Claudia am 24. September 2013 —

Nach der Wahl

Endlich mal eine Wahl mit Überraschung! Keine FDP mehr (wow!) und keine klaren Mehrheiten. Rücktritte bei FDP und GRÜNEN mit ungewohnt deutlicher Selbstkritik. Knappes Scheitern der AFD (gut so, mittlerweile hab ich MEHR über diese Partei gelesen) und die voraussehbare Marginalisierung der Piraten.

Letztere wären vermutlich über 3% gekommen, hätten nicht etliche ältere Sympathisierende in letzter Sekunde doch noch GRÜNE gewählt – wie ich und manch einer aus meinem Umfeld. Die Pädo-Vorwürfe, die schlammschlacht-artig in den letzten Wochen gegen GRÜNE aufgefahren wurden, haben mich derart verärgert, dass ich dem Partei-Projekt meiner Generation wieder meine Stimme gab.

Dass Merkel so unglaublich gewonnen hat, wundert mich nicht. Ihr Stil unterscheidet sich so drastisch von allem, was man normalerweise von Politikern und auch Politikerinnen gewohnt ist, dass sie als unaufgeregte Bastion des Vertrauens ‚rüber kommt – ganz unabhängig von irgendwelchen Inhalten. Die Mehrheit wünscht sich angesichts der vielen Krisen nichts mehr als dass BEI UNS alles so bleibt, wie es ist. Merkel ist dafür die passende Kanzlerin, da beißt die Maus keinen Faden ab.

Rot-rot-grün – aber jetzt noch nicht

Und jetzt? Wegen mir braucht sich die SPD nicht lange zieren, bevor sie in eine große Koalition geht. Die Umfragen zeigen die Präferenz für diese Variante überdeutlich, und schwarz-grün ist angesichts des extrem giftigen Wahlkampfs derzeit nicht vorstellbar. Gleichwohl sollte endlich ein rot-rot-grünes Projekt vorbereitet werden, nicht für gleich, aber für später. Eine GroKa mit dieser zunehmenden Drohung im Hintergrund sollte der SPD gute Karten bescheren.

Die könnte und sollte sie nutzen, um die Rechte der Opposition im neuen Parlament zu bewahren, die mangels Kopfzahl drastisch beschränkt wären. Maximilian Steinbeis schreibt in seinem Verfassungsblog:

„Die Opposition aus Grünen und Linken könnte nicht einmal mehr einen Untersuchungsausschuss einsetzen. Sie könnte auch kein Normenkontrollverfahren in Karlsruhe anstrengen. Dazu sind jeweils 25 Prozent der Stimmen im Bundestag nötig, und die bekommen sie selbst dann nicht auf die Waage, wenn sie sich zu einem solchen Schritt zusammenraufen.

Die parallele Situation hatten nach 2005 im Prinzip auch: Da war zwar die Mehrheit weniger erdrückend, aber dafür lag das Quorum für eine Normenkontrollklage damals bei einem Drittel. 2009 wurde es dann auf 25 Prozent gesenkt.

Und jetzt? Nochmal senken, auf 20 Prozent? Ein Parlament ohne Opposition ist kein Parlament. Norbert Lammert sollte sich das durch den Kopf gehen lassen.

Wenn ich wählen müsste, würde ich dabei lieber auf die Untersuchungsausschüsse verzichten als auf das Normenkontrollklagerecht. Dass die Opposition verfassungswidrige Entscheidungen der Regierungsmehrheit nicht mehr nach Karlsruhe bringen kann, wäre mir eine ganz besonders unerträgliche Vorstellung.“

Pia Ziefle schämt sich angesichts des Wahlergebnisses für Deutschland. Und wünscht sich, dass sich alle einer Koalition mit Merkel verweigern. Emotional kann ich das verstehen, vernünftig ist es nicht. Denn in der Minderheit wird „Angie“ nicht regieren, sondern darauf setzen, dass bei Neuwahlen eine überwältigende absolute Mehrheit heraus käme.

Etwas, was man sich noch viel weniger wünschen kann….

***

Und hier noch die Kellerralley in Sachen Netzpolitik:

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Diskussion

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8 Kommentare zu „Nach der Wahl“.

  1. Wie bei Pia geschrieben, fand ich ihren Ausbruch arrogant und verachtend. Auch kann ich ihr Hoffen auf eine Unregierbarkeit nicht nach vollziehen. Das ist ein Wunsch nach „solange wählen lassen, bis mir das Ergebnis paßt“ – da habe ich ein anderes Verständnis von Demokratie.

  2. http://www.youtube.com/watch?v=DAw76_NUBmo

    zeit mal stillzusitzen und nachzudenken?
    was soll dieser ganze tinnef?
    wozu noch weiter mit verarscht werden?
    wozu noch aufregen über den ganzen unveränderlichen krempel?

    andere wegen führen eventuell auch nach rom:)

    2 stunden film zum ablenken:)
    ich finds erstmal gut:)

    gruss
    i.m.sz

  3. Danke, Ingo! Für tagsüber ist das allerdings zu lang, ich habs mir erstmal bis Minute 10 angeschaut: aha, die bekannte Geldkritik…Geld aus Schulden, aus dem „Nichts“ etc. usw.

