Claudia am 26. Juni 2012 —

Offliner – sie sind unter uns und gar nicht wenige!

Gestern suchte ich nach einer neuen Garten-Bekanntschaft, die mir ihren Namen plus Handynummer gegeben hatte. Da ich sie erreichen wollte und das Handy nur „piep, piep, piep“ von sich gab, probierte ich es über Google. Zu meiner Verwunderung fand ich nichts, definitiv keine Person im deutschsprachigen Netz trägt diesen Namen.

Mein erster Gedanke war: ob sie mir vielleicht einen falschen Namen angegeben hat? Ich kenne sie ja nicht näher und wer weiß, was für Gründe sie haben mochte. Normalerweise finde ich ALLE, die ich kennen lerne, im Netz: auf Facebook, Blogs oder Hobby-Seiten, als Teilnehmer irgendwelcher Vereins- und Sportgruppen, manchmal auch nur auf der Homepage ihres Arbeitsgebers.

Ein lieber Freund meinte zu meiner Vermutung, sie habe sich „real anonymisiert“, dass auch seine Mutter „nicht im Netz“ sei. Und heute lese ich, dass noch 2010 siebzehn Prozent der Bundesbürger zwischen 16 und 74 Jahren noch nie das Internet genutzt haben. 26 Prozent sind „digitale Außenseiter“ weitere 28 Prozent sind Gelegenheitsnutzer und 7 Przent nutzen das Netz nur am Arbeitsplatz. Das zeigte die dritte Studie (PDF) zur digitalen Gesellschaft in Deutschland, die die Initiative D21 gerade vorgestellt hat.

Soll die Politik da etwas tun – und wenn ja, was? Martin Weigert macht sich auf Netzwertig.com für „Ermunterung statt Regulierung“ stark:

„Es ist richtig, sich dafür einzusetzen, dass Personen ohne Webzugang auch in Zukunft am öffentlichen Leben teilnehmen können. Doch den Schwerpunkt darauf zu legen, anstatt den Großteil der Energie dafür zu verwenden, diese Menschen ebenfalls an das Internet heranzuführen, wäre der falsche Ansatz. Denn er setzt sich dafür ein, die Lebensqualität dieser Gruppe auf dem bisherigen Niveau zu halten, statt sie durch eine Bekanntmachung mit dem Web deutlich zu verbessern. Die Schließung von Versorgungslücken bei der Netzabdeckung, eine gesteigerte Bereitstellung von Gratisnetzzugängen in öffentlichen und sozialen Einrichtungen, eine staatlich unterstützte, in klassischen Massenmedien positionierte Kampagne zur Hervorhebung der Vorzüge des Webs, ein Fokus auf Barrierefreiheit sowie eine Vielzahl von Bildungsangeboten zur Vermittlung der notwendigen Kompetenzen sind die Wege, mit denen das gesamtgesellschaftlich wünschenswerte Ziel, die Zahl der digitalen Außenseiter zu verringern, erreicht werden kann. Nicht, in dem die Politik es den Offlinern durch regulierende Eingriffe so einfach wie möglich macht, sich auf Dauer vom Netz fernzuhalten.“

Ja, das denke ich auch. Dazu gehört aus meiner Sicht aber auch eine Weiterentwicklung des Urheberrechts, ein Verzicht auf verunsichernde „Leistungsschutzrechte“, eine Deckelung der Abmahnkosten für Verstöße ahnungsloser Privater und vieles mehr.

Vielleicht frag‘ ich meine neue Bekannte mal, warum sie nicht im Netz ist.

Diskussion

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25 Kommentare zu „Offliner – sie sind unter uns und gar nicht wenige!“.

  1. Ach, muss das sein? Muss ich Geld ausgeben, dabei zu sein? Ich habe z.B. seit fast zehn Jahren kein Mobiltelefon mehr. Danach werde ich häufig gefragt, nach Internet nie. Es fehlt mir nicht. Ich sehe auch nicht fern. Darum verstehe ich im Alltagsgespräch manche Anspielung nicht und einige Promis sind mir unbekannt. Na und? Es macht nichts. Dank Internet bin ich bestens z.B. über die Eurokrise informiert. Was nützt mir das? Es ist egal, was ich dazu denke. Ich habe bei weareallgreekjews.eu unterschrieben. Das hätte ich ohne Internet nie gefunden. Aber was bringt’s? Ich bin so gut informiert, dass ich gar nicht mehr wählen mag, weil keine Partei das will, was ich will. Mir ist das Internet nützlich, ich kann Preise vergleichen, Reisen buchen, Infos nachschlagen, ohne mich in die Bücherei zu begeben, E-Mails verschicken. Ich mag das Internet. Aber es kostet auch Geld. Und wer mich kennenlernt, greift vielleicht gleich zu Google, mir nachzuspionieren. Der Staat tut es auch, mit Handy weiß er, wo ich bin, mit Internet, was ich denke. Klar, dass manche meinen, dem dürfe man sich nicht entziehen. Die Verkäufer meinen es auch. Aber muss ich unbedingt für meine Überwachung zahlen? Muss ich mitreden, wenn ich meine Stimme doch abzugeben habe?

    Dass die Gesellschaft durch Internet sich ändert, die Politik vielleicht, was mir gefiele, in Richtung einer direkten Demokratie, gebe ich gerne zu. Als Gefahr für die parlamentarische Demokratie will wohl mancher Parteipolitiker es eher bremsen. Verständlich, aber gern auch: Schande über sein Haupt. Als für sich werbendes Medium könnte das Internet besser werden, weniger abschreckend, da sind die von Weigert und dir genannten Mittel (Barrierefreiheit bis Deckelung) hilfreich. Ich bin nicht dagegen, Gutes zu tun. Aber am liebsten sind mir Gesellschaften, die vielen Lebensentwürfen Raum bieten, auch solchen, die eben nicht immer gucken und beguckt werden wollen.

    Warum ich das Internet nutze? Weil es praktisch ist. Weil es meine Bibliothek erweitert. Weil ich gerne mit wortschatz.uni-leipzig.de spiele. Weil meine Auftraggeber die Texte per E-Mail wollen. Weil das Finanzamt die Steuererklärung via Internet will. Weil ich gerne dein Diary lese. Weil ich dank Internet nette Leute getroffen habe. Weil ich es mir leisten kann. Weil ich sowieso kaum Verbotenes tu. Kann ich es empfehlen? Ja. Aber ‚ein Muss‘ ist es nicht.

