…fehlt noch was?? Ja, mich beutelt eine heftige Erkältung, die mir den krassen Unterschied zwischen wirklich fiesem Befinden und diffusen mentalen Ängsten deutlich macht. Zum Glück spüre ich schon am dritten Tag den Weg der Besserung, wogegen die Welt der Wirtschaft & Finanzen sich in Erwartungen des Niedergangs suhlt: da werden 30% weniger Autos gekauft und schon herrscht Untergangsstimmung.
Keine Überstunden mehr, keine Wochenendarbeit, die Produktion wird herunter gefahren – und irgendwie finde ich das gar nicht so schlecht! Denn wie schützenswert ist eigentlich eine Arbeitswelt, die das Aussaugen der Mitarbeiter bis an die Grenze des Möglichen als Normalzustand etabliert hat? Das Malochen bis zum Umfallen für den Sharholder Value, die extreme Verdichtung der Arbeit, dazu eine Flexibilität, die individuelle Lebensplanungen verunmöglicht – ist es nicht toll, dass da mal die Bremse rein gehauen wird??
Der Volksmund sagt: Der Krug geht solange zum Brunnen bis er bricht. So ein Brechen erleben wir wohl derzeit, denn das Spielkasino Börse ist an seine „systemischen Grenzen“ geraten. Etwas, das Kundige seit Jahren voraus sagten, sogar so glaubhafte Gestalten wie der Spekulant Sorros und der Ex-Manager Goeudevert. Alles virtuelle Geld, das da als reine Wette auf MEHR auf trickreiche Art und Weise erzeugt wurde, ist nur zu zehn Prozent mit realen Werten aus der Wirtschaft unterlegt, las ich in diesen Tagen. Und plötzlich gehen allen die Augen auf und siehe da: der Kaiser ist ja nackt!
Die Ursache aller aktueller Verwerfungen ist die schrankenlose Vergottung des Geldes: die klassische Sünde von Babylon, mythisch visualisiert durch den Turmbau des „höher-schneller-weiter“. Wenn es (selten genug) um Ethikfragen rund um den Menschen geht, gilt als unverhandelbarer Grundpfeiler der Menschenwürde, dass Menschen niemals Mittel zum Zweck sein dürfen. Gerade das aber ist in der neoliberalen, vom Finanzkapital getriebenen Wirtschaft Alltag: Es geht nicht um gute Produkte, um Innovation, um bessere Befriedigung der Kundenwünsche, gar um Selbstverwirklichung in der Arbeit, sondern einzig um die Profitmaximierung bezogen auf den nächsten dreimonatigen Berichtszeitraum. Wobei die Gewinnerwartungen ins Astronomische stiegen und Wachstumsraten um die 20 Prozent und mehr auf einmal als untere Messlatte galten.
Damit bekam Geld genau die Eigenschaft zugeschrieben, die man eigentlich dem Menschen und seiner Würde vorbehalten wollte: Geld ist letzter Zweck, eine abstrakte Gottheit, der man dient und alles andere unterordnet. Nicht das, was man damit machen kann (z.B. eine florierende Wirtschaft und bessere Lebensstandards weltweit) ist Sinn allen Strebens, sondern einzig die Anhäufung von immer mehr Profiten.
Und dieser „Gottesdienst“ frisst die Seelen der Menschen, denn es ist unter den Bedingungen der schönen neuen Wirtschaftswelt nur noch sehr beschränkt möglich, sich durch eigenes Handeln „bei den Guten“ zu verorten. Geh‘ in einen Supermarkt, kaufe ein und du wirst zum Täter: zum Ausbeuter von Menschen, die weltweit wie Sklaven malochen, um unsere Konsumbedürfnisse zu bedienen. Denn weltweit konkurrieren die Konzerne um maximale Profite und scheren sich einen Dreck um die sozialen Verhältnisse. Geht ja auch nicht, denn es würde die Gewinnerwartungen senken!
All dieses „systemisch Böse“ ist jedoch nicht beschränkt auf Spekulanten, Banker, Aktionäre und Manager: die „Geiz-ist-geil“-Mentalität der breiten Masse der Verbraucher gehört ganz ebenso auf die Anklagebank. Alles immer noch ein wenig billiger haben wollen bedeutet, die Arbeitsbedingungen der Produzenten noch ein wenig weiter zu verschlechtern. „Optimierung der Produktionsprozesse“ heißt das dann – und die Produkte, die heraus kommen, werden im Lauf der Jahre ebenfalls schlechter, da alles vermeintlich Überflüssige eingespart wird.
Ich glaube nicht, dass die menschliche Gier durch Wirtschaftskrisen grundsätzlich verändert wird, jedoch steigt im „Tal der Tränen“ die Bereitschaft, sich Regeln zu unterwerfen, die die schlimmsten Auswüchse verhindern. Und das ist es, was ich von „der Politik“ egal welcher Partei zur Zeit erwarte: Weltweite Vereinbarungen, die das Börsengeschehen auf den Boden der Tatsachen zurück führen. Wenn das gelingt, wird auch das im Wirtschaftskreislauf kostbarste aller Güter wieder zur Verfügung stehen – das VERTRAUEN.
Diesem Blog per E-Mail folgen…
Diskussion
Kommentare abonnieren (RSS)
6 Kommentare zu „Finanzkrise, Klimakatastrophe, Vogelgrippe…“.