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Musik? Ich wähle sie passend zur aktuellen Stimmung...

 

15:08:98 - 59.Tag

Mein Yogalehrer hat mich heute besucht. Er wollte nachsehen, was mit mir los ist, weil ich bereits zweimal wegen meiner Sommergrippe nicht zum Yoga gekommen bin. Yoga aber bedeutet, sich nicht nur einfach hinzulegen und pflegen zu lassen, sondern nach den Ursachen der Krankheit zu forschen: Was ist es, was mich so umwirft? Wovon hält mich diese Krankheit ab?
Wenn ich so darüber nachdenke, fällt mir auf, wie viele Vorhaben ich alle gleichtzeitig starten wollte, als ich von der kurzen Reise nach München und Konstanz zurück war. Wieviel Inspiration mir die Treffen mit verschiedenen ganz realen Menschen und Gruppen gegeben hat und wie anstrengend das andererseits war. Und hinterher: statt losstarten, ablegen! Offenbar gibt es einen Teil in mir, der von Veränderungen nicht sehr erbaut ist.

Und eine heilkundige Freundin sagte zu mir:

Deine Krankheit ist kein Wunder, weil du mit dem Rauchen aufgehört hast. Mag sein, daß du nicht mehr am Entzug leidest, aber dein Körper fängt gerade erst an mit dem Umbau. Die ganzen Jahre mußte er ein Notprogramm fahren, 20% weniger Sauerstoff, dafür jede Menge Gift-Input ausgleichen. Nun ist die Ursache dieses Notbetriebs verschwunden und der Umbau, die Grundsanierung beginnt.

Hm, eine interessante Sicht der Dinge, aber ganz plausibel. Bin gespannt, was noch alles kommt!

Zum Schluß etwas eher Netz-Politisches: Das Projekt Glück, von dem dieses Tagebuch ein Teil ist, hab' ich heute als Beitrag zum Internet-Wettbewerb von ZEIT, ARD u.a zurückgezogen. Lest die Begründung, darin ist der ganze Vorgang beschrieben. Sie steht jetzt im PEGASUS-Forum und kann kommentiert werden. Vielleicht hat ja jemand Lust, sich dazu zu Wort zu melden. Die Vorstellung jedenfalls, daß nur noch rechtlich begutachtete Links auf Webseiten möglich sein sollen, ist ein Horror! Findet Ihr nicht auch? Das Ende des Webs, wie wir es lieben - und die ARD schreitet mutig voran....

Gerade wollte ich das hier auf den Server laden, da fiel mir noch ein: früher mußte ich heftig qualmen, wenn ich wütend war - und jetzt fällt mir die Kippe dabei nicht einmal mehr ein, nach nur 60 Tagen. Hätt ich nie dran gelaubt, als ich noch rauchte!

 

14:08:98 - 58.Tag

Liebe Besucher! Wegen allzu großer Müdigkeit fällt der Eintrag für den 14. mehr oder weniger aus.... tja, nichts ist sicher in dieser veränderlichen Welt...:-)
Damit Ihr aber nicht umsonst hereingesurft seid: heut hab ich einen literarischen Hypertext entdeckt, der mir sehr gefällt. Ich steh' sonst nicht so auf Hyperfiction, man verirrt sich und es ist mehr Anstrengung ans Amuesement - doch ganz anders Im Rausch der Geschwindigkeit von Walter Landin. Interessiert mich, ob der auch bei Euch ankommt! Also mailt ruhig mal, auch wenn das nix mit rauchen zu tun hat!

 

13:08:98 - 57.Tag

Ein paar Fotos von der kurzen Reise nach Konstanz zum Treffen der Mailingliste Netzliteratur stehen jetzt im Web - eigentlich nur was für Leute, die mit dabei waren.

Ja, Netzliteratur, nie hätte ich gedacht, daß mich dieses Thema so lange fesseln würde. Es war mein allererstes Thema im Web, als ich im Frühjahr 1996 meine erste Homepage mit ein paar Gedichten als Beitrag zum 1.Internet-Literaturwettbewerb der ZEIT einreichte. Damals wußten die Literaten nicht, was das Web ist, und die, die schon Webseiten machen konnten, dachten, Literatur ist auch nur eine Art HTML. Das Treffen der Extreme hat großen Spaß gemacht und wilde Diskussionen gezeitigt, von denen die Diplomarbeit-Schreiber heute noch zehren.

Auch heute gibt es ihn noch, den Wettbewerb. Er heißt jetzt PEGASUS , der Internet-Wettbewerb, man muß nur noch "Sprache gestalten" und veranstaltet wird er von der ZEIT, IBM und ARD - aber das ganze hat längst nicht mehr die Atmosphäre und Bedeutung wie noch 1996. Eine kleine Szene von Netzliteraten und Webkünstlern hat sich seitdem entwickelt und sich vom Wettbewerb unabhängig gemacht. Wen es interessiert: Auf der Leitseite von "Glück" sind ein paar Projekte gelinkt, die mir selbst gut gefallen. Wenn Ihr irgendwo Webwerke findet, die Euch beglücken, auffallen, irritieren - schickt mir die URL, denn ich hab' ein WebZine speziell für solche Seiten: das Universum Hypertext .