    Übrigens gibt es auch Menschen, die meinen, ich sei überhaupt nicht online, weil ich nicht bei Facebook bin, bei Google+ usw., altmodisch sei ich also, weil man mir noch eine E-Mail schreiben müsse. Dann fühle ich mich auch alt – und lasse es trotzdem sein.

  2. Danke Dirk! Freue mich, mal wieder was längeres von dir zu lesen!

    Wer so internet-erfahren ist wie du, hat locker die Wahl, es nach Gusto zu nutzen oder auch nicht. Die gemeinten „Offliner“ haben aber nicht die Wahl, sondern meist einfach Angst oder das Gefühl, das nicht zu können, womöglich etwas falsch zu machen etc. usw. Ihnen würde durch die aufgezählten Mittel durchaus geholfen!

    Auch jene, die sich gerne kulturpessimistisch über negative Aspekte des Netzes ereifern und mit ihrer Netz-Ferne kokettieren, gehören für mich mehrheitlich zur Angst-Gruppe – wobei da die Angst um den Statusverlust da wohl eine große Rolle spielt. Wer ein Podest gewohnt ist, tut sich schwer, irgendwo wieder Anfänger zu sein. Da kann auch die Politik nicht helfen!

    Bzgl. politischer Fragen ist es keinesfalls mehr egal, was wir alle denken. Früher hatten wir eine doppelt repräsentative Demokratie:

    -> Einerseits die Parteien und Politiker, die die Wähler repräsentierten,

    -> andrerseits die alten Medien, die die öffentliche Meinung repräsentierten.

    Mit Letzterem ist es ziemlich vorbei, es gibt eine Netzöffentlichkeit, die nicht mehr ignoriert wird. Und vielleicht wird es ja auch mit der ersteren mal anders, immer öfter wird ja schon über Volksabstimmungen gesprochen – ja grade eben gar von Schäuble in Sachen Europa.

    „Aber am liebsten sind mir Gesellschaften, die vielen Lebensentwürfen Raum bieten, auch solchen, die eben nicht immer gucken und beguckt werden wollen.“

    Muss ja niemand, aber das Netz nutzen sollte man schon können. Es nicht zu können aus Unwissenheit und/oder Angst, ist für mich kein zufriedenstellender Zustand, sondern ein Defizit, ein Mangel an Teilhabemöglichkeiten.

    Kannst du dich übrigens erinnern, wie alle in Vor-Netz-Zeiten immer über die Massenwerbung in den Briefkästen gelästert haben? Hauptargument war, dass man da fortlaufend Zeug angeboten bekommt, an dem man null Interesse hat. Was für eine Ressourcenverschwendung!

    Dem ist jetzt nicht mehr so, Werbung kann ungemein zielgenau sein und bietet mir genau das an, wofür ich mich gerade interessiere. Meist will ich deshalb nicht gleich was kaufen, aber dazu zwingt mich schließlich keiner. Und mit einiger Netzkompetenz kann ich das „verfolgt-werden“ ja auch verhindern, wenns mich denn stört. Von daher hab ich die Werbung-verfolgt-mich-Paranoia nie so recht nachvollziehen können.

  3. Ich google regelmäßig nach Freunden, Bekannten, Kollegen, alten Schulkameraden. Die Zahl deren, von denen sich keine Spuren finden lassen, ist doch beachtlich. Und bei denen, die Ergebnisse ausspucken, sind sie überwiegend beruflicher Natur: Homepage der Firma mit Kontaktangaben. Bei Ärzten, mit denen ich zu tun hatte, meist nur die Homepage ihrer nunmehrigen Praxis, die aufallend homogen wie langweilig gestaltet sind. Die wenigsten derjenigen, die ich aus meiner Jugend bis zu 1995 kennen, als ich online ging, sind online aktiv. Präsent durch eine E-Mail ja, das hat sich durchgesetzt, aber nur ein Bruchteil mit Aktivitäten in Foren, noch weniger in sozialen Netzwerken.

    Meine Kollegen schütteln angesichts meiner virtuellen Agilität den Kopf. Wenn ich ihnen aber zeige, was ich durch Interaktion alles an Informativem und Lustigem gefunden habe, staunen sie und nutznießen davon. Ebenso verblüffen sie für mich simpelste Rechercheaktionen, zu denen ich herangezogen werde, wenn ich in Sekunden eine Telefonnummer ergoogle oder die Frage klären kann, ob es in Leipzig einen Puppendoktor gibt…

    Ich glaube, es gibt diese Offline-Typen, denen ein Dasein im Netz ewig ein Rätsel bleiben wird. Denen nicht klat zu machen ist, was wir daran finden, wie unverzichtbar es für uns ist. Die zufrieden sind, wenn sie in ihrem Garten oder Werkstatt werkeln, die sich in der Natur bewegen, die im Familienleben aufgehen. Mir scheint, wir sind nur eine kleine Schar, die das Netz als Existenzmedium erfahren.

  4. Liebe Claudia
    Sicher hat das Internet, so seine Vorteile,der grosse Vorteil ist, dass noch nicht alle Firmen, im Netz vertreten sind und die Preise da noch tief sind. Es sind aber einige Bestrebungen im Gange um dieses Internet zu kontrollieren.
    Sollte irgendwann, das Internet zum bezahl Internet werden, würde ich mir überlegen, da ganz auszusteigen, meinen Blog löschen und mich diesen Kontrolleuren zu verweigern. Ich denke ich könnte sehr gut auf das Internet verzichten oder nur noch die wichtigen Dinge im Netz zu erledigen.
    Ich versuche immer wieder Pausen im Netz zu machen um meine Abhängigkeit zu veringern. Es gibt bereits Massen von Netzsüchtigen, die neue Drogensucht heisst „inernet“
    LG zentao

  5. @Markus: Dass schon die EINFACHE SUCHE bei vielen einfach nicht in Betracht gezogen wird, wundert mich wirklich sehr. Es gibt ja nicht wenige Menschen, die glauben, Google sei das Internet, aber immerhin! Was hindert daran „Puppendoktor Leipzig“ zu suchen? Ich bekomme gelegentlich auch per Mail aufgrund meiner Blogs Anfragen, die durch solch eine schlichte Suche zu beantworten sind.
    Garten und Natur genieße ich auch sehr, das ist ein wunderbarer Ausgleich, ohne den ich nicht mehr sein wollte!

