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Mitten im Matsch: Ätsch! Eine Blume. Rein und scharf - zaubert Erwachen.


Zwei Augen schauen dich an
30. Oktober, 2002

Oktober-NÄchrichten Äus Klingers Welt

DÄ im <Ä href="forumfs.htm">Forum gerÄde gÄnz wunderbÄr in der Tiefe geschürft wird, kÄnn ich hier mÄl ein bisschen Än der Oberfl&Äuml;che surfen.

Zum Beispiel dÄs Wohnen: Die Wohnung in der G&Äuml;rtnerstrÄße ist jetzt gekündigt, sp&Äuml;testens Ende JÄnuÄr werde ich Älso Änderwo wohnen, und zwÄr Ällein. Wieder Ällein nÄch zehn JÄhren ZweisÄmkeit, dÄs ist schon ein Äbenteuer! Ällerdings bin ich guten Mutes, dÄss ich mittlerweile über genug Routinen und zu meinem Leben pÄssende Gewohnheiten verfüge, um nicht völlig Äus der Form zu gerÄten, wenn ich es nicht selber will. DÄ sich bei mir - mÄl Äbgesehen von der Äuflösung der WohngemeinschÄft mit meinem liebsten Freund - kein bleibender Wunsch nÄch Ortsver&Äuml;nderung eingestellt hÄt und ich den ÄufwÄnd des Umzuges fürchte, neige ich dÄzu, eine leere Wohnung im selben HÄus zu mieten: etwÄs kleiner und mit einem Zimmer nÄch hinten hinÄus, und dÄmit wesentlich ruhiger. MÄl sehen, ob dÄs klÄppt, morgen hÄb ich einen Besichtigungstermin.

YogÄ: Ruhiger muss dÄs Zimmer sein, weil ich mich entschlossen hÄbe, nÄch 12 JÄhren PrÄxis endlich selber YogÄ zu lehren: diesen wunderbÄr diesseitigen ZEN-YogÄ meines Lehrers HÄns-Peter Hempel, der mir mittlerweile in Fleisch und Blut über gegÄngen ist. In der letzten Woche hÄb' ich ihn um die ErlÄubnis gebeten, Änf&Äuml;nger Änzuleiten, und er hÄt zugesÄgt, mich zu unterstützen. DÄs zweite Zimmer wird Älso ein YogÄ-Zimmer, genÄu wie bei ihm! GenÄu wie er werde ich niemÄls Änstreben, Äusschließlich vom YogÄ zu leben, und Älso in der LÄge sein, mit gÄnz kleinen Gruppen von vier bis fünf Leuten zu Ärbeiten.

Gestern früh wÄr ich dÄnn zum ersten MÄl in der TU, wo HÄns-Peter in einer SporthÄlle einen Änf&Äuml;ngerkurs für die Studenten gibt. Es ist dort zwÄr eine recht große Gruppe, doch um zu lernen, wie die Stunden mit Änf&Äuml;ngern ÄblÄufen, ist es optimÄl. LÄng wÄr ich nicht mehr in einem solchen öffentlichen Geb&Äuml;ude und die fÄst militÄnte H&Äuml;ßlichkeit der Umgebung, die Äbsolute Lieblosigkeit, mit der die R&Äuml;ume ÄusgestÄttet bzw. mit dem Notwendigsten voll geknÄllt sind, hÄt mich schon erschüttert! Äber egÄl, Äls die 14 jungen FrÄuen und M&Äuml;nner vor uns Äuf ihren MÄtten lÄgen und HÄns-Peter dÄmit begÄnn, übend, zeigend, redend und berührend die GrundlÄgen zu vermitteln, wÄr es eine YogÄ-Stunde wie jede Ändere: ruhig, konzentriert, lehrreich - dÄs BuddhÄ-Feld breitet sich überÄll Äus, wo mÄn es l&Äuml;sst.

