Thema: Lebenskunst, Philosophisches

Reflexionen über Wesentliches

Claudia am 28. Februar 2001 — Kommentare deaktiviert für Die Suche nach MEHR

Die Suche nach MEHR

Der PC funktioniert wieder. Es ist tatsächlich der größte anzunehmende Unfall gewesen: Motherboard kaputt! Gestern morgen nach Berlin gefahren, Gerät bei INDAT in der Brandenburgischen Straße abgegeben, vier Stunden später wieder abgeholt. Kosten: schlappe 270 Mark und nur 27,- für die Arbeit! Ich weiß schon, warum ich extra so weit fahre… Weiter → (Die Suche nach MEHR)

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Claudia am 24. Februar 2001 — Kommentare deaktiviert für Du bist nicht ok!

Du bist nicht ok!

Zwanzig Zentimeter Neuschnee liegen auf der Schloßwiese, der Himmel ist blau, die Sonne lacht – und meine deprimierte Stimmung hat sich glücklicherweise verabschiedet! Endlich schmerzen auch die Füße nicht mehr, die ich auf der Berlinreise für zwei Tage in meine Lieblingsstiefel gezwängt hatte: eigentlich bequeme Treter, doch mit kleinem Absatz. Und tagelang leicht „erhöht“ herumlaufen, wenn man es nicht gewohnt ist, macht das Gehen nach und nach unmöglich. Wie schaffen das eigentlich die Frauen, die sich das lebenslänglich antun? Statt „fit for fun“ sick for beauty? Weiter → (Du bist nicht ok!)

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Claudia am 11. Januar 2001 — Kommentare deaktiviert für Esoterik?

Esoterik?

Ein Oliver schrieb mir ins Forum, wenn ich Lust auf Wünsche hätte, solle ich doch die Seite www.baerbelmohr.de/ aufsuchen. Und gleich haben zwei andere Leser mal eben den virtuellen Hammer gezückt und auf die „esoterischen Nebelwerfer“ kurz abgelästert. So weit, so üblich. In diesem Diary ist das hoch umstrittene Thema bisher aus gutem Grund nicht vorgekommen, doch heute hab‘ ich Lust, es nicht wie sonst zu ignorieren. Weiter → (Esoterik?)

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Claudia am 08. Januar 2001 — Kommentare deaktiviert für Wieder wünschen lernen

Wieder wünschen lernen

In den letzten Jahren hab‘ ich es geradezu kultiviert, von Wünschen jeder Art Abstand zu nehmen. Das ist Mitte vierzig auch nicht besonders schwer, wenn man wie ich lange Zeit ein Leben „ohne Bremse“ geführt hat. Kein berufliches Engagement länger als zwei Jahre, dereinst wilde Aktivitäten in der Protest- und Alternativ-Szene Berlins, ein abwechslungsreiches Beziehungsleben, immer wieder mit voller Verschmelzung, den üblichen Rosa-Brille-Illusionen, dann Enttäuschung, Elend, Entfremdung. Dabei in diesem Leben kaum eine Droge ausgelassen, viele Male umgezogen, Reisen im Aussen und Innen, jede Menge Experimente mit der eigenen Psyche, und zeitweise auch „ruhmvolle Funktionen“, in denen man JEMAND ist und lernen kann, was der Preis dafür ist.

Aus alledem dann irgendwann in ruhigeres Fahrwasser gekommen: Es gab kein Motiv mehr, irgend etwas von dem zu wiederholen, was ich bereits gehabt hatte. Auf materiellen Besitz, den man unendlich aufeinander stapeln kann, war ich noch nie aus gewesen: Immer schon gemerkt, dass „das Ding“, wenn es endlich mir gehörte, einfach gar nichts mehr auslöste. Ab ins Regal damit (Schublade, Keller…), bis zum nächsten Ausmisten. Reines „Geld raffen“ war mir andrerseits zu abstrakt: Warum sich anstrengen, nur damit Zahlen auf Kontoauszügen sich verändern? Wünsche für die Zukunft? Hatte ich nicht, wenn überhaupt, wollte ich etwas SOFORT, nicht irgendwann später. Und mein Problem war nicht, etwas NICHT zu bekommen, sondern: es zu bekommen und dann zu erleben, was es mit mir macht.

