Claudia am 07. April 2013 —

Eine Frage an die Empfindsamen – und die Yoga-Übenden

SchulterstandMeine Frage versuche ich gar nicht erst zu googeln, denn ich wüsste nicht, wie ich sie auf ein paar prägnante Begriffe herunter brechen sollte. Versuchte ich es z.B. mit „Leichtigkeit, Frühling, Energie“ kämen allerlei esoterische Lobpreisungen eines MÖGLICHEN gesteigerten Daseins, plus Rezepte, wie man das HABEN, erringen und erleben kann. Und natürlich Kurse, Bücher, Workshops, mindestens aber der „kostenlose Newsletter“ – ach, Ihr wisst schon…

Aber ich will jetzt nicht länger über die Weltreligion Konsumismus lästern, die uns alle so machtlos macht, sondern hab‘ tatsächlich eine Frage, die sich mir heute während meiner wöchentlichen Yoga-Stunde stellte.

Als ich mich da in den Dreiviertel-Schulterstand hievte und danach in den vollständigen (=Kerze), GING DAS AUF EINMAL SO LEICHT!

Warum?

Ich bin nicht fitter als vor einer Woche, gar nicht! Hab‘ mich auch nicht gesünder ernährt, nicht mehr bewegt als sonst, und auch psychisch war ich nicht besser drauf. Trotzdem musste ich für das Einnehmen der Schulterstandhaltung weder „Schwung aufschaukeln“ (was gar nicht yogisch ist, aber wenn’s nicht anders geht…), noch fühlte ich mich angestrengt. Als ob ich mal eben zehn Kilo leichter geworden wäre! Was nicht stimmt, nicht mal ansatzweise, über den Winter nehme ich eher zu und dieser dauert in Berlin schon recht lange.

Bis einschließlich gestern, genau gesagt. Da war ich im Garten, nicht aus Lust und Neugier, sondern um etwas zu holen. Es war bewölkt, kalt, miesepetrig, nicht das geringste „Frühlingserwachen“-Feeling weit und breit. Reste von tauendem Schnee lagen immer noch in kleinen Feldern herum, runde Eisplatten schwammen in den zwei von acht Regentonnen, die aus Faulheit im Herbst nicht ganz geleert worden waren. Alles in allem zeigte sich das Dasein weit weg von jeglicher frühlingshaften Inspiration.

Heute schien dagegen die Sonne, womöglich war auch lange blauer Himmel. Der Wetter-Rückblick meint, es wär‘ 8 Grad warm gewesen. Was ich aber kaum mitbekam, denn ich wechselte nur eben mal von Wohnung zu Wohnung, ohne mich dafür lange unter freiem Himmel aufzuhalten. Immer noch trug ich meine bis-minus-20-Grad-taugliche (unvegane) Winterkutte und schwitzte nicht etwa!

Wie kommt es also, dass ich mich bei den Yoga-Übungen um 10 Kilo leichter fühlte? Hat es vielleicht etwas mit dem Luftdruck zu tun? Mit irgendwelchen Energien, die die einzelnen Zellen „mitnehmen“, ganz ohne dass ich als bewusste Person daran irgend einen Anteil hätte?

Auch mein Freund und Yoga-Partner erlebte dasselbe. Auch er hat nicht gesünder gelebt oder war besser drauf als sonst. Trotzdem plötzlich diese physische Leichtigkeit!

WAS IST DAS?

Ohne schon andere dazu gehört oder gelesen zu haben, nehme ich es als – spirituell abstrahierend – Indiz dafür, dass der Spruch „Alles ist mit allem verbunden“ seine Richtigkeit hat. Ich bin nicht nur, indem ich denke! Ich bin sowohl das Ganze als auch ein individuelle Konkretisierung. Bin das Blatt am Baum, das jeden Herbst abfällt, bzw. als Mensch und Person irgendwann stirbt.

Blöd das Blatt, das sich als „Getrenntes“ begreift und Angst vor dem Sterben hat.

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Diskussion

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44 Kommentare zu „Eine Frage an die Empfindsamen – und die Yoga-Übenden“.

  1. liebe Claudia das kenne ich auch, auf einmal ist es da. Zum Beispiel in der Meditation und was mach ich dann? Denken „oh da ist es“ und wieder bin ich getrennt, weil es mein Geist so gewöhnt ist. Der alte Decartes hatte womöglich gar nicht recht mit „ich denke also bin ich“. Wenn ich denke, dann kann ich nur bedingt das reine Sein spüren, viel besser geht das mit Abwesenheit vom Denken oder zumindest fokussiert denkend. Übertragen auf die physische Leichtigkeit bleibt die Frage bei mir einfach im Raum/Kopf stehen. Warum ging heute der Kopfstand so leicht und ohne inneres „wann kann ich endlich ausruhen“?

    Vielleicht ist die Frage ja gleich wie die Aussenwahrnehmung „oh mist kein Frühling“ oder „meine Jacke ist leider nicht vegan ;)“ ja gar nicht mit dem wahren sein (das yogische Ziel) verbunden, vielleicht sind diese Fragen ja nur Ablenkungen wie so eine google Suche auch.

    Ich hab keine Ahnung.

    PS: hab grad einen schönen Kommentar von dir wiedergefunden als ich gesucht hab, ob ich schonmal über deine Frage nachgedacht habe, das hab ich leider nicht, aber du ;) http://yoga-blog.ch/2010/11/05/gedankenlos-gluecklich/

  2. Das geschilderte Phänomen hat wahrscheinlich weniger mit äußeren Einflüssen wie Luftdruck usw. zu tun, als viel mehr mit inneren Befindlichkeiten. Ich würde vermuten, dass ursächlich für ein solches Empfinden das (kurzzeitige/befristete) Lösen schon lange bestehender muskulärer Verspannungen ist (so man denn eine medizinisch-physiologische Erklärung finden will) – und dann fühlt es sich eben leicht (und ungewohnt) an. Aber – schwupps – bei der nächsten Yogastunde oder schon ein paar Minuten später ist das altvertraute Körpergefühl wieder da und die „Leichtigkeit des Seins“ nur eine schöne Erinnerung.

    Ich habe lange Zeit selbst Yoga (und Zen-Meditation) geübt und kenne das Phänomen aus eigener Erfahrung. Und vielleicht beglückt uns das Leben ja ab und an mit solchen Erlebnissen, um uns daran zu erinnern, dass das Dasein eben auch „leicht“ sein kann und wir das Potential „mit Leichtigkeit“ durchs Leben zu gehen (noch) in uns haben …

    Zu deinem vorigen Posting, Claudia, über das Asylbewerberheim in Thüringen (meiner Heimat): es ist schlimm, dass es solche Zustände in einem der reichsten Länder der Welt gibt. Und es ist leider bittere Realität. Vermutlich werden die zuständigen Behörden sogar auf den Brief der Frauen reagieren: allerdings m.E. eher nicht, indem das Gebäude renoviert, eine Krankenschwester oder ein freundlicherer Hausmeister eingestellt wird.