    Was mich daran immer wundert: wir haben das einst in der Schule gelernt, ehrlich! „Geldschöpfung“ durch Zentral- und Geschäftsbanken, Mindestreservesystem etc. – und nichts daran war ein Aufreger. Es war langweiligster Unterrichtsstoff…

    Ein paar Jahrzehnte später wird mir das nun von diversen Seiten als „enthülltes Geheimnis“, „großer Betrug“ etc. verkauft – umgeben von Empörungswellen, die je nach Quelle einem Tsunami gleich kommen. Haben die alle in der Schule gefehlt?

    Klar, wir haben von Realgütern abstrahiertes Geld, das aus Schulden/Kredit entsteht – so what? Solange ich mir damit was kaufen kann, tut es seinen Dienst. Wenn mal nicht mehr, wird es eine Geldreform geben – wäre ja nicht das erste Mal.

    Na, das nur am Rande – waren ja nur 10 Minuten Film und Krisnamurti hör ich immer gerne reden…. werde mir den Rest mal abends im Bett anschauen.

    Für die innere Einkehr bzw. das Abwenden hab ich übrigens einen Garten! :-) Komm doch mal im nächsten Frühjahr/Sommer vorbei!

  4. hi,
    den link hab ich reingestellt, bevor ich ihn mir ganz angesehen habe, mir gefiel erstmal das Thema.
    jetzt hab ich den Film durch und sag dazu erstmal:
    ein Rundumschlag zu Wirtschaft, Politik, Macht.

    Es wird kein „neuer Führer“, keine Beitrittserklärung zu
    irgendeinem „weltverbesserungsverein“, keine revolutionäre
    „neue Macht“ etc angeboten.

    im grunde gehts wohl darum, sich selbst zu fragen, in wieweit man selbst bereit ist in diesem aufgetürmten Schwachsinns-wahn der uns als funktionierende Welt angeboten wird, mitzumischen.

    „vor dem ersten Kinderschreien muss ich mich erstmal selbst befreien“:)

    dein Angebot hab ich notiert:)
    Frühjahr klingt gut, da blühts wieder und selbst Berlin hat gruene flecken.

    es ist an dir was dir gefällt
    es ist an mir was mir gefällt
    und ohne schuld ist keiner hier

    es ist noch andres zwischen hier und dort
    was keinem von uns je gefallen wird
    und dieses andre, dort wie hier
    ist in uns und zieht den faden.

    oh wie fadenscheinig ists mir
    von zeit zu zeit wenn die welt mal
    wieder schreit, oh wie seltsam ist
    die welt wenn alles übernander fällt.

    kein Fuehrer, kein gefuehrtes
    nur noch kräftig umgeruehrtes
    auf sich selbst gestelltes ich
    daraus ein wir, ach wie anders
    waer die welt.

    :)
    kurzgruss
    i.m.sz

  5. [..] Empörungswellen, die je nach Quelle
    [..] einem Tsunami gleich kommen.
    [..] Haben die alle in der Schule gefehlt?

    köstlich ;-)

    yep, genau das …

    es wachsen ja immer welche nach, die nun wirklich überhaupt keine ahnung haben und tatsächlich an die heile welt glauben, die ihnen von ihren eltern und dem fernsehen vorgegaukelt wurde.

    dann entdecken sie, daß es nicht so ist und das ist dann ein „skandal“.

    blöd nur, daß sie jede stufe ihres erkenntnisprozesses ungeniert als letzten stand der erkenntnis in die welt plärren müssen …

    die nüchterne wirklichkeit: jeder einzelne von uns ist in jedem moment … vom nächsten her gesehen … dumm, weil er nicht weiss, was er gleich dazu gelernt oder verstanden hat.

    wir sind auch immer nur in der lage, zu verstehen, was wir bis dahin eben zu verstehen gelernt haben. aber wir denken zu jedem zeitpunkt, jetzt hätten wir alles kapiert ..

    das ist das „ego“, von dem seth sagt, es sei ein „schöner lügner“ ;-)

    das wirkliche elend: wir werden tot umfallen, bevor wir alles verstanden haben.

  6. @Hardy: Ja, so ist das. Wir können immerhin unser Trostsystem zum Thema „Ende“ selber wählen. Religionen mit Jenseits und so funktionieren bei mir nicht, also halte ich es mit jener Ausprägung des Buddhismus, die lehrt: reg‘ dich nicht über den Tod auf, denn da hat nie „jemand“ gelebt… :-)

  7. zu meiner guten katholischen ausbildung in einem redemptoristenkloster gehörte es, daß die mir mit 14 erklärt haben, daß ich wohl buddhist bin. das mit dem „zen“ waren dann die hippies und zu guter letzt bin ich über jane roberts „seth“ gestolpert.

    dein letzter satz trifft hier also auch auf begeisterung ;-)

  8. Sehr geehrte Frau Klinger,
    Liebe Genossin Claudia,

    Ihr Blog ist weltbekannt und daher liegt die Vermutung nahe dass die SPD so schlecht abgeschnitten hat wegen das Blog.

    Wahnwitzige Wahlempfehlungen Alternative sollen CDU waehlen sind nicht sachdienlich.

    Ich vermute Wehrkraftzersetzung in der Rudolfstrasse und werde einen Streifenwgen mit Zwangsweste vorbeischicken, waere 10 Uhrr recht oder schlaeft da die Bohei noch??