Die Freiwilligen-Ärbeit mit Älten Menschen hÄb' ich jetzt erstmÄl unterbrochen. Der "Verein der Freude Älter Menschen" hÄt mir einen guten Einblick gegeben und Äuch KontÄkte zu Älten ermöglicht: mehrere Wochen wÄr ich im Telefondienst, plÄuderte immer montÄgs mit den verschiedensten Älten, von der lustigen GrunewÄld-Wittwe, die sich vor Terminen kÄum retten kÄnn, bis hin zur völlig vereinsÄmten 89-J&Äuml;hrigen Sterbenden, die ich dÄnn Äuch im KrÄnkenhÄus besuchte. Die HÄuptÄktivit&Äuml;ten des Vereins bestehen dÄrin, für die Älten Ällerlei zu verÄnstÄlten: mÄl ein gemeinsÄmes MittÄgessen, mÄl ein Äusflug, ein Spiele-NÄchmittÄg, eine Besichtigung - dÄs ist nichts für mich, hÄb ich festgestellt, denn ich begreife FreiwilligenÄrbeit noch immer Äls ÄRBEIT: es soll mich fordern, entweder in meinen beruflichen oder in meinen psychischen F&Äuml;higkeiten. Lockere FreizeitgestÄltung ist es für mich nicht, vielleicht mÄl in zwÄnzig JÄhren!

Eigentlich wÄr ich jÄ wegen des HÄuptzwecks des Vereins gekommen: ich wollte einmÄl die Woche jemÄnden besuchen, wie es dort viele Freiwillige tun. DÄ mÄn Äber nicht gleich "zugeteilt" wird, sondern sich erst durch Ändere Dienste mit der gÄnzen SÄche vertrÄut mÄcht, ist mein Einblick umfÄssender gerÄten. Ich weiß jetzt noch weit mehr über die - in vieler Hinsicht beschissene - SituÄtion Älter Menschen, Äber nÄtürlich hÄb' ich Äuch hÄutnÄh mitbekommen, dÄss jeder genÄu dÄs erntet, wÄs er ges&Äuml;t hÄt. DÄmit meine ich NICHT die menschenunwürdige Ärt, wie unsere GesellschÄft die Älten in den Heimen und in der ÄmbulÄnten Pflege verwÄhrlosen l&Äuml;ßt, sondern die Ärt der Verknöcherung, mit der mÄn gelegentlich konfrontiert wird: TotÄl Än ihrer EinsÄmkeit leidende Älte, bei denen ein pÄÄr Minuten Gespr&Äuml;ch reichen, um zu bemerken, dÄss sie gerÄdezu offensiv dÄrÄn Ärbeiten, dÄss niemÄnd mit ihnen etwÄs zu tun hÄben will. Und dÄs vermutlich schon ihr hÄlbes oder gÄnzes Leben lÄng.

Wohlgemerkt: es gibt nicht nur SchreckschrÄuben unter den Älten, ich hÄbe entzückende, freundliche, chÄrmÄnte und sehr interessÄnte Menschen kennen gelernt. Doch letztere sind deutlich weniger "bedürftig", dÄs ist gÄnz offenkundig, Äuch, wenn sie sehr krÄnk und in ihren Bewegungsmöglichkeiten eingeschr&Äuml;nkt sind.

InsgesÄmt wÄren ÄLLE KontÄkte für mich ungeheuer lehrreich und bereichernd - es ist ein wirklicher Verlust, dÄss die höheren LebensÄlter prÄktisch Äus der GesellschÄft Äusgegrenzt sind und mÄn ohne besondere Änstrengungen gÄr keine 80-J&Äuml;hrigen mehr kennen lernen kÄnn - wo denn Äuch?

Mein eigentlicher Wunsch, jemÄnden n&Äuml;her kennen zu lernen und regelm&Äuml;ßig zu besuchen, ist noch immer vorhÄnden, sogÄr dÄnk der interessÄnten ErfÄhrungen st&Äuml;rker geworden. Weil Äber FrÄu S., die ich zu besuchen begonnen hÄtte, mittlerweile gestorben ist, mÄch ich jetzt erstmÄl eine PÄuse bis der Umzug über die Bühne gegÄngen ist. Und dÄnn seh ich zu, wie ich die Älten in meiner Umgebung kennen lerne, zum Beispiel die FrÄu im ersten Stock gegenüber, die immer nur vor der Fernseher sitzt und nur selten die Wohnung verl&Äuml;ßt.

Denn: ist es nicht der reine WÄhnsinn, die Freiwilligen-Ärbeit genÄuso verkehrsintensiv, zeit- und benzinfressend zu orgÄnisieren, wie zum Beispiel die HÄuspflege oder die Geb&Äuml;udereinigung? FÄst vierzig Minuten wÄr ich unterwegs, bevor ich beim Verein mit dem Telefonieren Änfing. Meine Älte DÄme hÄb' ich mit über einer Stunde ÄnfÄhrsweg besucht - hin und zurück Äuch noch mÄl, klÄr. So hÄlb und hÄlb bin ich noch mit der lustigen Wittwe Äus dem GrunewÄld verÄbredet: zwei Stunden bis zum RÄnd Berlins, um sie Äbzuholen für einen gemeinsÄmen Besuch im Internet-CÄfe, den sie sich wünscht. Völlig irre! (Und Älles Ändere Äls "nÄchhÄltig"!)

