Claudia am 10. Januar 2018 —

Warum mehr Männer morden als Frauen

Gewaltdelikte, insbesondere Mord und Totsschlag, werden signifikant häufiger von Männern begangen als von Frauen. Was aber bedeutet das? Sind Männer deshalb „das bösere Geschlecht“?

Antje Schrupp schreibt zur Faktenlage:

„„Wirklichen“ Mord und Totschlag, also die gezielte und beabsichtigte Tötung eines anderen Menschen, gab es in Deutschland in 2016 in ca. 650 Fällen. Das sind knapp zwei pro Tag und müsste sich in der Tagesschau eigentlich unterbringen lassen. Was die Korrelationen zwischen diesen Taten mit bestimmten demografischen Faktoren betrifft: 84 Prozent der Tatverdächtigen waren männlich (253 von 291 bei Mord, 335 von 407 bei Totschlag).“

Auch wenn es hier nur um „Verdächtige“ geht, so reichen doch aus meiner Sicht die Fakten aus, um mit Fug und Rech festzustellen: Ja, Männer morden öfter und sind insgesamt häufiger gewalttätig.

Manche Feministen und Feministinnen nehmen diese Tatsache nun zum Ausgangspunkt, um das männliche Geschlecht, die Männlichkeit ganz allgemein, als Hort des Bösen und irgendwie grundsätzlich defizitär, zumindest aber als moralisch verurteilenswert zu brandmarken. Dabei fällt unter den Tisch, dass Frauen im Schnitt nur „anders böse“ sind, nämlich eher mittels „psychischer Gewalt“, Intrigen, Erpressung und Mobbing.

Klar, Mord und Totschlag und jede andere Art der Gewalttätigkeit sind selbstverständlich verurteilenswert. Sie zu vermeiden ist allerdings eine zivilisatorische Leistung, die die große Mehrheit der Männer durchaus hinbekommt.

Da schreibt z.B. ein Kommentierender bei Antje:

„Die Zahlen belegen, dass Männer und Frauen relativ friedlich sind. Der Unterschied liegt bei 99,9986 (Männer) gegenüber 99,9997(Frauen). Und DAS soll der Beleg für „übermäßige Bereitschaft zu Mord und Totschlag“ sowie dass „Männer Gewalt gesellschaftlich antrainiert bekommen“ sein? Etwas, das die allerallermeisten Männer überhaupt nicht betrifft und dazu ohnehin rückläufig ist?“

Guter Einwurf, der vor allem die Relation der Gewalt zur Gesamtpopulation der Männer thematisiert. Und doch: Wer seine Augen nicht zu Gunsten irgend einer Ideologie komplett verschließt, muss doch zugeben: MÄNNER sind weitaus häufiger Mörder und Totschläger. Gleichzeitig sind sie aber auch immer schon Krieger, sind GSG9 und KSK, sind Feuerwehrmänner und Bergretter, Helfer und Beschützer, sind also – im Vergleich zu Frauen – jene Menschen, die zur Not ihr Leben dran geben, die risikobereiter und todesverachtender sind, die sich für Andere, ein Ziel, eine Sache, ja auch eine Ideologie persönlich aufopfern.

So, wie es Frauen – im Durchschnitt! – nicht tun, bzw. allenfalls für die Kinder. Uns ist der Frieden, die Harmonie, die zwischenmenschlichen Beziehungen und das Leben meist viel wichtiger als alles andere. Natürlich immer nur „im Schnitt“. Pro Geschlecht entsprechen 7o bis 90 % dem Klischee (was nix Böses ist), der Rest jedoch nicht. Über die Prozente können wir gerne streiten, aber m.E. ist es ideologische Verblendung, diese Unterschiede insgesamt zu leugnen.

Und vor allem sollten wir erkennen: It’s a feature, not ab bug!

