Claudia am 15. Juli 2013 —

Zur anstehenden Bundestagswahl: Opposition ohne Machtperspektive

Ulrich Horn schreibt auf „Post von Horn“ über Steinbrücks absurden Wahlkampt, der jede Rationalität vermissen lasse und sich in Wunschdenken und Tagträumereien verliere. Angeblich will der ja auf den letzten Metern fünf Millionen SPD-Wähler zurück holen, allerdings ohne ihnen einen Grund dafür zu nennen. AGENDA 2010, Verschiebung des Rentenalters, Versteuerung der Betriebsrenten: die SPD hat den Lebensstandard vieler Altwähler/innen verschlechtert – warum sollten sie zurück kommen und einen Repräsentanten genau DIESER Politik des Sozialabbaus zum Kanzler wählen?

Die SPD will gar keinen Wechsel

Ich wundere mich auch über die Weigerung der einst großen Partei, die Fakten zur Kenntnis zu nehmen und entsprechend zu handeln. Bedauern von „Auswüchsen“ reicht nicht! Zudem müsste sichtbar werden, dass die SPD tatsächlich einen Wechsel will und dafür alle Optionen in Betracht zieht: AUCH eine Koalition mit der LINKEN, wenn es mit den GRÜNEN alleine nicht reicht.

Wie sie jedes Mal erschreckt dementieren, wenn ein CDU-ler vor rot-rot-grün warnt! Was für ein Kindergarten, der sich am Nasenring eigener Animositäten vorführen lässt: die Weigerung, ein Zusammengehen mit der Linken in Betracht zu ziehen, zeigt vor allem, dass ihnen das Schicksal des Landes nicht so wichtig ist wie ihre Berührungsängste mit der „Lafontaine-Partei“. Wie will man aber einen erfolgreichen Wahlkampf machen, wenn lange schon alle Umfragen zeigen, dass eine Mehrheit von ROT-GRÜN in weiter Ferne liegt?

Die LINKE hab‘ ich noch nie gewählt, doch schätze ich ihr punktuell sehr konkretes Engagement für soziale Belange. Klar, viele ihrer Forderungen sind populistisch und vermutlich nicht umsetzbar, doch haben sie ja z.B. schon signalisiert, dass sie in Sachen Außenpolitik durchaus kompromissbereit wären (etwa indem das „raus aus der Nato!“ auf St.Nimmerleinstag vertagt wird).

Ich behaupte nicht, zu wissen, ob ROT-GRÜN-ROT tatsächlich machbar wäre. Mag sein, dass sich am Ende von Verhandlungen heraus stellen würde, dass dem nicht so ist. Was ich vermisse, ist die ernsthafte Auseinandersetzung mit dieser Möglichkeit: gerne transparent und in aller Öffentlichkeit!

Da die SPD (bzw. ihre Führungsriege) sich aber konsequent weigert, in diese Richtung zu denken, bleibt sie für mich eine Partei, die allenfalls eine Option auf „Mitregieren unter Merkel“ hat. Das aber hatten wir schon, dafür muss ich nicht zur Wahl gehen!

Nicht wählen?

Was also? Nicht wählen? NIEMALS! Da schließe ich mich dann doch lieber Felix Schwenzel (wirres.net) an und wähle die Piratenpartei – trotz all ihrer Querelen. Weil sie derzeit das einzige Symbol für den Wunsch nach mehr „Transparenz und Teilhabe“ ist, auch wenn es mit der innerparteilichen Umsetzung noch an manchen Stellen hapert. Dass sie vermutlich nicht „rein“ kommen, stört angesichts der mangelnden Perspektiven der rot-grünen Opposition nicht. Immerhin bekommen sie für meine Stimme dann 2,80 Euro Wahlkampfkostenrückerstattung, wie ich bei Felix lesen konnte.

Diskussion

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8 Kommentare zu „Zur anstehenden Bundestagswahl: Opposition ohne Machtperspektive“.