Gerade in der wunschlosen Zeit, seit ich nicht mehr so vom Ehrgeiz geleitet bin, bekam ich erstmal besonders viel vom Leben geschenkt: Endlich dauerhaftere Inspirationen zum Arbeiten (PC, Internet), längerfristige und stabilere Freundschafts- und Arbeitskontakte, bessere Wohnungen, schlussendlich die Gelegenheit, hier in dieses wunderschöne Gutshaus auf dem Land zu ziehen: „gehobener Standard“ – und das mir!

Und jetzt? Ich habe das Gefühl, ich muss die Wünsche wieder zu mir einladen, damit sich etwas bewegt. Es kann doch definitiv nicht sein, dass ich die nächsten 30 Jahre hier von morgens bis abends vor dem Compi sitze, Webseiten bauend, Texte schreibend; zwischendurch mal ein Spaziergang ums Dorf oder eine kurze Fahrt in den nahe gelegenen Supermarkt, alle Woche die Sauna, damit ich mal ein paar mehr Menschen sehe…

Dass dieses Leben keineswegs das ist, was ganz organisch und sinnvoll am Ende einer bewegten Entwicklung steht, merke ich schon an meinem (zum Glück erst mäßigen) Übergewicht und an der fortdauernden Auseinandersetzung mit den üblichen Giften. Da kann ich mir lange sagen, dass es – spirituell gesehen – Unsinn ist, nach Kicks zu streben: Mich lebensweltlich in die große Ruhe zu manövrieren und die Unruhe nur noch per Internet zu besichtigen ist offensichtlich keine „Endlösung“, nicht jetzt, nicht schon Mitte vierzig, vielleicht ja NIE ?

Veränderungen bringen immer auch Ärger und Leiden. Und es wäre doof, wenn es wieder diesselben Leiden wären wie gehabt. Mich aber deshalb freiwillig wie eine Rentnerin aufzuführen, packe ich nicht, ich sehe es langsam ein.

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Claudia am 29. Dezember 2000 — Kommentare deaktiviert für Keine Visionen, aber gute Laune

Keine Visionen, aber gute Laune

Immer kommt es anders. Ganz darauf gefaßt, in stillen Tagen & Nächten schwer besinnlich zu werden und das Jahr angesichts des Todes zu bilanzieren (Was war? Was bleibt? Was bedeutet das?) stelle ich fest: Die Muse küsst mich nicht. Die Götter lassen mich alleine wursteln, kein Engel streift mich mit den Flügeln, keine bedeutungsschwangeren Träume stören den Schlaf. Große Worte vermögen es derzeit nicht, mein Herz zu ergreifen; eher denke ich daran, nachher den Hühnerstall auszumisten, weil es mittlerweile wieder stinkt. Offensichtlich schiebt die Eksistenz Dienst nach Vorschrift, schickt mir keine Visionen und nicht den allerkleinsten Hinweis, dass da irgendwo MEHR sei, als das, was eben IST.

Und weil das Schreiben eine gewisse Eigendynamik entwickelt, kann ich mich nur mit Mühe zurückhalten, jetzt das Lob dessen, was ist, anzustimmen. Das würde hier nämlich gut passen, es folgt eigentlich immer an dieser Stelle: Man schreibt dann getragene Sätze über DAS WUNDER des ganz banalen und normalen Da- und So-Seins bis man selber dran glaubt, bis Schreiber und Leser ausreichend gerührt und ergriffen sind von der Tatsache des Etwas im Großen Schwarzen Nichts…. ABER wenn dieses Etwas dann in Gestalt der zuständigen Sachbearbeiterin im Finanzamt Schwerin mich am Tag nach Weihnachten morgens um zehn anruft und mit erhobener Stimme fragt, WANN ich denn bittschön die Rechnungen vom 2. und 30. Juni versteuert hätte – tja, dann wird die Liebe zum Wunder des Daseins auf eine harte Probe gestellt!

