Claudia am 09. Juni 2000 —

Mutter geworden!

Seit zwei Tagen sollten eigentlich schon alle Küken geschlüpft sein, doch immer noch lagen 3 Eier unter der Glucke. Wir beobachteten, wie die flaumigen Neuhühner gemeinsam mit der Glucke die Reste eines Kükens verschlangen, das es wohl nicht geschafft hatte, das Ei rechtzeitig und lebendig zu verlassen. Mein Lebensgefährte entfernte daraufhin die drei verbliebenen Eier – als ich sie außerhalb des Stalls untersuchte, sah ich, dass eines lebte. Die Schale war teilweise entfernt, doch die feste Eihaut hinderte das Küken am Schlüpfen – es zitterte und atmete….

Was tun? Zurück ins Nest legen war kaum möglich, die Horde würde auch dieses kannibalisieren. Also öffnete ich nach einiger Zeit vorsichtig die Haut. Noch nie hab‘ ich sowas gesehen und konnte absolut nicht einschätzen, ob das, was da zum Vorschein kam, nun „richtig“ entwickelt oder irgendwie fast schon tot war. Da es anfing, ein paarmal heftige Strampelbewegungen zu machen, half ich ihm ganz aus dem Ei. Es blutete aus dem After, was mich noch mehr irritierte. Keine Ahnung, wie sich so ein Huhn im Ei eigentlich entwickelt. Ich hielt das nasse verklebte Etwas in den Händen, das noch nicht mal den Kopf heben konnte, hauchte es immer wieder warm an und hoffte das Beste. Da die anderen Küken alle schon laufen konnten und die Stimmung im Stall eher hektisch war, konnte ich das hilflose Wesen nicht einfach ins Nest setzen. Vielleicht hätten sie es zerquetscht, oder doch noch gefressen.

Also nahm ich es mit, hauchte es weiter an: es hob den Kopf! Es fiepte! Schließlich föhnte ich es ein wenig, doch dauerte es Stunden, bis es nicht mehr so verklebt wirkte. Zusehens wurde es fitter und ich richtete ihm eine Schachtel her, stellte die Schachtel auf den Radiator, machte ihm ein Nest aus Toilettenpapier und hielt es immer wieder in der Hand. Diese Hand hat es schnell als „Glucke“ identifiziert, es schreit, wenn ich länger weg bin und beruhigt sich, wenn die Hand wieder kommt. Schade, daß ich nicht drei Hände habe: eine für das Küken und zwei für die Tastatur.

Küken, neugeschlüpftes Huhn

Jetzt grüble ich, was mit diesem Huhn geschehen soll. Es hat nie ein anderes Huhn gesehen und fürchtet sich vor allem Fremden. Völlig illusorisch, es etwa heute abend der Bande im Stall auszuliefern: sie würden es nicht mehr fressen, aber es hätte keine Bindung an die Glucke und es braucht doch gleichförmige Wärme. Also behalten? In der Schachtel aufziehen? Und nach acht Wochen mit den anderen zusammenbringen? Ein Huhn, das bis dahin keinen Artgenossen gesichtet hat? Unmöglich! Ich werde zum Züchter fahren und vesuchen, ein zweites, möglichst gleichaltriges Huhn zu besorgen, das ebenfalls künstlich zur Welt gekommen ist. Dann ist es wenigstens nicht so allein.

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