  1. Frau Steinbrück am 16.6.2013:

    „Es ging uns super gut, wir hatten Freiheit und Freizeit, wir konnten Scrabble spielen, wann wir wollten“

    Als ich das gelesen hatte dachte ich mir: Ja, der Mann will gar nicht Kanzler werden.

    Aber er hat seine Pflicht erfüllt und ist dem Ruf der Partei gefolgt. Der Mann könnte Kanzler werden, wenn er wollte. Aber warum sollte er?

    Der Mann ist zu intelligent, als das er nicht wüsste, das alles was als Kanzler kommt, schlechter ist, als NICHTKANZLER.

  2. Danke, dass du immerhin was gesagt hast. Ist ja selten mittlerweile.

    Ich poste hier meine Herzblut-Themen- und es interessiert kaum eine/n. Außer dir und noch 5 andere- klar“

    Mir reichts langsam. Ich brauch nicht mehr glänzen. Ich will nur noch bewirken,

    Also: „freut Euch drauf“…

  3. @Claudia

    Du hörst Dich ja mächtig erzürnt und enttäuscht an, das ist schade. Vielleicht peppelt es Dich etwas auf, wenn (wieder) mehr Menschen sich hier äußern, wozu ich hiermit gern meinen Teil beitragen will.

    Obwohl, allzu optimistisch fühle auch ich mich nicht, was die aufbauende Wirkung meiner Worte vermutlich umgehend wieder davon wischen wird. Doch frisch ans Werk, Arbeit weist ihren Weg, und ein flinkes Gebrabbel ohne allzu viel Tiefgang am Vormittag sollte das allemal schaffen.

    Zunächst leider der Dämpfer: ich sehe die Gestaltungsmöglichkeiten ‚der Politik‘ in diesem Land etwa so wie die einer Pilotin, was den Ort der dringend anstehenden Landung angeht: sie kann zwischen den mit dem ihr verbleibenden Treibstoff noch erreichbaren Flugplätzen wählen, dort wird ihr eine Landebahn zugewiesen und sie kann eine gute Landung hinlegen. Je länger sie zögert, desto weniger Optionen hat sie, und wenn sie gar nichts tut, gibt es eine Bruchlandung. Wie auch immer, sie schickt die Flugbegleiter nach hinten und läßt Essen und Trinken austeilen, außerdem scheint meistens die Sonne dort oben und zur Not hat die Tür zur Kabine ein Schloß.

    Das wäre die Außenansicht, wenn ich das Wählen beurteilen soll. Von innen sieht es wieder etwas anders aus. Ich kenne einige Menschen, die in verschiedenen Parteien (außer dem braunen Spektrum, da kenne ich mich – meines Wissens – gar nicht aus) mitmachen, und ich empfinde einige Hochachtung vor ihren Motiven, ihrer Energie und ihren Gedanken. Ich halte nichts davon, eine bestimmte Partei (und ihre Mitglieder) zu verteufeln, nur weil die Führungsgremien aller Parteien von Karrieristen, Arschkriechern und Flachpfeifen durchsetzt bis dominiert sind. Auf den unteren Ebenen gibt es viele Menschen, die sich ehrlich um Schutz und Verbesserung des Lebens ihrer Mitbürger kümmern und dafür eine Menge tun.

    Und selbst unter den Galionsfiguren der Politik wird es das geben, vermute ich, denn was diese Menschen denken, tun und wollen hat sicherlich wenig mit ihren Auftritten vor Kameras und gut gefüllten Sälen zu tun. Das zu glauben wäre so albern, als würde ich annehmen, ein Schauspieler würde die Kräfte, die er in einem Actionstreifen zeigt, tatsächlich besitzen.

    Was heißt das nun für mich, wenn es um das Wählen geht?

