Claudia am 10. August 1999 —

Ist etwas – oder nicht? Hornissenbesuch

Immer mal wieder zeigt sich mir die Welt seltsam interaktiv! Als hätten meine Themen, die doch ganz zufällig gerade so und gerade jetzt zustande kommen, etwas mit dem „da draußen“ zu tun – und umgekehrt. Ich weiß, wenn man darüber zu intensiv nachdenkt, kann man im schönsten Bedeutungswahn enden: schwarze Katze von links und prompt fährt man an den nächsten Baum…. doch keine Sorge, so gefährdet bin ich nicht!

Gestern hatte ich meine Kurzgeschichte „Die Ruhe von Santa Maria“ nach Jahren der Schubladenexistenz nun doch zum Download angeboten. Sie war aus meiner irrationalen Angst vor Hornissen entstanden. Und zum Thema „schreiben“ hatte ich mich darüber verbreitet, daß ich es vorziehe, aktiv und kämpferisch den Dingen entgegenzutreten, anstatt in Angst oder Leiden zu verharren, um sie literarisch zu bewältigen.

Heute hat mich prompt das Leben bestraft. Erstmalig hat mich eine Hornisse im Zimmer besucht! (Gleich neben meinem Fester ist ein Mirabellenbaum, die Früchte sind reif und bieten ein gefundenes Fressen für alles, was da fleucht – auch für Hornissen, meine intimen Feinde.)

Das wirklich über alle anderen Töne weit hinausdröhnende tiefe, gewichtige und voluminöse Brummen erkannte ich sofort. Vom Stuhl aufspringen, in geduckter Haltung die Tür zum Flur erreichen und mich dahinter verschanzen, war Sache eines Augenblicks. Zum Glück ist es eine verglaste Tür, so konnte ich von draußen beobachten, was die Hornisse machte. Sie flog an der Decke entlang, stieß sich den Insektenschädel, fiel ein Stück herunter (huhhhh, wenn ich jetzt darunter stände…), fing sich wieder, flog wider an die Decke…. und ab und zu landete sie mit einem selbst durch die geschlossene Tür erschreckend lauten KLACK auf der Reispapierlampe in der Zimmermitte. Wo sie herumkrabbelte, sich putzte, dann wieder abhob, sich wieder den Schädel an der Decke anschlug….

Minuten vergingen. Fünf, zehn, fünfzehn – die Hornisse fand das sperrangelweit offene Fenster nicht, sie blieb zu weit darüber und suchte ihr Heil wieder und wieder an der Decke. Klack!

Meine Güte, dieser hirnlose Automat würde nie den Ausgang finden und ich würde hier im Flur alt und grau werden, mit Sicherheit aber meine Auftraggeber verlieren – so schoß es mir durch den Kopf. Und auf einmal erinnerte ich mich beschämt an die großen Sprüche im gestrigen Diary! Schlange ins Gebüsch werfen, aber klar! Aber vor einer einzelnen Hornisse in den dunklen Flur abhauen und den Arbeitsplatz kampflos räumen!

Holte mir schließlich einen Besen, in der Absicht, die Hornisse an der Decke zu zerdrücken. Der Besen war allerdings nicht lang genug: zwar erreichte er die Decke knapp, aber einen richtigen TÖTUNGSDRUCK damit auszuüben, wäre gänzlich unmöglich (das merkte ich beim Ausprobieren im Flur). Hornissen sind zäh! Bin einmal nachts – zum Glück mit Hausschuh – auf eine getreten. Sie hat es überlebt, obwohl mein Lebensgefährte tags drauf berichtete, ebenfalls auf sie getreten zu sein. (Der Mond schien auf eine bestimmte Stelle des Fußbodens, das war halt nachts der hellste Punkt…) eine „Leiche“ fanden wir nicht…

Na, ich will das Thema langsam wieder verlassen! Nach etwa zwanzig Minuten setzte sie sich knapp unter der Decke aufs Fenster – hier konnte ich sie gleich im ersten Versuch nach unten wischen, wo sie durch die offen stehenden Fensterflügel endlich das Weite suchte. Oh, wie war ich erleichtert! Mehrere Versuche hätte ich wahrscheinlich nicht gewagt und statt dessen um Hilfe bitten müssen!

Es kommt mir jetzt vor, als hätte dieser Besuch einzig deshalb statt gefunden, um meine gestrigen, allzu forschen Statements zu konterkarieren, mit der Realität jenseits der Zeichen zu konfrontieren. Schließlich sind hier rundherum täglich Hornissen zugange, ohne mir ins Gehege, bzw. in den Fokus der Aufmerksamkeit zu geraten.

„Unsinn“, würden die meisten Menschen dazu sagen, „ist doch nur ein Zufall“. Komisch eigentlich, denn mir ist ja gerade ein „Sinn“ zugefallen.

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