Claudia am 30. Januar 2000 —

American Beauty

Gestern war ich im Kino: „American Beauty“ ist ein so herzergreifender Film, daß man die ganze Zeit zwischen Lachen und Weinen schwankt. Er handelt vom Familienvater (Kevin Spacey), der plötzlich aus dem erstarrten Leben seiner amerikanischen Vorstandt-Existenz erwacht und sein Leben völlig umkrempelt, dadurch seine Frau und seine Tochter schwer irritiert, seinen Job an den Nagel hängt, anfängt zu kiffen und seine Muskeln zu trainieren. Kurzum, er ist verliebt, doch ist das nur der äußere Anlaß für sein Erwachen aus dem tiefen Schlaf der Routine, die die Menschen zu lebenden Toten macht.

Um mir ein paar zusammenfassende Worte zu ersparen, wollte ich eine Rezension aus dem Web hier verlinken. Dabei ist mir aufgefallen, wie oberflächlich diese Rezensionen sind: keine hat auch nur ansatzweise die spirituelle Dimension dieses Films bemerkt, lediglich der Fun-Faktor, die sexuellen Verstrickungen und der Sarkasmus werden besprochen. Mich hat der Film sehr berührt, gerade auch als amerikanischer Film. Man verliert ja leicht den Glauben, daß in den USA noch irgendwo ein Bewußtsein existiert, daß es im Leben um mehr geht, als möglichst viele Dollars zu machen. „American Beauty“ beweist das Gegenteil – und das mit einer Leichtigkeit in der Darstellung, die den Europäern einfach nicht möglich ist. „Weil sie noch nicht so abgedreht sind wie die Amerikaner“, meinte mein Freund. Ich bin mir nicht sicher, ob es nur daran liegt. Elend, auch psychisches, ist ein Stoff, über den hierzulande einfach nicht humorig gescherzt werden darf – und wenn es doch geschieht, dann in der Manier von Harald Schmidt, wobei jegliches Mitgefühl den Bach runter geht.

Nach dem Kino waren wir noch essen – das Schweriner Nachtleben ist wirklich marginal, selbst Samstags sind kaum Leute auf den Straßen. In den Restaurants fehlen durchgängig gewisse Selbstverständlichkeiten, die in einer Metropole wie Berlin üblich sind und erst bemerkt werden, wenn sie fehlen. Etwa die Musik: entweder es gibt gar keine Musik oder sie ist viel zu leise. Zu leise, um ihren Sinn zu erfüllen, nämlich die einzelnen Paare und Gruppen gegeneinander abzuschirmen, so daß man nicht dauernd mithören muß, was am Nebentisch geredet wird. Auch fällt mir auf, daß die Gaststätten immer sehr herausgeputzt sind, so Richtung „festlich“ – daneben gibt es nur Imbißstuben, reine Abfütterstellen für den schnellen Hunger zwischendurch. Offenbar ist das das „Provinzielle“: Essen gehen als „festlicher Sonntagsausflug“ gedacht – und nicht als Normalität in einer Welt, in der kaum einer mehr kocht.

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