Ich habe sie versteuert, das konnte ich ihr am folgenden Tag („Ich verlange ja nicht von Ihnen, dass Sie SOFORT Auskunft geben“) Zahl für Zahl vorrechnen, womit die Obrigkeit für dieses Mal zufrieden gestellt ist, dem Himmel sei Dank! Der unverhoffte Amtskontakt erinnert mich aber daran, dass ich mir bald mal wieder Gedanken um meine professionelle Zukunft machen muß: Wohin will ich eigentlich? Besser gefragt: Wohin soll ich streben, angesichts der Tatsache, nichts Bestimmtes zu wollen?

Der Möglichkeiten sind viele, die naheliegendste ist sicher ein Update meiner Webdesigner-Existenz: Endlich eine „richtig kommerzielle“ Angebots- und Selbstdarstellungs-Site mit aktiver Ansprache meiner Wunschzielgruppen. Oder aber ich investiere weit intensiver in die Know-How-Vermittlung und überlege mir dafür praktische und einträgliche Erwerbswege (Bücher + Kurse + Seminare…). Möglich wäre auch die weitgehende Abwendung vom Nützlichen zugunsten des Schönen und/oder Sinnvollen: Schreiben, Kunst, sogar Politik lockt mich gelegentlich. Allerdings würde dann die Finanzierung wieder sehr viel problematischer, doch muß das ja kein Hindernis sein, schließlich war ich die meiste Zeit meines Lebens „arm“. Zu guter letzt, so unter der Überschrift „völlig verrückt“ denk‘ ich manchmal daran, einen E-Shop aufzumachen und Gips-Skulpturen für Haus und Garten zu verkaufen. Ganz besondere Skulpturen, die ich erst selber produzieren lassen müßte, womit diese Idee schon wieder verdammt aufwendig wird!

Wenn ich in solche Überlegungen verfalle, nehme ich mich selber nicht ganz ernst: Bisher hat sich letztlich immer alles „von selber“ ergeben, und das viel besser, als ich es selber hätte planen und machen können. Das heißt aber nicht, dass ich nun dasitzen und Däumchen drehen könnte bis die richtige Eingebung kommt. Es ist wie in den Yoga-Übungen (Asanas): Man muß voll konzentriert und engagiert zwischen Anspannung und Entspannung wechseln, um letztlich in der „rechten Spannung“ mit dem Leben mitschwingen zu können. Reines Abhängen macht schwach, dauernde Anstrengung verkrampft, weder das eine noch das andere ist Ziel oder Sinn, sondern das Geschehen selber, bewußt erlebt. („Form ist Leere, Leere ist Form“).

Ein Wunder eigentlich, diese gute Laune. Viel öfter ist mir in letzter Zeit nach Verschwinden zumute, nach dem endgültigen Abwenden von Mensch und Gesellschaft. (Warum? Nur das Übliche: immer mehr Kommerz & Konsum, Gier, Hass und Verblödung, Mord & Totschlag, Krieg & Umweltzerstörung, schlußendlich Medien, die all das verstärken, so gut sie können – kotz!). Wohin aber sollte ich schon abhauen? Robinsonaden liegen mir genauso wenig wie Sekten oder Landkommunen. Mein Temperament neigt nicht die Bohne zum Selbstmord und – sofern ich gesund und nüchtern bleibe – krieg ich nicht mal tageweise eine Depression hin. Wenn ich dann noch den Morgen mit Yoga beginne und mittags mal ’ne Runde ums Dorf gehe, fühle ich mich körperlich so wunderbar wohl, dass es aufs Denken und Fühlen übergreift und auf einmal ist es ganz unmöglich, alles schlecht zu finden: weder mich, noch die anderen, noch die ganze Welt!

Wow, die Sonne scheint, ich muß mal raus.

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Claudia am 25. Dezember 2000 — Kommentare deaktiviert für Sich verändern?

Sich verändern?

