Claudia am 09. Juli 2025 — 10 Kommentare

Faire Haltung? Vom seltsamen Geruch eines LIDL-Hähnchens

Gestern hat mich die Fleischeslust ergriffen: Lust auf Hähnchen! Wenn das – nicht wirklich oft – der Fall ist, vermeide ich die gewöhnlichen Gummiadler und erstehe Teile vom Bio-Hähnchen. Man liest ja immer wieder, geschmacklich gäbe es kaum einen Unterschied zwischen konventionell und bio, lediglich Umweltaspekte und Tierwohl sprächen tatsächlich dafür, die Bio-Variante zu kaufen. Das hab ich gestern getestet, denn es gab bei „meinem“ LIDL nur noch ganze Bio-Hähnchen – für mich alleine viel zu viel!

Was es aber gab: Drei Hähnchenkeulen aus „fairer Haltung“, laut Aufschrift „für mehr Tierwohl“: Mehr Platz, Außenklimakontakt, Beschäftigungsmöglichkeiten – immerhin! Mein Appetit war gerade größer als mein grünes Gewissen, also erstand ich die recht erschwingliche Packung, marinierte die Keulen zuhause mit Olivenöl und einer bewährten Hähnchengewürzmischung und schob die Keulen in den Minibackofen. 30 Minuten inkl. Aufheizzeit  – für große Hähnchenteile (mit Oberkeule) hatte das bisher immer gepasst. In der Wartenzeit bereitete ich noch einen Salat zu und freute mich aufs Essen.

Ergebnis enttäuschend!

Hähnchenkeulen
Die übrig Gebliebenen…

Als ich die Hühnerteile nach 20 Minuten wendete, wirkten sie noch ganz normal. Allerdings war der seltsame Geruch, der zum Ende der 30 Minuten durch die Wohnung waberte, irgendwie anders, bei weitem nicht so appetitanregend wie sonst. Beim Einstichtest mit dem spitzen Messer erwiesen sich die Keulen als ungewohnt fest – ich gab also noch fünf Minuten zu, dann landete die erste Keule auf dem Teller. Optisch ok, aber was für eine Enttäuschung: Das Hühnerfleisch fiel nicht wie sonst recht leicht vom Knochen, nach wie vor roch es seltsam und schmeckte auch nicht so, wie ich das von „bio“ gewohnt war. Zu fest, fast zäh, zu geschmacksarm! Den Geruch meinte ich aus früheren Zeiten zu kennen, von Hähnchen, die mit Fischmehl gefüttert wurden.

Dabei war das Fleisch nicht irgendwie überlagert, das Mindesthaltbarkeitsdatum noch einige Tage entfernt. Wie eine Google-Suche zeigt, bin ich mit der Wahrnehmung des seltsamen Geruchs nicht alleine – keine Ahnung, was die wirkliche Ursache ist. Jedenfalls hatte ich keine Lust mehr auf noch eine Keule, trotz des ursprünglich großen Appetits auf Hähnchen.

Fazit: Lieber kein Huhn statt einem aus konventioneller Aufzucht! „Du bist, was du isst“ gilt nun mal auch für Tiere.

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Diskussion

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10 Kommentare zu „Faire Haltung? Vom seltsamen Geruch eines LIDL-Hähnchens“.

  1. Ich hab in diesem Jahr mal im normalen Bioladen für eine Gurke 2,69€ bezahlt und bin fassungslos angeschaut worden, dass es doch Gurken „auch in BIo“ in irgendeinem Supermarkt für 50 oder 60 Cent gäbe.
    Dagegen anzureden war letztlich sinnlos, ich gelte seither als privilegierter Idiot.

    Ich weiß, ich bezahle vielleicht viel zu viel, aber ich vermute, nur das ist wirklich Bio, im Sinne von guter Qualität und wirklichem Schutz der Natur soweit das in der „Landwirtschaft“ mit Betonung auf Wirtschaft geht. Es kann immer noch so viel geschummelt werden, so viel Tierleid ist dabei, so viele Umweltschaden sind noch nicht absehbar, aber dafur zahlen, dass das soweit als möglich unterbunden wird, will keiner. Stattdessen kauft man „Bio“ und wird leider verarscht. (Ist meine Meinung, ich bin da sehr fies, ich weiß)

    Ich kaufe manchmal vier Äpfel für fast vier Euro, ich weiß, das können sich die meisten Menschen nicht leisten, aber ich bekomme andererseits das Grausen, wenn die Menschen alle wüssten, dass das der „echte“ Bio Preis ist,bzw mir glauben würden.

  2. Ob der eigenartige Geruch vielleicht das eines Huhns sein kann, welches mit Chlor desinfiziert wurde, obwohl das in der EU ja eigentlich nicht erlaubt ist?

  3. Ich habe seit Jahren kein gegrilltes Hähnchen mehr gegessen – nicht, weil ich es nicht mögen würde. Aber das Fleisch fand ich irgendwann einfach nur noch komisch. Überhaupt kann man Hühnchen kaum noch essen. Auch in anderer Form ist es oft knurpsig und seltsam gummiartig. Ich hatte mir keine Gedanken drüber gemacht aber das mit der Fütterung klingt plausibel. Wenn mich die Fleischeslust packt, gibt es eher was von der Metzgertheke. Und auch wenn viele die Aufdrucke zu den Haltungsformen für nutzlos oder zu lasch empfinden, mag ich doch die ganz klare Angabe bei der man auf den ersten Blick ein schlechtes Gewissen bekommt. Wenn ich sehe, dass etwas aus schlechter Haltung kommt, vergeht mir gleich der Appetit. Wenn das jetzt noch auf allen Produkten aufgedruckt wäre, in denen tierische Zutaten drin sind, wäre das ein weiterer positiver Schritt. Dann kann man nicht mehr so tun, als wüsste man von nichts und die Welt wäre in Ordnung…

  4. Nachdem meine beiden Enkeltöchter diesen Film gesehen hatten, waren sie von heute auf morgen Veganerinnen:
    https://www.youtube.com/watch?v=V7DrljVAaYk&t=4097s

    1/3 des CO2-Ausstoßes geht auf die weltweite Tierverwertung zurück.