    @Zentao:
    Ich hab sogar Sandkastenfreunde bei Facebook gefunden (das ich kaum nutze), aber natürlich gibts auch etliche, die ich nicht finde.

    Was meinst du mit Bezahl-Internet? Wir zahlen alle für den Zugang und wer etwas verkaufen will, kann das im Web machen – es ist die größte Shopping-Mall der Welt. Und sollten diese und jene Mainstreammedien auf „Zahlschranken“ verfallen, sollen sie doch! Das Netz bietet mehr als ein paar Zeitungen und Infos gibts weltweit an jeder Ecke.

    Und welche „Kontrolleure“ meinst du? Dein Blog ist öffentlich, das kann (und soll) doch jeder lesen, der will. Das kannst du nicht meinen…
    Gegen „Tracking“ von Werbungtreibenden hilft „Cookies löschen“ beim Schließen des Browsers. Allerlei Datenspuren hinterlassen wir immer schon im Netz – was meinst du konkret?

  6. Es gibt nachwievor sehr viele Leute, die das Internet nicht nutzen. Auch jüngere Leute. Manchmal wartest Du vergebens auf eine e-Mail-Nachfrage, weil derjenige nur sein Postfach aufmacht,wenn er z.B. was verlautbaren muß, z.B. eine Abwesenheit anzuzeigen.
    So wie ich TV nicht nutze, gibt es halt Leute, die sich „der Unsicherheit“ im Netz und der Zeitvernichtung nicht aussetzen wollen – und können.
    Alles eigentlich ganz normal!

  7. @Claudia Daß das Naheliegende nicht gemacht wird, erfährt man ja nicht nur bei der Suche im Internet. Ich habe einen Bekannten, der es nicht fertig bringt, auf Facebook ein Posting bzw. eine Nachricht zu erzeugen. Ich bekomme immer nur leere Postings zu Gesicht. Und im Prinzip schlägt man sich, wenn man mal in die einschlägigen Lebensratgeber reinguckt, mit der Hand vor den Kopf. Alles so eingängig, so einfach; und doch tut man oft nicht das, was eigentlich naheliegt.

    Zwei Kolleginnen nutzen das Internet fast ausschließlich, um zu spielen. Ein Freund von mir verweigert Computer und Handys und damit Internet, er besitzt keinen Fernseher, sondern beschränkt sich auf Radio, Zeitungen und Bücher. Und wie oft beneide ich ihn, weil ich Internet als das „Kyptonit des Bibliomanen“ erfahre und doch ohne es nicht leben kann.

  8. Gut ausgedrückt mit dem Kryptonit!

  9. Meine Mutter ruft ab und zu an und wünscht, dass ich ihr online etwas nachschlage. Das tu ich gern. Dass sie nicht tausend Euro ausgeben, nicht mit ihren 83 Jahren noch lernen will, verstehe ich. Neulich drückte mir einer sein Smartphone in die Hand. Ich stand ganz ratlos. Künftig soll ich am PC Apps mit Wischgesten dirigieren. Das werde ich mir ersparen. Langsam altere ich aus der immer neuen Welt heraus. Was nützt mir, dass ich TCP/IP verstehe, wenn mir die Bedienung der Social Media-Dienste unvertraut ist? Auch das Bedürfnis fehlt (im Gespräch, das ich früher liebte, fühl ich mich heute einsamer). Mein Wissen ist teils überholt, teils überflüssig. Und morgen wird wieder alles anders sein. Das kann man immer leichter machen und billiger und sicherer und das Alte irgendwann ablösen. Das wird schon. Auf Fernsehen gibt es einen Rechtsanspruch als Grundversorgung. Vielleicht kommt bald das Internet dahin. Meine Eltern wollten nie TV, ich auch nicht. Wir kamen ohne aus. Auch ohne Radio. Ich find es gut, dass nicht nur Großverleger die Diskurse prägen. Ich bin für leichter, billiger, sicherer und für Hilfsangebote. Am besten gefallen mir die Kiez-im-Netz-Ideen. Aber wer nicht will, ist nicht unbedingt hilfsbedürftig. Und wer das Internet nutzt, muss nicht dort zu finden sein. Es hat keineswegs jeder Diary-Beitrag, den ich unkommentiert ließ, mich nicht interessiert. Ich habe selbst eine Website, aber nur aus Gewohnheit. Ich freue mich, wenn Franziska in ihr Blog schreibt, gern sage ich ihr „Schreib mehr“, aber außer dass ich mich freue, fällt mir nicht ein, wozu. Sie kennt sich besser als ich mit Reisebuchungen aus, brauche ich eine, bitte ich sie. Es muss nicht jeder alles können, man hilft sich und wo man mehr will, da geht man dann hinein.

    Und (auch) mit der Werbung hast du Recht. Dagegen habe ich einen Aufkleber am Kasten. Gut, wenn nun weniger Papier verschwendet wird. Das war schlimmer als der Elektroschrott. Nur mich kennt Online-Werbung nicht, ich will gar kein Gewehr ersteigern, wenn ich nach Schütz suche, und keine Erotikangebote, wenn ich nach Liebeslyrik schau (dann schalt‘ ich erst mal aus). Aber was will ich kaufen? Nichts. Ich gönne nur den Leuten, deren Blogs ich lese, ihre Werbe-Cents. Internet für alle ist toll. Aber es ist nicht dringend, viele können ja noch nicht mal lesen, es ist bloß ärgerlich, wenn gegen das Netz Propaganda gemacht wird, um andere Besitzstände zu wahren.