    Sondern man wird wohl eher geneigt sein, die Asylanträge „fristgerechter abzuarbeiten“ (und zu dem Zweck vielleicht einen weiteren Sachbearbeiter einstellen), um die Frauen schneller wieder in das andere Elend, aus dem sie hierher gekommen sind, zurückschicken zu können (die sog. Anerkennungsquote, das Verhältnis zwischen bewilligten und abgelehnten Asylanträgen, liegt in der Bundesrepublik bei ca. 1%).

  3. Ich fürchte, das ist kein besonders „übersinnlicher“ Effekt, sondern hat schlicht etwas mit der Funktionsweise des menschlichen Lernens zu tun: Es gibt – vor allem beim Erlernen von motorischen Fertigkeiten – den Effekt, dass man in einer Trainingseinheit etwas geübt hat und es einfach noch immer nicht perfekt schafft, aber am Beginn einer neuen Einheit es scheinbar plötzlich problemlos funktioniert – habe diese Erfahrung auch persönlich etwa beim Tennis oder Jonglieren beobachtet.
    Das kommt daher, dass vor allem beim motorischen Lernen die Verarbeitung der Koordinationen im Gehirn eine sehr lange „Nachlaufzeiten“ hat, die erst in den nächsten 24-48 Stunden stattfindet – wenn man etwa Fahrradfahren lernt, dann machen viele im Schlaf in dieser Zeit die Tretbewegungen ;-)
    Übrigens ist das auch beim „normalen“ Lernen so, dass das Gehirn nach einer Lerneinheit bis zu zwei Stunden braucht, um das Gelernte zu verarbeiten. Daher sind ja auch Pausen so wichtig, damit das Gehirn weiterlernen kann – habe ich eimmal in einem Lerntipp („Lass dein Gehirn nachsitzen!“ – http://schule.lerntipp.at/08/) simplifiziert dargestellt.

  4. Ich danke Euch für Eure Beiträge!!!

    Zu Peters Vermutung, es handle sich ums Loslassen von Verspannungen, kann ich nur sagen: ich entspanne immer auf die gleiche Art, wenn ich mit Yoga anfange – nämlich erstmal nicht besonders vollständig. Erst NACH der Stunde bin ich wirklich entpannt. Zudem war es eine der ersten 3 Übungen, bei der mir die „Leichtigkeit“ auffiel – und zwar deshalb, weil es eben die erste anstrengende Übung in der Reihe war. Das seltsame Leichter-Sein war vom Start weg da, ich habs nur mangels „austesten“ nicht gleich bemerkt.

    @Werner: ich übe das seit 22 Jahren – von „lernen“ oder besonderen Trainingseffekten kann da keine Rede mehr sein. Die Übungen sind mir in Fleisch und Blut übergegangen, da tut sich nichts mehr NEUES. Ob es schwer oder leicht geht, ist in der Regel abhängig von aktueller Fitness, Körpergewicht und allgemeinem Gesundheitszustand.

    „Perfekt“ ist im Yoga auch nicht das Ziel. Ob man es z.B. beim Kniekuss (gerade Vorbeuge im Sitzen) schafft, mit dem Gesicht dem Knie nahe zu kommen oder mit dem Oberkörper grade mal ein paar Zentimeter aus der Vertikalen kommt, ist für die Wirkung unerheblich!

    @Su: was du beschreibst, kenne ich auch. Besondere Zustände, die im Moment der gedanklichen Erfassung wieder verschwinden (daher vermutlich auch die alte Märchen-Weisheit: benannt ist gebannt!) Schön übrigens, meinen alten Kommentar dazu wieder zu lesen – danke dafür!

    Hier habe ich es allerdings nicht mit einem so flüchtigen Phänomen zu tun, sondern mit einer Art „Umstimmung“ des ganzen Körpers, die regelmäßig im Frühling auftritt. Hier ist es mir halt besonders aufgefallen, da der gefühlte Mega-Winter exakt bis Tags zuvor angehalten hat und ich deshalb nichts, aber auch gar nichts unternommen hatte, was man normalerweise im Frühling tut: mehr draußen sein, mehr Bewegung etc. Bei dieser Art gleitendem Übergang bemerkt man – so meine These – normalerweise diese Umstimmung nicht so deutlich, da sie eingebettet ist in geänderte eigene Aktivitäten.

    Meine Vermutung steht weiterhin: IRGENDWIE ist es der Frühling, die geänderte Atmosphäre, das Erwachen der Lebenskraft – und das merkt offenbar jede Zelle, auch wenn ich mental noch nichts davon weiß!

  5. Das war mir schon klar, dass du das schon sehr lange übst, doch die entscheidende Verschaltung in deinem Gehirn hat erst nach dem letzten Mal funktioniert. Ich habe auch schon zwanzig Jahre den Backhandsmash immer wieder geübt, war deshalb nach einer Extra Trainingseinheit mit meinem Trainer auch ziemlich frustriert, dass es noch immer nicht perfekt zwischen Absprung und Schlagbewegung geklappt hat. Am Wochenende darauf in einem Match hat es plötzlich mehrere Male perfekt funktioniert. Ein ähnliches Erlebnis hatte ich bei Wurfbewegungen beim Joglieren …
    Kann übrigens auch ein plötzliches „Verlernen“ einer alten Routine gewesen sein! Deren Verschaltungen im Gehirn waren erst nach dem letzten Mal so geschwächt, dass sie nicht mehr für die Bewegung relevant waren.
    Und dass du diese Erklärung nicht glauben willst, ist dein Bedürfnis und das vieler Menschen, scheinbar Unerklärliches mit Magie erklären zu wollen. Es gibt in der Kindheit eine solche Phase des magischen Denkens und manche Menschen schöpfen viel ihrer späteren Phantasie aus einer diesbezüglichen Regression … ;-)

  6. @Werner: hey, erzähl mir doch bitte nicht, was in MEINEM Hirn passiert! :-)))

    Nein, es hat definitiv nichts mit dieser einen Übung zu tun, wie ich im letzten Kommentar extra nochmal erläutert hatte. An ihr hab ich es nur BEMERKT! Wäre ich da Treppen gestiegen oder hätte den Garten umgegraben, anstatt Yoga zu machen, wär es dasselbe gewesen. Es war ja nach dem Schulterstand nicht weg, die ganze Übungsreihe war viel weniger anstrengend als die Wochen zuvor.

