Thema: Netzwelt

Claudia am 12. Juli 2013 — Kommentare deaktiviert für Bundestagswahl 2013: Piraten wählen – ?

Bundestagswahl 2013: Piraten wählen – ?

Während der letzten zwei bis drei Jahre war ich, wie meine Stammleser sicher mitbekommen haben, recht begeistert, dass es eine neue Partei gibt, die den üblichen Politikbetrieb ein wenig aufmischt. Warum diese Begeisterung schnell gegen null gesunken ist, brauche ich hier wohl nicht lange erklären: die Selbstzerfleischung der Piraten und ihre Handlungsunfähigkeit aufgrund unzureichender Entscheidungsstrukturen ist ein großes Elend, ja ein Skandal angesichts der großen Chance, die sie hatten!

Dass auf dem Parteitag in Neumark keine Mehrheit für die ständige Mitgliederversammlung zustande kam (12 Stimmen haben gefehlt) ist ein riesiges Versagen. Der den Piratan anhängende Mythos der TEILHABE aller ist schwer beschädigt, weil sie diesen Schritt nicht geschafft und weiterhin faktisch WENIGER Möglichkeiten der Mitbestimmung anbieten als die Altparteien mit ihrem Delegiertensystem. Warum das im übrigen bei den Österreichischen Piraten klappt, bei uns aber nicht, mag verstehen wer will – ich nicht!

Und dennoch: Felix Schwenzel schrieb heute unter dem Titel Protestwahl einen Artikel über die Optionen bei der kommenden Bundestagswahl. Sollen wir NICHT WÄHLEN, weil keine der Parteien mit Einzugschance tatsächlich konsequent für Bürgerrechte, für mehr echte Demokratie und gegen Überwachung (Prism, Tempura etc.) eintritt?`

Felix kommt zu einem anderen Schluss:

….vor ein paar wochen habe ich mich entschieden, das erste mal in meinem leben nicht wählen zu gehen. weil ich alle zur wahl stehenden alternativen scheisse finde so wenig vertrauensvoll finde und sie das nicht nur per internet wissen lassen möchte, sondern auch mit meiner verweigerung meine stimme abzugeben.

dann habe ich aber weiter drüber nachgedacht und mich erinnert, dass die enthaltung meistens genau die falschen stärkt. die fanatiker, die dumpfen, die polemiker, die lügner. und dann kam edward snowden, der sich bis zur wahl wohl nicht unter den tisch kehren lässt und so eklatante mängel in unserer demokratie offenlegt, dass ich mit meiner winzigen stimme gerne ein zeichen setzen würde. ein kleines, aber gut lesbares zeichen für mehr bürgerrechte, mehr akzeptanz dafür dass das internet realität ist (und gegen das „wieselndes Herumdrucksen an allen Fronten“), ein zeichen, dass menschen und ihre rechte und ihre freiheit wichtiger sind als deren überwachung.

deshalb wähle ich am 22. september die piratenpartei. [Hervorhebung von mir]

nicht weil ich ihnen zutraue wirklich etwas zu ändern oder zu entern, nicht weil ich glaube, dass sie bald zu sinnen kommen und sich nicht mehr selbst oder gegenseitig zerreiben, sondern weil sie ein symbol dafür sind, dass sich etwas ändern muss und wir uns auf unsere demokratischen wurzel zurückbesinnen sollten.


wer glaubt dass das naiv ist hat möglicherweise recht. aber wenn ich mich zurückerinnere an den unorganisierten grünen haufen der 1983 in den bundestag gespült wurde, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass naivität und unfähigkeit von neu- und sonderlingen dem bundestag oder der politik mehr schadet, als die unfähigkeit und bräsigkeit der arrivierten. im gegenteil, frischluft und idiotische ideen scheinen sich im laufe der jahre zu mainstream-ansichten zu wandeln. und wenns, wonach es derzeit doch sehr aussieht, mit den 5 prozent und den piraten nicht klappt, dann ist meine stimme immerhin weniger verloren, als wenn ich nicht gewählt hätte. und gleichzeitig eine spende von €2,80 für den wahlkampf der piratenpartei.

Ich denke, ich werde mich dem anschließen – sofern bis zur Wahl nicht noch etwas Grundstürzendes passiert, das meine Meinung ändert.

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Auch zum Thema:

Nicht wählen – von Fjonka

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Dieser Artikel steht hier als „Zweitveröffentlichung“, zuerst ist er in meinem neuen Blog „Piraten-Special“ erschienen.

