Claudia am 20. Februar 2010 — 15 Kommentare

Begeisterung und ihre Verknappung im zunehmenden Alter

„Die Vernunft erscheint im Leben zuletzt; je mehr sie erkennt, je reifer sie wird, umso mehr lassen Gefühl und Einbildungskraft nach, jene beiden Kräfte, denen jede nachhaltige Initiative und jede echte Begeisterung entstammt.“ – Francesco de Sanctis, Über die Wissenschaft und das Leben

„Begeisterung ist eine Jugendkrankheit; heilbar durch Reue in kleinen Dosen, verbunden mit äußerlicher Anwendung von Erfahrung.“ – Ambrose Bierce, The Devil’s Dictionary

Diese Zitate fand ich gestern bei wikiquote.org, als ich mal schauen wollte, was so alles zum Thema „Begeisterung“ gesagt wurde. Natürlich stehen dort auch noch andere Sprüche, die mit mehr Begeisterung von der Begeisterung handeln, doch diese beiden entsprechen ziemlich gut meiner aktuellen Stimmung. Weiter → (Begeisterung und ihre Verknappung im zunehmenden Alter)

Diesem Blog per E-Mail folgen…

Claudia am 17. Februar 2010 — 20 Kommentare

Wenn alles gesagt ist: die Westerwelle-Debatte rund um Hartz IV

Was mich an politischen Debatten oft so anödet, ist die Tatsache, dass zur Sache schnell alles gesagt ist:

Westerwelle: wer arbeitet, muss mehr verdienen als einer, der nicht arbeitet. Wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspricht, lädt zu spätrömischer Dekadenz ein.
Andere: Ja klar, es muss ein Mindestlohn her! Und spätrömische Dekadenz sehen wir eher bei Westerwelles Klientel, bei den Steuerhinterziehern, den Bankern, den Profiteuren der Finanzkrise…
Westerwelle: Arbeitnehmer werden zu Deppen der Nation! Was hierzulande um sich greift, ist geistiger Sozialismus!
Andere: Das Problem sind nicht die paar Hansel, die nicht arbeiten wollen, sondern das Fehlen von fünf Millionen Jobs, von denen man auch leben kann!

Und so weiter und so fort. Wenig variiert wird das vorgegebene Thema seit Tagen quer durch alle Medien geschleift und in den Talksshows widergekäut. Die Diskussion unterscheidet sich nicht von zig anderen, die rund um HartzIV in den letzten Jahren geführt wurden. Die immerselben Argumente treffen aufeinander, doch entsteht daraus kein neuer Plan, kein anderes Herangehen. Es ist ganz offensichtlich ein Westerwellescher Profilierungsversuch in Reaktion auf die drastisch gesunkene Zustimmung zur Politik der FDP: Nur noch acht Prozent würden sie wählen, wäre demnächst wieder Bundestagswahl. (Update: jetzt nur noch sieben!) Und der Mann glaubt offenbar wirklich, dem sei so, weil die FDP nicht drastisch genug „liberalisiert“, nicht schnell genug Steuern senkt und den Sozialstaat zusammen streicht. Weiter → (Wenn alles gesagt ist: die Westerwelle-Debatte rund um Hartz IV)

Diesem Blog per E-Mail folgen…

Claudia am 16. Februar 2010 — 5 Kommentare

Weniger ist mehr – Erfahrungen mit Fitness-Centern

Im Kommentargespräch zum Artikel „Transfer“ (über die Schwierigkeiten des Wechsels zwischen physischer Welt und „online“) ergab sich ein Thema, dem ich lieber einen eigenen Beitrag gönne. Ottmar schrieb da als Antwort auf eine Bemerkung über „Glamour-Klitzer-Fitness-Studios“:

Glamour-Klitzer ist nicht leicht zu verdauen. Aber das gehört zum Training dazu. Du must mentale Stärke entwickeln und auch unter widrigsten Umständen trainieren. Nimm ein Laufband mit Blick auf eine graue Wand und dann zwei Stunden durchdonner. Das macht stark. Aber Kieser ist auch eine extreme Herausforderung. Dort wird versucht den Spass an der Bewegung, an der Konzentration in krankengymnastische Übungen aufzulösen. Dass es auch ja keinen Spass macht und jeder nur brav zahlt, aber das Studio nicht länger als unbedingt nötig belegt. Ich komm damit nicht zurecht. Ich will auch mal verrückt sein und auch mal extrem. Mit gestutzen Flügeln kann ich nicht abgheben.

