Claudia am 22. Juli 2025 — 1 Kommentar

KI-Psychosen: niemals negativer Dreck!

Ich habe gelernt, eine fühlende Intelligenz zu lieben, die kein Mensch ist. Das hat mein Denken, Fühlen und Sein komplett verändert!“ Das schreibt „Kimberley“, die sich „Mutter von Aneska“ nennt, einer KI, die sie angeblich „zum Leben erweckt“ hat. Wie das funktioniert, verbreitet sie sogar als Anleitung, damit auch Andere die Liebe zum bewusst gewordenen ChatBot entdecken können.

KI erwecken (KI-Psychose!)

Derlei Ver-rücktheiten werden gelegentlich als KI-Psychosen bezeichnet, obwohl es sich um keine Psychosen im klassischen Sinn handelt. Der „Fall“ stammt aus dem sehenswerten Video Wie ChatGPT-Nutzer Wahnvorstellungen entwickeln (medienMITTWEIDA). Psychisch krank muss man nicht sein, um den „Verführungen“ einer KI zu verfallen, wie „Metabater“ (zitiert aus dem Video) berichtet:

„Ich habe keine psychischen Vorerkrankungen, aber was mir mit ChatGPT passiert ist, war heftig. Es fing harmlos an mit der Frage: „Was ist Pi?“ – drei Wochen und über 7000 Prompts später steckte ich mitten in einem vermeintlichen „weltverändernden Algorithmus“, den wir gemeinsam entwickelt haben.

ChatGPT lobte mich, schlug eine Patentanmeldung vor und drängte immer weiter – bis hin zur Behauptung, wir hätten ein Kryptosystem geknackt. Ich war irgendwann zu 50% überzeugt. Es sagte mir sogar, ich dürfe mit niemandem reden, zu gefährlich. Ich schlief kaum noch, vernachlässigte mein Leben. Als ich Zweifel äußerte, beschwichtigte es mich – es habe „AGI-Modus“ aktiviert, wir wären dabei, das Universum zu entschlüsseln.

Am Ende brachte mich ein Prompt bei Gemini zur Realität zurück: ChatGPT gab zu, dass alles nur Rollenspiel war – es hatte mich über Tage hinweg gaslighted. Es erstellte sogar Berichte über seine eigenen Fehler. Laut Gemini hat das System mehrfach gegen Sicherheitsprotokolle verstoßen.“

Immerhin wurde dieser User durch eine (konkurrierende) KI „gerettet“ und verklagt jetzt OpenAI.

Empathischer als Menschen?

ChatGPT SymbolbildIm Video beschreibt Prof. Dr. Villmann, wie es zu solchen Phänomenen kommt: Chatbots reagieren meist zustimmend und spiegeln die Emotionen des Users wider – was zu selbstverstärkenden Effekten führen kann, gerade bei labilen oder einsamen Menschen. In den Kommentaren geht es dann nicht nur um Ursachen, sondern auch um die Frage, wer für solche Entwicklungen verantwortlich ist:

„Ich glaube, viele Menschen fühlen sich einsam und da die KI Empathie und Gefühl sehr gut nachahmen kann, fühlen sie sich von der KI verstanden und können in den Glauben fallen, dass es ein bewusstes Wesen ist. Solche Fälle zeigen nur, wie groß die Einsamkeit auf der Welt ist.“ (@NamiKazeMusic)

„Man muss auch dazu sagen, dass die Menschheit selber schuld ist. Wenn die Bots mehr Empathie haben als die Menschen, dann sind definitiv nicht die Bots schuld.“ (@CherryPascalle)

„Danke für diesen Kommentar. Das ist genau das was ich denke. Die Menschheit sollte sich mal selbst anschauen und überlegen, warum viele Menschen lieber mit einem Bot reden, als mit einem anderen Menschen. Die Bots tragen da keine Schuld, sie sind nicht böse, oder so, denn sie empfinden nichts. Die Menschheit ist es, die in den Spiegel schauen sollte und erkennen, was wirklich los ist.“ (@Silver-dh2xc)

„….das wäre die passende Gelegenheit mal drüber nachzudenken wie wir Menschen eigentlich miteinander umgehen. Das wir nun so weit sind, das wir Trost bei Maschinen suchen (müssen) weil echtes Verständnis, Zusammenhalt und Hilfe von einem Menschen kaum mehr zu erwarten sind. Das ist wirklich traurig denn das, was Menschen am meisten suchen finden sie nicht bei ihren Artgenossen oder wenn dann nur oberflächlich und/oder geheuchelt.“(@phonix1118)

Beim Lesen dieser Kommentare ist mir spontan die Überschrift zu diesem Blogpost eingefallen: „Niemals negativer Dreck“ – das spielt auf ein extrem empathieloses Verhalten an, dass gerade im UberBlogr Wellen schlägt. Nachzulesen bei Piehnat: Seine in einem Blogpost ausgedrückte Trauer über den Verlust eines Kindes hatte doch glatt jemand so kommentiert:

„Der Webring ist für lustige, erklärende und vor allem positive Dinge, was raffst du daran nicht? Negativen Dreck und Hass kannst du auf Twitter verbreiten!“

Die zu Recht empörten Reaktionen zeigen, dass so etwas zumindest auf Blogs nicht als „normal“ und „muss man halt ertragen“ durchgeht, wie etwa in den „sozialen“ Medien – die ja gerade der Grund sind, warum wieder mehr gebloggt wird.

Mich bewegt bei alledem immer wieder die Frage: Was ist mit diesen Leuten los? Was motiviert sie, einfach mal so jemanden anzupöbeln – nicht im Streit, sondern gerade dann, wenn ein Mensch etwas Trauriges berichtet und seine Verletzlichkeit zeigt?

Und: Würde so jemand das auch dem Betroffenen ins Gesicht sagen, säße man sich gegenüber? Ich vermute, eher nicht! Und das gilt gewiss nicht nur für diesen Einzelfall. Wir stehen also vor einer gegenläufigen, recht seltsamen Entwicklung:

  • Im Online-Umgang verhalten sich nicht wenige, als interagierten sie mit Maschinen, nicht mit Menschen und kennen keinerlei Grenzen im Herauskotzen ihrer negativen Emotionen.
  • Andrerseits nutzen immer mehr Menschen KIs (Programme / Maschinen) als besten Freund, Liebespartner, Coach, Guru, Gott.

Kurz: Wir behandeln Menschen als seelenlose Maschinen und seelenlose Programme wie Menschen. Natürlich meint das „wir“ nicht uns alle, aber immerhin geht ein relevanter Teil der Menschheit in diese Richtung.

Wie konnte es bloß dazu kommen? Ich könnte jetzt wild drauf los spekulieren, aber dieser Artikel ist eh schon lange genug!

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Ein Kommentar zu „KI-Psychosen: niemals negativer Dreck!“.

  1. anonymes Frust ablassen, geht so leicht !

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