    Ich habe nun, durch diesen Beitrag angeregt, nach allen gesucht, die mit mir in der Schule waren, die also so alt sind wie ich, (32 Namen) und nur einen gefunden. Wenige, die häufigere Namen tragen (die meisten heißen findbarer als ich), könnten bei Facebook & Co. sein, wo ich nichts sehe, oder verheiratet mit jemandem, den ich nicht kenne. Bestimmt wird mehr als nur der eine das Netz doch nutzen, d.h., ich weiß es, hab schon bei manchen zuhause einen Computer und Internet gesehen.

  10. Das Internet als Mall auf dem Schoß gefällt mir sehr und ich halte es heute für so alltäglich wie die Bankenkrise und die Wettervorhersage. Ob aber nun jemand das Internet nutzt (direkt resp. indirekt) oder telefoniert bzw. hin latscht und fragt, wenn er etwas kaufen oder etwas wissen will, bleibt sich im Grunde gleich und unterscheidet sich höchsten nach
    – dem Tempo (ein klares, dickes Plus für das Internet),
    – dem Spaß dabei (leichtes Minus, weil zum Glück die Videos auf utub es immer noch knapp heraus reißen, während viele Websites mir zu langweilig und zu nervig geworden sind) und
    – der Chance, noch Überraschendes zu erleben (ein dickes Minus für das Internet, das ist doch alles sehr vorhersehbar, was ich dort lesen oder bestaunen soll).

    Die Hoffnung, ein technischen Mittel könne gesellschaftliche Veränderungen bewerkstelligen in einem Sinne, den man selbst gerne sähe und schätzt, oder sie doch zumindest unterstützen, halte ich für ziemlich naiv. Die Verfassung von Gesellschaft ist eine Machtfrage und hängt nicht davon ab, ob diejenigen, die sie maßgeblich beeinflussen, mit dem Pferd oder dem Learjet herum reisen, durch Brieftauben oder Smartphones miteinander kommunizieren oder virtuelle statt eiserner Jungfrauen benutzen, um die Welt in Angst und Schrecken zu versetzen.

    Eine Beobachtung habe ich allerdings in der letzten Zeit gemacht, die mich nachdenklich stimmt.

    Nämlich, daß einer erkleckliche Anzahl jüngerer Menschen aus meiner näheren Umgebung Telefonie und Internet sowie Thematiken rund ums Internet deutlich weniger spannend finden als noch vor vielleicht ein oder zwei Jahren, und daß sie vor ihren neuen Endgeräten nicht mehr derart auf dem Bauch herum kriechen, wie es die älteren Semester leider immer noch tun. Vor allem Männer ab Mitte 30 machen sich da ja gerne zum Affen, was immer sie damit zu ergattern hoffen, wenn sie hinter jedem neuen Techniktrend herlaufen wie der Teufel hinter der armen Seele.

    Das zu sehen (also die Veränderung bei den Jüngeren ;-), nicht das Gehaste der Smartphone- und Tablet-PC-Fraktion) stimmt mich persönlich recht froh.

    Ich selbst benutze das Internet hauptsächlich beruflich und als Nachschlagewerk, weil ich den elektronischen Zahlungsverkehr (wie jeden Kontakt mit Banken und Firmen, bei denen ich auf Anhieb keine Ladungs-fähige Adresse ausmachen kann) nach Möglichkeit meide.

    Musikvideos gucke ich gerne, oft auch ohne Ton, und meine eigene Website ist für mich weniger eine Außendarstellung als ein auf Reisen und überhaupt überallhin mitnehmbarer Blätterwald, an dessen Gestaltung und Funktionalität ich immer wieder mit stetig wachsendem Vergnügen herum bastele.

    Ein paar Blogs (wie diesen hier) lese ich häufig und mit Freude, und zwar nicht mittels eines Feeders, sondern indem ich auf die klassische Weise die Adresse aus der Lesezeichenleiste meines Browsers heraus aufrufe.

    Soziale Netzwerke finde ich zum Gähnen langweilig. Twittern macht mir keinen Spaß, zumal es ein paar Websites gibt, auf denen sich Autoren mit oft großem Spaßfaktor für die Leserschaft als kleine Lichtenbergs der Post-Moderne an superklugen Aphorismen versuchen (und meistens kläglich scheitern, was beim Lesen besonders viel Vergnügen bereiten kann).

    Oft und regelmäßig lese ich die on-line Versionen einiger Printmedien, um dort zu erfahren, wie ich die Welt eigentlich zu sehen hätte, und ein paar ausgewählte Websites, um zu erfahren, wie deren Autoren die Welt gerne sehen würden.

    Gegen ein on-line Schachprogramm habe ich auch schon ein paar Partien gewagt (und verloren, weil ich keine Geduld habe, wenn ich vor dem Laptop hocke) und den einen oder anderen semi-erotischen Chat habe ich ebenfalls ausprobiert (so übel ist das gar nicht und du kannst dabei sogar rauchen!).

    An einer Revolution im Internet habe ich allerdings noch nicht teilgenommen, die findet, wenn, dann auch eher bei uns im Garten statt, wenn ich meinen Plan einer beinahe-autarken Versorgung mit Gemüse und Kartoffeln eines Tages in die Tat umgesetzt haben werde (was noch dauern kann, ich nähere mich diesem Ziel momentan sozusagen eher theoretisch). Dann wird es jedoch wohl kaum noch ein Internet geben (wegen peak oil oder high voltage breakdown oder anderer Übel und Katastrophen), aber hoffentlich noch genug nette Leute, die uns die Gurken auf dem Brot und die Stachelbeeren auf der Torte gönnen werden…

  11. Ihr Lieben, es freut mich wirklich riesig, dass mal wieder ein richtiges Gespräch entsteht – in gewisser Weise „unter Urgesteinen“, doch, was es interessant macht, aus ganz unterschiedlichem Erleben heraus!

    Angeregt durch Euch, erzähl ich gerne davon, wie es mir mit „new net-media“ geht.

    Da ich seit vielen Jahren physisch eher ortsfest lebe, nur selten reise und auch nicht so viel ausgehe, hatte ich nie einen Handy-Bedarf. Wer nicht mobil ist, braucht kein „Mobile“.

