Claudia am 27. Dezember 2025 — 0 Kommentare

KI: Ihr werdet assimiliert!

Die „Debatte“ um KI-Nutzung in Blogs kocht immer wieder hoch. Ich setze „Debatte“ in Anführungszeichen, weil ich mit diesem Begriff noch immer „gesittet“ assoziiere – sorry, das ist noch so eine unzeitgemäße Verschaltung im Hirn! Dass ich damit ziemlich aus der Zeit falle, zeigt mir grade der Blogpost Lernt diskutieren, ihr Kacklappen! von Martin [mthie® spaces]. Ein spritziger Rant, garniert mit Pöbeleien wie „Kacklappen“, „Idioten“, „Fotzköppe“) und einem Plaidoyer für größtmögliche Toleranz im Umgang mit dem, was andere im Rahmen einer Diskussion so schreiben:

„Denkt in der Diskussion ausschließlich über die Fakten nach und scheißt auf den Ton, scheißt auf die Ausdrucksweise. Fakten sind die einzig wichtigen Dinge in der Diskussion. Wenn ihr keine mehr habt, die nicht auf Gefühlen basieren, habt ihr die Diskussion verloren.“

Zum Vergleich: Wenn ich auf X ab und an mal Bock habe, irgend einem Verirrten begründet und belegt zu widersprechen (sachlich) und er irgendwann nur noch pöbelt und dann aufgibt, sehe ich ihn als Looser. ER ist es ja, der keine Argumente mehr hat, denn er pöbelt mich nur noch an, ha!

Der Unterschied: Gerade die Pöbelei entsteht aus „Gefühl“ oder zielt darauf ab, sie zu erregen! Derlei Titulierungen der Gegenüber sind gerade keine rationalen Diskussionsbeiträge, sondern Beschimpfungen, Herabsetzungen, Beleidigungen, die in Online-Debatten (anders als am Stammtisch!) auf recht unterschiedlich sensible Gemüter treffen. Das zu berücksichtigen und auf verbale Ausfälligkeiten zu verzichten, gehört für mich zum „guten Ton“ in einem Forum, dass keine Schlagabtausch-Arena sein will, sondern ein Ort des friedlichen Austauschs.

Dieser Blogbeitrag wurde breit grinsend verfasst“ hat Martin ans Endes des Blogposts geschrieben. Schon klar, dass er nicht nur Pöbler ist, sondern halt gerne mal „ausdrucksstark“ ranted! Ich schreibe das hier auch nicht, weil ich ein Sensibelchen bin, sondern weil ich ihm in einem wichtigen Punkt zustimme: Wir brauchen diese Diskussionen über KI, die gerade dabei ist, unsere Lebenswelten zu durchdringen. Gerade deshalb möchte ich, dass Debatten im Ton erträglich bleiben, für alle. Und nicht nur im Ton, sondern auch bei den Aussagen wünsche ich mir, dass man einsieht, wenn man sich einen Fauxpas geleistet hat und nicht noch  in ein Fettnäpfchen nach dem anderen tritt!

Werden wir assimiliert?

Das wiederkehrende Thema „KI im Blog“ ist bei aller Wichtigkeit, die es für Bloggende hat, nur ein winziger Aspekt eines Megathemas, mit dem wir uns auseinandersetzen MÜSSEN. In vielen Lebensbereichen bestimmen Algorithmen und KIs bereits, wíe die von Menschen geschaffenen Dinge und Inhalte auszusehen haben, um auf ihren Plattformen die Chance zu bekommen, bemerkt zu werden. Wie weit das geht, erzählt Matthias Zehnder auf eindrückliche Weise in seinem 14-minütigen Video „Werdet wie die Kinder, nicht wie die KI„. Ich hoffe, er hat nichts gegen ein Langzitat, das mich gleich kalt erwischt hat:

„Auf der Straße begegnen mir manchmal diese Instagram Gesichter. Übermäßig vergrößerte Lippen, scharf modellierte Wangenknochen, ein klar definiertes Kin, übervolle Wangen. Am Handybildschirm mag das gut aussehen, weil die Handykera mit einem Weitwinkelobjektiv filmt und das Gesicht etwas verzerrt. In der Realität wirkt es nur lächerlich.