Mein Lebensgefährte ist jetzt fast drei Wochen weg vom Rauchen. Heut' sagte er, er hätte jetzt Lust auf EINE Zigarette. Leider gibt es sie schlicht nicht, die EINE Zigarette, die man genießen könnte. Es gibt sie immer nur als Kette. Jeder, der mal aussetzt, merkt, wie schlecht sie schmeckt, wenn er "die erste" raucht. Und wenn nach einigem Üben die Geschmackslage sich darstellt wie gehabt, dann 'genießt' man auch höchstens drei von dreißig Zigaretten, der Rest wird so nebenbei weggequalmt. Na, und wo ich schon dabei bin, dass Carrsche Mantra zu rezitieren: EIN GENUSS existiert auch bei diesen drei Kippen nicht, sondern es ist nur die bewußte Wahrnehmung, wie die Entzugscherscheinungen nachlassen!

 

12:08:98 - 56.Tag

Ha, ich kann mich aufregen, herrlich aufregen, fast an die Decke gehen, richtig giftig werden und damit kein Stück hinterm Berg halten - und hab dabei nicht den geringsten Rauchdruck! Ist das nicht super? Tja, als Nicht-mehr-Raucher hat man halt immer eine Freude! Ich erinnere die Zeiten, als schon die leiseste Adrenalinschwankung den Griff zur Zigarette auslöste... vorbei!

Warum ich mich aufrege? Weil ich einem lieben Freund davon erzählt hatte, was für mich literarisches Schreiben bedeutet - und er kam mit einer coolen Meßlatte aus Sinn & Zweck daher und plättete solches Tun und erst recht die Ergebnisse (die ja mit Goethe wahrhaftig nicht konkurrieren können!) mal eben kurz nieder. Er kennt sich aus und weiß, was Literatur ist und was ich da mache, fällt nun mal nicht darunter! Tja, Pech aber auch!!

Nur war es mir darum garnicht gegangen. Ich wollte von mir und zwar vom SCHREIBEN erzählen, davon, wie wunderbar es sein kann, anläßlich eines Gefühls, eines Leidens, eines Konfliktes oder sonstigen intensiven Vorkommnisses nicht in irgendwelche Aktionen oder Reaktionen zu geraten, sondern in eben diesem Gefühl, den inneren Abläufen zu verweilen. Ihnen zu lauschen, sie zu verstärken, sich auf sie zu konzentrieren, keine Auswege zu suchen, ja, sie zu übertreiben - und zu erleben, wie Worte kommen, Texte entstehen - fast als würde jemand anders schreiben. Ein Fluss, der - einmal an die Oberfläche getreten - eigendynamisch fließt bis... ja, bis die Energie des ursprünglichen Impulses verbraucht ist.

Ein inneres Abenteuer erster Güte! Wenn man mag, kann man am Produkt dann noch etwas formen, es überarbeiten und nach Belieben veröffentlichen. Das Wichtige aber ist der Prozeß selbst: eine Sonde, eine Achterbahn ins Selbst.

 

11:08:98 - 55.Tag

Heute schrieb mir ein Leser, er habe beschlossen, am Freitag das Rauchen aufzugeben. Zur Zeit raucht er noch 50 am Tag, aber gerade hat er das Buch von Carr gelesen und fühlt sich jetzt sehr motiviert. Toll, ich drücke die Daumen und bin überzeugt, es wird viel leichter gehen, als vermutet! Jede Menge Wasser trinken hat mir übrigens gut getan, das stillt ein wenig das Bedürfnis, etwas in den Mund zu nehmen und gibt das Gefühl, sich jetzt von dem ganzen Dreck zu reinigen.

So langsam arbeite ich wieder, bin zwar noch nicht richtig gesund, aber eine Maus kann ich schon bedienen! Hab' also gemailt, gewebbt, gesurft - und bin jetzt soooo müde, als hätte ich eine kleine Bergbesteigung hinter mir. Dabei ist es nur eine Sommergrippe...

 

10:08:98 - 54.Tag

Still und fast heimlich meldet sich der eine oder andere kleine Lebensgeist zurück, wie schön! Ich trinke meinen ersten Kaffee seit Tagen, rufe Mails ab und bekomme Lust, zu antworten. Anstehende Arbeiten entfalten erneut gewisse Verlockungen, die Gedanken haken sich wieder an Themen fest, gehen ein paar Schritte mit, möchten mich ganz mitziehen in die Welt der Aktivitäten - doch halt: da ist noch immer der Matschkopf! Schnelles Bewegen und leiseste Anstrengungen bringen den Schweißausbruch, über allem liegt noch immer leichter Nebel, der traumhaft unwirkliche Geschmack zurückkommenden Fiebers: es ist noch nicht soweit! Also beschränke ich mich noch aufs Lesen, zum Beispiel auf Erfahrungsberichte wie den von Daniela, die am letzten Montag mit dem Rauchen aufgehört hat. Glückwunsch!

So eine Sommergrippe hat etwas Besonderes: im Herbst und Winter geht es mit der Natur ebenfalls zu Ende, der Geist richtet sich nach innen und wird träumerischer, irrealer. Dann zu erkranken gibt der Sache nur einen zusätzlichen Kick. Im Frühling und Sommer aber, wenn alles immer lebendiger wird, wenn die Außenwelt aufblüht, wenn alles zum tanzen, arbeiten und feiern verlockt - dann bringt so eine Krankheit mit all ihren lebensmindernden Begleiterscheinungen deutlich zu Bewußtsein, wie es einmal sein wird, sich endgültig vom Lebendigen zu entfernen. Zum üben also gar nicht schlecht.