    Hab‘ mir auch wirklich keines zugelegt, sondern irgendwann um die Jahrtausendwende eines geschenkt bekommen. Es fortan ab und an genutzt, wenn ich mich mit Netzbekanntschaften „real“ treffen wollte (kommt gelegentlich vor). Man kann sich auf Termine ja nicht mehr so einfach verlassen, sondern muss erreichbar sein, um die potenziellen Verspätung/Umdisponierungen des Anderen mitzubekommen.

    Seit nun der Siegeszug der Smarthandys läuft, bemerke ich nach langer Ignoranz nun doch, dass ich mir langsam eines zulegen sollte. Ganz einfach, weil „das Internet“ (mit allem, was ich da schätze und nutze) in Richtung „mobil“ expandiert.

    Vor einem Jahr hab ich mir immerhin schon ein iPad zugelegt, exakt zum Zeitpunkt, als die Fanboys die Version 1 im Minutentakt auf Ebay losschlugen, weil (nach nur einem Jahr) das iPad 2 heraus kam. (dünner, leichter, zerkratzbarer).

    Ich wollte schauen, wie meine Webseiten da so rüber kommen – und natürlich auch das neue Feeling testen, das allseits so gehypt wurde. (Danke an ClaudiaKlilian, die mich ihr iPad auf der re:publica 2011 hat anfassen/ausprobieren lassen).

    Dieses Teil liegt nun in meinem Wohn/Schlafzimmer und ich benutze es ab und an im Gespräch mit meinem Liebsten – wenn plötzlich eine Sachfrage aufkommt, die Google garantiert beantwortet kann. Oder auch, um uns gegenseitig etwas zu zeigen, vorzuspielen etc.

    Mit Mühe hab ich auch eine Kindle-App drauf gespielt und ein paar wenige Kindle-E-Books gelesen. Zu „mehr davon“ verlockt es nicht, was aber auch viel mit meinen aktuellen Lesegewohnheiten zu tun hat, weniger mit dem Gerät (ich denke dennoch daran, mir einen Kindle anzuschaffen – warum, dazu ein andermal).

    Dass ich dennoch alsbald ein Smarthandy haben werde, liegt auch daran, dass mir mittlerweile Projekt-Ideen für „Apps“ einfallen, die ich selber brauchen könnte. Kürzlich noch hab ich ausschließich in „Webprojekten“ gedacht. Wenn nun schon die Ideen/Wünsche/Konzepte aufs Smarthandy übergreifen, dann ist es wirklich Zeit, mich mit der Praxis zu konfrontieren!

    Ein weiterer Aspekt: Mich schreiben ständig Leute an, die ihr Angebot/ihre Aktivität in meinen Blogs besprochen haben wollen – mit unterschiedlichen Gegenleistungs-Ideen. Sei es „wertvoller Unique-Content für meine Leser“, Artikeltausch, Honorar, „zusammenarbeit zum gegenseitigen Nutzen bei Google“ etc. usw. Und alles, was unter „PR“ zu verstehen ist, bekommme ich auch – darunter ab und an (eher selten) Themen, die tatsächlich gut in eines meiner Themenblogs passen würden.

    Da soll ich nun z.B. etwas anschauen/rezensieren, womöglich kostenlos für meine Leser zum Download anbieten, was ich am PC nicht mal lesen kann! Ja, ich könnte mir da eine „App für PC“ installieren und schauen.. aber SO SEHR interessiert mich das eigentlich nicht.

    Sowohl als Webworkerin für Andere als auch als eine, die lange schon sehr gerne ihre eigenen Gedanken publiziert und „Projekte betreibt“, kann mich das alles nicht unberührt lassen. Geräte, Apps, Programme, Mausklicks oder Wischgesten – solange ich Netzdienste leisten und selber publizieren/kommunizieren will, will und muss ich „dran bleiben“.

    Ich hatte nie eine Rente zu erwarten, die für einen „Ruhestand“ ausreichen würden. Und einen solchen habe ich mir auch noch nie gewünscht – auf keiner Ebene.

    Also werde ich demnächst per Smarthandy online sein. Ich denke an ein Samsung Galaxy Note. Das hat einen etwas größeren Bildschirm.. ich muss es ja nicht viel rumtragen.

  12. Ich denke, Susannes „Ansatz“, mit dem Internet umzugehen, ist garnicht so untypisch. Man pickt sich ein paar Dinge raus, spielt mit ihnen, nutzt sie auf seine Weise (Videos ohne Ton)und von anderen Dingen lässt man die Finger, weil sie nichts versprechen oder nur Hype-Geschichten sind.
    Diese Fleckerlestaktik betreibe ich auch. Ich bewege mich zwar viel im Netz, aber lasse vieles unberührt. Im Grunde halte ich echte Kommununikation, da draussen auf der Straße oder im Büro, für das Echte und anzustrebende. Daß ich allerdings hier auf diesem Blog kommentiere, hat mit dem Realitätscharakter“ dieser Seite, @Claudia, zu tun. Man hat das Gefühl, „echte“ Kommunikation zu haben.
    Susannes Beobachtung über junge leute und ihr Verständnis/Unmgang mit dem Internet und elektronischem Stuff, halte ich für überzeugend. Vermutlich ist tatsächlich das Herumtreiben im Netz eher eine Sache der „älteren Jugend“. Die, da Geld in der Tasche, kaufen sich gerne neues elektronisches Spielzeug und lassen sich vom Sog ziehen.
    Ich finde viele Angebote im Netz super: Dicitionaries unterschiedlichster Art, Trainingsprogramme, das Musikangebot, Informationskanäle – leider ist es auch ein gar heftiger Zeitschlucker – und ich selbst bin nicht in der Lage, das zu kanalisieren. Wie sollte das auch gehen, muß man, um zu profitieren, immerzu Ausschau halten, denn bestimmte Inhalte von Relevanz fallen einem ja nicht von selbst zu. Einzige Möglichkeit: Zulassen, daß man nicht bescheid weiß, daß man das Netz also nur suboptimal nutzt. Dafür bleibt dann Zeit für anderes.

    Normalerweise schreibe ich nur kleine und kleinste Absätze, aber das Thema ist – von Relevanz!

