Das Gesetzespaket, das unter dem absurden Namen „One Big Beautiful Bill Act“ nun auch vom Repräsentantenhaus mit knappster Mehrheit durchgewunken wurde, wird bis zu 11,8 Millionen Amerikaner von der Krankenversicher Medicaid ausschließen. Dafür dürfen sich die Reichen über erhebliche Steuererleichterungen freuen, die Ausgaben für Grenzschutz und Militär steigen ebenfalls, aber auch der amerikanische Schuldenberg wird um 3,3 Billionen US-Dollar wachsen.
Das alles ist richtig richtig übel, Trumps „großer innenpolitischer Sieg“ ist grade Topthema, aber – und darüber wird kaum berichtet – es ist nicht mehr dasselbe Gesetz, das er ursprünglich eingebracht hatte. Im ursprünglichen Gesetzesvorhaben wollten er und seine Maga-Getreuen jede Menge Regelungen verabschieden lassen, die schon im „Projekt 2025“ beschrieben wurden. Faktisch wäre es eine Machtergreifung geworden: Die Möglichkeit der Gerichte, störend und bremsend einzugreifen, wäre komplett ausgehebelt worden, sogar rückwirkend! Minderheiten hätten noch weit mehr zu leiden gehabt, der soziale Kahlschlag wäre drastischer ausgefallen, Gewerkschaftsrechte, Umwelt- und Verbraucherschutz wären eingeschränkt worden – und das sind noch bei weitem nicht alle Gemeinheiten, mit denen die USA in MAGA-Land verwandelt worden wäre.
Senatsparlamantarierin MacDonough hat das Gesetzeswerk zusammengestrichen
Dass all die geplanten Schandtaten nicht „auf einen Streich“ innerhalb eines Steuergesetzes durchgesetzt werden konnten, ist der Senatsparlamentarierin Elizabeth MacDonough zu verdanken, die über 50 Bestimmungen aus dem ursprünglichen „One Big Beautiful Bill Act“ entfernt hat. (Hier die vollständige Liste, lesenswert!). Dass sie das tun konnte, liegt an ihrer Position als „Senatsparlamentarierin“, die ihr umfassende verfassungsrechtliche und regelbasierte Befugnisse als eine Art „Schiedsrichterin des Senats“ verleiht.
MacDonough wurde 2012 vom damaligen Mehrheitsführer Harry Reid (Demokrat) ernannt und 2015 von Mitch McConnell (Republikaner) im Amt bestätigt, was die überparteiliche Natur der Position unterstreicht. Sie ist nicht gewählt, sondern auf Lebenszeit ernannt und kann nur vom Mehrheitsführer entlassen werden. Zwar könnten ihre Entscheidungen theoretisch mit 60 Stimmen übergangen werden, jedoch gilt das als „nuklear“ und kommt nur höchst selten vor.
Natürlich kann die Senatsparlamentarieren nicht „nach Lust und Laune“ Regelungen aus Gesetzen streichen. Es ist ihre Aufgabe, die „Bird-Rule“ durchzusetzen – ein Regelwerk, benannt nach Senator Robert Byrd, die definiert, wann eine Bestimmung als „extraneous“ (unerheblich oder überflüssig) gilt und somit nichts in der Steuer- bzw. Haushaltsgesetzgebung zu suchen hat.
Trump not amused!
Die Senatsparlamentarierin gilt traditionell als überparteiliche Institution, die von beiden Parteien respektiert wird. Das hat Trump – wen wunderts! – nicht davon abgehalten, Druck auszuüben und auf Truth Social herum zu poltern „…An unelected Senate Staffer (Parliamentarian), should not be allowed to hurt the Republicans Bill. Wants many fantastic things out. NO! DJT.” Er wollte, dass die Republikaner MacDonough entgegen aller Tradition überstimmen – aber die haben sich geweigert, immerhin! Stattdessen modifizierten sie ihr Gesetz, um MacDonoughs Einwände zu berücksichtigen, was zu erheblichen Kürzungen der ursprünglichen Vorlage geführt hat.
Das bedeutet nun aber nicht, dass die gestrichenen Regelungen niemals kommen – sie sind nur nicht mehr Teil der nun verabschiedeten „Big Beautiful Bill„. Es bleibt Trump und den Reps ja weiterhin die Möglichkeit, zu all den kontroversen Vorhaben Einzelgesetze einzubringen.
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Ich verfolge die Vorgänge in den USA mit großem Interesse und wundere mich, wie oberflächlich das Thema hierzulande in letzter Zeit besprochen wurde. Würde ich keine US-amerikanischen Videos schauen, bekäme ich kaum etwas von den Details mit. Aber das mag auch daran liegen, dass ich kein Abo unserer „Leitmedien“ habe, die ja schon lange nicht mehr leiten.
Mehr:
Was Elizabeth MacDonough aus dem „One Big Beautiful Bill Act“ gestrichen hat
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5 Kommentare zu „Big Beautiful Bill: Die Frau, die das Schlimmste verhinderte“.