Claudia am 29. Oktober 1999 —

Schloss Gottesgabe im Herbst (viele Bilder)

Nun wohne ich dreieinhalb Monate hier und bin jeden Tag aufs Neue entzückt und dankbar, hier leben zu können. Und nicht nur im Sommer und bei Sonne macht es Freude, nein, auch diesig-verhangene Tage, ganz allgemein das sich schnell verändernde Wetter, Nebel, Regen, das Absterben der Natur: es ist schön, das hautnah mitzubekommen, einfach raustreten zu können und mitten drin zu stehen.

In den letzten Tagen hab‘ ich mal wieder ein paar Bilder gemacht – nicht alle sind als Fotos so schön, daß sie es verdienten, „weltweit“ präsentiert zu werden, nein. Aber ich zeige sie trotzdem, denn ich weiß, daß es zumindest einige Leser interessiert, wie man bloß so verrückt sein kann, die Metropole für das „hinterletzte Dorf“ zu tauschen.

„Schloss Gottesgabe“ – das besondere Gutshaus

Schloß Gottesgabe ist dreieckig, eine seltene Anlage, die von den Freimaurern inspiriert sein soll („Auge Gottes“). Die meisten Wohnungen erstrecken sich über Erdgeschoß und 1.Stockwerk, so daß man eher das Gefühl hat, in einem Haus zu wohnen, als in einer Mietwohnung.

Schloss Gottesgabe

Das Dorf Gottesgabe besteht lediglich aus ein paar Straßen und Wegen, die südlich vom Schloß verlaufen – hier ein Bild aus dem Frühling, direkt von der Schloßtreppe aufgenommen.

Blick vom Schloß Richtung Dorf

Geht man auf dieser Straße (derzeit eine Schlammpiste, da Leitungen verlegt werden) ca. 200 Meter weiter, erreicht man schon das Dorfende. Eine uralte Kopfsteinplasterallee führt weiter, praktisch garnicht befahren. Man sieht sie hier  im Hintergrund der Baumreihe, die an der Straße nach Lützow (etwas weiter rechts) aufgenommen wurde:

Baumreihe

Auf beiden Straßen eröffenen sich praktisch sofort Blicke in endlose Weiten, die eine ganz besondere Wirkung haben, eine Leere, Weite, Freiheit, der man sich nicht entziehen kann. Da verschwindet alles Denken & Grübeln zugunsten der Empfindung von Offenheit, die keineswegs auf die Landschaft beschränkt bleibt.

weites Feld

Das Schloß ist von vorne ein hübscher Anblick, doch nicht wirklich GROSS, eigentlich ist es eher ein kleines Gutshaus als ein Schloß.

Es dauert, bis man innerlich realisiert hat, daß dieses Haus eben KEINE vier Seiten hat, sondern lediglich die „Rückseite“,

Schloss Gottesgabe Rückseite

die zur Schloßwiese hin zeigt:

Schlosswiese Gottesgabe

Und dann noch die dritte Seite, die „Ostfront“:

Ostfront Schloss Gottesgabe

Das erste Fenster rechts oben ist mein Ostfenster, von dem aus der Blick nach rechts den Weg in Richtung Vorderseite zeigt:

Blick rechts aus dem Fenster der Ostfront

Die Schloßwiese endet mit einem kleinen Wäldchen, nach Nordosten hin fällt das Gelände ab zum Garten hin, der schwer verwildert war, als wir hergezogen sind. Da die Kamera die Fotos ungeheuer verflacht, bringen Gartenbilder nichts als viel Grün und Gestrüpp – vielleicht ein andermal, wenn ich mal wieder die Gebrauchanweisung zu lesen bereit bin :-).

Schön, hier zu wohnen!

Es wundert, daß derzeit zwei Wohnungen im Schloß leer stehen, denn die Lebensqualität ist einfach toll, auch verglichen mit dem Dasein im typischen abgezirkelten Eigenheim mit minimalem Garten und dem Dicht-an-dicht mit den Nachbarn. Das Schloßgelände bildet eine gänzlich vom Dorf abgeschiedene Enklave, ohne daß hierfür Mauern und Zäune nötig wären. Vor allem die nach hinten liegenden Wohnungen sind extrem ruhig, doch auch vorne führt keine Autostraße am Schloß vorbei. Sie wurde entwidmet und lediglich Fußgänger und Radfahrer finden gelegentlich den Weg ums Rondell.

Rosenrondell

Nach Schwerin sind es gerade mal 10 Auto-Minuten, der „Lust auf Stadt“ kann man jederzeit nachgehen. Die Wohnungen sind sämtlich voll modernisiert und die Mieten wirklich moderat. Trotzdem findet eine Mieterfluktuation statt, die schlicht daran liegt, daß die Leute ihrer Arbeit hinterherziehen müssen. Man muß heute flexibel sein, was den Wohnort angeht. Außer, man arbeitet übers Netz!

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