Was glaubt man eigentlich, wie wir Menschen es geschafft haben, den Planeten zumindest in großen Teilen zu so bequemen Habitaten umzugestalten? Ich sage damit nicht, dass alles in Ordnung sei, das wäre falsch, denn wir haben das nachhaltige Leben noch lange nicht geschafft! Das aber ist wahrlich nicht das alleinige Problem der Männer, sondern Frauen haben daran großen Anteil, indem wir unsere Ansprüche an ein „gutes Leben“ in nicht ganz zu vernachlässigender Anzahl durch Männer verwirklichen lassen. Die sich immer schon extrem anstrengen, um durch Erschaffung bequemer Umstände ihre Unverzichtbarkeit unter Beweis zu stellen.

Ich denke, gewisse Unterschiede zwischen den Geschlechtern krampfhaft zu leugnen, führt zu keiner positiveren Gesellschaft. (Ich selbst bin immer schon ein Teil der nicht so „Geschlechtstypischen“ – aber das gibst auch bei Männern, sonst hätte ich z.B. meine Liebsten nie gefunden). Zu glauben, jeglicher Unterschied müsse per „Gleichstellung“ abgeschafft werden, sehe ich als Fehlweg. Gleichberechtigung war die Forderung der 2.Frauenbewegung, in der ich sozialisiert wurde – und das erscheint mir immer noch stimmig. Alle sollen alles machen dürfen, aber nicht müssen.

WARUM ist denn das Patriarchat (das hierzulande nur noch rudimentär existiert, wenn überhaupt) entstanden? WARUM sind Männer in der Lage, sich aggressiver „einer Sache“ zu verschreiben? WARUM morden Männer mehr als Frauen und WARUM sind sie letzlich doch bereiter, ALLES zu geben für irgendwas, das gerade als sinnvoll erscheint? Warum sind sie in Kulturen, die das noch möglich machen, immer noch gern dabei, Frauen zu „besitzen“ bzw. ihre Freiräume zu beschränken?

Ganz einfach: Weil sie als Männer gefühlt überflüssiger sind als Frauen, wenn es um die Arterhaltung geht.

Das war schon immer so. Frauen müssen nicht erst „was leisten“, weil Frauen diejenigen sind, aus denen die Kinder kommen. Der männliche Beitrag ist biologisch marginal, die Frau ist es, die die neuen Menschen „austrägt“, aus der die Zukünftigen kommen. Um sie zu befruchten, bräuchte es recht wenige Männer. Daher rührt der Stress, der Männer unbewusst motiviert, sich aufzuopfern für „die gute Sache“, exzessiv im Hamsterrad zu strampeln, zu kämpfen und den Helden und Problemlöser zu geben, wo immer es geht. Aber ganz genauso dazu, sich – zur Not mit Gewalt – zu nehmen, was sie begehren und häufiger aggressiv auszurasten. Es ist eine ZIVILISATORISCHE und KULTURELLE Leistung, dass all das heute in Sport und andere Wettbewerbe kanalisiert werden kann und nurmehr wenige Männer tatsächlich zu Mördern und Totschlägern werden.

Antje zitiert in o.g. Artikel eine Rebecca, die auf Facebook schrieb:

„Mal anders: wenn gelänge, das männerspezifische Problem, das zu übermäßiger Bereitschaft zu Mord und Totschlag bei Männern führt, zu erkennen und zu beseitigen, ließen sich damit ungefähr 7 von 10 Fälle von Mord- oder Totschlag verhindern.

Das wäre natürlich schön, doch denke ich, dass das „Problem“ lange erkannt ist und sich nicht grundsätzlich ändern, sondern nur minimieren lässt. Weil es die Rückseite einer Medaille ist, auf deren Vorderseite wir nicht verzichten können und wollen.

Hier der wissenschaftliche Status Quo über die Wirkung von Testosteron laut Wikipedia, das zwar auch Frauen beeinflusst, aber bei Männern aufgrund der höheren Menge sehr viel massiver wirkt:

„Als verhaltensbiologische Wirkungen bei Tieren wurden Imponiergehabe, Kampfverhalten sowie Begattungsdrang erforscht und beobachtet. Dies wurde u. a. durch Kastration und anschließende Hormonzufuhr an Tieren (aggressive Hengste werden zu sanften, angepassten Wallachen) nachgewiesen.