Manchmal denke ich, Sucht in ihren 1000 Gestalten, ob als Rauchverlangen, Freßgier, Alkohol oder Drogenmißbrauch, oder in stofflosen Formen wie Workaholism und Beziehungssüchten hat zum einen mit dem Energiehaushalt, zum anderen mit dem Tod, bzw. dessen Verdrängung zu tun. Weil wir nicht jeden Augenblick genießen, als wäre es der einzige, der letzte (wer kann das schon?), gibt es diese hypertrophierte Gier nach mehr. Und Geniessen findet nun mal nicht nur im Kopf statt! Wir aber halten uns seit Eintritt in die Gutenberggalaxis mehr und mehr in einer Zeichenwelt auf, also gerät der gesamte Energiehaushalt aus dem Gleichgewicht. Und es kommt z.B. dazu, daß man vor dem Monitor (oder dem TV) sitzt und der Körper sagt: ich will wenigstens was Süßes, während du weg bist...

Daniela fragt, wie ich speziell diese Art Freßgier "in den Griff" bekommen hätte. Ich versuche nicht mehr, die Dinge durch harte Disziplin in den Griff zu bekommen - aber auch das schlichte Versacken in den jeweiligen Versuchungen suche ich zu vermeiden. Eine Art sanfte Disziplin, stellenweise mit Nachgeben, dabei aber dann hinsehen: was bringt mir das genau?

So konnte ich glücklicherweise die orale Freßgier hinter mir lassen, das, was gleich nach Ende des Rauchens ersatzweise auftauchen will. Es ist da ja fast ganz dasselbe Gefühl: Verlangen nach der Zigarette, bzw. Verlangen nach irgendwas Süßem im Mund. Also kann ich es auch auf die gleiche Weise vorübergehen lassen: die Leere aushalten, wenn ich nichts tue und sehen, wie es tatsächlich bald vorübergeht.

Aber: der bessere Appetit, die intensiveren Geschmackserlebnisse, die gesündere und deshalb effektivere Nahrungsverwertung - all dies führt zu einer Gewichtszunahme, die ich keineswegs "im Griff" habe. Doch fühle ich mich um Klassen besser in meiner leicht übergewichtigen Form als bei 35 Zigaretten pro Tag! Und demnächst werde ich derart viel und spannende Sachen arbeiten, daß ich ganz ohne Sport abnehme...



08:08:98 - 08:08:98

Liebe Leute, ich liege flach und kann nicht schreiben! Bald wieder mehr. Danke für die lieben Briefe, die werde ich alle beantworten, bzw. hier thematisieren, sobald es wieder besser geht.

 

07:08:98 - 51.Tag

Krank. Zu krank zum Tagebuch, ich pack' es nicht, hier heut was Sinnvolles zu schreiben. Damit Ihr aber nicht umsonst hereingesurft seid, empfehle ich euch die Jubiläumsausgabe von KriT , Ralph Segerts Cyberzine, das kürzlich zwei Jahre alt geworden ist. Da findet sich ein schönes Interview mit Stefan Münz, ohne den die meisten von uns kein HTML gelernt hätten und die neue Rubrik "Blitz-KriTik der Website". Und Ralph hat auch vor kurzem mit dem Rauchen aufgehört, welch ein Zufall...!

 

06:08:98 - 50.Tag

Bin heute richtig krank: erkältet, fiebrig, Kopfweh, na, eben voll runter. Deshalb mach ich es kurz, die Augen tun mir weh, so macht es keine keine Freude, in den Monitor zu sehen.
50 Tage rauchfrei, das sind 350 ersparte Mark! Ich sammle sie in einem großen Glas, bringe das Geld monatlich zur Bank. Du lieber Himmel, noch nie konnte ich sparen! Aber jetzt wäre es richtig blöd, es nicht zu tun. Denn ich merke es ja garnicht. Geld für Zigaretten hab' ich schließlich immer hingelegt, auch in den allerärmsten Zeiten, auch auf Pump, immer! Ich brauche also nur so weitermachen und werde auf diese Weise in den nächsten 30 Jahren, wenn ich sie denn erlebe, ein kleines Vermögen anhäufen.
Vielleicht vergeß ich das aber auch wieder, schließlich hab ich nicht aus Geiz aufgehört!

 

05:08:98 - 49.Tag

"Zunehmen ist Energieüberschuß. Man kann seine Energie durch Sport, Nikotin oder Produktivität loswerden", schreibt Lothar und zum großen Glück hat mir die kurze und spannende Reise einen Kick in letztere Richtung gegeben. Die Phase übertriebener Freßgier, das Verlangen nach Süßigkeiten, das mittägliche Grübeln, was man denn abends kochen werde - vorbei!

Die Rauchenden unter den Lesern, die hier noch immer heldenhaft mitlesen, mögen es mir verzeihen, daß ich nochmal auf einen Aspekt eingehe, den Peter in seiner Mail anspricht: Der Entzug, vor dem so viele Angst haben, die eigentlich aufhören wollen. Mir hat dabei eine klare mentale Technik geholfen: mal kurz die aktuelle Verfassung "scannen" und sich fragen, wo bitte ist das Leiden??? Es ist schlicht nicht da! Nur manchmal so ein Gefühl der Leere, das kommt und geht.

Und die grauenhaften Entzüge, die agressiven Ausbrüche? Alles Psycho, alles selbst gemacht, genau wie ein Schmerz zu 90 Prozent aus Widerstand gegen ihn besteht. Als ich mit 25 versuchte, nicht mehr zu rauchen, rastete ich praktisch sofort aus. Am zweiten Tag schrie ich meine Mitarbeiter an und brach alle halbe Stunde in Tränen aus. Das ging natürlich nicht und ich mußte mir eine anstecken...