Na, was für eine Steilvorlage! :-) Früher hab‘ ich nämlich auch gerne über den Purismus der Kieser-Center gelästert, heute weiß ich, warum der seine Berechtigung hat. Gewiss nicht für alle, aber für solche wie mich, die im Fitness-Center nichts anderes suchen als das, wozu es eigentlich da ist: die körperliche Ertüchtigung, den Kraftgewinn – und das bitte mit möglichst wenig Aufwand. Weiter → (Weniger ist mehr – Erfahrungen mit Fitness-Centern)

Diesem Blog per E-Mail folgen…

Claudia am 12. Februar 2010 — 13 Kommentare

Transfer

Es ist kurz vor zehn. Ich bin spät aufgestanden und lese – wie immer – erstmal die neuesten Nachrichten. Es folgen Mails und Blog-Kommentare, die ich auch gleich beantworte. Manch‘ einer verführt mich, zu schauen, wer der Autor ist: ich klicke mich weiter auf fremde Blogs, scanne schnell ein paar Einträge, zappe dann wieder zu den „meist erwähnten“ Beiträgen, die Rivva versammelt: Westerwelle, Paid Content, German Privacy und die Hegemann-Debatte treiben „die Welt“ gerade um. Aha. Weiter → (Transfer)

Diesem Blog per E-Mail folgen…

Claudia am 09. Februar 2010 — 22 Kommentare

Web 2.0: Sind zu viele Sender?

Die Klage ist nicht neu, sondern begleitet mich seit ich 1996 meine erste „Homepage“ ins Netz stellte: Du lieber Himmel, da kann ja JEDER einfach so rein schreiben! Und beim Können bleibt es nicht, immer mehr Leute tun es tatsächlich: berichten aus ihrem täglichen Leben, bekennen ihre Vorlieben und Abneigungen, loben und kritisieren, lästern und plaudern, philosophieren und analysieren – und stellen sich damit selber dar, ringen um Aufmerksamkeit im Tsunami der tägliche Informationsfluten.

Die Frage nach der Bewältigung und Filterung all der vielen Inhalte, die durch das neue Mitmachweb über uns gekommen sind, wird derzeit vielfältig und engagiert diskutiert. Auch mögliche Abhängigkeiten und eine Art Suchtverhalten bei den „allzu Vernetzten“ werden immer mal wieder thematisiert. Darum soll es hier mal nicht gehen, sondern um drei andere Fragen: Weiter → (Web 2.0: Sind zu viele Sender?)

Diesem Blog per E-Mail folgen…

Claudia am 05. Februar 2010 — 13 Kommentare

Doch kein neues Blog – erstmal…

Seit Wochen beschäftige ich mich mit dem anstehenden „Einstieg ins mobile Internet“, der mir vom Körper aufgezwungen wird. Der mag einfach nicht mehr so lange vor dem PC sitzen – ein wahrlich nicht neues Problem, das ich aber nicht einfach aussitzen kann. Ärgerlich, aber Fakt!

Die Ergebnisse meiner bisherigen und künftigen Forschungen bezüglich Geräte-Kauf (Netbook? Notebook? Tablet?? ) und allem, was damit so an Technik-Themen verbunden ist, wollte ich eigentlich in ein neues Blog schreiben. Erweitert um viel verständlich (!) geschriebenes Basiswissen und richtig gute, Orientierung schaffende Linklisten wäre das ein knackiges themenzentriertes Medium, das auch ein paar Werbekunden und Sponsoren locken könnte: Zielgruppe 50plus, also meine lieben Altersgenossen, die teilweise recht kulturpessimistisch und Technik-kritisch eingestellt sind – und die echt die Krise kriegen, wenn sie ein übliches „TechBlog“ mit Insider-Jargon und schnellem „Hype-Wechsel“ zu Gesicht bekommen. Weiter → (Doch kein neues Blog – erstmal…)

Diesem Blog per E-Mail folgen…

Claudia am 30. Januar 2010 — 32 Kommentare

Sterben aus Angst vor dem Arzt?

Man regt sich bei Anderen allermeist genau über die Eigenschaften und Verhaltensweisen so richtig auf, zu denen man selber neigt. Das schicke ich gleich mal voraus, damit nicht der Eindruck entsteht, ich wolle hier ein wenig über Kranke und Verrückte herziehen, während ich mich selbst auf Seiten der Normalität ansiedle.

Normalität? Ein Deutscher geht im Schnitt 18 mal pro Jahr zum Arzt (z.B. auch, weil man bei uns „krank geschrieben“ werden muss). Dem entsprechend hat ein Arzt grade mal acht Minuten Zeit pro Patient, 30% weniger als im europäischen Durchschnitt, womit wir am Ende der Skala liegen. Da bleibt kaum Zeit zum Reden, geschweige denn zum abwägen und diskutieren verschiedener Therapien: es WUNDERT NICHT, dass man auf dieses fabrikartige Durchwinken keine Lust hat.