    Einmal sollte klar sein, daß ich mit meiner Stimme nicht ein-sinnig und direkt ‚eine‘ – etwa noch mir genehme – Politik unterstützen kann. Was auf der Ebene von Bund und Ländern (und noch mehr auf den darüber angesiedelten Ebenen) an Politik getrieben wird, entscheiden fast ausschließlich und im wesentlichen finanzstarke Interessengruppen, daran werden weder Wähler-Stimmen noch Enthaltungen je etwas ändern, dazu geht es hier schlichtweg um viel zu viel Geld. Und das ist völlig unabhängig davon, wen ich als Repräsentanten mit meiner Stimme wähle und welche negativen Gefühle diese in mir erwecken.

    Zum anderen sind diese Figuren ja nur die Fettaugen auf der Suppe, und die besteht aus deutlich mehr als ihren gestylten Visagen und auswendig gelernten Sprachhülsen. Es gibt auf den unteren Ebenen eine Unmenge an Gremien und Versammlungen und wie sie alle heißen, in denen ganz alltägliche Dinge entschieden oder wenigstens besprochen, wo Gelder bewilligt und verteilt, Erlaubnisse vergeben und Verbote ausgesprochen werden. Dort sind die Menschen einander wesentlich näher, obwohl natürlich der Einfluß des Geldes (lokale Firmen oder Niederlassungen, das ewig murrende und schmierende Handwerk, diverse obskure Vereine und Organisation) hier ebenfalls vorhanden ist.

    Ich denke jedoch, daß es falsch wäre, all dies zu ignorieren, nur weil sich die medial präsente Politik derart widerwärtig zeigt, wie sie das jeden Tag erneut tut. Klar, der Fisch stinkt zuerst vom Kopfe her, heißt es, und wer sein Weltbild aus solchen Weisheiten bezieht, wird sicherlich viele Freunde finden, die es ihm gleich tun mit solchen präzisen Urteilen. Ich würde dagegen lieber annehmen, daß unser Gemeinwesen in den langen Jahren seiner friedlichen Existenz ein klein wenig von der demokratischen Idee der Teilhabe und ihrer das Bewußtsein, die Fähigkeiten und damit auch die Macht und Reichweite der teilhabenden Bürger formenden Kraft profitiert hat und (noch) nicht der autoritäre Polizeistaat (geworden) ist, in dem allein zentrale Entscheidungen im alternativlosen Interesse ferner Wesenheiten (egal nun wie sie immer heißen: Anleger, Sicherheit, Wirtschaft, Wohlstand usw. usf.) zählen. Die nicht wenigen Erfolge von lokalen Initiativen und sich oft quer durch alle Parteien ziehenden, meist thematisch gebundenen Bündnisse auf unterer Ebene machen mir da ein wenig Hoffnung.

    Sicher ist das ein Nichts, wenn ich es mit den dutzenden von Milliarden Euro vergleiche, die sich die Banken mittels des Coups der sogenannten Bankenkrise unter die sauberen Nägel gerissen haben, und allein wenn ich daran danke, was mit diesem Geld alles dort hätte getan werden können, wo es nicht um dutzende von Milliarden, sondern oft nur um ein paar Zehntausender geht, dann gerät sogar ein friedlicher Hasenfuß wie ich an den Rand ihrer Beherrschung und zerbröselt ihr Brötchen. Aber selbst im übelsten Regenschauer nützt es, seinen Regenschirm aufzuspannen, denn zwischen naß und ertrunken gibt es ein weites Feld an mehr oder weniger angenehmen Zuständen.