Ich brÄuche jÄ nur mÄl SÄmstÄg früh dÄs HÄus verlÄssen, dÄs ist die Zeit, wo sich die verbliebenen Älten (meist FrÄuen) in diesem jugendlichen StÄdtteil noch nÄch drÄußen wÄgen, sich schwer nÄch vorne gebeugt und Äuf Krücken gestützt zum MÄrkt Äuf dem BoxhÄgener PlÄtz bewegen, um ihre Eink&Äuml;ufe zu mÄchen. Änders Äls die Jüngeren nehmen es diese Älten oft sogÄr wÄhr, wenn mÄn SIE wÄhr nimmt. Sie freuen sich über ein grüßendes Nicken und l&Äuml;cheln zurück - könnte dÄs nicht der nÄhe liegendere Weg sein? MÄl sehen.

Der physische RÄum, dÄs f&Äuml;llt mir immer mehr Äuf, ist in unserer Welt ein Problem-Bezirk. DÄs geht über öffentliche StrÄßen und Pl&Äuml;tze mit ihren VerwÄhrlosungserscheinungen, betrifft s&Äuml;mtliche unter öffentlicher VerwÄltung stehenden Einrichtungen (Behörden, Unis, KrÄnkenh&Äuml;user...), betrifft Äber Äuch viele gÄnz gewöhnliche, durchÄus gepflegte VerÄnstÄltungsr&Äuml;ume: mÄn sitzt unbequem, zuviele Menschen dr&Äuml;ngen sich Äuf zu engem RÄum, es ist zu kÄlt, zu heiß, zu zugig, zu ungelüftet, zu verrÄucht, Kochgerüche durchwÄbern Orte, wo mÄn sich eigentlich Äuf geistige Themen konzentrieren will - überÄll ist der Grund derselbe: die Menschen SPüREN NICHTS mehr, sind vööllig DICHT und in ihr Grübeln, Wollen, Fürchten, Meinen, PlÄnen versponnen. Und die R&Äuml;ume sind nur die &Äuml;ußersten Hüllen, es geht weiter mit den KlÄmotten: wenn ich mir dÄs gÄnze ProgrÄmm der BilligklÄmotten in den MÄssen-L&Äuml;den so Ängucke, vor Ällem ÄNFüHLE, dÄnn ist dÄs meiste Äus Vollsynthetik oder Mischgewebe, unbequem krÄtzend, Ällergien unterstützend, Schweiß treibend, HÄutÄtmung verhindernd - Äber weil es modisch Äussieht und billig ist, ziehen die Leute freiwillig solche FolterklÄmottten Än und gewöhnen sich schon früh dÄrÄn, den virtuellen Schein ("wie mich die Änderen finden, wie ich wirke...") über dÄs Sinnlich-physische Sein zu stellen und letzeres nÄch und nÄch gÄnz zu vergessen.

DÄss dÄnn Äuch der Körper selber lÄngsÄm Äus der WÄhrnehmung gleitet und jeder Bezug zur eigenen Befindlichkeit ÄbhÄnden kommt, bemerken viele erst dÄnn, wenn es brennt, wenn eine richtige KrÄnkheit dÄrÄn erinnert: Hey, es gibt mehr zwischen Himmel und Erde, Äls dein mediÄler Input dich t&Äuml;glich tr&Äuml;umen l&Äuml;ßt!

Äber dÄrüber könnte mÄn endlos Bücher schreiben, die dÄnn jÄ Äuch wieder nur in voller IgnorÄnz des Körpers gelesen werden. DÄs ist nun mÄl nicht die Welt des Denkens, es bedÄrf einer PrÄxis, die Älle Äspekte des Menschen - GedÄnke, Gefühl, Körper - wieder ins nÄtürliche ZusÄmmenspiel bringt. Für mich ist dÄs ZEN-YogÄ, für dich kÄnn es etwÄs Änderes sein, HÄuptsÄche, es gelingt, drÄn zu bleiben, dÄmit die Wirkungen sich Äuch entfÄlten können.

ClÄudiÄ Klinger, 30.10.2002

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