du weisst, du musst bei mir immer eine quäntchen ironie mit einrechnen. ich poste so was nicht, um was zu **beweisen**, eher, damit bestimmte dinge überhaupt erst mal gedacht werden – und meinen hinweis auf „global hack“ habe ich auch nicht umsonst gesetzt:

    ich denke (immer noch), dass wir in sachen internet umdenken müssen und zwar schleunigst. wir alle verkommen zunehmend zu drohnen, die content absondern, mit dem andere geld verdienen. die wiederum spekulieren auf

    [..] sehe ich das Tweeten als Dienst an der Allgemeinheit, der mich wenig kostet.

    das halte ich für einen grandiosen irrtum, claudia. das „petroleum“ unserer zeit heisst aufmerksamkeit, zeit die wir mit dingen verbringen die weder uns noch anderen was bringen: was nutzt es mir, wenn ich am tag (was ich btw. **nicht** tue) vierzig mal in tweets den hinweis auf einen artikel lese? nada. aber der zeitung oder der seite, die so kostenlos beworben worden ist.

    mir würde es reichen, wenn ich einen ort hätte, dem ich vertraue, daß er die infos bringt, die mich interessieren, und – ist ein bißchen anmaßend, ich weiss – mein

    https://www.reddit.com/r/dasohristderweg

    ist wahrscheinlich so ein ort: absichtslos und ohne erwartungen einfach nur eine list der dinge, die ich an dem tag für informativ halte. du machst ja auch so was und hast die absicht dahinter ja formuliert: wir wollen etwas mit anderen teilen.

    twitter & co verhalten sich in dieser sharing welt so, als ob wir beide eine „tafel“ betreiben, twitter und co stellen sich an, greifen ab und … verkaufen den scheiss weiter … und wir stehen wie idioten da.

    das internet wird sich in einen voll durchkommerzialisierten raum verwandeln, claudia, wir sollten nicht dabei mit helfen, daß es so kommt- das ist auch thema vieler beiträge auf der re:publica

    http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/re-publica-2016-das-ist-nicht-das-netz-das-wir-wollen-a-1090432.html

    zum programm: in der zeit hätte ich mich auf reddit rumgeschlagen, wenn ich das noch täte, aber … naja, wir sind alt, unsere zeit ist begrenzt und ich verbringe sie halt lieber mit mir selbst statt dem neuesten aufreger im netz und nicht mit dem laufen im hamsterrad (das ist 5 jahre alt und auch wenn ich ab und an rückfällig werde: daran hat sich nix geändert)

    wenn du mal zeit hast, wirf mal einen blick in so was wie „global hack“, sachen von jaron lanier oder … eulen nach athen? … dave eggers „the circle“ (hörtipp: Literarische Vorratsdaten – Eggers, Franzen, Hillenbrand)

    das in etwa ist die „metaebene“, claudia, zwei schritte zurückgehen und das, was wir tun und … damit anrichten … noch mal aus der distanz zu uns selbst sehen. und das ist der grund, warum ich gerade kaum noch poste oder irgendwo meine meinung äußere.

    [..] Für mich ist das entsprechende Tun eben Bloggen…

    der unterschied ist: mein programm wird ausser mir und zwei drei leuten niemand zu sehen bekommen. ein bißchen wie ein mandala, wenn’s fertig ist, wische ich es weg und mache ein neues ;)

    für dich habe ich gerade eine ausnahme gemacht ;)

  10. @Hardy: nix gegen den Bildungsstand der Chinesen, über den ich nicht wirklich viel weiß, den „drastischen Schulbetrieb“ kenn ich ansatzweise aus Dokus.

    Zum Glück war zu meiner Zeit das mit dem Rohrstock doch schon vorbei. Die Schule ließ mir sogar genug Zeit und Energie, alle 2 Wochen in die Bibliothek zu rennen und mit 2 vollen Einkaufstaschen mit (selbst gewählten!) Büchern zurück zu kommen – absichtslos, aber neugierig bis zum Anschlag! Texterfassung und Verständnis ist einfach nicht mein Problem, also auch nicht die Angst, durch 20 Tweets am Tag dümmer zu werden! :-)

    Etwas Autobio:
    Die Menschen sind verschieden. Die einen sind als Eigenbrötler glücklich, die anderen nicht. Ich stand der Berufswelt bis 26 ablehnend gegenüber, da mir angesichts der Vorbilder (Vater) und Einblicke (Behörden, große und kleine Unternehmen), die ich per Studie-Job bekam, all diese Arbeit extrem öde und langweilig vorkam. Als ich dann aber nach Berlin zog, in die Hausbesetzer-Bewegung (Anfang 80ger) geriet und dort ganz selbstverständlich NICHT bauen & renovieren als meine Tätigkeit wählte, sondern die so nötige Öffentlichkeitsarbeit – da hatte ich „mein Ding“ gefunden und mich fortan nie mehr bei der Arbeit gelangweilt.