    Trotzdem danke für die Mühen um eine Erklärung! Ich werd evtl. auch mal einen Meteorologen oder Mediziner anschreiben….

  7. Hey Claudia, wenn du die Antwort auf deine Frage doch schon kennst, weshalb stellst du sie dann hier in den Raum? „Danke für die vergeblichen Mühen um eine Erklärung“ hätte dein Statement zu den Lesermeinungen ehrlicherweise lauten müssen!

    Außerdem: deine Erklärung und das was beispielsweise ich andeutete, schließen sich doch nicht aus; weshalb also das „aber“ respektive „zudem“?

    Klar hätte ich meine Sichtweise auch noch weitschweifiger ausführen können: Man hat z.B. in den letzten Jahren herausgefunden, dass das hormonähniche Melatonin so eine Art „Mastersubstanz“ im menschlichen Organismus darstellt, welche die Bildung anderer Hormone und Botenstoffe steuert. Und im Frühjahr, wenn die Tage wieder länger werden (mehr Licht), erwacht nicht nur die übrige Natur, sondern auch der menschliche Organismus gewissermaßen aus dem „Winterschlaf“.

    Und der Mediziner, den du anzuschreiben gedenkst, wird dir vermutlich bestätigen, dass eine subjektive Empfindung von „Leichtigkeit“, wie von dir beschrieben, stets etwas mit An- und Entspannung bzw. dem Muskeltonus des Organismus (der auch wiederum stark von Hormonen beeinflusst wird) zu tun hat …

  8. Wobei noch zu ergänzen ist, dass dieses Gefühl der Leichtigkeit wie jede andere Emotion natürlich nur in deinen Gehirn entstehen kann, denn Gefühle sind natürlich auch zu einem großen Teil über Verknüpfungen von Neuronen in deinem Kopf entstanden.
    Daher will ich dir auch nicht erzählen, WAS in deinem Gehirn passiert, sondern ich sagte dir nur, dass ALLES letztlich in deinem Gehirn passiert. Und für jede „überraschende“ oder „unvermutete“ Veränderung im Verhalten, ganz egal ob es Stiegensteigen, Yoga-Übungen oder Maikäfer-Fangen ist, ist dein Gehirn veranwortlich.

  9. @Peter: nein, ich finde nicht, dass ich die Antwort habe! Das ist doch nichts Greifbares, Physisches, Messbares, Erklärtes, wenn ich mir denke „irgendwie eine Frühlingsenergie“ – sondern nur unklares Befindlichkeitsgeschwurbel!

    Sicher bin ich ja nicht die erste und einzige auf der Welt, die das so verspürt. Deinen Hinweis auf Entspannungsvorgänge beantwortete ich mit „aber“ und „zudem“, weil ich da halt keine Änderungen gegenüber anderen Yogastunden bemerkt hatte – also was jetzt den Grad der Entspannung angeht. Deine „weitschweifigere“ Erklärung mit dem Melatonin ist z.B. so etwas „Greifbares“, das ich suche – ist vielleicht blöd und überflüssig, doch mich interessieren halt auch die materiellen Aspekte.

    @Werner: aber doch eher nicht bei Vorgängen auf Zell-Ebene – oder? Ich empfand das eher so wie eine atmosphärische Veränderung, die bewirkt, dass der physische Körper leichter wirkt – deshalb auch die erste Idee mit dem Luftdruck.

    Schade, dass es nur einmal im Jahr Frühling wird! Sonst könnte ich das öfter beobachten….

  10. Aber wo sollen Empfindungen sich denn manfestieren, wenn nicht in deinem Gehirn?
    Wie willst du Veränderungen wahrnehmen ohne Gehirn?
    Auch Illusionen sind im Gehirn verortet und sonst nirgends …
    Übrigens: Der Frühling ist eine Erfindung des Gehirns von Menschen, denn Tiere kennen keinen Frühling, sondern haben nur gehirngesteuerte Instinkte …

  11. @Werner: die WAHRNEHMUNG per Gehirn ist aber doch etwas anderes als das jeweilige Geschehen! Z.B. der Stoffwechsel der Zellen, der findet normalerweise komplett unbemerkt statt – bis etwas aus dem Gleichgewicht gerät und ich dann „spüre“: da stimmt was nicht… Im Fall des Flüssigkeitsmangels z.B. als DURST.

    „Frühling“ ist eine Bezeichnung für ein Konglomerat von Veränderungen, die mit dem Jahreszeitenwechsel einher gehen. Wir „labeln“ das Geschehen, wir ERFINDEN es nicht! Ihm ausgesetzt sind sowohl Menschen als auch Tiere und Pflanzen. Dass wir dazu noch etwas denken, ändert am Frühling nichts.

  12. Da ist doch glatt meine Antwort von heute mittags (in meinem Stammcafé vom iPad aus zwischen Bärlauchomelette und Großem Braunen) in den unendlichen Weiten des Internets verschwunden – versuche ich jetzt also zu rekonstruieren, was ich geschrieben hatte, sofern mich mein Gehirn nicht im Stich lässt:
    Das Geschehen ohne ein wahrnehmendes Gehirn gibt es nicht und der Stoffwechsel ist ohne Steuerung durch das Gehirn gar nicht möglich. Da es kein objektiv nachweisbares Geschehen ohne und außerhalb des Gehirns gibt, sind alle Konglomerate oder Veränderungen tatsächlich Erfindungen deines und meines Gehirns, das selber letztlich aber auch nur eine Erfindung durch eine labelnde Person (dich und mich) ist, wobei sich die Personen (wir) durch das Labeln sich dabei gleich selbst mitkonstruieren: http://werner.stangl-taller.at/BERUF/PUBLIKATIONEN/PARADIGMA/
    Wir können übrigens ja auch jede Menge Geschehen konstruieren, von dem wir ganz genau wissen, dass es das außerhalb unserer Neuronen gar nicht gibt.
    Also meine Antwort von Mittag war irgendwie griffiger und überzeugender ;-)

  13. @Claudia: Es freut mich, dass du meinen mehr oder weniger weitschweifigen Erklärungsversuchen wohl doch noch etwas abgewinnen konntest. Eine schlussendliche Antwort auf die Frage, warum du dich plötzlich so leicht fühltest, wird es vermutlich nicht geben. Man kann sich dem Phänomen nur annähern – und das aus den unterschiedlichsten Richtungen und Wissenschaftsdisziplinen; natürlich auch spirituell-mythologisch oder gar esoterisch (letzteres für Menschen, die einfache Erklärungen bevorzugen).