Der Grund für die starken Reaktionen war die große Kluft zwischen mir und der Welt, ja, ein Abgrund voll gut gepflegter Inkompatibilitäten. Ich war voller Illusionen und Widerstände, empfand es als Zumutung, daß das Leben mir nicht alles nach Wunsch auf dem Tablett servierte und daß sich die Verhältnisse nicht nach meinen Vorstellungen richteten. Dennoch - und DAS ist der Punkt! - tat ich selber täglich viele Dinge, die ich eigentlich nicht tun wollte, ja zum Teil sogar haßte. Es ergab sich so, es war bequemer, es galt, Rücksichten zu nehmen, man bekam auch etwas dafür - eben den üblichen Users Benefit für das Verharren im gemütlichen Elend. Um so zu leben, braucht es Drogen, vor allem Zigaretten und Alkohol. Wie Schmiermittel übertünchen sie das Knirschen im Getriebe und wenn sie wegfallen, tritt die Wirklichkeit sehr viel deutlicher hervor. Wer sich dann nicht in Bewegung setzen mag, um in den Veränderungen mitzufließen, der wird wieder rauchen oder ein anderes Mittel an die Stelle der Kippe setzen.

 

04:08:98 - 48.Tag

Na sowas: Ein Blick in die Zugriffsstatistik zeigt, daß von gestern auf heute 30 Leute mehr hier hereinsehen - ich fühle mich ja fast beobachtet! ;-)
Die kurze Reise nach München und Konstanz, die ich eigentlich zu Unrecht URLAUB nannte, hat mich richtig glücklich gemacht. Zuerst ein Besuch bei Lothar Reschke, der mir Anregungen zur Präzisierung meiner Web-Arbeit gab. Dann nach Niedertaufkirchen zum Connection Verlag, ein Kunde, dessen gedrucktes Lebenskunst-Magazin ich regelmäßig "verwebbe". Hab' dort Mitarbeiter im Webseiten-Pflegen geschult, was mir großen Spaß gemacht hat.

Dann der Höhepunkt: das Netzliteratur-Treffen in Konstanz bei Dirk Schröder, ebenfalls ein lieber Online-Freund, dem ich allerdings das erste Mal f2f begegnete. Es war wieder mal sehr eigenartig: Die Fremdheit, die vom Körper ausgeht, steht in Kontrast zur Vertrautheit, die per Mail bereits besteht; das Hirn ist die Reihenfolge einfach nicht gewohnt und meldet: etwas stimmt hier nicht.... Na, schon bald war das überwunden und es wurden drei wunderschöne Tage. Jan Ulrich Hasecke hat in seinem Sudelbuch ausführlich - allerdings etwas einseitig - über das Treffen berichtet. (Sollte der Link sich bereits geändert haben, nehmt diesen und wählt den Eintrag vom 4.8.) Es fehlt zum Beispiel fast alles, was inhaltlich zum Thema Netzliteratur gesagt wurde - aber vielleicht wollte Jan ja irgendeine Revolution machen, wogegen wir anderen uns vor allem treffen, kennen lernen und ein paar schöne Tage erleben wollten.

Eigentlich wollte ich ja vom Schreiben über das Rauchen & Nichtrauchen so langsam mal wegkommen, aber es ist schon erwähnenswert, daß mein Lebensgefährte aufgehört hat (erstmal, sagt er, kein Stress!). Und auf der Reise ist mir aufgefallen, daß die Raucher überall, wo ich hinkam, eine kleine Minderheit ausmachten. Ich selbst hab' mittlerweile ein so angemehmes Körpergefühl, daß "einfach da sein" fast ausreicht für dieses Leben. Fast!

Für die Leserbriefe, die mittlerweile gekommen sind, bedanke ich mich übrigens herzlich - ich freue mich, wenn mein Just-for-fun-Geschreibsel auf Resonanz trifft!


URLAUB vom 26. Juli bis 3. August!
 

25:07:98 - 38.Tag

Heute am 38. Tag ohne Zigarette ist das Rauchen weit weg von mir. Das Verlangen, mir eine anzustecken, ist vorüber, kommt nur noch selten als schwacher Gedanke auf, wenn ein anderer raucht. Die Freiheit, die ich jetzt genieße, kommt mir fast schon selbstverständlich vor: keine Asche, keine Kippen, kein Achtgeben auf Kleingeld und erreichbare Zigarettenautomaten, keine stinkenden Klamotten und Haare, vor allem kann ich überall hingehen und muß nicht mehr fürchten, mich dort nicht recht wohlzufühlen, weil nicht geraucht werden darf.

Weil aber die Summe der Laster immer gleicht bleibt, wie Michael einmal schrieb, wiege ich jetzt fünf Pfund mehr (eine Waage besize ich nicht) und meine Gedanken kreisen zu viel ums Essen. Doch das ist mir - alles in allem - tausendmal lieber als das Raucherleben, das hinter mir liegt.

Aber ist diese Gier, die da immer neuen Ausdruck sucht, nicht etwas Seltsames? Sie schweigt kurzzeitig, wenn ich verliebt bin. Auch eine tolle Idee, eine neue Arbeit können mich so sehr begeistern, daß für einige Zeit Ruhe an der Suchtfront herrscht - oder man kann auch sagen: jetzt sind nichtstoffliche Formen dran.