    Mein Jura-Studium hab ich vor dem Examen abgebrochen, da ich nicht behalten konnte, was mich nicht interessiert (1/3 vom Stoff interessierte mich nicht). Der Abschluss in Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation war dagegen easy – ich hatte das Gefühl, alles schon zu können (und in der Praxis ja bereits erfolgreich anzuwenden), was dort gelehrt wurde.

    Es folgten Mieterinitiativen, Stadtteilvereine, Vereinszeitung, eine Stadtteilzeitung für Kreuzberg – immer und überall war es mein Job und meine Begeisterung, Inhalte nach außen zu vermitteln und die Aufmerksamkeit der Menschen auf diese zu ziehen – mit allen erdenklichen Medien. Nach einer Weiterbildung wurde ich Projektleiterin für Klimakampagnen – eine Stelle wie für mich gemacht!
    Schlussendlich dann das Internet, das ich nicht passiv konsumierte, sondern sofort mit eigenen Seiten bereicherte.

    Und DU willst mir jetzt allen Ernstes nahe legen, meine und andere teilenswerte Inhalte zu verstecken und für mich zu behalten?
    Vergiss es! Das ist, als würdest du einem Fisch empfehlen, es mal mit Wandern zu probieren! :-)

    Lanier hab ich gefressen seit er gegen Open Source polemisiert, die erfolgreichste „Kultur des Kostenlosen“ seit eh und je. Die mir und unzähligen anderen Webworkern auch Arbeit gibt, denn gut ein Viertel des Webs läuft auf WordPress, das jeder kostenlos nutzen und nach Belieben erweitern kann.

    Auch sonst empfinde ich das Kommerz-Bashing oft als recht einseitig:

    1)
    Warum soll etwa ein Zeitungsartikel, der kostenlos im Netz steht, nicht auch kostenlos beworben (geteilt) werden? Die Anzeigenpreise sind eh im Keller, warum zum Teufel sollen sie nicht ein paar Klicks abbekommen?

    2)
    Ohne den Google-Drive (von der „bösen Datenkrake“) hätte ich btw. das Formularprojekt nicht starten können: es gab schlicht keine Alternative, mit der flukturierende Übersetzer/innen aller erdenklichen Sprachen im selben Dokumenten-Kosmos arbeiten können. (Such mal ein Tool, in das man problemlos lateinisch, kiryllisch und arabisch posten kann!). Und WENN es das von einem europäischen Anbieter gäbe, wäre es nicht kostenlos und somit von Freiwilligen nicht nutzbar, denen man nicht zumuten kann, für ihre Mitarbeit auch noch zu zahlen.

    3)
    Auch bei Twitter sehe ich den Nutzen im Teilen – ich fand dort selbst schon interessante Inhalte und traf auch spannende Leute (die ich ab und an sogar treffe, wenn sie Berlin aufsuchen). Dass Twitter ein paar Werbeanzeigen zwischen die Tweets haut ist mir herzlich egal, so lange es nicht überhand nimmt.

    4)
    Und selbst Facebook, das ich wegen seiner Abschottungs- und Eingemeindungs-Politik ungut finde und extrem spärlich nutze: die Reise einer lieben Freundin durch Südamerika hätte ich nicht verfolgen können ohne FB.

    Ich sag nicht, dass es keine Probleme mit Kommerziellen gibt – aber ohne sie wäre das Web verdammt viel weniger nützlich. Das zu unterschlagen, ist auch eine Art Lüge.

  11. [..] Zum Glück war zu meiner Zeit das mit dem Rohrstock doch schon vorbei.

    oh, ich dachte, du wärst (minimal) älter als ich.

    [..] alle 2 Wochen in die Bibliothek zu rennen

    wir hatten auf jeder gruppe (klosterinternat …) eine eigene und ich durfte einmal die woche raus, bonner stadt- und jugendbibliothek. ah, in der zeit ohne tv und internet wurde man zwangsläufig „belesen“ ;)

    [..] Texterfassung und Verständnis ist einfach nicht mein Problem, also auch nicht die Angst, durch 20 Tweets am Tag dümmer zu werden! :-)

    du hast es doch gehört … die frage ist nicht, ob man was versteht: die frage ist die, womit man seine zeit verbringt. und ob man die zeit hat, über all die dinge ausreichend nachzudenken.

    **das** nicht mehr zu tun, **das** macht uns „dumm“. im wesentlichen also mein

    „wir sollten nur noch die hälfte von dem tun, was wir so tun und die so gewonnene zeit damit verbringen, drüber nachzudenken, ob wir es **überhaupt** tun sollen …

    [..] Schlussendlich dann das Internet, das ich nicht passiv konsumierte, sondern sofort mit eigenen Seiten bereicherte.

    wir haben schon wieder das selbe verständnisproblem: du siehst das internet immer noch so, wie du es vor 15 jahren gesehen hast mit all den hoffnungen, die wir damit verbunden haben, als es uns gehörte.

    ich bin nur so nervensägig, dich darauf hinzuweisen, daß es nicht mehr das ist, was es mal war, daß es dinge (wie bezahlte einflussagenten in foren ..) gibt, die uns eigentlich de naivität rauben sollten.