    Und der Ansatz über körpereigene Substanzen (Hormone, Botenstoffe, Neurotransmitter …), die der Organismus bildet und welche die Befindlichkeit (u.a. auch den Spannungszustand der Muskulatur) steuern, scheint mir nicht gänzlich ungeeignet zu sein. Viele depressive Menschen kennen beispielsweise das Phänomen der sogenannten hypomanischen Nachschwankung. Es tritt auf, wenn sich eine massive akute Depression, die Tage oder Wochen angedauert hat, löst. Und was dann erlebt wird, ähnelt z.B. sehr dem, was du als diffuse Empfindung von Leichtigkeit beschrieben hast: Der Mensch fühlt sich voller Energie, leicht und beschwingt (als könnte er „Bäume ausreißen“), die (Rücken-) Schmerzen sind plötzlich wie weggeblasen, und wenn er sich bewegt, hat er gleichsam das Gefühl, er „werde bewegt“ – so leicht fühlt es sich an.

    Was dabei im Organismus abläuft, ist vermutlich eine Art Selbstheilungsprozess. Medizinisch „festmachen“ kann man es am ehesten über bestimmte Neurotransmitter, wie Serotonin und Noradrenalin, die in einer solchen Phase in auffallend veränderter Konzentration im Körper nachweisbar sind. Und ich mag nicht ausschließen, dass solche Prozesse auch durch äüßere Einflüsse (wie z.B. den nahenden Frühling) hervorrufbar sind – was in deinem Falle wahrscheinlicher wäre.

    Diesbezüglich hat in den letzten zehn, zwanzig Jahren, bedingt durch die Verfeinerung biochemischer Nachweisverfahren und die rasante Entwicklung bildgebender Verfahren (Computertomografie etc.), ein großer Erkenntniszuwachs stattgefunden. Man weiß heute z.B. gut darüber Bescheid, welche Substanzen bei chronischem Stress (stets verbundem mit einem erhöhten Muskeltonus und der Neigung zu Schmerzen und Verspannungen) und welche bei einem Gefühl der „Leichtigkeit“ und des Wohlbefindens beteiligt sind. Im ersteren Fall sind es Hormone und Substanzen aus der Gruppe der Glukokordikoide (Kortisol ist wohl die bekannteste) und in letzterem ist es u.a. das auch als „Bindungshormon“ bezeichnete Oxytocin (weil man herausgefunden hat, dass es vermehrt u.a. beim Sex, bei als angenehm empfundener körperlicher Berührung und beim Stillen = Mutter-Kind-Bindung/-Beziehung) ausgeschüttet wird …

    Ich hoffe, dass das jetzt nicht zu weitschweifig (und oberlehrerhaft) war. Aber du siehst, es lassen sich durchaus diesseitige Erklärungsansätze für deine Frage finden, und wenn du Google mit den passenden Begriffen fütterst, findest du (außer einschlägiger Werbung und dubiosen Heilsversprechungen) bestimmt auch noch weitere (möglicherweise gänzlich anders geartete) und dir vielleicht näher liegende.

    @Werners lernpsychologischer Ansatz scheint mir auch nich zu weit hergeholt zu sein. Auch auf diesem Gebiet gibt es noch viel zu erforschen. Welche Verschaltungsprozesse im Gehirn ablaufen und welche Substanzen daran beteiligt sind, wenn z.B. Bewegungsabläufe erlernt werden oder sich Gedächtnisinhalte einprägen, beginnt man gerade erst zu verstehen. Wobei, wenn W. seine Sichtweise weiter ausführt, ich stark vermute, dass dahinter eine idealistisch-konstruktivistische Weltsicht (nach der es keine objektive Realität gibt, sondern alles nur eine Erfindung („Konstruktion“) des menschlichen Geistes/Gehirns ist (welch ein Größenwahn, als ob der Mensch der „Nabel der Welt“ wäre) zum Vorschein kommt.

    Deinen meteorologischen Ansatz, Claudia, halte ich für weniger zielführend. Denn wenn sich beispielsweise der (äußere) Luftdruck ändert, ändert sich ja sogleich auch der Druck im Inneren des Organismus, da ist ja stets ein homöostatisches Gleichgewicht und nichts, was von außen auf den Körper „drückt“ und so das Sich-Bewegen schwerer oder leichter macht. Aber wer weiß, vielleicht gibt’s ja auch da noch überraschende Erkenntnismöglichkeiten. Wäre jedenfalls interessant zu wissen, wie ein Meteorologe deine Frage (aus berufsspezifischer Sicht) beantworten würde …

  14. @ Peter: Es ist kein Größenwahn, sondern der einzige wenn du willst, Wahn, der einem Menschen verfügbar ist. Alles andere ist eine soziale Aushandlung, wobei das Soziale halt auch bloß ein Wahn ist ;-)
    Und jetzt schau ich weiter die Bayern und Barca …

  15. @Werner: Ob Größenwahn oder einfacher Wahn (ohne Totalismusanspruch), ist vielleicht gar nicht so entscheidend. Allerdings: bei dem Gedanken daran, dass du als Pädagoge und Psychologe (habe mich ein wenig auf deiner Website umgesehen) möglicherweise diese schwer nachvollziehbare und mit dem Nimbus des elitär-abgehobenen behaftete „Nicht-Realitäts-Sicht“ des Radikalen Konstruktivismus jungen Menschen zu implementieren versuchst, ist mir nicht ganz wohl zumute. Aber vielleicht ist alles gar nicht so schlimm und du bist eigentlich ein ganz netter und vernünftiger Kerl – schaust zumindest auf dem Foto auf deiner Internetseite nicht gänzlich unsympathisch drein ;-)

  16. Ach du liebes Bisschen, Pädagoge bin ich nicht, sondern höchstens pädagogischer Psychologe!
    Und dass hier „junge Menschen“ zugange sind, denen ich meine Sicht zu „implimentieren“ versuche … Verzeih, Claudia, aber ich hab ja in erster Linie dir geantwortet.
    BTW: Was ist denn am Radikalen Konstruktivismus SO Schlimmes?
    Claudia kennt mich lang genug – wohl seit den Anfängen des Internet – ich sag nur „bla“ oder „COMPUSERVE“ ;-)
    http://www.stangl-taller.at/4711/SIEB.10/SATIRE/COMPUSERVE/
    oder „Webkultur“
    http://www.stangl-taller.at/4711/SIEB.10/SATIRE/WEBKULTUR/

  17. @Werner:

    „Da es kein objektiv nachweisbares Geschehen ohne und außerhalb des Gehirns gibt, sind alle Konglomerate oder Veränderungen tatsächlich Erfindungen deines und meines Gehirns, das selber letztlich aber auch nur eine Erfindung durch eine labelnde Person (dich und mich) ist“

    Aha, der radikale Konstruktivismus… (was unterscheidet den eigentlich vom Solipsismus?) Lange fand ich diese Konzepte reizvoll, aber letztlich nicht wirklich hilfreich im Umgang mit den Entscheidungserfordernissen des Lebens. Er erscheint mir nicht mal als „vermutlich wahr“, denn unser bloßes Unvermögen, einen Standpunkt außerhalb von Selbst und Welt einzunehmen, ist ja nun kein Beweis, dass da keine Welt sei! (Verzeih, dass ich jetzt nicht Zeit und Lust habe, den Mega-Input deiner Verlinkung zu rezipieren! :-))

    @Peter: danke für die Vertiefungen. Was du anführst, ist mir nicht unbekannt – mich hat halt interessiert, was die materielle Entsprechung dieser Leichtigkeit sein könnte.