    Es gibt kein Fleisch von glücklichen Tieren (Öko!!), nur von toten.

    Für das Hähnchen in der Kühltheke wurden über 1.000 l Wassere verbraucht.

    Arbeite weiter an Deiner Mitverantwortung für das Tierleid.

  5. Meine Frau und ich verzichten bewusst auf Fleischprodukte vom Discounter. Bitte nicht falsch verstehen – das soll keineswegs überheblich klingen. Für uns hat sich im Laufe der Jahre einfach die Überzeugung gefestigt, dass gutes Fleisch Vertrauen braucht. Wir kaufen daher ausschließlich bei unserem Metzger des Vertrauens oder – besonders gern – direkt beim Bauern auf dem Wochenmarkt. Eine alte Regel von Alfred Biolek klingt uns dabei noch im Ohr: „Ich kaufe beim Fleischer meines Vertrauens“.

    Ich selbst esse seit meiner Jugend ausgesprochen gern Hähnchen – sei es das Halbe oder nur die Schenkel. Die Würzung übernehmen wir stets selbst, ganz nach Gusto und Zubereitungsart – ob im Ofen oder auf dem Grill, das entscheidet der Moment.

    In den letzten Jahren ist mir allerdings immer öfter aufgefallen, dass manche Hähnchenteile mit deutlichen, teils starken Einblutungen durchzogen sind. Das verdirbt mir ehrlich gesagt den Appetit. Und – bilde ich mir ein – es beeinflusst den Geschmack negativ. Manch einer mag nun denken: „Gut so.“ Und ja, vielleicht ist er auch hier berechtigt: der moralischer Fingerzeig.

    Für uns ist jedenfalls klar: Wer Fleisch isst, trägt Verantwortung. Deshalb achten wir sehr genau auf die Haltungsbedingungen der Tiere, die für uns ihr Leben lassen. Seit Jahren ist das Maishähnchen in seiner höchsten Qualitätsstufe unser persönlicher Standard geworden – aber auch kein Kompromiss zwischen Genuss und Gewissen.

  6. Danke für Eure Kommentare!
    @Holger: super! Manchmal, aber nicht immer, kaufe ich auch „Super-Bio“ z.B. von Demeter. Für „immer“ reicht mein Einkommen nicht.

    @Thomas/Siewurdengelesen: Ein Chlorhuhn in Deutschland? Wer weiß…

    @Gerhard Keller: Du musst mich hier nicht maßregeln, wenn ich mich mal zu einer Sünde gegen den heiligen Veggi-Geist bekenne! Ich habe auch einige Zeit vegan gelebt, den Film kenne ich seit ewig, habe ein Veggiblog und auch ein Buch zur veganen Ernährung geschrieben. Machst du denn nie irgendwas, das du – eigentlich – für falsch hältst? Dann Glückwunsch, du bist ein ordentlicher Heiliger!

    @Horst: vorbildlich! Normalerweise mach ich es auch so, aber gestern hab ich halt geschwächelt!

  7. Nein! Ich bin selbstverständlich kein Heiliger. Es ist nun mal nicht möglich, in einem falschen Wirtschaftssystem politisch korrekt zu konsumieren.

    Das individuelle Verhalten hat auf die systemischen Verhältnisse sowieso kaum Einfluss (mit dem Einkaufswagen die Welt retten), solange die Strukturen nicht verändert werden. Darüber hat die Autorin Kathrin Hartmann mehrere Bücher veröffentlicht.

    Ich erkenne auch den Widerspruch meiner vegetarischen Ernährung zum Veganismus. Es liegt mir aber fern, damit zu kokettieren. Insbesondere verzichte ich darauf, meine Widersprüche mit Toleranz und Liberalität zu begründen.

  8. Mein örtlicher Edeka hat demeter (!)-Gurken für 1,00-1,50 € das Stück im regulären Sortiment, Lidl Naturland-Ware, die nur minimal teurer ist als konventionelle. Mir deucht, die Erzeuger sehen nicht allzu viel davon. Wie überall, wo die Discounter und großen Ketten übernehmen. Für die ist Bio im wesentlichen eine Möglichkeit, höhere Endpreise zu realisieren und zahlungskräftigere Zielgruppen in die Läden zu kriegen.

  9. Liebe Claudia
    Würde dich hier mals hinschicken um zu geniesen:

    https://www.tripadvisor.de/Restaurant_Review-g187323-d8291757-Reviews-Wienerwald-Berlin.html

  10. > Für das Hähnchen in der Kühltheke wurden über 1.000 l Wassere verbraucht.

    Wasser kann in unserem WasserKREISLAUF nicht verbraucht werden, wenn das wirklich so wäre, hätten wir ein gewaltiges Problem. Auch wir werden am Lebensende unser im Körper gebundenes restliche Wasser (Leihgabe) wieder abgeben.

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