Bei Menschen ist der Einfluss des Hormons auf das Verhalten weniger etabliert als bei Tieren. Eine systematische Übersichtsarbeit zur Beziehung zwischen Testosteron und antisozialem Verhalten ergab, dass ein hoher Testosteronspiegel zu einer beeinträchtigten Regulation emotionaler und motivationaler Prozesse, geringerer sozialer Sensibilität und starker Belohnungsmotivation führt. Ob sich das in antisozialem Verhalten äußert, hängt jedoch von einer Reihe sozialer und genetischer Faktoren ab.[8] Eine Metaanalyse von insgesamt 45 Studien zum Verhältnis zwischen Testosteron und Aggressivität bei Menschen ergab hingegen einen schwachen, aber signifikanten positiven Zusammenhang zwischen Aggressivität und Testosteron.[9] Zwei systematische Übersichtsarbeiten kamen zu dem Schluss, dass es nicht allein Testosteron ist, das aggressives Verhalten steigert, sondern das Verhältnis von Testosteron zu Cortisol. Ein hoher Testosteronspiegel gepaart mit einem niedrigen Cortisolspiegel sei besonders stark mit Aggressivität assoziiert.[10][11] Eine Studie aus dem Jahr 2012 zeigte, dass subjektiv empfundene Wut mit erhöhtem Testosteron, nicht jedoch mit Cortisol, zusammenhing.[12]

Hätte sich diese hormonelle Disposition bei männlichen Wesen überhäupt entwickelt, wenn sie nicht gebraucht würde? Oder anders gefragt: Ist eine Welt denkbar, in der alle in Frieden zusammen leben und die Ressourcen gerecht verteilt werden? In der Krieg, Kampf und Wettbewerb komplett überflüssig werden?

Momentan sieht es nicht danach aus. Leider.

***
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Diskussion

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10 Kommentare zu „Warum mehr Männer morden als Frauen“.

  1. Meine Hoffnung ist ja ehrlich, dass die große Mehrheit der Frauen in der Lage ist, frei von Männerhass das Gehirn zu benutzen, bevor man etwas sagt/schreibt. Leider ist deren Stimme in der Öffentlichkeit viel zu leise und die fanatischen Feministinnen sind zu laut.
    Daher ist Dein Beitrag hier Gold und man darf hoffen, von Dir oder anderen differenziert Denkenden öfter mal etwas zu lesen. Danke sehr.

  2. Ergänzend dazu: In The better Angels of our Nature führt Steven Pinker aus, daß Gewaltbereitschaft für Männer immer dort die aussichtsreichere Strategie für die eigene Fortpflanzung ist, wo die Ressourcen (Frauen) knapp und der Konkurrenzdruck (Männer) hoch ist. In einer solchen Situation ist es biologisch vernünftig, sein Leben aufs Spiel zu setzen. Wenn man Pech hat, stirbt man. Überlebt man jedoch, ist der Erfolg Fortpflanzung. Riskiert man nichts, hat man auf jeden Fall verloren. Pinker führt als Beispiel die Situation der Cowboys im Wilden Westen an. Ganz anders sieht es aus, wenn genug Frauen zur Verfügung stehen: Dann ist es töricht, sein Leben aufs Spiel zu setzen, weil ein toter Mann ein schlechter Familienvater wäre. Dort ist die (friedliche) Investition in den Nachwuchs sinnvoller. Entsprechend geringer ist in solchen Umgebungen die Gewaltbereitschaft. Mit dem ende des Wilden Westens und der Einbindung vormals anarchischer Gegenden, sowie durch den Zuzug von heiratsfähigen Frauen sank auf die Gewaltrate. Man kann sogar zeigen, daß Straftäter, die später heiraten und Familie gründen, weniger oft rückfällig werden als unverheiratete kinderlose.
    Zweitens: Die Gewaltbereitschaft ist stark abhängig von kulturellen Gegebenheiten. So unterscheiden sich bis heute Südstaatler und Nordstaatler in den USA hinsichtlich ihrer Gewaltbereitschaft, aber auch hinsichtlich der Bereitschaft, Gewaltakte als gerechtfertigte Selbstverteidigung anzusehen und anzuerkennen. Dazu gibt es sogar Experimente, bei denen nach Exposition einer geringfügigen Beleidigung durch einen Mitarbeiter das Blut von männlichen Probanden aus den Nordstaaten geringere Testosteronwerte aufwies als von Südstaatlern.