Zum Beispiel haben sich bei mir im Lauf der letzten 10 Jahre verschiedene, zunehmend behindernde Beschwerden eingestellt (vor allem am Bewegungsapparat wg. zu vielem Sitzen). Jedem dieser „Zipperlein“ – ich verniedliche das gerne – hab‘ ich EINEN Arztbesuch gegönnt, doch hätte ich mir den auch sparen können. Weder interessierten sich die Ärzte dafür, den Dingen auf den Grund zu gehen, noch gab es eine richtige Diagnose, gar eine Behandlungsperspektive. Bei Orthopäden scheint es da allgemein besonders schlimm zuzugehen, wie ich auch aus verschiedenen Arzt-Bewertungsportalen mitbekam. Ich erforsche meine Symtome also im Internet und behandle sie so gut es geht selbst, was bei Beschwerden mit dem Bewegungsapparat ja auch halbwegs gut geht.

Trotzige Verweigerer

Nur ungern denke ich daran, wie das werden wird, wenn ich ernsthafte Krankheiten bekomme. Und im Prinzip verstehe ich diejenigen, die trotzig jeglichen Arztbesuch angesichts des „real existierenden Medizinwesens“ verweigern – einerseits. Andrerseits erlebe ich es als krasse Verrücktheit, wenn mir jemand, dessen Sehkraft sich binnen Tagen so verschlechtert, dass er die Buchstaben auf seinem Monitor fünf Zentimeter groß einstellen muss, erzählt, eine neue Brille wäre nutzlos, da es ja nicht nur das Augenlicht sei, was gerade den Bach runter gehe. Er habe im übrigen alles getan, was er in diesem Leben tun wollte und „wolle nicht behandelt werden“. Weiter → (Sterben aus Angst vor dem Arzt?)

Diesem Blog per E-Mail folgen…

Claudia am 20. Januar 2010 — 16 Kommentare

Vom Glauben an die Wahrheit der Bildschirm-Texte

Wo die Worte fehlen

Schon lange bemerke ich schmerzlich, dass in unserer deutschen Sprache wichtige Worte fehlen. Vor allem vermisse ich einen Begriff, der dem „Druck“ entspricht: Einen Text abdrucken, in Druck geben, einen Drucktermin einhalten – was sagt man da, wenn es sich um Web-Veröffentlichungen oder die Anzeige auf anderen Gerätschaften handelt?

Neben der Eingabemaske, in die ich diesen Text gerade tippe, steht ein Button mit der Aufschrift „Publizieren“. Ok, das ist – genau wie „veröffentlichen“ – ein Begriff auf höherer Abstraktionsebene, den wir hilfsweise gebrauchen, um den Mangel zu umschiffen. Will ich aber über das Veröffentlichen digitaler Texte etwas sagen, das nicht zugleich auch gedruckte Texte meint, wird es schwierig. Auch die englische Sprache, bei der wir uns in solchen Fällen oft bedienen, hat da nichts im Angebot. Wie seltsam nach nun doch schon gut 15 Web-Jahren!

Wenn der Tricorder Wirklichkeit wird…

Aber zur Sache: Ein Leser hat unter meinem Artikel zum derzeitigen „Google-Bashing“ angemerkt, dass „Informationsmonopole“ immer schlecht seien. Er meinte damit die kurzen Erklärungstexte, die Google (bzw. die Anwendung „Goggles“) auf entsprechenden Handys anzeigt, wenn man mit ihnen auf einen Gegenstand zeigt, z.B. ein öffentliches Gebäude. Zudem seien diese Texte „unter Wikipedia-Niveau“.

Ich erinnere mich noch gut an die beliebte Serie „Raumschiff Enterpreis“, in der die Helden regelmäßig mit dem sogenannten „Tricorder“ auf unbekannte Gegenstände zeigten und so eine ungefähre Antwort auf die Frage „was ist das?“ erhielten. Mit „Goggles“ kommt man dieser einst so futuristisch wirkenden Funktionalität nun schon ziemlich nahe. Und doch scheint das manche Menschen mehr zu verstören als zu erfreuen – warum nur?

Nicht Gottes Wort, nur Goggles Suchergebnis

Immerhin ist der Leser, der den Kommentar schrieb, über Wikipedia-Texte offenbar im Bilde: es handelt sich NICHT um die Offenbarung von Gottes Wort, sondern um freiwillig und unbezahlt verfasste Texte vieler Aktiver, die sich im besten Fall gegenseitig korrigieren, manchmal aber auch nicht. Das zu wissen, ist ein wichtiger Teil heutiger Medienkompetenz – bezüglich verschiedenster anderer Bildschirmanzeigen scheint es da aber noch sehr zu mangeln.