    [..] Und DU willst mir jetzt allen Ernstes nahe legen, meine und andere teilenswerte Inhalte zu verstecken und für mich zu behalten?

    ts ts ts. ich will dir nur nahelegen, darüber nachzudenken, ob wir nicht hamster in einem rad sind. wie **du** dinge tust, das entscheidest **du**, so wie ich entscheide, was ich tue. ich möchte nicht im rad laufen und den gewinn solcher firmen wie twitter mehren, das ist alles.

    [..] Lanier hab ich gefressen seit er gegen Open Source polemisiert,

    auch hier: ich will nix beweisen, keinen guru in den raum stellen … aber lanier hat recht mit seiner kritik, er steht nicht alleine da und es dauert wohl noch ein bißchen, bis die grundsätzlichen gedanken, die er uns zu denken bittet, auch wirklich gedacht werden.

    ich erinnere mich, wie die bloggosphäre vor drei jahren auf die verleihung des friedenspreise an ihn reagiert – so blöde, daß ich fast das kotzen bekam und eine wortreiche trilogie schrieb, die mit epitaph endete: es ist so, daß er leuten, die denken, sie verstünden, sagt: ihr versteht nicht … klar, daß darauf die, die denken, sie hätten es verstanden, angepisst reagieren und ihm technikfeindlichkeit und was weiss ich attestieren. das ist eine kindische reaktion auf kritik: statt sich ihr zu stellen, wird der bote heruntergemacht.

    ich denke, daß ich an bestimmten stellen dinge sehen kann, bevor andere sie sehen. ich lebe damit, daß sich leute über jahre weigern, hinzugucken und zu sehen, was ist: das internet ist nicht mehr der ort, für den wir es hielten und wir sollten aufhören, so naiv zu sein.

    aber, darüber werden wir zwei uns noch lange kabbeln …

    [..] das Kommerz-Bashing

    ich bitte dich, claudia … ich bashe nicht, ich kritisiere fundamental und zwar so fundamental, daß das das weltbild von menschen so sehr in frage stellt, daß sie panisch darauf regieren.

    [..] Warum soll etwa ein Zeitungsartikel, der kostenlos im Netz steht, nicht auch kostenlos beworben (geteilt) werden? Die Anzeigenpreise sind eh im Keller, warum zum Teufel sollen sie nicht ein paar Klicks abbekommen?

    hey, claudia, die haben es versemmelt. ich habe kaum grund, für so was wie den spiegel oder die zeit reklame zu machen, ganz im gegenteil …

    blogartikel zu verlinken halte ich wiederum für essentiell. reklame machen okay, aber dann bitte für so was wie die PrinzessinnenReporter zb. ;) aber doch nicht für leute, die deine arbeit (denn das ist das) nehmen und geld damit verdienen. das ist meine „tafel“-sache auf die du nicht eingehst.

    was du ansonsten für was nutzt (es wäre auch mit „diaspora“ gegangen, statt mit facebook zb.) ist deine sache. ich bin buddhist: jeder ist selbst verantwortlich, womit er seine zeit verbringt.

    meine gehört nicht google, twitter oder facebook. die sollen mich bezahlen, dann denke ich drüber nach.

    Klaus Jarchow ist ja auch nur noch auf twitter unterwegs. gucke ich einmal die woche drauf … mal gespannt, was er so zu erzählen hat, wenn er damit wieder aufhört ;)

  12. Danke für den Hinweis auf Klaus! :-)
    Es gibt nicht „das Internet“, das hab ich 1996 und 2006 gesagt und es stimmt auch noch 2016. Es gibt so viele Interessenten, Gruppen, Medien, Konzerne, Blogger, Foren, Lobbys, Betroffeneninitiativen, Parteien, StartUps, KMU, Künstler, Hobbyisten, Literaten, Selbstverbesserer, Sport/Gesundheits-Szenen, und und und….. ein Abbild der Gesellschaft, das immer vollständiger wird.
    Und viele davon nutzen Twitter et al, vernetzen sich darüber, teilen Infos.
    Dein Tafel-Vergleich haut nicht hin, komisch, dass ich das 2016 noch anmerken muss: digitale Güter sind verlustfrei teilbar, Gemüse nicht!
    Aber hey: We agree to disagree – und machen jede/r, wie es für die eigenen Überzeugungen passt!

  13. Bei mir haben die lange Zeit funktionierenden Treiber irgendwann ihr Werk eingestellt. Ich merkte, wie sich mein Verhalten in Bezug auf die Aufschieberitis verändert hatte. Besonders stark fiel mir das bei Projektarbeiten auf. Ich blieb – im Gegensatz zu früher – nicht mehr dran, sondern widmete mich anderen Dingen. An diesen hätte mein Arbeitgeber wenig Freude gehabt. Bei mir war es die Motivation, die plötzlich nicht mehr da war. Es lag einfach am Job und am Umfeld. Sowas kann dabei vielleicht auch eine Rolle spielen.