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Claudia am 10. Juli 2013 — 22 Kommentare

Zur geheimdienstlichen Überwachung und deren Verharmlosung

Selten machen mich politische Ereignisse derart sprachlos wie die derzeitigen Vorgänge rund um die Enthüllungen des Whistleblowers Snowden zu den Machenschaften der Geheimdienste (Prism, Tempura etc.). Wobei „sprachlos“ bedeutet: jedes Mal, wenn ich daran denke, kocht in mir eine solche Wut hoch, dass ich lieber schreien als schreiben möchte!

Insbesondere regt mich auf, wie abwiegelnd, beschönigend, zynisch-besserwisserisch und geschichtsvergessen viele Kommentatoren und Mitbürger darauf reagieren, dass unser Grundgesetz und viele andere Gesetze offenbar nicht das Papier wert sind, auf dem sie gedruckt sind. Dass im weiterern der Umgang mit Snowden zeigt, dass europäische Staaten offenbar brave, vorauseilend gehorsame Vasallen der USA sind, die – scheiß auf die ehernen Grundsätze internationaler Diplomatie! – einen südamerikanischen Präsidenten zwingen, in Wien erst sein Flugzeug durchsuchen zu lassen, bevor er deren Lufträume überfliegen darf.

Welche Eiertänze dann hierzulande Regierende über ihr Wissen bzw. angebliches Nichtwissen aufführen, überschreitet jedes Maß an Peinlichkeit, das man bisher erleben musste! Und auch der BND weiß ja angeblich nicht, woher die Informationen stammen, die von den „befreundeten Diensten“ herüber gereicht werden! (Was bedeutet schon die jeweilige Verfassung? Was der eine nicht darf, macht halt der andere…) Ich könnte kotzen angesichts dieser Volksverdummung, insbesondere, weil sie zeigt, was für ein Bild vom Bürger all diese Funktionäre haben: blöde Schafe, deren Gemüt man vor der Wahl noch mehr als sonst mit beruhigenden Worthülsen bedenken muss – und hey, das klappt ja auch wunderbar! Der deutsche Michel meint: stört mich doch nicht, dass ich komplett überwacht und meine ganze Kommunikation gespeichert wird. Ich hab doch nichts zu vebergen! Und: Wo ist der Nachteil für mich?

Nichts zu verbergen? Dann lies mal diese sieben Artikel!

Wie gesagt, ich fasse es nicht und mir fehlen einfach die passenden Worte, meinen Abscheu über das auszudrücken, was aus den westlichen Demokratien geworden ist. Deshalb folgen hier ein paar Artikel, die mir aus der Seele sprechen, bzw. auch unendlich geduldig nochmal und nochmal erläutern, „wo der Nachteil ist“ – für all‘ jene, die bereit sind, ihren Blick über den Tellerrand des persönlichen Alltags als Konsument hinaus schweifen zu lassen (auch wenn’s weh tut!).