Vielleicht liegt es am zivilisierten, von der Natur entfremdeten Leben. Der Körper fühlt sich zu Recht vernachlässigt, wenn ich mich hauptsächlich mit symbolischen Welten, Texten, Zeichensystemen beschäftige. Doch deshalb zum Landfreak werden funktioniert nicht, leider. Auch in meinen Versuchen, regelmäßig Sport zu treiben, bin ich bisher gnadenlos gescheitert. Ein paar Tage geht es, dann regt sich ein solcher Widerwille, daß ich es lasse - alles lasse, wodurch ich ins Schwitzen komme. Sich selbst verändern ist ein langwieriges Geschäft und ich bin nicht weit gekommen.

Dies ist für eine Woche mein letzter Eintrag. Bis einschließlich 3. August bin ich auf einer Reise - zu Kunden und Freunden, zuletzt ein Fest am Bodensee mit Dirk Schröder und anderen Freunden der Netzliteratur. Ich freu mich drauf! Mails werde ich ab und an abrufen, Ihr könnt also ruhig schreiben - aber vom Tagebuch mach ich Urlaub. Und weil ich gerade dabei bin: für den Rest meines Lebens werde ich nicht übers (Nicht-) Rauchen schreiben. Überlege, stattdessen den Tod als Thema zu nehmen, schließlich sterben wir ja jeden Tag ein kleines Stück.

 

24:07:98 - 38.Tag

So, wer Ohren am PC hat, wird gemerkt haben, daß die Hintergrundmusik verstummt ist. Sound gibts jetzt nur noch auf Wunsch. Man stelle sich vor, ein Leser hatte das peinliche Erlebnis, während der Arbeit bei einem Kunden mal so nebenbei heimlich ins Tagebuch schauen zu wollen - und da dröhnt die Musik los, kein Zugriff auf die Lautsprecher, alle sehen her und blicken fragend in die Runde... Ich vernahm es mit Schrecken und beende die Hintergrundzwangsbeschallung! Auf daß kein heimlicher Leser mehr geoutet werde!

Die hier so nebenbei entstehende Bibliothek zum Thema Rauchen & Nichtrauchen bekommt einen Neuzugang. Michael hat den Roman Danke, daß Sie hier rauchen von Christopher Buckley gelesen und empfiehlt ihn weiter. Danke!

Der am 19.Juli erwähnte Ausflug in das Naturschutzgebiet südlich von Berlin hat so manchen auf die wunderschöne Landschaft neugierig werden lassen. Bilder werde ich wohl bald selber machen müssen, im Netz findet sich nichts. Auf meine enttäuschte Mail an die Kreisverwaltung Teltow-Fläming wurde mir versíchert, das Webangebot sei under construction und demnächst werde es auch Bilder geben, immerhin! (Lobenswert und keineswegs allgemein üblich, dass hier binnen drei Tagen tatsächlich eine Zuständige auf solche Meckermails inhaltlich eingeht!)

Als kleinen Vorgeschmack hier schon mal das Bild einer typischen Brandenburger Allee. Sowas gibt es da massenhaft, es ist traumhaft!

 

23:07:98 - 37.Tag

37 Tage ohne Zigaretten, aber 44 Jahre mit mir! Habe Geburtstag - und geh jetzt ein kleines bißchen feiern: Daß ich noch lebe - still alive and clicking, wie sich manche Netties locker grüßen :-)
Welch ein Glück, daß mein Zahnweh erstmal weg ist, das 45 Jahr fängt blendend an. Ich hoffe, es wird ein vollständig rauchfreies Jahr werden - so, der Sekt ruft...


 

22:07:98 - 36.Tag

Noch immer nicht vom Zahnweh genesen, wie denn auch? Werde morgen also wirklich zum Arzt gehen und mir bei der Gelegenheit auch die letzten Reste des Nikotinbelags entfernen lassen. Ach ja, der Körper ist schon ein empfindlich-hinfälliges Ding und auch Nichtraucher sind sterblich!

Heute schlug mir ein Leser vor, morgen zusammen eine Berliner Nichtraucherkneipe aufzusuchen und anschließend eine "normale" - sicher werde die Stimmung in letzterer besser sein. Tja, was will er wohl damit sagen? Noch dazu als Nichtraucher? Daß wir die Raucher brauchen, um in Stimmung zu kommen? Wohl kaum - aber wer wählt schon seinen Freundeskreis danach aus, ob es sich um Raucher handelt? Und: soll man sich ausgerechnet für den Kneipenbesuch trennen??? Absurd! Nichtraucher wissen um ihre Freiheit, überallhin zu gehen und sich wohl zu fühlen, wogegen die armen Raucher an rauchfreien Orten das Leben nicht zu genießen vermögen.

Weil ich noch immer so vor mich hinleide, laß ich es damit heute gut sein und danke allen lieben Freunden für die netten Mails!