    „Aber du siehst, es lassen sich durchaus diesseitige Erklärungsansätze für deine Frage finden,…“

    Es gibt kein Diesseits und Jenseits – sondern alles ist eins! :-) Zudem hatte ich explizit nach der materiellen Ebene gefragt.

    Das mit dem Luftdruck war eine allzu naive Idee, klar! Dennoch gibt es ja diese „Wetterfühligkeit“ bei manchen, insbesondere älteren Menschen. Manche spüren den Wechsel zwischen Hoch- und Tiefdruck…

    Zum Vorwurf an Werner: Abgesehen davon, dass er faktisch nicht zutrifft, ist es aus meiner Sicht nicht sinnvoll, junge Menschen vor was auch immer für Konzepten über die Wirklichkeit bewahren zu wollen! Ich hab‘ z.B. mit 14/15 gleichzeitig Freuds „Unbehagen in der Kultur“ und Suzukis ZEN-Lehren gelesen – in einem Umfeld, das gerade begann, Marxismus/Leninismus/Maoismus als Lehre von dem, was der Fall ist, auf den Sockel zu stellen, sowie „kritische Theorie“ zu üben. Das katholisch-christlich-religiöse Weltbild hatte ich schon so um die 10 abgewählt und in den Jahren bis 35 lernte ich noch allerlei andere „Lehren vom Sein und vom Dasein“ kennen, durchaus open minded mich zeitweise darauf einlassend.

    Im Lauf der Zeit wächst so „aus dem Nichts“, aber in Befassung (lesend und lebend) mit Vielerlei immerhin ein kleiner ureigener Kriterienkatalog zur Beurteilung von Weltbildern. Hätte man mich vor exotischen Sichtweisen bewahrt, wär es dazu nie gekommen.

  18. Bei jedem Kommentarversuch kriege ich die Meldung, dass es ein doppelter Kommentar ist!

  19. @Werner: seltsam! Ich hatte das ganz selten auch mal, da war dann sozusagen das Captcha „abgelaufen“. Ein Reload mit Neu-Eingabe (des zuvor in die Zwischenablage gesicherten Kommentars) hat dann geholfen.

    Bin grade nicht als Admin angemeldet, wenn ich nicht nochmal kommentiere, hat es problemlos geklappt.

  20. In dem Augenblick, in dem du nach einer Erklärung fragst, begibst du dich auf die Ebene von Wissenschaft und verlässt die Ebene der Alltagsplausibilität. Auch ist es kein Unvermögen, wenn man keinen Standpunkt außerhalb von was immer einnehmen kann, sondern schlicht eine Unmöglichkeit in einem nomothetischen Wissenschaftsverständnis.
    BTW: der literarische ist sowieso lustiger ;-)
    Ich sag nur „Missing Link Cyberzine“:
    http://sieb.10.stangl-taller.at/CYBERSPLITTER/Yoga.html

  21. @Claudia: Da hast du wohl Recht: zu den Dingen, die man verbieten sollte, gehört der Radikale Konstruktivismus bestimmt nicht, er ist weder wahnsinnig, gefährlich noch sonstwas in der Richtung (meine diesbezügliche Bemerkung war auch nicht so ganz ernst gemeint). Im Hinblick auf weltanschauliche Standpunkte soll und darf jeder seine eigenen Erfahrungen machen – da stimmte ich dir vollends zu. Die meisten derartigen, ich sage mal, Außenseitertheorien erledigen sich eh irgendwann von selbst; sei es, dass permanent neue entstehen und so die einzelnen Theorien nicht mehr genügend Anhänger auf sich vereinen können. Oder deren Vordenker sind untereinander heillos zerstritten, oder es findet keine Weiterentwicklung und Adaption an die realen gesellschaftlichen Verhältnisse statt oder, oder … Im Falle des Radikalen Konstruktivismus ist es vermutlich nicht anders.

    Ich persönlich bin Marx, Engels, Lenin und der DDR ziemlich dankbar, dass sie mir mit dem Dialektischen Materialismus ein, wie ich finde, praktikables und zeitloses Werkzeug an die Hand gegeben haben, mir die Welt theoretisch zu erschließen und praktisch begreifbar zu machen. Das vor allem auch vor dem Hintergrund, wenn ich sehe, dass in meinem Umfeld viele ansonsten intelligente und nicht ungebildete Menschen mit West-Sozialisation in weltanschauliche Dingen ziemlich orientierungslos dastehen und anfällig für Heilsversprechungen aller Art sind.

    Denn eine vergleichbare Philosophie, die zu so etwas wie einem „weltanschaulichen Standpunkt“ führen könnte, wird jungen Menschen auf ihrem Weg durch Schulen und Universitäten offenbar heutzutage und hierzulande nicht vermittelt. Für Fragen von Ethik, Moral und Weltanschauung ist (in D insbesondere in den südlichen Bundesländern) – wenn überhaupt jemand – die Kirche zuständig. Was sie aber nicht wirklich leisten kann, da ihr theoretischer Unterbau schon lange keinen Bezug mehr zu den realen gesellschaftlichen Verhältnissen, insbsondere fortschreitender (Natur-) Wissenschaft und Technik, hat. Dies nur als ganz persönliche Beobachtung und Vermutung, ohne hier einen Ost-West-Konflikt schüren zu wollen (und zugegebenermaßen etwas weit vom ursprünglichen Thema deines Postings abschweifend). Und ich lasse mich auch gerne eines besseren belehren, wenn mir jemand plausibel das Gegenteil darlegt.

    @Werner: Falls du hier noch mitliest und dich durch meine Anwürfe persönlich angegriffen oder verletzt fühltest: entschuldige bitte, das war wohl etwas zu drastisch. Keinesfalls wollte ich damit jemanden persönlich diskreditieren.