  1. Prism Break – warum wir als Demokraten hier dringend raus müssen – Patrick Breitenbach / Karlshochschule
    „Selbst wenn die demokratisch gewählten Volksvertreter derzeit in bestem Wissen und Gewissen für das Volk handeln, so wäre die Installation eines totalitären Regimes relativ reibungslos vollziehbar. Denn die Strukturen die man dafür u.a. benötigt, sind nun bereits in voller Perfektion vorhanden: Ein direkter Zugriff auf die Gedanken- und Verhaltenswelt der Menschen ist gelegt. Der Informationsvorsprung weniger priviligierter Menschen, also die Wissensasymmetrie, ist schier endlos.“ Sehr lesenswert die vier ausführlichen Begründungen, warum die totale Überwachung ein gewaltiger SCHADEN ist!
  2. Sollten sich „anständige Bürger“ wegen der Überwachung sorgen? – Ein Erfahrungsbericht aus den Schattenkriegen Michael Blume / SciLogs.
    „Während ich also noch völlig ahnungslos meinen Arbeitsbereich aufbaute, begannen „Kollegen“ der Sicherheit schon auf eigene Faust „belastendes“ On- und Offlinematerial (einschließlich eMails) zusammen zu tragen und schließlich Journalisten sowie Oppositionsabgeordnete damit „zu füttern“.“
  3. Her mit dem Geigerzähler! Überwachung ist wie Radioaktivität. Zunächst einmal merkt man nichts. Katharina Nocun / The European
    „In vielen Generationen sind Menschen dafür gestorben, was wir einfach so auf dem Präsentierteller bekommen: Menschenwürde, Pressefreiheit, Unverletzlichkeit der Wohnung, Fernmeldegeheimnis, Demokratie. Kurzum: Freiheit. Wissen Sie: Jedes Mal, wenn jemand sagt: „Ich habe doch nichts zu verbergen“, stirbt etwas in mir.“
  4. Überwachungsskandal: Wer lesen kann, kann auch schreiben
    „Ein international vernetzter Überwachungsapparat ignoriert die Maßstäbe der Demokratie. Das ist doch nichts Neues, rufen im Chor diejenigen, die keinen Unterschied erkennen wollen zwischen eigenen, langjährigen Vermutungen und handfesten Beweisen. Und diejenigen, die aus unterschiedlichsten Gründen beschwichtigen wollen. Sie liegen falsch… „ Sascha Lobo auf SPON.
  5. Realismus-Kotau – Wolfgang Michal / CARTA
    Wer sich aufregt, ist naiv – Man nennt dieses Verhalten „Realismus-Kotau“. Gemeint ist die Verbeugung vor dem „Unabänderlichen“, dem „Alternativlosen“. Es ist die freiwillige Selbstaufgabe von Leuten, die ihre Resignation oder ihr Ich-will-mit-diesem-Scheiß-nicht-behelligt-werden als Realismus maskieren.“
  6. Überwachungsstaat BRD: Wie unsere Freiheit der irrationalen Angst vor dem Terror geopfert wird Jakob Jung Blog.
    „Der Preis für die staatlichen Maßnahmen gegen den Terrorismus ist also der Verlust der offenen Bürgergesellschaft. Vor dem Hintergrund der belegten Wirkungslosigkeit von Kontrolle und Überwachung auf die angebliche Gefahr durch den Terrorismus stellt sich insofern die Frage, ob nicht genau diese Entdemokratisierung der Gesellschaft und die zunehmende Reglementierung ihrer Bürger in der Absicht der Befürworter von Law & Order liegt.“ Umfassender, ins Detail gehender Artikel über Überwachungssysteme in Deutschland und deren vermeintlichen (!) Nutzen in Sachen Terrorbekämpfung.
  7. PRISM als Wirtschaftsspionagesystem Norbert Rost / Heise.de.
    Ein Artikel für alle, die nurmehr ökonomische Werte als relevante Werte anerkennen.

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Claudia am 27. Juni 2013 — 49 Kommentare

Vom Risiko, sich online zu verlieben

Ein „virtueller“ Kontakt kann binnen kurzer Zeit unglaublich intensiv werden. Ich hab‘ es selbst einige Male erlebt, vor allem in den ersten Jahren meines Netzlebens. Das fremde Gegenüber erscheint umso wunderbarer, je mehr Aufmerksamkeit und Zuwendung derjenige schenkt, was mit den heutigen Medien so massiv und zeitnah möglich ist wie niemals zuvor. Ganz ohne eine Person jemals „von Angesicht“ gesehen zu haben, kann man sich in eine Verliebtheit hinein steigern, die alles in den Schatten zu stellen scheint, was „real“ jemals erlebt wurde.

Dass man dabei auch zum Opfer von Betrügern und psychisch Kranken werden kann, zeigt ein Blogpost, den ich allen zur Warnung ans Herz legen will. Der Fall ist unglaublich KRASS, aber leider kein Einzelfall. Und er zeigt auch auf, was man mit privaten Infos und Fotos so alles anstellen kann, die als vermeintlich belanglose Nichtigkeiten arglos ins Web gestellt werden. Ganz ohne dass es die Betroffenen überhaupt bemerken!

Hier also die Geschichte „FAKE“ von Victoria, die mit dem Satz beginnt:

Nie fiel mir ein Text schwerer. Nie war ein Text so persönlich wie dieser. Und: Nie war mir ein Text wichtiger.

Ein Versprechen, das der Artikel voll und ganz einlöst! Aber lest selbst.

