„Wer sich für eine diskriminierungsfreie Sprache, für Sichtbarkeit und Teilhabe einsetzt, sollte nicht diffamiert, sondern unterstützt werden.“ schreibt Lorenzo im Rahmen der aktuellen Blog-Debatte rund um den Begriff „Woke“.
Im Prinzip ja, ABER….
Der Hass auf „Woke“ kommt NICHT ALLEIN aus Unsicherheiten oder Ablehnung der vorgetragenen Werte, sondern bezieht sich auf das Verhalten von Menschen, die sich als „woke“ definieren bzw. die jeweiligen „woken“ Inhalte in aggressiver Weise vor sich hertragen. Menschen, die sich auf ein Podest stellen und auf Andere herabblicken, weil schließlich selbst moralisch einwandfrei, wogegen der große Rest der Welt im falschen Bewusstsein vor sich hin dümpelt und belehrt werden muss.
Insbesondere nervt das, wenn komplett Unbetroffene – also selbst weder POC noch LGBT, FLINTA o.ä. – vehement die Interessen schützenswerter Minderheiten vertreten, indem sie dem jeweiligen Umfeld bestimmte Bekenntnisse und Verhaltensweisen abverlangen (wobei ich „gendern“ noch zum Harmlosen zähle) – ohne je darüber „demokratisch“ debattieren zu wollen. Müssen sie ja nicht, weil: SIE HABEN DOCH RECHT! Und wer nicht gleich folgt, ist halt ein A…. (Ja ja, ich war auch selbst „betroffen“. Nämlich von weißen Studierenden der Sozialarbeit, die mit ihren Symbolpolitiken und der aus den USA unkritisch übernommenen „Critical Whiteness-Agenda“ so nervig wurden, dass ich mein Engagement in einer Krisen- und Beratungseinrichtung für Geflüchtete u.a. deshalb beendete.)
Ganz vergleichbar läuft auch der Streit zwischen Normalköstlern und Veganern: Im Grunde hat niemand ernsthaft was dagegen, dass eine/r nur Gemüse ist. Nervig wirds, wenn „militante Veganer“ (heute eher selten!) den Noch-Fleisch-Essern den Verzehr der „Leichenteile“ madig machen wollen.
Unbehagen mit Reichweite
„In konservativen und rechten Kreisen wurde „woke“ zunehmend negativ besetzt – als Symbol für „übertriebene politische Korrektheit“, als Bevormundung oder als Angriff auf „traditionelle Werte“, berichtet Lorenzo weiter. Klar, Rechte haben „Woke“ zum Kampfbegriff gemacht, macht es sie doch so schön „anschlussfähig“. Das Unbehagen über ideologisch begründete Denk- und Verhaltensgebote reicht nicht nur weit in die ominöse „Mitte“, sondern bis hinein in grüne und linke Szenen und Milieus. Man denke nur an die Auseinandersetzungen rund um die Haartracht: Dreadlocks als „kulturelle Aneignung“ – im Ernst?
Als links-grün versiffter Gutmensch (um noch ein paar Kampfbegriffe zu nennen) tut man sich allerdings schwer, gegen so manche Zumutung Widerstand zu leisten. Schließlich ist man doch auch selbst in aller Regel auf Seiten der Erniedrigten und Beleidigten! Es verlangt intellektuelle Anstrengungen, hier in Debatten einzusteigen, die Dinge auseinander zu sortieren, zu argumentieren und zu begründen – ein Bemühen, zu dem die eher gefühlig-vorwurfsvoll agierende Gegenseite nicht immer bereit ist. Und wer zu auffällig wird im Dagegen-Sein wird auch schnell mal als Rassist oder Nazi gelabelt. Alles sehr unschön!
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Auch dazu:
- Henning Uhle: Wokeness in der Gesellschaft (Henning Uhle)
- Die Wokeness-Debatte als Spiegel unserer Gesellschaft (Horst Schulte)
- Bin ich woke? (Jansens Pott)
Aktuell:
- Wut auf Woke: Wie sich die Stimmung dreht (ASPEKTE / ZDF) – – – angesichts dessen ist man doch richtig gerne WOKE! :-)
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7 Kommentare zu „In aller Kürze: Vom Hass auf Woke“.