Nicht weit von Gottesgabe liegt am Rande von Schwerin das Sieben-Seen-Center: Eine Shopping-Mall, ein Baumarkt und Mecklenburg-Vorpommerns größter Sportpark. Dazu gehört die wunderbare Saunalandschaft, die ich des öfteren besuche, ein Fitness-Bereich mit den bekannten Kraftmaschinen, auch Tennis, Squash und jede Menge Kurse für Leute, die lieber im Kollektiv zu fetziger Musik schwitzen als alleine mit einem Gerät.

An diesen Geräten hab‘ ich mich schon vor zehn Jahren in Berlin versucht. Eine Probestunde mit Trainer erlebt, Mitglied geworden, noch ca. dreimal hingegangen, Ende. An den Apparaten bin ich vor Langeweile fast gestorben, es war einfach kein Anreiz da, mich anzustrengen, mich irgendwie zu malträtieren und die Trägheit zu überwinden. Natürlich wäre ich gern schlank und fit gewesen, doch diese Wunschbilder in meinem Kopf waren kraftlose Vorstellungen, so wie man manchmal an den Strand denkt und doch in der Stadt wohnen bleibt, Träume ohne Bezug zur wirklichen Welt.

Sind Änderungen machbar?

Immerhin hab‘ ich mittlerweile die Stadt verlassen. Nicht in einem Hau-Ruck-Entschluß, sondern indem ich über mehrere Jahre immer deutlicher bemerkte, was mir die Metropole gegeben und genommen hat. Das immense Kulturangebot, die unendlichen Möglichkeiten, die unzähligen Veranstaltungen gingen zunehmend an mir vorbei, wie viele Berliner lebte ich „im Kiez“, das ich nur ungern und selten verließ. Als auch meine Arbeit nicht mehr an den Ort gebunden war, fragte ich mich immer öfter: Warum bleibe ich hier? Warum tue ich es mir an, täglich von morgens bis nachts diesen Lärm, dieses ständige Hintergrundgetöse zu ertragen? An die dreckige Luft ist man als Städter ja eigentlich gewöhnt, doch jahrelange Yoga-Übungen machen jede Nase empfindlicher, ich konnte nicht mehr so leicht ignorieren, was ich da von früh bis spät einatmete. Am meisten nervten mich gegen Ende die vielen Eindrücke, die strömenden Menschenmengen, die Läden, Lichter und Schlagzeilen, der ganze Glitter und das ganze Elend: Die aufgemotzen reichen Selbstdarsteller genauso wie die „Haste mal ne Mark“-Jugendlichen, die vielen Hunde und die viele Hundescheiße… ich verweigerte einfach die Wahrnehmung und lief völlig „dicht“ durch die Straßen, Bekannte mußten schon laut rufen, damit ich sie überhaupt bemerkte.

Schließlich hatte ich genug und beschloß, Berlin zu verlassen und mir im Speckgürtel etwas zu suchen. Es fand sich auch „wie von selbst“ eine Möglichkeit, in ein altes Bauernhaus in der Nähe von Potsdam zu ziehen. Eine Berlinerin hatte es gekauft und suchte händeringend nach Mietern. Zuerst gefiel es mir recht gut und ich unterzeichnete schon bald den Mietvertrag, doch irgendwie erschien mir das ganze NICHT REAL. Monate gingen ins Land und die versprochenen Modernisierungen kamen nicht zustande, ich glaubte immer weniger daran, dass ich Berlin jemals verlassen würde. Letztlich war es mir auch nicht recht vorstellbar, ohne meinen langjährigen Lebensgefährten wegzuziehen. Der aber wollte erstmal in der alten Wohnung bleiben.

Zieh doch mit uns weg!

Dann, gerade als ich den „Traum vom Land“ praktisch schon aufgegeben hatte, kam auf einmal das Angebot von Freunden: Zieht doch mit uns nach Gottesgabe, wir haben da ein frisch renoviertes Schloß! Plötzlich waren wir in der Lage, sehr schnell ja zu sagen. Nicht allein, sondern zusammen, nicht zum Speckgürtel von Berlin, sondern zum dünn besiedelten Mecklenburg! Selber wäre ich da nie drauf gekommen….