So verzerrt wie diese Gesichter aussehen, klingen mittlerweile viele Texte auf LinkedIn und auch so mancher Zeitungstext. Voll großspuriger Floskeln, voller gewichtiger kürzestsätze ohne viel Inhalt, aber mit vielen Gedankenstrichen. Das ist der Chat GPT Stil. Verrückt dabei ist, dass das kein zuverlässiges Zeichen mehr dafür ist, dass hier tatsächlich die KI am Werk war. Mittlerweile haben sich Menschen den KI Stil selbst zu eigen gemacht. Sie schreiben auch ohne KI wie die KI. Das Instagram Gesicht und die KI Sprache sind zwei Beispiele dafür, wie wir uns der Technik anpassen, statt umgekehrt auf unsere Menschlichkeit zu beharren. Mein Aufruf zum Jahresende lautet deshalb: „Werdet wie die Kinder, nicht wie die KI.“

Mit „kalt erwischt“ meine ich eine eigene Erfahrung mit Claude 4,5 Sennet, die KI, die ich (über Perplexity pro) für Auftragstexte über vielerlei Pflanzen und Gehölze einsetze.

  • Habe der KI mittels Beispieltexten „meinen Stil“ beigebracht, dennoch formuliert sie allzu oft Sätze, die noch so ein „Anhängsel“ haben, getrennt vom Vorherigen mit einem langen Bindestricht. Es hört sich oft recht prägnant und stimmig an, entspricht irgendwie der satzzeichenlosen assoziativen Denke im eigenen Kopf. Dennoch redigiere ich das mittlerweile weg, eben weil es so exzessiv genutzt wird und recht klar als KI-Schreibe erkennbar ist.
  • Bis hierhin ist für mich noch alles ok, die Texten sind noch immer meine, im Ergebnis nicht anders als in Vor-KI-Zeiten, die im kommerziellen Sektor lange schon „SEO-optimiert“ geschrieben werden mussten. (Großspurige Floskeln und andere Nervereien verlangt zum Glück niemand von mir, denn ich muss keine Verkaufstexte schreiben).
  • „Kalt erwischt“ hat mich Zehnders Rede, weil ich mich mittlerweile schon dabei ertappt habe, dass ich aus eigenen, völlig selbst, frei und spontan ins Blog geschriebenen Texten die langen Bindestriche wegredigierte!

Bedeutet: Ich bin offenbar nicht mehr so frei, letzte Satzteile mit Bindestrich anzufügen, obwohl das – eigentlich! – zu meinem Stil gehört, nicht ständig, aber gelegentlich. Indem ich versuche, ganz gewiss nicht „a la KI“ zu schreiben, verwehre ich mir Ausdrucksweisen, die mir früher, vor KI-Zeiten, selbstverständlich in die Tasten flossen. Nicht gut!

Wir müssen das Menschliche in uns verteidigen, sonst werden wir zu funktionierenden Rädchen in der alles nivellierenden KI-Wirtschaft. Wieder spontan sein wie die Kinder, fordert Zehnder in seiner großartigen Weihnachtsansprache. Die enthält jede Menge Beispiele für unsere Unterwerfung unter die Dogmen der KI-gesteuerten Algorithmen. Es lohnt sich, hinzuhören, denn so manches machen wir womöglich schon mit, ohne je darüber nachzudenken, ob wir es wirklich wollen.

So ganz bin ich nicht fürs „Werden wie die Kinder“, siehe oben: Gepöbel mag‘ ich nicht!:-) Gleichwohl ist es eine schöne Metapher für das Menschliche, das wir im Spiegel der KI suchen bzw. neu (er)finden müssen. Die bisherige Identifikation als „Homo sapiens sapiens“ ist wohl nicht mehr ausreichend, denn in Sachen „Wissen“ hat „Künstliche Intelligenz“ bereits jeden einzelnen Menschen überflügelt.

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