 

21:07:98 - 35.Tag

Melde mich heute abend krank. Es hat 29 Grad hier im Zimmer, bin nur noch ein Schluck Wasser unter der seltsam abschlaffenden Wirkung einer Zahnweh-Tablette plus dieser Hitze. Ich leg mich und schau in die andere Glotze. Ein Serienmörder... ach ja, ich hoffe, ich habe es nicht verlernt, mich von sowas "unterhalten" zu lassen. ;-)

 

20:07:98 - 34.Tag

Ein lieber Freund, den ich hier mal lieber nicht oute, hat gestern mit dem Rauchen aufgehört und meinte am Telefon, für den zweiten Tag ginge es ihm gar nicht so schlecht! Ich hab' ihm heftig ans Herz gelegt, doch unbedingt noch Carrs Buch zu lesen. Denn es ist ein großer Unterschied, ob man es ohne Zigarette nur "ganz erträglich" findet, oder ob man glücklich ist, es endlich hinter sich zu haben. Frei zu sein von dem ganzen Dreck, auch frei von der dauernden aktiven Selbstzerstörung, die doch immer eine gewisse Schizophrenie mit sich bringt.

Micha, ein Leser, der nie geraucht hat und dennoch hier mitliest, fragt, warum ich vieles so offen erzähle. Was denn, wenn zum Beispiel mein Nachbar mit der lauten Musik hier ebenfalls hereinschaut und liest, was ich am 19.Tag schrieb? Na, wenn schon, Micha, es ist kein Geheimnis, daß die Wände hier dünn sind - hab' ich Ali doch schon 'reingebeten, damit er selber hört, wie laut es hier ist (er war entsetzt!). Der "neue Nachbar" allerdings, das "Objekt der Begierde", war nur eine Möglichkeit - und nicht mal eine sehr wahrscheinliche!

Das Tagebuch hilft mir, ohne Rauchen zu leben, gut zu leben! Schließlich hab' ich viel Zeit mit dieser Droge verbracht - und so zolle ich ihr eben auch weiterhin ein bißchen Tribut, ein wenig Aufmerksamkeit. Wer weiß denn schon, ob Carr nicht wieder angefangen hätte, wäre er nicht "Carr, der Experte" geworden?
Ich werde nicht Expertin, sondern schreibe Tagebuch, eine alte literarische Tradition (besonders beliebt bei Frauen: es fällt uns leichter, von persönlichen Dingen zu sprechen, im Guten wie im Schlechten). Es macht mir Freude und ist eine gute Übung: jeden Tag etwas schreiben war schon immer meine Vorstellung, aber ich brachte die Disziplin nicht auf.

Michas Bedenken, zwischen den Mails und dem Schreiben bliebe vielleicht kein Real Life mehr übrig, gilt mehr oder weniger für uns alle in den Zeiten der Medien. Wie oft bedeutet das Ausschalten des Compis doch nur das Umsteigen auf einen anderen Kanal? Glotze, Kino, Buch, Radio, Magazin, meinetwegen auch Telefon - man erzählt sich, was man gestern gelesen, gehört, gesehen hat - ist das alles noch Leben?

Gestern schrieb ich Euch von der wunderschönen Landschaft südlich von Berlin. Weil ein Leser gerne Bilder gesehen hätte, hab' ich herumgesucht: Keine Bilder im Web. Und schon kommt die Idee, bald wieder hinzufahren, diesmal mit dem Fotoapparat! Nicht mehr wie gestern: als Mensch - sondern als Auge des Netzes.

Anstatt nun aber Kultur-depressiv zu werden, freu' ich mich lieber auf nächste Woche: da reise ich herum und treffe liebe Freunde, die ich ohne Internet im ganzen realen Leben niemals gefunden hätte!

 

19:07:98 - 33.Tag

Ausnahmsweise mal mehr Tagebuch als Talkshow: ein Bericht vom täglichen Sterben.

Heut morgen bin ich mit meinem Lebensgefährten rausgefahren Richtung Süden - den ersten richtigen Sommertag wollten wir draußen genießen. Die Gegend heisst Nuthe-Nieplitz-Niederung: Zwei kleine Flüsse und ein ehemals riesiges Feuchtgebiet, jetzt unter Naturschutz. Brachland, Wiesen, Weiden, Wäldchen, sanfte Hügelchen (eher selten in Brandenburg), Sand, Kiefern, Mischwald, man hat einen weiten Blick. Es gibt flache Seen und viele wilde Vögel. Eine Gegend, in der "nix los ist", man kann dort stundenlang herumwandern und keinen Menschen sehen.

Man fährt auf den wunderschönen kurvigen Alleenstrassen, für die Brandenburg (und auch Mecklenburg) so berühmt ist. Friedrich der Grosse hat sie einst in Nachahmung Frankreichs überall anlegen lassen. Es ist ein Genuß, durch die schattig-grünen Allen zu fahren, wenn nicht allzuviel Verkehr ist. (In Brandenburg/Mecklenburg tobt ein Kampf um ihre Erhaltung - bis jetzt dominiert die Erhaltungsfront, aber im Zuge von Baustellen wird oft ganz schön dezimiert!).

Heute waren kaum Autos unterwegs. Wir fahren immer so ca. 80 km/h, das ist gemütlich und man sieht viel. Ich schaute über die Felder, darum bemüht zu erkennen, ob der Mais schon so weit ist, daß man Jungkolben klauen kann. Auf einmal sehe ich vor mir,

wie ein rotes Auto, das etwa 50 Meter vor uns fuhr, von einem Baum auf der linken Fahrbahnseite ZURÜCKPRALLT und zum stehen kommt,
stark zerknittert.

