Claudia am 12. November 2020 —

Plant Trump einen Putsch?

Diese Frage wird (nicht nur) auf Twitter allen Ernstes gestellt! Denn der abgewählte Trump macht nicht nur keine Anstalten, seine Niederlage einzugestehen, er besetzt auch noch hohe Posten mit seinen Getreuen. Den Verteidigungsminister hat er entlassen, den Job wird der bisherige Direktor des Nationalen Anti-Terror-Zentrums übernehmen. Auch andere hohe Posten hat er neu besetzt, z.B. mit Anthony Tata, der einst Obama als „Terroristenführer bezeichnet hat“.

Marc Pitzke, US-Korrespondent, schreibt auf SPON:

„Das Weiße Haus sabotiert die traditionelle Übergabe („transition“) von einem Präsidenten zum anderen, eine komplexe Prozedur, von der nichts Geringeres abhängt als die nationale Sicherheit der USA. Biden soll am 20. Januar als 46. US-Präsident vereidigt werden, doch Trump hat den gesamten Regierungsapparat angewiesen, seinen Amtsantritt zu blockieren. Mehr noch: Er hat allen Ministerien und Behörden verordnet, den nächsten Trump-Staatshaushalt für 2022 zu planen, als sei nichts gewesen.
Er tut so, als habe er die Wahl gewonnen, nicht verloren….
„WIR WERDEN GEWINNEN!“, twitterte Trump am Dienstag, eine Woche nach der Wahl. Am Samstag hatte er noch geschrieben: „ICH HABE GEWONNEN, HAUSHOCH.“ Was denn nun?…“Es wird eine glatte transition geben – zu einer zweiten Trump-Regierung“, sprach Außenminister Mike Pompeo am Dienstag. Witz oder Ernst? …..Vor diesem Hintergrund wirken die plötzlichen Personalrochaden im US-Sicherheitsapparat nicht gerade beruhigend, allen voran die Entlassung von Verteidigungsminister Mark Esper und die Kündigung eines Staatssekretärs, der im Pentagon für Militärstrategie zuständig war….
…“Wenn die Spitze eines Regimes und seine Partei in einem anderen Land so auf die Wahlergebnisse reagieren würden, wüssten wir genau, was wir da sehen“, schreibt Ezra Klein bei „Vox“. „Trump versucht ganz offen einen Putsch.“

Auch der renommierte US-Historiker @TimothyDSnyder sieht einen Putsch kommen und hat die Gefahr in 20 Tweets beschrieben – hier einer davon:

„What Donald Trump is attempting to do has a name: coup d’état. Poorly organized though it might seem, it is not bound to fail. It must be made to fail.“

Annika Brockschmidt @ardenthistorian postet einen TED-Vortrag zum Thema und warnt:

Die Verfassung der USA hat Schlupflöcher für einen legalen Putsch. Van Jones erklärt hier, wie ein Kandidat Legal (!) zum Sieger erklärt werden kann, der verloren hat, sich aber weigert aufzugeben. Es ist eine reale Möglichkeit.

Hier das Video, in dessen Zusammenfassung es heißt:

Wenn die US-Präsidentschaftswahlen 2020 gelaufen sind, könnte sich das Rennen in den Gerichten und Hallen des Kongresses noch lange nach der Stimmabgabe hinziehen, sagt der Anwalt und politische Kommentator Van Jones. Jones erklärt, warum die übliche Konzessionsrede eine der wichtigsten Garantien für die Demokratie ist, und deckt schockierende rechtliche Lücken auf, die es einem Kandidaten ermöglichen könnten, die Macht zu ergreifen, selbst wenn er sowohl die Volksabstimmung als auch das Wahlkollegium verliert – und teilt mit, was normale Bürger tun können wenn es keine friedliche Machtübertragung gibt.

***

Demokratie braucht mündige Bürger, heißt es. Mich würde interessieren, was jene Trump-Wähler jetzt denken, die ihn aus rein ökonomischen Gründen gewählt haben. Angeblich sind die US-Amerikaner doch so stolz auf ihre Verfassung und ihre Demokratie, ihre „Checks and Balances“. Damit scheint es nicht weit her zu sein, wenn ein „trotziges Kind“ (DIE ZEIT) im Weißen Haus jegliche Kooperation verweigert und all seine Machtmittel auszuschöpfen bereit ist.

Immerhin HABEN die USA eine Verfassung. Großbritannien hat gar keine kodifizierte Verfassung, ein Defizit, das rund um den Brexit schmerzlich deutlich wurde.

Und bei uns? Horst Schulte hat kürzlich einen langen Blogpost zur Frage „Kann uns die Demokratie verloren gehen?“ geschrieben – sehr lesenswert!

Einige „Covidioten“ hätten jedenfalls kein Problem mit einem Militärputsch in Deutschland. Und nicht nur Hildmann, sondern z.B. auch dieser Schwindel-Arzt Schiffmann, prominenter Querdenker und Corona-Leugner, der kürzlich anmerkte:

„Mittlerweile würde ich mir wünschen irgendjemand würde mal zwischendurch die Regierungsgeschäfte übernehmen. Und da wärs mir egal ob er Sterne auf der Schulter hat oder nicht. Aber es wird hoffentlich auch bei der Bundeswehr Menschen geben, die klug genug sind über solche Sachen nachzudenken.“

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Diskussion

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3 Kommentare zu „Plant Trump einen Putsch?“.

  1. Wenn die amerikanischen Gericht mit der Wahl fertig sind, werden wir hier, trotz möglicher Wahlverschiebung, schon gewählt haben und Söder oder Merz als Kanzler haben. Trump wäre schön blöd, wenn er vorher putschen würde. Das müssten dann schon eher seine Proud Boys erledigen.

  2. Trump würde ich alles zutrauen. Wenn es aber zutrifft, dass 80% aller Wähler (also auch der Republikaner) sich mit dem Wahlergebnis einverstanden erklärt haben, könnte das dafür sprechen, dass die Medien hier etwas hochkochen, das bei Lichte gesehen, nicht wirklich von Relevanz ist. Dass es einige Leute gibt, die sich vorstellen können, dass es in den USA zu einem Putsch kommen könnte, ist aber bemerkenswert und wohl nur der Tatsache geschuldet, dass Trump alles zugetraut werden muss. Dieser Kerl ist absolut meschugge.

    Danke für den Link zu meinem Beitrag. ¯\_(ツ)_/¯ Darüber habe ich mich gefreut.

  3. Zum Thema paßt die gestrige Sendung „Deutschlandfunk – der Tag“.