War dieses „aufs Land ziehen“ ein aktives Tun? Ich fühlte mich die meiste Zeit eher passiv, mit Ausnahme der Phase mit dem Potsdam-Plan, der auch prompt nicht funktionierte. Tatsache war die wachsende Sensibilität, die vom Körper ausging und mich immer mehr an der Stadt leiden ließ – man kann es auch Weichheit und Schwäche nennen. Tatsache war das Internet, das mich vom Raum unabhängig machte. So viele Dinge spielten bei dieser großen Lebensveränderung eine Rolle – mein Anteil daran ist eher gering.

Ich führe mir all das vor Augen, weil ich darüber nachdenke, wie man sich verändert, in der Wirklichkeit, nicht in der Vorstellung. Es scheint, dass es dieses Jahr auch gelungen ist, vom Rauchen so weit wegzukommen, wie noch niemals zuvor (100%ig ist es noch immer nicht, ich rauche gelegentlich eine mit, fühle keine Sucht, sondern ein „nicht GANZ loslassen wollen“). Auch das ist nach dreissig Jahren mit 20 bis über 40 Zigaretten am Tag eine spektakuläre Veränderung. Eine, die ebenfalls nicht per Einsicht, Entschluß und Willenskraft zustande kommt, sondern durch längeres Leiden und wiederholtes Wahrnehmen psychisch günstiger Gelegenheiten, durch beiläufige Experimente mit Körper und Geist – bloss nicht so hoch hängen wie 1998, als ich anläßlich eines Aufhörversuchs gleich ein ganzes Nichtrauchertagebuch schrieb und in den Texten geklungen habe, als wolle ich eine Sekte aufmachen!

Wirkliche Veränderungen scheinen leise zu geschehen. Man ist nicht unbeteiligt, kann sie aber auch nicht „machen“. Die Gelegenheit im Sportpark werd‘ ich mal versuchsweise ergreifen – nicht die Geräte, sondern die Fitness-Kurse. Vielleicht ist mein Horror vor körperlichen Anstrengungen ja nur noch eine alte Vorstellung….

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Claudia am 30. November 2000 — Kommentare deaktiviert für Yoga – die Fortsetzung

Yoga – die Fortsetzung

Der Eintrag gestern scheint gefallen zu haben: ein paar Mails mehr als sonst, einige Info-Mail-Bestellungen. Vielleicht sollte ich da weiter schreiben, was spricht schon dagegen, auch meine Yoga-Geschichte zu erzählen? Das läßt sich sowieso nicht mehr trennen vom „Rest“: alles, was ich erlebe und schreibe, ist davon geprägt, wenn ich auch immer darauf verzichtet habe, explizit „über Yoga“ zu schreiben. Mit einer Ausnahme: der Artikel „Entspannung“ ist zum Jahreswechsel 1996/97 entstanden und bringt meine erste und wichtigste Erfahrung mit Yoga auf den Punkt: dass der Körper, das Denken und Fühlen nicht drei unterschiedliche „Dinge“ oder Welten sind, sondern Aspekte ein- und desselben Ganzen. Wie viele Yoga-Erkenntnisse hört sich das verdammt banal an, man kann damit kaum im Gespräch glänzen. Aber es ist ein gewaltiger Unterschied, ob ich glaube, ich sei ein unabhängiges Wesen (genannt „ich“), das eine ebenso unabhängige Welt wahrnimmt, und dann diesen Wahrnehmungen entprechende Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen HAT – oder ob ich weiss, dass das nicht der Fall ist. Weiter → (Yoga – die Fortsetzung)

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Claudia am 28. November 2000 — Kommentare deaktiviert für Yoga – meine Geschichte

Yoga – meine Geschichte

Endlich mal wieder deutlich früher aufgestanden: um sieben anstatt erst um halb acht. In der dunklen Jahreszeit besteht eine Neigung, länger im Bett zu bleiben, doch genau das trägt zum Winterblues bei. Je später man aufsteht, desto kürzer wirkt der Tag, umso länger die Nacht, die jetzt schon kurz nach vier beginnt: Was um Himmels willen soll ich diese ganze lange Zeit tun? Manchmal beneide ich die Bären um ihren Winterschlaf! Die morgendliche Nacht wirkt dagegen inspirierend, die Stille ist voller Versprechen, langsam verdichtet sich die Energie in Richtung Tag, die Morgendämmerung setzt ein, hier draussen noch immer in Stille. Wunderschön.