  13. @Gerhard: es gibt wohl NIEMANDEN auf der Welt, der in Sachen Internet KEINE „Fleckerlestaktik“ betreibt! :-)

    Freut mich, dass du das hier als „echte Kommunikation“ empfindest! :-) Für mich ist nicht jedes face-to-face-Gesüpräch unbedingt echter, wahrhaftiger oder gar spanndender als gute Gespräche im Web!

    @Susanne: anders als du bemerke ich durchaus gesellschaftliche/politische Veränderungen durch das Netz. Das liegt nicht an der Technik, sondern an der durch sie ermöglichten Kommunikation der Vielen mit den Vielen, die es so vorher nicht ansatzweise gab. Es ist nicht mehr so, dass ein paar wenige Gatekeeper der „Leitmedien“ in allem ansagen können, was Sache ist – es gibt eine wachsende Netzöffentlichkeit, die durchaus Einfluss auf manches Geschehen gewinnt. Und ich denke, wir werden auch hierzulande noch zu Volksabstimmungen bundesweit kommen, genau wie die Parteien sich intern demokratisieren werden (irgendwo bei der CDU will man Liquid Feedback einführen, hab ich grade gelesen).

    Was die Jugendlichen angeht, wäre es interessant, zu wissen, wie sie das Internet in der Schule vermittelt bekommen. Selber bemerke ich Jugendliche im Netz eher zufällig, nämlich gelegentlich in Webworker-Zusammenhängen, wo schon mal 14- und 16-Jährige Ernst machen wollen mit dem „Geld verdienen im Internet“. :-)

  14. @Claudia

    Ich sehe die Folgen einer galoppierenden ‚Diversifikation‘ technischer Möglichkeiten, an eine immer schneller wachsende Zahl von Informationen heran zu kommen, in der Tat eher kritisch, etwa was die Frage der Authentizität von Informanten/Informationen angeht.

    Schau Dir nur einen einzelnen, ziemlich klar umrissenen Punkt an wie den Zwischenfall mit dem von Syrien abgeschossenen, türkischen Militärflugzeug. Im Netz wie in den Medien kursieren alle möglichen Version dazu. Das fängt damit an, daß die Türkei/NATO das provoziert habe, um Syriens Bereitschaft und Fähigkeit zu testen, auf eine militärische Intervention zu reagieren, geht über die diversen ein ‚peinliches Versehen‘-Märchen weiter bis hin zu der Idee, das Assad-Regime habe das alles provozierte, um seine internen Reihen und externen Unterstützer zur Parteinahme zu animieren oder zumindest den schwarzen Peter der Gewalt einmal ein wenig weiter zu schieben.

    Jeder Einzelne glaubt dazu das, was er auch vorher schon glaubte, weil niemand gesicherte (durch wen auch? Leitmedien? Vertrauenswürdige Persönlichkeiten? Freunde? Institutionen? Parteien oder Regierungen?) Informationen dazu hat, die alle Welt als ‚Fakten‘ anerkennen muß.

    In einer Welt unendlicher Kommunikationen ist das Problem eben genau diese Unendlichkeit, die meines Erachtens die Menschen dazu bringt, den Prozeß der Informations-Beschaffung und -Abwägung, der als zunehmend schwieriger empfunden wird, da es zu jeder Info die Gegen-Info, zu jeder Analyse die Gegen-Analyse gibt, willkürlich abzukürzen und sich an ‚Gatekeepern‘ zu orientieren, die anhand eher naiver Einstellungen und unbewußter Gefühle und Ängste ausgewählt werden.

    Das wird über kurz oder lang, davon bin ich leider überzeugt, nicht zu der erhofften Offenheit oder etwa einer gesteigerten Wahrhaftigkeit führen, sondern im Gegenteil die Bedeutung von ‚Meinungsmachern‘ (Personen, stars, pressure groups, lobbies, Parteien und Religion usw.) eher zunehmen lassen – und das ausgerechnet noch gefördert von einer sich überschlagenden Zunahme der Möglichkeiten zur Kommunikation.

    Ich hoffe natürlich, irgendwie Unrecht mit meiner pessimistischen Einstellung zu haben, die mich leider aber immer wieder mächtig überfällt, wenn ich mal einen Blick in die ‚Leitmedien‘ oder das TV geworfen und deren Art der Berichterstattung ‚genossen‘ habe, die sich in meinen Augen von einer Märchenstunde kaum mehr unterscheiden läßt (siehe die Darstellung der Eurokrise als ‚Schuldenkrise‘) und mich heftig an das Einschwören der Anhängerschaft einer Sekte auf ihre Glaubensgrundsätze erinnert (siehe Interviews oder Talkrunden mit diesen ganzen ‚Prominenten‘ und ‚Experten‘, die sich dort herumtreiben).

    Und selbst ‚kritische‘ Websites richten sich nach meinen Erfahrungen sehr oft deutlich an einfachen ‚Meinungspolen‘ aus, in deren Licht alles, was ihnen unterkommt, seinen Schatten in etwa die gleiche Richtung wirft, und finden eben darüber ihre geneigte Leserschaft und die begeisterten Kommentatoren.

    Vielleicht sind wir Menschen ja doch streng territoriale Wesen, die auf eine zu heftige Öffnung ihrer sozialen und individuellen Grenzen mit panischer Selbstversicherung in Form neuer, sehr rigider Grenzziehungen reagieren müssen, um die Verläßlichkeit und Effektivität von kleinen Gruppen nicht zu verlieren, die wir verstandes- und gefühlsmäßig möglicherweise noch übersehen können. So daß wir in einer Welt der vielen tausend statt der paar dutzend Chiefs doch immer die gleichen Indianer bleiben, die Abend für Abend im heimeligen Zelt einander eine Welt zu raunen, in der allein wir leben zu können glauben.

  15. Ich hab da verschiedene Phasen durchgemacht.
    Die, in der ich dachte, das jede/r online müsste.

    Inzwischen bin ich da entspannter.

    Ein paar eher unsortierte Gedanken.

