Claudia am 06. September 2013 —

Samstag, 13 Uhr, Alexanderplatz – Demo gegen die totale Überwachung

Selten hat ein Demo-Termin so gut gepasst: gerade wurde bekannt, dass sogar SSL-Verschlüsselungen (also die Verfahren, die etwa beim Online-Banking und Online-Einkauf unsere Daten sichern sollen) von der NSA korrumpiert-gehackt-geknackt wurden.

Der unentschiedene Dreifachbegriff erklärt sich daraus, dass nicht “entschlüsselt” wird, sondern – viel einfacher, hinterhältiger und gemeiner – Hintertüren in die entsprechende Software eingebaut werden. Dafür betreibt die NSA ein Programm namens “Bullrun”, über das die ZEIT schreibt:

Ziel des Programmes Bullrun sei es, “in kommerzielle Verschlüsselungssysteme Hintertüren einzubauen”. Doch gehen die Dienste noch weiter. Offenbar ist es ihnen gelungen, auf das Design von Verschlüsselungstechniken Zugriff zu bekommen. Sie hätten inzwischen Einfluss auf die internationalen Standards, nach denen solche Sicherheitsprogramme entwickelt werden, was die “versteckte Beeinflussung” von Programmentwicklungen erlaube.

Der Angriff zielte damit nicht in erster Linie auf die mathematischen Verfahren, mit denen Daten verschlüsselt werden. Die Dienste nutzten ihre Macht, um von den Anbietern deren Schlüssel zu erpressen. Die Geheimdienste haben damit die grundlegende Sicherung zerstört, die Menschen im Netz vor Überwachung, vor allem aber vor Kriminellen schützt – das Vertrauen in die Zertifizierungsstellen verschlüsselter Kommunikation.

Was wir bisher schon wissen:

NSA und GCHQ (britischer Geheimdienst) lesen per PRISM unsere Kommunikation in den großen Netzwerken mit und zapfen per TEMPORA an den Internetknoten und transatlantischen Kabeln nahezu den gesamten Datenverkehr ab.

Mit XKEYSCORE steht für all die Datenmassen der NSA eine bequeme Abfrage-Oberfläche zur Verfügung, mit der man die gesamte Kommunikation einer Einzelperson nach Belieben anzeigen lassen kann. Auch der BND hat es “im Testbetrieb” – und im übrigen bekommt der BND natürlich vom Datenschatz des großen Bruder bei Bedarf etwas ab, ungeachtet der Tatsache, dass die flächendeckende Ausspionierung nach deutschem Recht illegal ist.

Aber damit nicht genug: mit dem GENIE-Programm schleust die NSA Viren und Trojaner auf zigtausende Computer und spricht verharmlosend von Implantaten (“implants”) auf fremden Rechnern. Die NSA-Software kontrolliert dann die befallenen Systeme unbemerkt und nimmt Kommandos entgegen.

Und noch immer nicht genug: da ja nie alle Computer infiziert werden können, gibt es z.B. in Windows Hintertüren, so dass sogar IT-Experten der Bundesregierung vor dem Einsatz von Windows 8 warnen.

Nun also BULLRUN. Ende der letzten vermeintlichen Sicherheit für wichtige Daten!

Ich denke: ES REICHT.

Es sollte zumindest DAFÜR REICHEN, morgen massenweise gegen die totale Überwachung zu demonstrieren! Um unseren Regierenden und aller Welt zu zeigen, dass es nicht reicht, schulterzuckend NICHTS zu tun und sich mit ein paar hohlen Sprüchen von Seiten der “Dienste” abspeisen zu lassen. Sie partizipieren von der Überwachung, haben im Grunde nichts dagegen und verschleiern das im Wahlkampf nur mühsam.

