Claudia am 09. August 2025 — 7 Kommentare

In aller Kürze: Vom Hass auf Woke

„Wer sich für eine diskriminierungsfreie Sprache, für Sichtbarkeit und Teilhabe einsetzt, sollte nicht diffamiert, sondern unterstützt werden.schreibt Lorenzo im Rahmen der aktuellen Blog-Debatte rund um den Begriff „Woke“.

Im Prinzip ja, ABER….

Der Hass auf „Woke“ kommt NICHT ALLEIN aus Unsicherheiten oder Ablehnung der vorgetragenen Werte, sondern bezieht sich auf das Verhalten von Menschen, die sich als „woke“ definieren bzw. die jeweiligen „woken“ Inhalte in aggressiver Weise vor sich hertragen. Menschen, die sich auf ein Podest stellen und auf Andere herabblicken, weil schließlich selbst moralisch einwandfrei, wogegen der große Rest der Welt im falschen Bewusstsein vor sich hin dümpelt und belehrt werden muss.

Insbesondere nervt das, wenn komplett Unbetroffene – also selbst weder POC noch LGBT, FLINTA o.ä. – vehement die Interessen schützenswerter Minderheiten vertreten, indem sie dem jeweiligen Umfeld bestimmte Bekenntnisse und Verhaltensweisen abverlangen (wobei ich „gendern“ noch zum Harmlosen zähle) – ohne je darüber „demokratisch“ debattieren zu wollen. Müssen sie ja nicht, weil: SIE HABEN DOCH RECHT! Und wer nicht gleich folgt, ist halt ein A…. (Ja ja, ich war auch selbst „betroffen“. Nämlich von weißen Studierenden der Sozialarbeit, die mit ihren Symbolpolitiken und der aus den USA unkritisch übernommenen „Critical Whiteness-Agenda“ so nervig wurden, dass ich mein Engagement in einer Krisen- und Beratungseinrichtung für Geflüchtete u.a. deshalb beendete.)

Ganz vergleichbar läuft auch der Streit zwischen Normalköstlern und Veganern: Im Grunde hat niemand ernsthaft was dagegen, dass eine/r nur Gemüse ist. Nervig wirds, wenn „militante Veganer“ (heute eher selten!) den Noch-Fleisch-Essern den Verzehr der „Leichenteile“ madig machen wollen.

Unbehagen mit Reichweite

In konservativen und rechten Kreisen wurde „woke“ zunehmend negativ besetzt – als Symbol für „übertriebene politische Korrektheit“, als Bevormundung oder als Angriff auf „traditionelle Werte“, berichtet Lorenzo weiter. Klar, Rechte haben „Woke“ zum Kampfbegriff gemacht, macht es sie doch so schön „anschlussfähig“. Das Unbehagen über ideologisch begründete Denk- und Verhaltensgebote reicht nicht nur weit in die ominöse „Mitte“, sondern bis hinein in grüne und linke Szenen und Milieus. Man denke nur an die Auseinandersetzungen rund um die Haartracht: Dreadlocks als „kulturelle Aneignung“ – im Ernst?

Als links-grün versiffter Gutmensch (um noch ein paar Kampfbegriffe zu nennen) tut man sich allerdings schwer, gegen so manche Zumutung Widerstand zu leisten. Schließlich ist man doch auch selbst in aller Regel auf Seiten der Erniedrigten und Beleidigten! Es verlangt intellektuelle Anstrengungen, hier in Debatten einzusteigen, die Dinge auseinander zu sortieren, zu argumentieren und zu begründen – ein Bemühen, zu dem die eher gefühlig-vorwurfsvoll agierende Gegenseite nicht immer bereit ist. Und wer zu auffällig wird im Dagegen-Sein wird auch schnell mal als Rassist oder Nazi gelabelt. Alles sehr unschön!

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Diskussion

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7 Kommentare zu „In aller Kürze: Vom Hass auf Woke“.

  1. Da meint mein Blog, du hättest ihn erwähnt. Und so lese ich diesen Artikel und möchte mich vor ihm verneigen. Ein großartiges Stück Text, in dem du das ausdrückst, was ich in meinem Text meine.
    Vielen Dank für den Artikel.

  2. Zur Spalte „Auch dazu:“ fehlt noch
    Die Wokeness-​Debatte als Spiegel unserer Gesellschaft [04.08.2025]
    und – mit Verlaub – von mir selbst, mehr unter naturwissenschaftlicher Perspektive, sie­he → Kommentierter Textauszug zu „wokeness“. Viele benutzen den Begriff – nur Wenige wissen wovon sie reden!
    [14.06.2023]

  3. Danke für die Erwähnung!

    Unabhängig davon sehe ich das etwas anders als du. Natürlich gibt es militante Woke-Menschen und Veganer:innen, aber das entschuldigt doch nicht den Hass und die Diffamierung von Menschen, die Wokeness praktizieren. Dass rechte Besserwisser:innen „woke“ als Kampfbegriff benutzen, rechtfertigt das auch nicht. Sie nehmen jeden Begriff, wenn er ihnen nützlich erscheint. Und „woke” passt sowieso nicht in ihr Weltbild.

  4. Aber ich verstehe schon, was du meinst, Claudia.

    Mit meinem Blogbeitrag wollte ich lediglich meine Meinung äußern, ohne jemanden anzugreifen. Und ich glaube, das ist mir gut gelungen.