Der Wagen, der aus unerfindlichen Gründen auf die Gegenfahrbahn und dort an den Baum geraten war, hatte sich so weit gedreht, dass wir ohne Probleme vorbeifahren konnten, langsam, erschreckt in das Auto sehend, in dem die Menschen regungslos saßen, über dem Lenkrad hingen, es war nur ein kurzer Eindruck. Wir zögerten: halten oder nicht? - ich hätte nicht gewußt, was tun, hab' keine Ahnung von erster Hilfe (der Kurs ist ja 20 Jahre her...). Doch wären wir sicher ausgestiegen, hätten nicht hinter uns bereits drei andere Autos angehalten. So fuhren wir eilig in den nächsten Ort und alarmierten die Polizei.

Dann weiter. Es war schön im Naturschutzgebiet. Alles voller Blumen, Schmetterlinge, die ersten Grillen, die der Wärme vertrauten, schnarrten vor sich hin. Viel geredet haben wir nicht, aber Pilze gefunden, ohne sie gesucht zu haben.

Schnell kann es gehen, und alles ändert sich. Vielleicht sind die Verunglückten tot, vielleicht so verletzt, daß ihr Leben niemals mehr so sein wird wie vorher. Ebenso einfach, wie ich zufällig oder absichtlich ein Insekt töte, kann es uns jederzeit treffen. Wir tun alle immer so, als sei etwas sicher, als gäbe es etwas Festes!

Ist es nicht ein Wunder, daß wir (noch) leben? Und alles um uns herum auch! Warum können wir nicht immer das Wunder sehen, daß diese Welt von Augenblick zu Augenblick bietet? Mitten in diesem unerkennbaren, für uns kalten und unendlich großen Kosmos geschieht so etwas, wie ein Marienkäfer....

Warum versacken wir im Alltag und sind so viel mit unwichtigen Dingen beschäftigt? Wahrscheinlich ist es nicht möglich, immer im Bewußtsein des Wunders - und natürlich auch des SCHRECKENS zu leben. Schrecklich schön, das Leben, und manchmal ganz plötzlich vorbei.

Ach ja: ich hatte nicht einen Moment Lust, eine zu rauchen

 

18:07:98 - 32.Tag

Stört eigentlich die Musik in diesem Diary? Wenn ich sie selber höre, stell ich sie relativ leise, so daß sie mich nicht vom schreiben abhält. Doch heute freute sich Simone aus Hamburg, die hier ab und an 'reinsieht, daß mal keine Musik mitgeliefert wurde - dabei hatte ich nur vergessen, die Datei auf den Server zu übertragen! Vielleicht sollte ich sie also nur auf Mausklick anbieten?

Wie gestern angekündigt, erscheint hier heute die Beschreibung des Nachfolgebuchs von Endlich Nichtraucher, dem Buch, dem so viele die Befreiung vom Rauchen verdanken. Niko hat das 500-Seiten-Buch gelesen und eine liebevoll-persönliche Rezension verfaßt. Herzlichen Dank! Vielleicht können wir im Lauf der Zeit hier einen Book-Shop eröffnen mit allen Büchern rund ums Rauchen und andere Süchte.

Was mir aufgefallen ist, ist die Tatsache, daß Menschen offenbar Probleme damit haben, wenn entgegengesetzte Denkweisen (und die aus ihnen folgenden Methoden) zum selben Ergebnis führen. Das ist ja nicht logisch, also wird daran herumkritisiert, die Anderen können einfach nicht auch Recht haben!

Alan Carrs Methode besteht darin, zu vermitteln, daß ES LEICHT IST, MIT DEM RAUCHEN AUFZUHÖREN. Und siehe da: Viele gucken sich mal ernsthaft ihre sogenannten Entzugserscheinungen an und stellen fest: nicht der Rede wert!
Die Methode der anonymen Alkoholiker kommt vom anderen Ende: Wer trocken werden will, muß begreifen, "DASS ER DEM ALKOHOL GEGENÜBER MACHTLOS IST" - weil es sich beim Alkoholismus um eine unheilbare Krankheit handle. Und siehe da: gegen einen übermächtigen Gegner zu kämpfen ist sinnlos, also lassen viele das erste Glas stehen. Ist nicht beides wunderbar? Muß man da wirklich herumrechten?

Ins gleiche Horn stößt Werner Stangl, der in seiner liebevollen Unterstützungsmail seine eigene "Entzugsgeschichte" berichtet und allen Ernstes behauptet, es sei ihm nur gelungen, weil er NICHT SÜCHTIG gewesen sei, und das bei 60 Zigaretten am Tag! Denn: ein Süchtiger könne niemals aufhören, was im Umkehrschluß bedeutet: wer aufhören kann ist nicht süchtig. Tja, Hauptsache, die Logik stimmt! Doch Millionen Alkoholiker können erst dann und NUR DANN aufhören, wenn sie begreifen, daß sie süchtig sind. Und Millionen Raucher sehen mit Carr ein, daß Nikotin schnell und verläßlich süchtig macht - aber zum Glück die Entzugserscheinungen marginal sind - und hören auf.

Was sagt das alles? Mit Logik alleine kommt man nirgendwo hin und manchmal schnurstracks in die Hölle. Gut ist, was den Kampf beendet. Und sonst? Heut war endlich mal ein schöner warmer Sommertag!

 

17:07:98 - 31.Tag

31 Tage ohne Zigarette: das bedeutet DM 217,- in meiner Ersparnis-Kasse, in die ich täglich sieben Mark zahle. Kaum zu glauben, wie sich da unmerklich Geld ansammelt, das ich normalerweise in krebserregenden Stoff umgesetzt und inhaliert hätte. Naja, das hat mich als Raucherin nie beeindruckt, ich weiß, also ist es eigentlich müßig, sowas hier hinzuschreiben.