  22. Warum sollte ich mich angegriffen fühlen, wo es dich doch ohnehin nur in meinem Kopf als Konstruktion gibt und ich selber dafür verantwortlich bin, was ich aus deinen Worten herauslese. Außerdem ist ja meine Position grundlegend dem Kynismus und dem Skeptizismus verbunden, wobei ich in meiner Analyse der Wissenschaften ohnehin den Schluss ziehe, dass es letztlich alles Märchen sind, die sie erzählen … Kannst du in meinem letzten Kapitel des Buches nachlesen: http://www.stangl-taller.at/PSYCHOLOGIE/PARADIGMA/335PERSPEKTIVEN/

  23. @Werner: Und woher kommen die Worte auf die du reagierst? Wenn ich dich richtig verstanden habe, sind die doch auch nur deine Konstruktion und du sprichst also mit dir selbst.
    Glaube ich ja nicht, dass du das so meinst, aber so lese ich dein Posting oben.

  24. Nein, ich spreche nicht mit mir selber, sondern mit der Konstruktion der Person in meinem Kopf. Das macht den Unterschied zwischen einem ontologischen und einem epistemischen Solipsismus …

  25. ich konnte leider nicht mehr alle Kommentare lesen, aber eins hab ich rausgepickt, weil es mehrmals auftauchte. Emotionen im Gehirn.

    Die yogische Sicht verstehe ich so: Emotionen sind veränderte Gedanken, sie haben ihre Energie verändert und sind nicht nur denkbar sondern nun auch fühlbar. Dies entsteht zum Beispiel aufgrund dauernder Wiederholungen des immer selben Gedankens. Also in meiner Erfahrung ist eine Emotion überall, nur nicht im Hirn, obwohl dieses sie natürlich zu analysieren und kategorisieren sucht. my 5 cents

  26. @Su Franke: Mit den Emotionen ist es nach allen mir zugänglichen wissenschaftlichen Erkenntnissen – jetzt sehr simplifiziert dargestellt – so, dass diese als unspezifische Erregungen im Körper „entstehen“ und dann vom Gehirn auf Grund der Situation und des wahrgenommenen eigenen Zustandes in eine bestimmte Richtung interpretiert werden, wobei manchmal gar kein so fundamentaler Unterschied zwischen Selbstbeobachtung und Fremdbeobachtung besteht. Der Körper liefert de facto nur die Quantität der Erregung, das Gehirn interpretiert es in der Qualität.
    Um es an einem simplen Beispiel zu illustrieren: Du stehst am Sarg eines Freundes und heulst – also wirst du es als Trauer um diesen Freund interpretieren. Physiologisch in den selben Zustand gebracht in einem finsteren Wald, in dem die Wölfe heulen, wirst du das alles als Angst interpretieren. Und neben George Clooney in einem Lokal sitzend wirst du das Arousal anders interpretieren, als wenn du in der U-Bahn im Gedränge an einen schwitzenden Fettsack gepresst wirst …
    BTW mir genügen 2c
    http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/EMOTION/EmotionPsychophysik.shtml

  27. @Werner: also aus meiner Selbstbeobachtung heraus berichtet, stimmt diese Sicht der Dinge NICHT!!

    Das Denken, Erkennen, Bewerten (Frontalhirn) ist an Emotionen allermeist beteiligt, ja oft genug ursächlich. Beispiel: Jemand beleidigt mich, greift mich an, unterstellt mir irgendwas… Dies erkennend, ergibt sich Wut/Ärger im Bauchbereich, materialisiert sich in Form einer Anspannung.

    Üblicherweise re-agieren Menschen dann „quasi-automatisch“ der erkannten Situation entsprechend, natürlich unterschiedlich, je nach Charakter und Temperament. Beleidigen zurück oder verteidigen sich empört, oder „fressen es in sich hinein“, was bedeutet: man grübelt darüber, hält am Ärger fest mittels innerer rechfertigender Monologe.

    Man kann aber auch einfach bewusst atmen und beobachten, wie sich die Anspannung im Bauchraum schnell wieder löst. Und damit auch die Emotion „Ärger/Wut“ wieder verschwindet. Nun kann man wieder rational und gelassen darüber befinden, ob und wenn ja welche Reaktion angemessen ist – oder ob man den Angriff „an sich abplätschern lässt“, was ja nun abseits der emotionalen Wallung leicht machbar ist.

  28. Die Sicht auf die Dinge ist etwas anderes, als das, was tatsächlich passiert. Menschen lernen nun einmal seit Geburt und auch manchmal schon davor, Kausalitäten herzustellen und als naturgegeben zu betrachten. Aber irgendwann mussten wir ja auch erst lernen, dass ein Löwe, der hinter einem Busch verschwindet, nicht einfach weg ist, sondern wieder hervorkommen kann. Viele solcher Reaktionen sind genetisch programmiert, aber das meiste muss gelernt werden. Am besten siehst du das ja bei Babies, die relativ wenige Ausdrucksmöglichkeiten haben, um konkret zu sagen, ich hab Hunger oder meine Windel drückt oder der Magen rebelliert gegen den Karottenbrei … Diese Zusammenhänge herzustellen müssen Menschen erst lernen. Dass irgendwann diese Reaktionen automatisch passieren heißt noch nicht, dass das Gehirn nicht daran beteiligt ist, sondern im Gegenteil – die Verknüpfung ist fest verdrahtet und wir können gar nicht mehr anders interpretieren. Das ändert aber noch nichts an den grundlegenden Mechanismen. Man hat in vielen Experimenten Menschen medikamantös in eine unspezifische Erregung versetzt und sie dann unterschiedlichen Situationen ausgesetzt – die Reaktionen reichten dann von Aggression bis hin zu einem Glücksgefühl, nur weil die einen angegriffen wurden und die anderen umarmt. Und dass man über sein Verhalten die „Emotionen“ beeinflussen kann, ist ja eher ein Beweis als eine Widerlegung, denn damit schafft man es, die Erregung neu zu interpretieren. Aber diese „Verarbeitung“ verbraucht natürlich jede Menge Energie, warum es auch so schwer fällt, da man dabei gegen das fest Verankerte „argumentiert“.

  29. @Werner: Also ich reagiere auch aggressiv, wenn ich angegriffen und mit einem Glücksgefühl, wenn ich umarmt werde (im Normalfall, hängt natürlich immer vom Umarmer ab) – und das ganz ohne „medikamentös in eine unspezifische Erregung“ versetzt worden zu sein. Irgendwie ist mir der Sinn und Zweck bzw. Versuchsaufbau dieses Experiments nicht ganz klar.