    Daß ich nun gerade die Piraten favorisieren würde, kann ich nicht sagen. Im Prinzip habe ich außer einer kaum verhandelbaren Abneigung gegen rechte Parteien und einem geschmäcklerischen Widerwillen gegen die mediale Ausprägung der meisten PolitikerInnen keine Präferenzen und bin daher nicht übertrieben erstaunt oder gar enttäuscht vom Verlauf der Piratenstory, außer daß ich heimlich schmunzele, sie als angeblich IT-Beschlagene ernsthaft vorgeben zu hören, als Benutzer elektronische Daten mit Hilfe gekaufter oder kopierter Software so verschlüsseln zu können, daß die Hersteller dieser Software sie nicht problemlos wieder entschlüsseln können. Kasper, paß auf, das Krokodil steht gleich hinter dir, möchte ich ihnen zurufen, aber des Menschen Wille war immer schon sein Himmelreich, und wer gerne einen Computer benutzt, wird abertausend Gründe finden, warum das gut und nicht schlecht sei und überhaupt ganz prima funktioniere, wenn einer nur weiß, wie’s wirklich geht (was den echten Nerd ja auszeichnet).

    Vermutlich wimmelt es, trotz meiner Skepsis, unter den Piraten von Leuten, die ihre Encryption-Routinen mit den eigenen Fingern Zeile für Zeile in der jeweiligen Assembler-Sprache eintippen, für den Fall, daß sie diese zur Verschlüsselung einer Mail oder eines Eintrags ins Netz benutzen wollen, plus Primzahl und Rohdaten und, versteht sich, während der Rechner off-line ist und auf jeden Fall von einem schreibgeschützten Medium gebootet wurde, auf das der Benutzer höchstselbst das von ihm entworfene Betriebssystem Zeile für Zeile in der jeweiligen Assembler-Sprache eingetippt hatte, selbstverständlich während der Rechner off-line und von einem schreibgeschützten Medium gebootet worden war, auf welches der Benutzer höchstselbst …

    Okay, ich höre ja schon auf … und schicke diesen Unsinn hier ganz unverschlüsselt via http: und Redmond in Richtung Deiner Website und hoffe, Dich nicht noch deprimierter gemacht zu haben mit meinem Geschreibsel, als Du eh schon warst!

  4. Du glänzt nicht, Claudia, Du leuchtest. :-)
    Immerhin lande ich in diesem Blog lesend fast genauso oft wie z.B. auf den von mir sehr geschätzten Nachdenkseiten.
    Gruß

  5. […] gesamte Elend unter der bezeichnenden Überschrift “Steinbrücks absurder Wahlkampf” (via) […]

  6. Den Vormittag, @Susanne, den solltest du öfters nutzen, um solche tollen Kommentare zu schreiben :)

    Für dein hinlenken auf die vielen kleinen und fleißigen Hände, die so oft in den medialen Headlines untergehen, ein besonderes Danke. Ich gestehe, ich gehöre nicht dazu und habe das oft übersehen, nicht selten auch, belächelt.

    „Willst du dich am Ganzen erquicken, so muss du das Ganze im Kleinsten erblicken.“ Zitat von Johann Wolfgang von Goethe.

    Obowhl, in WikiPlag, wäre dieser Spruch vom Meister komplett durchgefallen.

  7. Ach Ihr Lieben, ich danke Euch!!!

    Es war einfach eine nächtlich mal besonders schlechte Stimmung, die ich entgegen sonstigem Usus hier heraus gelassen habe!

    Liebe Susanne, danke für die umfangreiche Ermunterung! Es hat durchaus gewirkt und es geht mir ja ganz ähnlich, was das wählen angeht. Es frustriert mich halt ab und an, dass ich meine, so eine unglaublich genügsame Duldungs-geht-mich-alles-nichts-an-Haltung bei vielen zu bemerken – und jene, die sich aufregen über diverse Politiken sind oft dermaßen eindimensional und quasi anti-politisch aggressiv eingestellt, dass der Vergleich mit Weimar nahe liegt – obwohl das ja lange vor unserer Zeit liegt.

    @Matthias und Menachem: auch Euch herzlichen Dank für die lieben Kommentare!

    Ich sollte wieder mehr MACHEN und nicht so exzessiv lesen, das hilft gegen Sinnkrisen aller Art!

  8. […] zu  bevorstehenden Bundestagswahl hat sich auch Claudia aus Berlin […]