Zimmermann, der Erfinder der PGP-Verschlüsselung empfiehlt in einem ZEIT-Inverwiew, auch das Wahlverhalten zu überdenken:

Die Bevölkerung muss erkennen, dass diese Themen wichtig sind. So wichtig, dass sie auch ihr Wahlverhalten danach ausrichten. Die Menschen können wählen und Politiker ins Amt bringen, die dafür sorgen, Überwachung einzudämmen. Sie können auch vor Gericht ziehen und gegen staatliche Überwachung klagen. Wir brauchen Demonstrationen, eine nationale Debatte. Wir müssen alle zur Verfügung stehenden demokratischen Mittel nutzen, um die Lage zu verändern. Die großen Aufgaben liegen in der Politik, nicht bei der Technik.

Alsdenn:

FREIHEIT STATT ANGST – 7.9.2013 – 13 Uhr Alexanderplatz

Hier gehts zum Demoaufruf.
Und so verläuft die DEMO-Route.

***

Erstveröffentlichung auf meinem eher schlecht gepflegten Berlin-Blog, zu Zwecken der Dokumentation nun auch hier (scheiß auf „Duplicate Content“!).

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Diskussion

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3 Kommentare zu „Samstag, 13 Uhr, Alexanderplatz – Demo gegen die totale Überwachung“.

  1. Das Recht zum Widerstand richtet sich vor allem gegen staatliche Organe selber, die versuchen, durch politische Entscheidungen (Gesetze, Maßnahmen) die gegebene Verfassungsordnung außer Kraft zu setzen, zu beseitigen oder umzustürzen. Dem liegt die Erkenntnis zugrunde, dass staatliche Organe sich durchaus verfassungswidrig verhalten können, selbst wenn sie durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes handeln (wie es zum Beispiel die Nationalsozialisten zu Beginn ihrer faschistischen Gewaltherrschaft 1933 bei der Machtergreifung praktiziert hatten). „Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“
    Das Widerstandsrecht steht am Ende einer langen historischen Entwicklung, die auf absolutistischem oder rechtspositivistischem Hintergrund davon ausging, dass staatliches Handeln nie Unrecht sein könne: „The King can do no wrong“.

    Zuersteinmal bin ich natürlich gegen die Totalüberwachung durch die „Elite“!
    Aber mal ganz ehrlich, wer glaubt denn tatsächlich, das wegen ein paar vielleicht tausend friedlichen, trillerpfeifenden Plakathochhaltern mit Guy Fawkes-Masken die „Elite“ und deren Lakaien ihre teuer angeschafften Überwachungs-Anlagen abschalten?
    Wurde oder wird die Atomkraft abgeschafft, weil dagegen demonstriert wurde?
    Sind die Mieten gesunken, weil gegen stetig steigende Mieten demonstriert wurde?
    Gibt es weniger Polizeibrutalität, weil gegen diese demonstriert wurde?
    Wurde Hartz4 abgeschafft, weil dagegen demonstriert wurde?
    Ich kann nur jedem wärmstens den Film They Live-Sie leben empfehlen, vielleicht regt der ja ein wenig zum denken an…

  2. So vor einigen Monaten, als das mit der Überwachung erstmals öffentlich wurde habe ich gedacht, dass noch eine Menge mehr hochkommen wird. Meine Vorstellungskraft wurde mittlerweile überschritten und ich glaube, das immer noch vieles hochkommen wird, von dem wir bislang keine Ahnung hatten…

  3. So sehe ich das auch, aquii. Das Ausmaß übersteigt alles, was ich sich verselbstständigenden Behörden mit angst- und machtbessesenen Personal zugetraut hätte.
    Egal, wer in Zukunft auch was verspricht, ob mit Schwur oder Ehrenwort, glauben werde ich niemandem mehr in bezug auf privatspähre.
    Wer jetzt noch im Internet schreibt, was nicht alle Welt wissen darf, dem gehören schlicht und einfach einfach ein paar hinter die Ohren.

    Das Problem: Das wissen auch die Datenschnüfflet und werden sich allein aus Selbsterhaltungstrieb neue Möglichkeiten erschliessen. Damit wird es ab jetzt, so richtig hässlich.

    So wird das jetzt bekannte lediglich zum Vorspiel. Vorhang auf, zum ersten Akt.