  3. Dieses Thema betrachte ich als zu komplex, um einfache Antworten geben zu können oder gelten lassen zu können. Jede einfache Antwort muß m.E. scheitern.
    Auch deine Antwort mag darunter fallen:
    „Weil sie als Männer gefühlt überflüssiger sind als Frauen, wenn es um die Arterhaltung geht.“
    Seit ich Wolf Schneiders „Karriere Mensch“ vor 10 Jahren gelesen habe, in der er dem Mensch attestiert, daß er nur mit Agression soweit gekommen ist wie er ist, angefangen mit der Zunutzemachung von Tieren zur Jagd, von entbehrungsreichen Wanderungen zu neuen Gründen, Rodung und Ackerbau ect, halte ich Agression für menscheneigen und damit ein Damoklesschwert.
    Diese Idee der notwenigen Agression wurde hie und da als biologistisch „verurteilt“, als zu einfach, als zu kurz gegriffen. Aber:
    Es gibt auch diverse Befunde, die dafür sprechen bzw. in diese Richtung gehen:
    Schimpansen als artnahe Tiere sind erheblich agressiv, auf eine Weise, die man sich nicht vorstellen kann. Eine Durchmischung der Gene von Bonobos und Schimpansen vor einigen tausend Jahren führte recht bald zum Ausmerzen der friedliebenden Bonobos-Anteile in den Genen der resultierenden Nachkommen.
    Man hat auch feststellen können, daß Agression in den Genen der Schimpansen über die Zeiten (Millionen an Jahren) hinweg zunahm. Gerechterweise müsste ich die Scinexx-Artikel hierzu rausssuchen.

    Körperliche Agression begehen mehr Männer, das stimmt augenfällig. Aber es gibt auch Frauen, die dazu in der Lage sind. Einige Beispiele:
    Meine Frau wurde durch ihre Mutter nicht selten windelweich geprügelt, mit einer Peitsche, die eigens dafür an der Wand hing. Die Traumatisierung dieser Ereignisse wirken bei ihr ewig nach. (Da es so etwas wie epigenetische Weitergabe gibt, sind solche Erfahrungen grundsätzlich nie als harmlos einzustufen!)
    Meine Mutter drohte mich als kleinen Jungen – in einem bestimmten Moment – umzubringen. Diese heftige körperliche Erfahrung habe ich noch nie im Netz erzählt. Was das bedeutet, kann sich jeder denken. Im Detail erzähle ich sie nicht. In meinem Umfeld wurde das als Phantasie bezeichnet oder „falsch erinnert“, insofern würde ich es wohl kaum nochmal ansprechen. Es war einfach zu schwer und zu irritierend für die Nahestehenden, es anzunehmen.

    Zurück zum Thema:
    Einfache Antworten findet man m.E. vergeblich.
    Ich bin nicht glücklich über die erhöhte Bereitschaft von Männern zur körperlichen Agression, würde und will sie aber nicht isoliert sehen.
    Zur NS-Zeit waren auch Frauen eingesetzt in den Frauenlagern. Viele waren bereit, dies zu tun. Die, die es nicht zuwege brachten, durften ein Nachhause-Ticket lösen. Die anderen blieben.
    Einige Greuel habe ich hierzu nachgelesen.
    Es wurde gesagt, daß man Frauen in großer Zahl nicht rangelassen hatte an solche Stellen. Dies hatte m.E. mit patriarchalischen Strukturen zu tun, in denen man Frauen einfach nur in geringer Zahl an bestimmte Stellen ranlies.