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Claudia am 30. April 2013 — 16 Kommentare

Von der täglichen Wut

„So ein Aufreger morgens tut aber auch gut. Da kochen die Emotionen hoch, man fühlt sich gleich wacher und lebendiger“, sagt ein lieber Freund auf meine selbstkritischen Bemerkungen zum morgendlichen Medienkonsum. Dagegen warnt „Bill Bonner“ auf Schrott&Meyer vor den Gesundheitsgefahren zuvieler News:

„Nachrichten aktivieren laufend das limbische System. Panik erzeugende Nachrichten erhöhen die Ausschüttung von Cortisol im Körper. Dies verändert das Immunsystem und hemmt die Freisetzung von Wachstumshormonen. Mit anderen Worten: Ihr Körper befindet sich dann in einem Status des chronischen Stresses. Ein entsprechend hohes Cortisol-Niveau kann die Verdauung stören, das Wachstum verschwinden lassen (von Zellen, Haaren, Knochen), es kann zu Nervosität führen und zu erhöhter Anfälligkeit für Infektionen. Weitere mögliche Effekte sind Furcht, Aggression, Tunnelblick und Desensibilisierung.“

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Claudia am 26. April 2013 — Kommentare deaktiviert für Teile und herrsche! Das klappt leider immer noch und immer besser!

Teile und herrsche! Das klappt leider immer noch und immer besser!

(ursprünglich auf Google+ gepostet – also weniger „ausgearbeitet“ als ein normaler Blog-Beitrag – und emotionaler! :-)).

Ich kann gar nicht sagen, wie sehr mir die Statements auf den Senkel gehen von Menschen, die immer wieder zum Besten geben:

„JA, ich bin EINVERSTANDEN (z.B. mit der Telekom-Drosselung), weil ich nur das bezahlen will, was ich verbrauche und keine Viel-Nutzer subventionieren will!“

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Claudia am 05. März 2013 — 14 Kommentare

Fast verpasst: 14 Jahre Digital Diary

Am 3.3. 1999 erschien der erste Beitrag in diesem Blog. Damals gab‘ es diesen Namen noch nicht, man sprach von „Webtagebüchern“, auch wenn weder täglich noch irgendwie Intimes geschrieben wurde. Zuvor hatte ich andere „persönliche Publikationen“ betrieben, auch schon sehr Blog-ähnlich, doch irgendwann war es mir zuviel, meinen wechselnden Interessen in immer neu benannten Projekten nachzugehen. Die ich ja immer wieder erst bekannt machen musste…
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Claudia am 08. Februar 2013 — 2 Kommentare

Am Rande eines friedlichen Shitstorms kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen

Das Peer-Blog hat dicht gemacht. Dass ein paar Leute es gewagt hatten, „amerikanische Methoden“ in den bundesdeutschen Wahlkampf einzuführen – sprich: Geld bei Unternehmern sammeln und damit dem Kandidaten medial unter die Arme greifen – wollte man hierzulande nicht dulden. Nicht, wenn die Sponsoren nicht genannt würden, schließlich sei Transparenz bei uns Bürgerrecht! (ja? Seit wann übrigens?).

Hach, ein Peer-Blog! Welch ein Glücksfall für die Shitstorm- und Skandalisierungsmaschine! Im Wahljahr geht Kandidaten-Bashing immer und Peer Steinbrück hatte ja schon sooo schöne Anlässe geboten. Allerdings waren diese Aufreger lange durch, fröhliches Piraten-Nachtreten auch, und Rösler für Netizens eher uninteressant. In den Mainstreammedian war man beim gemütlichen Sägen am neuen Stuhl von Brüderle angekommen, da mischte sich plötzlich „die Bevölkerung“ ein und setzte den #aufschrei auf die Agenda! Na sowas….
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Claudia am 07. Februar 2013 — 26 Kommentare

Verführt vom „leeren Boot“: Zur Abhängigkeit von Menschen, Systemen und Geräten

Eine ZEN-Geschichte:

“Ein Mann ruderte an einem sehr nebligen Morgen sein Boot stromaufwärts. Plötzlich sah er ein anderes Boot stromabwärts kommen, das keine Anstalten machte auszuweichen. Es kam ihm genau entgegen. Er rief: `Vorsicht! Vorsicht!´, aber das Boot fuhr genau in seins hinein, das fast sank. Der Mann war außer sich und begann die andere Person anzuschrein, ihr gehörig die Meinung zu sagen. Aber als er genau hinschaute, sah er, daß in dem anderen Boot überhaupt niemand war. Es stellte sich heraus, daß das Boot sich gelöst hatte und stromabwärts trieb. All sein Ärger schwand, und er lachte und lachte.”

(Thich Nhat Hahn: Innerer Friede – Äußerer Friede – via Abraxandria)

Diese kleine Erzählung soll uns die Erkenntnis vermitteln, dass es nicht das Geschehen selbst ist, das Gefühle wie Wut, Ärger und schlimmstenfalls Hass entstehen lässt, sondern die Annahme, da sei jemand, der uns das Geschehen absichtsvoll zumutet, warum auch immer.
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