  30. Die Experimente zeigen, dass es das Gehirn ist, was es aus einer Erregung macht … das war ja der Ausgangspunkt der Diskussion. Dass es keine Emotion ohne Interpretation gibt und dass diese Interpretation nicht von außen bestimmt wird sondern von deinem Gehirn.

  31. Sorry, aber so wie Du es beschreibst, zeigen die Experimente nur, dass auf Angriff Aggression folgt und auf Umarmung Glück. Super Erkenntnis. Das hat mit der Diskussion selbst doch gar nichts zu tun. Wahrscheinlich kann ich dem Ganzen jedoch nur auf Grund der Kürze der Darstellung nicht folgen.

  32. @Klaus: Ja, du solltest wirklich den ganzen Thread lesen und worum es geht … Kurz zum Verständnis: Es geht hier NICHT um Verhalten, sondern um die Interpretation eines Arousal durch das Gehirn (Stichwort: Frühlingsgefühle) – der Frühling ist nicht einfach DA, sondern der entsteht durch die Interpretation eines unspezifischen Arousal (natürlich + eskalierender Wechselwirkung) mit einem Gehirn, das etwas in eine bestimmte Richtung interpretiert. Mein Postulat war: das Gehirn bestimmt, was eine Emotion bedeutet, nicht die Emotion! Diese ist stets neutral!

  33. Die „Kürze“ bezog sich auf die Darstellung des von Dir erwähnten Experimentes und nicht auf meine Lesart des Threads. Aber trotzdem Danke für die kurze Zusammenfassung. Das Gehirn interpretiert mehr als nur die Erregung bzw. die Emotionsbildung ist mehr als nur eine „nachträgliche“ Interpretation eine Erregungszustandes des Nervensystems. Die Trennung, die Du vornimmst, ist meiner Ansicht nach künstlicher Natur.

  34. Was ist es dann? Neugierig!

  35. @Werner:

    selten so eine gequirrlte Scheisse gelesen! Grade von dir hätte ich mehr Grips erwartet anstatt derartig verschwurbelten Gedanken-SCHROTT!!!! Und das soll WISSENSCHAFT sein? Ich schmeiss mich weg…

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    So: hast du jetzt (aufgrund dieses natürlich experimentellen Anwurfs!) vielleicht spontan eine leichte Anspannung im Bauchraum oder SolarPlexus-Bereich gespürt, die man gemeinhein nicht gesondert beachtet, sondern lediglich als Emotion „Ärger“ wahrnimmt???

    Ich bleibe dabei: die „Erregungen“ sind nicht einfach so da, fallen nicht ein wie Schnee oder Regen und werden erst dann vom Gehirn „interpretiert“. Sondern die Interpretation eines Erlebnisses (wie etwa ein beleidigender Text) gebiert erst die physische Erregung/Anspannung, die eben der materielle Ausdruck dessen ist, was wir „Emotion“ nennen.

    Dass dem so ist, ist nicht nur meine Meinung, sondern ist vieltausendfach Standard in vielerlei Therapie- und Lebenskunst-Konzepten, uralten und modernen.

    Siehe auch https://www.claudia-klinger.de/entspann.htm – den Abschnitt „Handlungsfähig werden“.

  36. Leider hat Dein Experiment nicht funktioniert, da ich in meiner Mail zuerst deinen Namen las und schon am Stil erkannte, dass das ein Fake war. Außerdem bin ich solche Texte noch aus Zeiten des Usenet gewöhnt und hab mich eher in alte Zeiten zurückversetzt gefühlt, war also vermutlich eher nostalgisch gestimmt. Wobei ich beim Lesen deiner Nachricht eigentlich nur hungrig war, denn ich habe gerade die Terrasse meines Sohnes aufgewischt, damit sie über Mittag trocknen kann, und wir sie nachmittags einölen können.
    Du siehst also, dass das Arousal erst in Bezug auf den Kontext interpretiert werden muss. Auch das Baby muss erst lernen, was die Erregung bedeutet: Hunger, Durst, Angst, Schmerz, Freude … Das muss manchmal auch die Mutter lernen … Und Kausalität fällt auch nicht vom Himmel, sondern muss erlernt werden.
    Und wenn du Therapien ansprichst: Die sind ein Musterbeispiel für meinen Standpunkt, denn praktisch alle basieren auf der Annahme, dass man die Emotionen uminterpretieren bzw. umlernen kann. Und wenn das nicht das Gehirn macht, wer sonst?
    Übrigens: ich warte immer noch auf die Antwort Klausens, wer oder was denn die Emotion interpretiert, wenn nicht das Gehirn.

  37. Es hat also nur nicht geklappt, weil du es „in Bezug auf den Kontext“ NICHT als Beleidigung interpretiert hast, sondern erkannt, dass ICH sowas nicht schreiben würde….

    „Du siehst also, dass das Arousal erst in Bezug auf den Kontext interpretiert werden muss. “

    Nein, nicht „das Arousal“ (=die Erregung, die Emotion/physisch Anspannung) wird interpretiert, sondern der Reiz/Anlass, hier der Text. Und wenn das als Beleidigung bzw. Angriff interpretiert würde, käme es zum dem „Arousal“ – im anderen Fall (=das kann Claudia nicht ernst meinen) eben nicht.

    Du kannst doch nicht ernsthaft leugnen, dass z.B. eine Chef-Ansprache wie „leider muss ich Ihnen mitteilen, dass wir im Zuge des Folgeauftrags für Sie keine Verwendung mehr haben werden“, die vom Betroffenen richtig als „Kündigung“ interpretiert wird, auch eine entsprechende Emotion erzeugen wird? (Natürlich nur unter der Voraussetzung, dass der an seiner Arbeit hängt und Arbeitslosigkeit fürchtet).

    Ich denke mittlerweile, wir verstehen Begriffe unterschiedlich. (Erregung, Arousal, Emotion, Anspannung, Reize etc.)