    Aktuell lebe ich wieder in einem Umfeld, in dem sehr sehr viele das Netz komplett anders nutzen als ich. Die bestellen sich zwar Spezial-Fahrräder aus Schottland oder Smartphones aus obskuren Quellen, die dann doch nicht liefern. Nutzen aber das Netz sonst nur beruflich und beim googlen findest du ihren namen ausschließlich auf der Firmenpage.
    (Sportvereine sind da super, alle sportlichen Menschen findest du unweigerlich wieder im Netz.
    Ich hab auch vor ein paar Jahren im team 130+ Leute eines Abijahrgangs recherchiert. alle bis auf einen haben wir gefunden, zum Teil mit tricks und oft auch offline.
    Einer hatte nur Telefon und keinen Rechner. ich hab ihn gefunden. (Logisch, steht ja im Telefonbuch, das eines der besten Recherchetools war – natürlich das online.)
    Viele der Jahrgansleute – gerade Frauen – nutzten die Mailadresse ihres Mannes oder gemeinsame Adressen. (Das kommt mir jetzt seltsamer vor, als wenn man alles zu Facebook schreibt.)
    Andere haben Privatadressen, lesen bzw. beantworten aber nur die geschäftliche, auf denen man ihnen keinesfalls was mailen darf.

    Hier im Dorf schickste ne Mail und kriegst die Antwort, wenn man sich sieht. Oder per Anruf.

    Ich glaube in D ist das „was sollen die Nachbarn denken“ ausgeprägter als der Drang zur halböffentlichen Bebatte.

    Wenn ich einen Artikel zu Wulff kommentiere und das Link zum Kommentar via „disqus“ bei Facebook oder Twitter landet, dann denkt der Schottland-Fahrradbesteler, ICH hätte den Artikel geschrieben (der war aber von Nico Lumma). Und spricht mich beim nächsten Stammtisch drauf an.

    Das ist eine Kulturfertigkeit, dieser Buchstabenwust hier zu verstehen (erinnert euch bitte an euren ersten Chat mit 20 Personen … oder geht, wenn ihr das nicht kennt ins IRC auf einen vollen Kanal.)

    Das Netz ist schwerer zu verstehen, als wir denken. Wir sind damit gewachsen. Was wir uns an Fertigkeiten en passant angeeignet haben ist IMMENS. Für Normalos und Gelegenheitsnutzer bliebt es eine riesige gefährliche terra Incognita – und die Printpresse (auch ein lustiges Wort) ist natürlich rattenscharf darauf, dass das noch ne Weile so bleibt.
    Die CDU nutzt jetzt Liquid Feedback, heißt es. aber viele Politiker haben vor nichts mehr angst als vorm informierten Bürger – der könnte nämch den Inhalt der Sitzungsvorlage kennen, die man selbst nicht durcharbeiten konnte.

    Andererseits kannste auch hier im Dorf und zu 90% online Initiativen lostreten, die ‚real‘ und ‚crowdsourced‘ dann wirklich was verändern, so dass vier neue Buslinien entstehen.

    Ältere Leute behaupten manchmal, das nicht mehr Lernen zu können. andere stürzen sich massiv da rein und werden zum ‚Crack‘. ich denke es wäre für ALLE ein Werkzeug zur vermehrten teilhabe an der Gesellschaft – auf allen Ebenen: von persönlichen zu politischen und globalen.

    Man müsste das aber wollen. Auf allen Seiten.

  16. Online als Pflicht? Offline als Verbrechen?…

    Als Reaktion auf Offliner ? sie sind unter uns und gar nicht wenige! dort folgender Kommentar, der auch hier gut passt. *** Ich hab da verschiedene Phasen durchgemacht. Die, in der ich dachte, das jede/r online müsste. Inzwischen bin ich da entsp…

  17. Ganz ins Unreine geschrieben: ein Leben ohne das Netz ist für mich nicht denkbar – aber muss es für Andere deshalb genauso sein? Ich meine, wir sollten die „Offliner“ (das ist ja schon eine Kategorisierung) nicht diksriminieren. Aber ermutigen schon. Auch zu einem kritischen Blick auf das Ganze.

    Wie OG sagt, zur vermehrten Teilhabe an der Gesellschaft mag das Netz nützlich sein, ja sogar notwendig. Aber haben wir wirklich Teil, können wir dadurch wirklich die Welt – na oder wenigstens kleine Bereiche davon – verändern?
    Wie Dirk schrieb, man unterschreibt da und dort, gegen diese und jene Ungerechtigkeit, Gewalt, falsche Politik …. aber ich frage mich oft, ob es wirklich Konsequenzen hat. Was sich wahrscheinlich wirklich verändert hat: Es kann nur noch wenig unterm Deckel gehalten werden, Partizipation am gesellschaftlichen Diskurs ist potentiell für Alle möglich, aber wer wird wirklich gelesen, wer bewirkt etwas, wer macht das Agenda Setting?
    Wahrscheinlich muss man ein wenig relativieren – und damit auch relativieren, wie katastrophal es sich auf das Leben und die Partizipation auswirkt, Offline durchs Leben zu gehen. (wobei ich endlich wieder beim Thema bin)
    Offline, klingt das nicht auch ein bisschen nach Entspannung, nach Freisein, nach Pause?
    Und genau das mach ich neuerdings manchmal, Pause vom Netz.
    Vielleicht vor allem deshalb, weil ich es nicht nur privat nutze – und weil ich gemerkt habe, wieviel Zeit, Aufmerksamkeit und Energie das Netz, allgemein das Digitale, verschlingt (aber natürlich auch bringt).
    Das klingt jetzt ein bisschen nach advocatus diaboli – natürlich liebe ich das Netz – aber manchmal gehen mir bestimmte Aspekte davon auch gehörig auf die Nerven.
    „Unendliche Kommunikation“ (Susanne), das ist ein guter Begriff, korrespondiert nicht mit der uns zur Verfügung stehenden endlichen Zeit und Energie.
    Daher, mein Schluss, jeder/m genau das im Netz und soviel vom Netz und Online-Sein, wie er/sie mag ..

  18. @Oliver: danke für deinen ausführlichen Bericht – ich finde es interessant, wie das so im „Dorfleben“ abgeht mit dem Netz! :-)
    Dass noch immer „gemeinsame Adressen“ benutzt werden, hätte ich nicht gedacht. Wie verwirrend für das Gegenüber!!