So ungefähr an zwei Dritteln aller Tage übe ich morgens von 8 bis 9 mit meinem Lebensgefährten Yoga. Eigentlich hatte ich nie vor, das morgens zu machen, doch letztlich hat es sich so ergeben: es ist sehr viel schwerer, einen Tag – und sei er noch so eintönig und ereignislos – zu unterbrechen, um eine Stunde Übungen zu machen, als gleich morgens damit zu beginnen. Das gilt erst recht, wenn es Übungsformen sind, die sowieso einen leeren Geist benötigen, bzw. erst richtig erfahren werden können, wenn das Gedanken-Wandern im Kopf zum Erliegen kommt oder zumindest von der Konzentration auf den Atem dominiert, wenn schon nicht ganz abgelöst wird.

1991 hab‘ ich mit Yoga angefangen, eine wirklich lange Zeit. Ich möchte gar nicht wissen, was aus mir geworden wäre, wie ich heute das Leben spüren bzw. nicht spüren würde und was ich darüber dächte, wenn ich NICHT mit Yoga angefangen und es stets und ständig fortgeführt hätte. Acht Jahre mit Unterstützung meines ZEN-inspirierten Lehrers in seinen wunderbar kleinen Gruppen von jeweils nur vier Schülern! Der einmal-die-Woche-Termin hat sich dadurch als Minimum eingespielt, das ich mit wenigen Ausnahmen all die Jahre durchgezogen habe, auch in lustlosen Zeiten. Doch per „einmal die Woche“ geschieht im Yoga nicht viel. Ich kann von Glück sagen, dass Hans-Peter es fertig brachte, meine Motivation zu Beginn derart zu steigern und regelmäßig neu zu entfachen, dass ich die ersten Jahre fast täglich übte. Allein die Veränderungen der Befindlichkeit, die sich im ersten halben Jahr ergaben, gerieten deshalb spektakulär und taten das ihre, mich weiterhin bei der Stange zu halten. Auch später gab es viele lange Phasen, wo das Üben zumindest in Richtung täglich tendierte oder sich bei zwei bis dreimal pro Woche einpendelte.

Wenn eine Übungsweise mal so weit in einem Leben etabliert ist, gewinnt sie einen ganz anderen Charakter und völlig andere Bedeutungen, als zu Beginn des Engagements. (Da liegt auch der Grund meiner tiefen Dankbarkeit für Hans-Peter-Hempel, denn ohne ihn hätte ich diese Kontinuität niemals aufbringen können). In der Rückschau wirkt manches geradezu komisch, was ich über Yoga zu wissen meinte, bzw. davon erwartet habe, als ich damit anfing. Und es ist ein unverdientes Wunder, ein großes Glück, dass ich dabei geblieben bin, wenn auch mit größtmöglichen Schwankungen in der inneren und äußeren Beteiligung.

Vermutlich ist es ganz egal, was man macht: ob Yoga, Tai Chi, Feldenkrais, QiGong, Bogenschiesen, Karate, KungFu, Sitzmeditation oder Marathon, man muss es nur machen, öfter als einmal die Woche, länger als ein paar Monate. Und nicht mechanisch wie ein sogenanntes „Working Out“, sondern mit aller Sorgfalt, Aufmerksamkeit und Hingabe. Es braucht nun einmal diese Zeit, damit sich die eigentlichen, weniger oberflächlichen Wirkungen dieser Übungen entfalten – auf Ebenen, auf denen man sie gar nicht erwartet hätte.