    Grundsätzlich würde ich mich selten an Gender-Diskussionen beteiligen wollen, weil es da schnell hoch hergeht und auch, weil die Themen naturgemäss zu komplex sind, um einfache Antworten anzuliefern.
    Ich traue selbst meinen eigenen Ansichten nicht und würde vermutlich ein und das andere Mal erstaunt sein, wenn ich jemand zuhören würde, der meine Sätze sprechen würde. Man kann das prüfen, indem man seine Statements in ein Mikrofon spricht und das Aufgezeichnete dann irgendwann abhört.
    Ich habe jetzt mal eine Ausnahme gemacht, weil ich das Thema generell interessant finde. Und auch Dir zuliebe, liebe Claudia und Deinem besonderen Engagement!

    Zur Schlußfrage, die ich sehr spannend finde:
    Ist eine Welt denkbar, in der alle in Frieden zusammen leben und die Ressourcen gerecht verteilt werden? In der Krieg, Kampf und Wettbewerb komplett überflüssig werden?

    Durchaus denkbar schon, aber das bräuchte m.E. noch erheblich Zeit.

  4. Hallo Claudia,
    danke für den besonnenen Text.
    Und auch den Kommentatoren danke ich, dass hier nucht gleich die Keule ausgepackt wird.❣
    Ich kann letztendlich sowohl dir wie auch den anderen zustimmen, denn das Thema ist wirklich sehr komplex und schwierig zu durchdringen, zumal ich glaube, dass heutzutage auch viele ökonomische Gründe und die sich ändernden gesellschaftlichen Vorgaben eine Rolle spielen (es gibt nicht wirklich viele Rollenvorbilder für das wie die Gesellschaft vielleicht gerne “ Männer“ heute hätte, und wenn sollen sie im Turbokapitalismus die großen “ Macher“ sein).
    Angelika

  5. Herzlichen Dank Euch für die ausführlichen Kommentare zum kontroversen Thema! Ich weiß es sehr zu schätzen, dass hier zivislisiert diskutiert wird. Wobei allerdings auffällt, dass sich niemand äußert, der eine grundsätzlich andere Sicht der Dinge hat.

    @Frank: es gibt gar nicht so viele Männerhasserinnen, wie Du offenbar denkst – übrigens auch unter Feministinnen.

    @solminore: danke für den interessanten Beitrag! Dass die Gewaltbereitschaft sinkt, wenn Männer Familie gründen, spricht also sehr für den derzeit so umstrittenen Familiennachzug der Flüchtlinge mit subsidiärem Schutzt.

    @Gerhard:Danke, dass du dich entgegen deiner Gewohnheit dazu äußerst! Jja, das muss schrecklich gewesen sein, wenn die eigene Mutter einen mit dem Tod bedroht! Dass du mit Nahestehenden nicht wirklich drüber reden konntest, spricht nicht gerade für deren Sensibilität. Bzw. dass sie das lieber als „eingebildet“ bezeichnen, ist wohl der bekannten Überschätzung der Mütter geschuldet: es darf einfach nicht wahr sein, dass es auch (ganz oder zeitweise) böse Mütter gibt!
    Wie ich ja mehrfach schrieb, behaupte ich nicht, dass die o.g. Thesen für 100% eines Geschlechts gelten. Bei gewalttätigen Frauen fällt insbesondere auf, dass sie vornehmlich gegen Schwächere Gewalt ausüben. Von einer mit männlicher Gewalt oft verbundenen Risikobereitschaft ist also nichts zu bemerken – ein weiterer Unterschied. Der allerdings auch an den jeweiligen Lebensfeldern liegen kann, da Mütter und häuslich Pflegende in dieser Situation ja typischerweise konkurrenzlos sind.
    Zur Schlussfrage: in einer solchen Welt dürfte kein Wachstum mehr existieren und vielleicht müssten es weniger Menschen sein, die den Planeten bevölkern. Also höchst unwahrscheinlich und auch gewiss nicht demokratisch herstellbar.

    @Angelika: mit den unzulänglichen Rollenbildern spielst du offenbar auf den „verunsicherten Mann“ an. Das gilt allerdings auch für Frauen, denn die sollen ja alles wuppen: Karriere UND Familie/Kinder UND Geliebte sein. Werden sie in der Überforderung auch gewaltbereiter? Ich weiß es nicht, sehe nur Eltern, Frauen wie Männer, die ihre Kinder behandeln wie kleine Götter und schier unendlich geduldig bleiben, wenn die über die Stränge schlagen.