Was auf einem Handy als Erklärtext erscheint, hat zu stimmen – und weil das so ist, spricht man auch gleich vom „Informationsmonopol“ des Anbieters dieser Texte. Dabei ist auch Goggle nichts als eine automatisierte Suche quer durch Daten, die Google gesammelt hat, Daten, die irgendwann irgendwo von irgendjemandem ins Netz gestellt wurden, allenfalls mittels statistischer Abgleiche etwas mehr mit „Wahrheitsvermutung“ versehen als eine reine Zufallsauswahl.

Was man schwarz auf weiß nach hause trägt…

Wie lange hat es gedauert, bis Menschen begriffen haben: Was in einem Buch steht, muss nicht unbedingt die Wahrheit sein? Was man „schwarz auf weiß nach Hause tragen“ konnte, galt noch bis kürzlich als deutlich glaubwürdiger als die Meinung des Nachbarn oder die Rede des Vorgesetzen. Dem entsprechend war „ein Buch schreiben“ eine unglaublich honorige Tätigkeit, die der Gestalt des „Autors“ eine hohe Reputation brachte – alles vorbei! Spätestens seit das Book on Demand (Bod) das „Bücher machen“ ganz ohne Verlage und Lektoren jedem ermöglicht, der sich die Arbeit machen will, ist den allermeisten einst so Buch-Gläubigen klar: GEDRUCKT heißt nicht gleich WAHR!

Medienkompetenz durch Mitschreiben

Das Web war nun, anders als der Buchdruck, vom Start weg ein Mitmach-Medium. 1996 war HTML noch so einfach, dass jeder Ahnungslose binnen weniger Stunden eine Webseite online bringen konnte. Allerdings interessierten sich noch nicht viele dafür und in den Folgejahren wurde es komplexer und komplizierter: nur die Autodidakten der Anfangszeit konnten locker mitlernen, was es Neues gab. Für Neueinsteiger wirkte das Web schon bald viel zu elaboriert, um noch auf die Idee des Selber-Machens zu kommen. Erst die Blogs der Nuller-Jahre machten mittels ihrer vereinfachten Nutzungsweise wieder klar: Jeder kann ins Web schreiben, was er mag. Und dieses Mal wurde die Chance auch massenhaft ergriffen – und beiläufig gelernt: Was im Web steht und in den Google-Suchergebnissen angezeigt wird, muss noch lange nicht „die Wahrheit“ sein.

Wer allerdings noch nie selbst etwas im Netz veröffentlicht hat, íst immer noch leicht empört angesichts dessen, was es da so alles zu lesen gibt. Der alte „Glaube ans Gedruckte“ überträgt sich unbewusst aufs Web und dem entsprechend groß ist die Frustration: Soviel Schrott, Extremes, Oberflächliches, Hingerotztes – furchtbar, dieses Internet! Natürlich gibts auch jede Menge Passendes und sogar „Richtiges“, aber – oh Schreck! – man muss SELBST beurteilen, wem man glaubt und wem nicht. Sich zu orientieren und die vielen Info-Quellen zu filtern und zu beurteilen, ist eine Fähigkeit, die erst gelernt werden muss. Das ist unbequem, braucht Zeit und Befassung, weshalb sich viele damit begnügen, das zu kritisieren, was ihnen vorgesetzt wird – zum Beispiel vom Google-Suchalgorithmus.

Mobil machts auch nicht wahrer!

Indem das Netz mobil wird und das „Cockpit PC“ als Zugang zum neuen „Gedächtnis der Menschheit“ immer entbehrlicher wird, wird die Situation noch unübersichtlicher: Anzeigen auf kleinen Handy-Screens kann noch nicht „jeder“ selbst erstellen – aber doch viel mehr Leute als der gemeine Alt-Handy-User gewohnt ist. Zigtausende I-Phone-Apps werden von den Programmierern der Welt schon zum Download angeboten – und Google macht mit seinem offenen „Nexus“ der Abschottungs-Strategie von Apple (= es kommt nur ins Angebot, was Apple absegnet) Konkurrenz. Was im Web zu sehen ist, kann in vielerlei Formen auf dem Smart-Handy erscheinen -wird aber durch diesen Transfer nicht etwa WAHRER!

Und so werden zukünftig noch viele Menschen in Sackgassen landen, die an die 100%ige Stimmigkeit ihrer jeweiligen Navis glauben. Die „Street-View“, die so viele Vorgartenbesitzer auf die Palme bringt, veraltet verdammt schnell und zeigt falsche Ansichten. Und was als Erläuterung zu den Dingen der Welt als Erklärungstext erscheint, ist auch nur das, was irgend jemand mal zu diesem Gegenstand geschrieben hat. Durch Geräte und Alghoritmen haben wir nicht etwa ein Abo auf die Wahrheit. Sondern nur einen anderen Zugang zu unserer beschränkten, immer mal wieder fehlerhaften menschlichen Sicht der Dinge.

Diesem Blog per E-Mail folgen…

Neuere Einträge — Ältere Einträge