Es wäre nun zwar möglich, Konkreteres aus meiner Yoga-Geschichte zu erzählen, doch damit wäre der Abgrund nicht überbrückt zu denjenigen, die noch nie eine Geist-UND-Körper-einbeziehende Übungsweise LÄNGER praktiziert haben: Die vielleicht nach drei Monaten Yoga zu TaiChi geweschselt sind, danach Kailash-Besteigung oder Trecking in Nepal, im Winter dann Sitzmeditation, im Frühling das Sportstudio und zur Sonnwende die Schwitzhütten-Zeremonie, als Vorbereitung und Reinigung vor dem Tantra in der Toskana. Oder die, die vom Körper allenfalls Leistung verlangen, aber keinerlei Erkenntnisse – schließlich findet denken im Kopf statt und den behält man am sichersten oben, wenn man sein Leben im Sitzen verbringt.

Das schreibt sich lustig dahin, doch war ich auch nicht viel besser. Mit Yoga hätte ich ganz gewiss nicht angefangen, hätte ich nicht Hans-Peter getroffen, ihn einfach um einen Termin gebeten nach seinem Vortrag über „Buddhismus und Abendland“ an der Berliner Urania.

Hans-Peter Hempel

Hans Peter Hempel,
Yogalehrer, Professor für Politik & Philosophie an der TU Berlin
lehrt einen buddhistisch inspirierten Yoga (ZEN-Yoga), der darauf verzichtet, neue Systeme absoluter Wahrheiten zu errichten.Offene Weite – nichts von heilig
Bücher z.B.

  • „Alle Menschen sind Buddha. Der Weg des Zen“
  • „Im Hier und Jetzt – Unterweisungen im ZEN-Yoga“

Dass er Yoga lehrte, wusste ich gar nicht, sondern hatte aufgrund des Vortrags angenommen, dass er eine Meditationsgruppe leite. Yoga war bei mir „schon durch“ wie vieles andere: Mal ein tolles Buch gelesen, selber mit den Übungen angefangen, nach dem dritten Mal wieder aufgehört, weil ich mir ein bißchen blöd vorkam auf der Matte am Boden meines Zimmers. Das nächste Buch, bitte. Es kann auch gut sein, dass ich das „heiligmäßige Leben“ nicht länger als eine Woche ausgehalten habe, das für meine Begriffe zwingend dazugehörte. Jedenfalls war Yoga für mich kein Thema, als Hans Peter davon anfing: Der Körper sei so unruhig, nervös und verspannt bei uns Westlern, dass es ganz unmöglich sei, aus einem solchen Zustand in Meditation zu kommen. Deshalb lehre er Hatha-Yoga, schlichte Übungen, die jeder machen könne.

Ich hatte meine Zweifel, denn mein Leben lang hatte ich Sport vermieden und erst kürzlich wieder bemerkt, dass ich mich kaum noch ohne Schmerzen bewegen konnte. Ein paar Wochen Krankengymnastik hatten mir gezeigt, wie eingerostet ich mit 36 schon war und das schlimmste wieder hingebügelt. Aber auch sonst war ich weit vom REINEN LEBEN entfernt, das ich als Voraussetzung meinte erstmal leben zu müssen: Der Alkohol war immerhin schon „von mir abgefallen“, nicht aber rauchen, kiffen, zuviel essen, der Kaffee und vieles mehr. Ich – eine Yogini? Unmöglich!

Nicht mehr rauchen? Das könne man nicht verordnen, sagte Hans-Peter. Das müsse alles von selber verschwinden. Und in seiner unendlichen Geduld kreidete er es mir niemals an, dass ich über viele Jahre Raucherin blieb, bzw. es immer wieder wurde. Nur merkte er gelegentlich in der Yogastunde an, dass man es wieder mal sehr stark rieche…
Dass er mich trotzdem angenommen hat, obwohl ich seine Nase beleidigte, dafür bin ich ganz besonders dankbar. Neun Jahre später scheint das Rauchen sich zu verabschieden – eine lange Zeit.

Genug spontane Autobio – die Arbeit lockt…

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