    @Odile: was die Teilhabe an der öffentlichen/veröffentlichten Meinung angeht, sehe ich durchaus riesige Fortschritte durch das Netz! Und dass man hier und da auch etwas bewirkt, hat sich doch zumindest bei einigen netzpolitischen Themen deutlich gezeigt. Und natürlich das „Leaken“ – es bleibt nicht mehr viel lange geheim!

    „“Unendliche Kommunikation” (Susanne), das ist ein guter Begriff, korrespondiert nicht mit der uns zur Verfügung stehenden endlichen Zeit und Energie.“

    Ja, das ist wirklich ein Problem, mit dem ich auch oft hadere – mehr im Info-Sektor allerdings.

    „jeder/m genau das im Netz und soviel vom Netz und Online-Sein, wie er/sie mag“

    Dem mag man sich gerne anschließen. Doch bleibt das Problem, dass immer mehr Prozesse (E-Government!) onlinisiert werden. Das schließt Offliner zunehmend aus bzw. macht ihnen das Leben / die Teilhabe zunehmend schwerer. „Ermunterungen“ werden da nicht reichen, da braucht es wirklich breitflächigere Bildungsprogramme und Initiativen!

  19. Markus: es kann aber auch schlicht sein, dass Leute gar nicht von denen „von früher“ gefunden werden wollen. Davon auszugehen, dass die dann nicht online sind, ist amüsant *gg*

    Ich zum Beispiel bin seit 22 Jahren online, mein Name ist relativ selten und ich habe es bis heute geschafft, ihn aus dem Netz herauszuhalten. Ich möchte nicht googlebar sein für Leute, die ich lange hinter mir gelassen habe und die ich nicht wiedersehen/-lesen/-hören möchte. So einfach ist das.

    Und trotzdem bewege ich mich bestens und auch professionell im Internet.

    BTW: Liebe Claudia, ich lese dich, seit du 1998 dein Nichtrauchertagebuch begonnen hast. Dank dir rauche ich seit 1998 nicht mehr :o)
    Und in diesem Blog habe ich sicherlich auch jeden Beitrag gelesen.

    Herzliche Grüße, Malin, eine anonyme Nutzerin

  20. @Malin: VIELEN DANK, dass du mal was gesagt hast, wo du schon so erstaunlich lange mitliest!!! Fühle mich geehrt – und wenn ich dann eines Tages an Lungenkrebs sterbe, wird es mir ein Trost sein, dass ich mittels meiner „ich höre mit dem Rauchen auf“-Publikationen doch einigen bei der Befreiung von der Kippe helfen konnte – immerhin! Man tut gut daran, das Gesamtergebnis zu sehen, nicht immer nur den individuellen Erfolg/Misserfolg! :-)

    Ansonsten hab ich persönlich nichts dagegen, im Netz „gefunden zu werden“ – ganz im Gegenteil! Das Netz ist mir eine Kommunikationsstruktur, die mich mit vielen Menschen verbindet, die ich ansonsten nie kennen gelernt hätte. Irgendwelche Leute von früher, mit denen ich aus der Beziehung heraus keinen Kontakt mehr habe, werden für mich auch durch die mögliche Netzkommunikation im HEUTE nicht bedeutend. Mehr als ein „Hallo, wie gehts? Was machst du denn heute so?“ ist da in der Regel nicht zustande gekommen.

    Netzkontakte sind (für mich!) allerdings nur dann „reale“ Bekanntschaften, wenn man sich gegenseitig nicht anonym gegenüber tritt. Beziehung entsteht erst, wenn ich mich drauf verlassen kann, den Anderen auch ansprechen/erreichen zu können, wenn es mir wichtig erscheint – ansonsten ist das kein Kontakt „auf Augenhöhe“, sondern eher ein literarisch-abstrakter, meist punktuell bleibender Gedankenaustausch. Gelegentlich schön, aber „nur virtuell“.

    Nicht anonym zu sein ist für mich (!) auch ein Prüfstein von Authentizität: Wieviel kann ich von mir zeigen? Was meine ich, verbergen zu müssen – und warum? Wo bestehen Abhängigkeiten welcher Art, die es vernünftig erscheinen lassen, dies oder jenes lieber nicht zu „bebloggen“? Was ist mir „zu privat“ und was kann ich mit aller Welt teilen?

    Eine immer wieder neue und spannende Gratwanderung!

  21. @Claudia: Du schreibst:
    „Beziehung entsteht erst, wenn ich mich drauf verlassen kann, den Anderen auch ansprechen/erreichen zu können, wenn es mir wichtig erscheint“.
    Das ist ja im Netz eher die Ausnahme. Man schreibt was, kannt sich aber immer nicht sicher sein, ob das vom Angeschriebenen gelesen wird. Zu oft schreibt man es nur in den Wind…

  22. @Gerhard: ja, das ist für mich auch noch nicht „Beziehung“, sondern verlautbarender Austausch, öffentliches Gespräch über ein Thema.

    Gelegentlich entsteht daraus aber auch mehr, man mailt mal privat weiter, vernetzt sich evtl. in Social Media, besichtigt die Blogs/Webseiten des Anderen und wenn man in räumliche Nähe kommt, ist auch mal ein Besuch „von Angesicht“ drin. (Da bin ich privilegiert, denn nach Berlin kommen viele mal) Oder es entsteht eine Zusammenarbeit auf irgend einer Ebene: Arbeit, Hobby, Politik…

    Das alles ginge kaum, würde ich nur als „virtuelle Gestalt“ mal hier und da was schreiben, ohne „der Welt“ auch Gelegenheit zu geben, mich als reale Person mit meinen diversen Aktionsfeldern wahrnehmen zu können.

    Ich weiß, dass das nicht jede/r mag – aber für mich ist es die glücklichste Form zu leben. :-)

  23. @Gerhard:

    es gibt daneben auch so etwas wie „gefühlt potenzielle“ Beziehungen – also etwa Stammleser, bei denen ich das Gefühl habe, dass sie sich durchaus melden würden, wenn ich jetzt ins Diary schreibe: BITTE Gerhard, meld dich doch mal per Mail!!

  24. Habe mich tatsächlich per Mail gemeldet, wenn auch 20 Stunden später!
    Gruß

  25. Das find ich super, Gerhard :)