  6. Claudia: Super Beitrag!!!

  7. Bei Harari (siehe auch hier) las ich eine interessante Hypothese, wie es evolutionär zu dieser Verteilung hinsichtlich physischer Gewalt gekommen sein könnte:

    Männer konkurrieren mitenander um ihre Gene per Sex weitergeben zu können, daher konnten die Aggressiven ihre Gene besonders erfolgreich weitergeben. Frauen hingegen mussten kooperieren, sowohl gegenüber ihrem Mann als auch innerhalb der weiblichen Gruppe, weil sie in der späten Schwangerschaft und nach der Geburt selbst nicht so erfolgreich allein Nahrung suchen konnten. „Auf diese Weise wurden vor allem die Gene der fügsamsten und fürsorglichsten Frauen an die nächste Generation weitergegeben.“ (S. 196). Ich will das nicht weiter kommentieren, aber unplausibel ist es nicht.

    Nebenbei: Dass Dummheit, Sexismus, Fremdenhass und Grausamkeit nicht auf Männer beschränkt sind, zeigen nur in der jüngsten Geschichte Frauen wie Sarah Palin, Lynndie England, Beate Zschäpe, Biljana Plavšić oder Margot Honnecker.

  8. Interessant! Fragt sich, wie es dann zur Frauenbewegung kommen konnte.

  9. @Gilbert Das setzt voraus, dass Frauen blind den aggressivsten, den aggressiv Erfolgreichen zum Erzeuger ihres Kindes auswählten (oder keine Wahl hatten).

    Es gibt darüber hinaus keine Belege, dass nicht auch Frauen mit auf die Jagd gingen und Männer eher „weibliche“ Tätigkeiten übernahmen. Ebenso stimmt das Bild vom einsamen, stummen, aggressiven männlichen Jäger und der kommunikativen, Netzwerke knüpfenden, Beeren sammelnden Frau nicht. Die Jagd war eine in hohem Maße kommunikative, Gemeinschaftsarbeit erfordernde Tätigkeit, die keinen Platz ließ für aggressive, egofixierte Einzelgänger.

    Man weiß mittlerweile auch anhand von Knochenfunden, dass der Mensch sehr, sehr, sehr früh sich intensiv um alleine nicht lebensfähige Familien-/Stammes-/Clanmitglieder von deren Geburt an kümmerten. Die Hypothese vom aggressiven wie verrückt seinen Samen umherschleudernden Steinzeitmann und der sozialen fürsorglichen, schwachen Steinzeitfrau halte ich für eine Mär, die sich bei genauerem Hinschauen in Luft auflöst.

    Ich habe den Eindruck, dass viele dieser evolutionären Ansätze, menschliches oder vermeintlich männliches und weibliches Verhalten mit der Frühgeschichte des Menschen zu erklären, nur eine Projektion aktuellen Verhaltens in die Vergangenheit sind. Und von zu vielen werden sie als Entschuldigung genommen.

    Man könnte evolutionär auch genau umgekehrt argumentieren:
    Die Unfähigkeit oder Einschränkung während der Schwangerschaft und nach der Geburt sich selbst zu versorgen, wird doch wohl eher dazu geführt haben, dass die Frauen sich einen Erzeuger aussuchten, der ihnen gegenüber folgsam und fürsorglich war.

  10. Glückwunsch zu diesem ausgewogenen Text.

    Wollen Sie sich nicht mal als Autorin bei Zeit Online engagieren? Dort haben leider die ideologisch verblendeten, männerhassenden Kampflesben das Kommando übernommen.

    Z.B. hat eine Mirna Funk zur Bildung einer „feministischen Terrorgruppe“ aufgerufen, um „die alten, weißen Männer abzuschaffen“ . Zitat: „Die alten weißen Männer bäumen sich noch mal auf – wie Tiere kurz vorm Tod“.

    Beiträge wie das obige Beispiel haben dazu geführt, dass ich den Feminismus, dem ich vor Jahren noch offen gegenüberstand, mittlerweile ablehne und sogar für bekämpfenswert halte.