    Z.B. kenne und verwende ich auch gerne das Beispiel des Kleinkinds, das hinfällt, sich das Knie aufschürft, aber erst dann zu heulen anfängt, wenn der Blick zur Mutter ergeben hat, dass offenbar etwas Gefährliches/Schlimmes passiert ist. Davon abgesehen gibt es aber auch so heftige Schmerzen, dass sie einem ganz ohne soziale Interpretation die Tränen in die Augen treiben…

    Schön, dass wir uns bei den Therapien einig sind! Da (und auch in nicht-therapeutischen Selbstveränderungsmethoden) wird gelernt, dass es mir überlassen bleibt, ob ich einen verbalen Angriff auf mich beziehe und nun meine, mich bzw. mein Verhalten verteidigen (oder zum Gegenangriff übergehen) zu müssen – ODER ob ich das einfach als Info über den Angreifer sehe: anscheinend hab ich etwas in ihm ausgelöst, das ihn aus der Fassung bringt…

    Im Yoga lernte ich durch Wahrnehmung der körperlichen, mit den Emotionen einher gehenden Verspannungen, dass diese „ganz von selber“ oder auch durch Atmen schnell wieder verschwinden. Und mit ihnen auch die Emotion, die mir evtl. grade die Vernunft vernebelt…

    Klar, all die Interpretationsakte, die dann erst zur Emotion führen, macht das Gehirn. Aber es bleibt ein Rest realer Körperlichkeit, der nicht sozial/psychisch steuerbar ist. Auf die heiße Herdplatte kann sich niemand setzen und die Verbrennungsempfindungen „uminterpretieren“. Da ist m.E. radikaler Konstruktivismus schlicht falsch.

  38. „Übrigens: ich warte immer noch auf die Antwort Klausens, wer oder was denn die Emotion interpretiert, wenn nicht das Gehirn.“

    Darum ging es mir gar nicht. Wie Emotionen wahrgenommen, aufgenommen werden und wie darauf reagiert wird, was davon alles evolutionsbiologisch, epigenetisch, soziokulturell geprägt und unbewusst ablaufend oder bewusst steuerbar ist – da wissen sehr viele Menschen, sehr viel besser Bescheid als ich – Deine und Claudias Person inklusive.

    Jedoch halte ich Deinen Ansatz des beliebigen Inputs (so nenne ich es mal) für grundfalsch – Du gehst sogar so weit, die Existenz eines Inputs an und für sich in Abrede zu stellen – und Deinen Hinweis auf den „unspezifischen Arousal“ für irreführend.

    Letzterer zeigt einfach nur an, dass und in welcher Intensität im Nervensystem etwas passiert – sonst nichts.

    Deine Argumentation ist so, als würde ich die Stromspannung (Arousal) in einem Lautsprecherkabel (Nervensytem) messen – und da ich anhand der Spannung keine Aussage über die Musik treffen kann, ob da jetzt gerade Lemmy oder Mozart transportiert wird, behaupte ich einfach mal, die Musik (Emotion) entsteht im Lautsprecher (Gehirn)- und Tonträger (Außenwelt) und Tonabnahme (Schnittstelle zwischen Außenwelt und Mensch) seien nicht nur irrelevant, sondern auch inexistent.

    Selbstverständlich werden in den Lautsprechern die Schallwellen erzeugt und nicht etwa im Kabel oder Tonträger. Und Emotionen manifestieren sich im Gehirn. Ohne Gehirn keine Emotionen – na klar. Aber ohne den entsprechenden Input – irgendeine Art von sensorischer Wahrnehmung und sei es eine heiße Herdplatte – auch keine Emotion.

    Nur weil aus Deiner radikalen erkenntnistheoretischen Sicht keine 100% objektive Beschreibung eines „Draußen“ existiert (wozu braucht es die überhaupt?), heißt das nicht, dass es ein solches nicht gibt und Einfluss auf uns und unsere Emotionen hat.

  39. @Klaus:
    Der Haken an deinem mechanistischen Menschenmodell ist, dass auch der Lautsprecher und die Schallplatte nicht weiß, ob Mozart oder Shakira.

  40. @Claudia:
    Gerade Schmerz muss erst differenziert gelernt werden und ist zunächst nichts als unspezifischer Arousal. Übrigens sind Phantomschmerzen der beste Beweis, wo Schmerz entsteht: im Gehirn. Und die aktuell durch die Medien und Youtube geisternden Videos zur Gummihand zeigen, wie zutreffend das von mir vertretene Modell ist.

  41. Na und? Darum geht es doch gar nicht. 1. nur weil dass weder Lautsprecher noch Schallplatte wissen, sind Mozart und Shakira noch lange nicht identisch. 2. war es als Analogie gedacht. Der von Dir erwähnte Arousal ist nichts anderes als der gemessene Spannungszustand des zentralen Nervensystems, ähnlich wie eine Stromspannung. Er sagt in der Tat nichts darüber aus, welche Emotionen sich anschließend einstellen. Du gehst jedoch einen (in meinen Augen unzulässigen) Schritt weiter und sagst: weil das so ist, ist das, was den Erregungszustand hervorruft, irrelevant für die Emotion oder gleich nicht-existent. Du kappst einfach die Beziehung zwischen Mensch und Umwelt in Deinem Gedankenmodell.

  42. Gut, wenn dir das Beispiel missglückt ist, dann liefere mir eine treffendere Analogie, die dem Sachverhalt näher kommt. Warum ist mein Schritt unzulässig, wenn ich zwischen deiner Umwelt und dem Arousal das Gehirn dazwischenschalte?
    Ein Tipp: du solltest dich einmal kundig machen hinsichtlich dem Verhältnis von Efferenz und Afferenz neuronaler Prozesse bzw. zur Lokalisationstheorie, denn dann zeigt sich, dass nur durch die Zuordnung von Rückkopplungsprozessen von peripheren Prozessen mit speziellen Zentren im Gehirn und deren teilweisen genetischen Fixierung überhaupt ein konkretes Empfinden einstellen kann.
    Im Übrigen definiert sich Existenz allein über ein funktionsfähiges Gehirn.
    Und auch kappe ich überhaupt nichts, denn es gibt grundsätzlich in meinem Modell nichts zu kappen, denn die Welt existiert ohnehin nur im Kopf eines jeden einzelnen Menschen und sonst nirgendwo.
    Das ist eigentlich seit Hume klar.

  43. Nein, IN Deinem Modell gibt es nichts zu kappen.

  44. @Klaus:
    In der Tat, ich kappe in meinem Modell nichts, sondern im Gegenteil: ich habe im Gegensatz zu deinem Modell eine Lösung bzw. wissenschaftlich fundierte Erklärung für die Lücke in deinem Modell, die du durch Metaphysik schließen musst. Ohne meine Erklärung macht dein Gehirn tatsächlich nur tick-tick-tick-tick …, während in meinem Modell etwa die Pflänzchen des Trompetenbaums vor mir den Morgen begrüßen, während ich einen duftenden Illy-Kaffee mit einem Rosinenstrietzel genieße und mich darauf freue, heute das neue Hochbeet auf der Dachterrasse meines Sohnes zusammenzubauen, damit er in ein paar Monaten sein eigenes biologisches Gemüse ernten kann …
    Während dann dein Plattenspieler noch immer keine Ahnung davon hat, dass Falco trotz Amadeus nicht mit WAM verwandt ist und wie Elvis immer noch lebt … (der Satz musste sein, LOL).