  5. Ich wünsche, ich könnte meine Gedanken manchmal so gut ausdrücken, wie Du das geschafft hast. :-)

  6. Vor einem Jahr waren die „Woken“ halt Klima-Kleber, vorher Veganer/Vegetarier, die Grünen sowieso in ihrem oft eher herbeifabulierten „Verbotswahn“ und irgendwelche Randgruppen gibt´s ja immer, die sowohl Zielscheibe sind und sich teils mit ihrer 110-prozentigem Sicht und der Annahme, diese allen beibringen zu müssen, dabei selber in´s Glashaus setzen.

    Das so etwas teils echte Blüten treibt und in vielen Fällen auch missionarische Züge und Absolutheitscharakter mit Scheuklappen trägt, der schon teils sektenhaft daherkommt, ist auch richtig. Was dieser Klientel in ihrem Weltverbessern fehlt, ist m.E. in erster Linie die Einsicht, dass über das Verhalten Einzelner „die Welt halt nicht gerettet“ werden kann, solange das System dahinter das ist, welches wir eben haben.

    Da kann ich mich noch so strecken, aber durch bewussten Konsum usw. mache ich das für mich und bin ggf. Beispiel auch für Andere, aber die Masse wird man nicht ändern dadurch, denn da steckt viel zu sehr der Trott und bei manchen das direkte Ablehnen dahinter, welches alleine im Eingriff in die eigene Lebenssphäre zumindest das Emotionale befördert, ohne das es sich bereits um den gezielt angetriggerten Hass vornehmlich durch Konservative/Rechte handelt.

    Das ist noch einmal eine andere Kategorie, die wie oben beschrieben einfach Feindbilder und Begriffe sucht, die sich je nach Lust und Laune gut und einfach framen lassen – Klimawandel, Wärmepumpen, der toitsche Diesel, Tempolimit usw. Haus, Auto und Essen sind da eben als Punkte ein No-Go für den Michel. Wobei der da ja auch gerne auf Linie ist mit den Unternehmen, die das Zeug produzieren und verkaufen und deshalb die ganzen Verdummungskampagnen noch selber fahren, die als Trittbrett für die rechte Propaganda dienen.

    Und m dann die Leier gleich noch weiter zu drehen, sind eben wiedermal auch viele Medien und eben auch seriöse und die ÖR fleissig mit dabei, über diese Begriffe Öl in´s Feuer zu gießen, weil sich damit eben Reichweite erzielen lässt und je nach Aussage der Beiträge auch provozieren. Meist wird ja maximal bis zur Zwischenüberschrift gelesen und eben auch gerne sachlich falsch oder verfremdend berichtet. Korrekturen liest später sowieso keine mehr und manchmal ist es schon lustig, wie oft so ein publizierter Artikel verändert wird.

    Selber finde ich ja auch, dass grundsätzlich erstmal der Paragraph „Leben und leben lassen“ gilt und da bin ich bestimmt immer noch ein Verfechter der „reinen Leh(e)re“. Aber mit übertriebenem Moralisieren erreicht man in aller Regel eher das Gegenteil des Gewünschten oder zumindest mit der Zeit nur noch entnervtes Abwinken.

    Das Hauptproblem auf der Seite der hier als Beispiel „Woken“ liegt m.E. darin, dass sie sich oft nicht mehr der Kritik aussetzen, sondern selbst bei offensichtlichen Widersprüchen gilt die Meinung eben als gesetzt. Genau das macht sie aber so angreifbar und ist ja auch gleichzeitig Methode vor allem von rechts, dass immer so ein Körnchen halbe Wahrheit genutzt wird, um sie vorzuführen, weil man genau weiss, dass sich manche lieber sonstwie verbiegen, als bei kritischen Punkten einem Rechten zustimmen zu müssen, die daraus ihrerseits natürlich wieder einen Strick drehen und die gesamte Sache ihrerseits zur Ideologie ausschlachten, statt zu differenzieren – Ausländer, Kriminelle, Arbeitsunwillige und überhaupt alles, was nicht stromlinienförmig in deren Weltbild passt.

    Nach diesem neuerlichen tl;dr nur noch kurz: Früher® hiess das einfach „bierernst“;-)

    PS: Auch lesenswert
    Grüße
    Thomas

  7. Wie schon so oft festgestellt: eine Toleranzfrage auf beiden Seiten- und einfach mal nachdenken…. Beispiel: Die Organisatoren des ersten CSD in Rheinsberg fühlten sich vom Bürgermeister und der Stadtverwaltung allein gelassen… Denkt jetzt jeder: nicht schön, Homophobie- Rheinsberg ist so gut wie ohne Gewerbe, dafür „stapeln“ sich dort Altenheime und Sanatorien etc… Muss man dort einen CSD veranstalten? Ich habe 2 schwule Freunde und kenne noch ein anderes schwules Paar- alle haben den Kopf geschüttelt… Ich esse Fleisch und gendere nicht- zum ersten, denke ich das der Mensch als „Allesfresser“ konzipiert ist, aber der pflanzliche Anteil überwiegen sollte und das mit dem Gendern: ich denke, das man Frauen so bezahlen sollte wie Männer und das NIEMAND über ihren Körper verfügen sollte außer sie selbst- Stichwort Abtreibung. Ich denke, das damit viel mehr geholfen wäre und empfinde deshalb gendern als Lüge. Aber: wenn es jemand machen will: bitte, wenn sich jemand vegetarisch/ vegan ernähren will: bitte- kein Problem so lange ich meinen Weggehen kann… Und eigentlich will ich darüber gar nicht reden.

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