Ich bin hundemüde, Freitag ist meine Yogastunde mit Lehrer und hinterher bin ich Bett-reif. Stattdessen war ich noch ein bißchen innovativ (wie man heut so sagt) und hab' dieses Tagebuch kopiert, ein wenig umgestaltet und nutze jetzt die "Methode Tagebuch" als Log-File fürs Teleworken für einen aktuellen Webdesign-Auftrag. Ich notiere, erkläre und zeige, was ich grade so mache und natürlich auch, wieviel Stunden ich brauche, bzw. für angemessen halte. Mein Auftraggeber kennt die URL und kann jederzeit kommentieren, vorschlagen, kritisieren - und er kann niemals sagen, er hätte nix gewußt! Tja: nur die allerverrücktesten Kälber gestalten sich ihre Stechuhr selber!

Eingegangene Leserbriefe (danke!!!) verschieb' ich jetzt mal, ich hoffe, niemand nimmt das krumm. Es ist allgemein Interessierendes dabei, nämlich eine Rezension des zweiten Carr-Buchs, das es noch nicht auf Deutsch gibt: "Stop smoking permanently". Morgen, versprochen!

 

16:07:98 - 30.Tag

Heut hab' ich Jens-Uwe Bußer's Homepage entdeckt, da gibt es eine Unterseite Warum ich nicht rauche , wo Jens mit heftigen Raucher-feindlichen Tips und Vorschlägen aufwartet (nie Feuer geben, nie Geld wechseln, auf die Gefahren des törichten Tuns hinweisen...). Ach, wenn er doch nur wüßte, daß Vorhaltungen absolut nichts bewirken, im Gegenteil, der Rauchende regt sich auf und zündet sich erst recht eine an. Auf der Site findet sich ansonsten noch der wahre Grund für das Aussterben der Dinosaurier Zwar alles Lüge, aber der Comic ist nett.

Vielleicht wundert es, daß anläßlich eines "Nichtraucher-Tagebuchs" heute der alte Song Cocain aus den Lautsprechern quillt - tja, Uwe hat mich eben in agressive Stimmung versetzt und anstatt mir eine anzustecken spiel ich das Lied einer Droge.

Mit Absicht! Mit Freude! Denn: So schön es ist, nüchtern und wach zu sein, so sehr gehört es doch auch zum Leben, sich ab und zu zu berauschen, die Beschränkungen des Sinnvollen, Gesunden und Gehörigen zu durchbrechen und freudig den Ausnahmezustand zu erleben. Es spricht für unsere kulturelle Beschränktheit, dafür keine angemessenen sozialen Riten entwickelt, sondern die Heuchelei und die Schizophrenie zum geistigen Horizont des Mainstreams erhoben zu haben.

Individuell ist es wiederum wahrhaft idiotisch, an Alltagsdrogen zu hängen, die zwar abhängig machen, aber uns nichts von dem schenken, was einen (seltenen!) guten Rausch oder anderweitig veränderten Bewußtseinszustand ausmacht. Zigaretten sind davon das Dümmste - und Kaffee ist nur wenig besser.

Gerade spüre ich stark meine Kaffee-Abhängigkeit. Schließlich will ich nicht alle Laster aufgeben, also hab' ich schon ein paar Tage nach der letzten Zigarette wieder Kaffee getrunken. Nun merke ich: es klappt nicht, nur ab und zu eine Tasse zu trinken. Wenn ich morgens den Tag nicht mit Kaffe beginne, bin ich nach weiteren zwei Stunden im Entzug, sinke todmüde aufs Bett und bin alles andere als arbeitsfähig. Nach zwei bis drei Kaffee-freien Tagen ist das 'rum. Trinke ich aber mal wieder drei Tassen am Tag, bin ich wieder drauf: alle drei Stunden ist dann der nächste angesagt. Meine Güte, was für Probleme! Seid versichert, ich habe noch andere Interessen, zum Beispiel Netzliteratur . Echt.

 

15:07:98 - 29.Tag

Ja, heut hat sich tatsächlich ein Leser erbarmt und mich zum Thema "Junk Food - oder was?" wunderbar beraten: Michael schrieb, ich solle es doch mit der chinesischen Küche probieren. Für Freiberufler am PC sei Junk Food eine Verführung und China Food eine Chance. Meine neugierige Frage, wie das denn in der Do-It-Yourself-Praxis konkret aussieht, beantwortete er so interessant und Appetit anregend, daß man am liebsten gleich losgehen möchte und einen Wok kaufen! Na, zum Anfang tut's sicher auch die Pfanne.

Aufmunternde Worte kamen dieser Tage auch von Udo, der seit zweieinhalb Jahren Nichtraucher ist und das Web mit Vorher-Nachher-Bildern bereichert. Also Udo: irgendwie finde ich das Raucherbild spritziger, sorry!

Zum Anfang aller womöglich noch einzuführenden Veränderungen hab' ich jedenfalls heut morgen mal damit angefangen, Obst zum Frühstück zu essen, NUR Obst, aber soviel, wie's beliebt. Allan Carr rät das in seinem Buch "Endlich Wunschgewicht" - das Buch ist lange nicht so toll wie "Endlich Nichtraucher", aber diese Idee scheint mir ganz sinnvoll. Mal sehen, ob es stimmt, daß ich nach ein paar Tagen gar nicht mehr verstehen können werde, wie der Mensch freiwillig was anderes frühstücken kann.

Claudia Klinger

 

[Glück] [Missing Link]