Claudia am 07. Juli 2016 —

Laufende Gespräche: Religion, Feuer, Menopause, Hausgeburt, Kopftuch, Ruhestand, Vater werden

Wenn ich es grad nicht zu einem eigenen Blogbeitrag bringe, heißt das nicht, dass ich gar nicht schreibe. Dann halt anderswo:

  • Beim „Fingerphilosoph“ gehts um „Religion und Feuer“ – dieses Gespräch hab ich auf Twitter gerühmt, weil es heute so selten ist, dass man mit Menschen anderer Meinung in einer intellektuell redlichen Weise sprechen kann.
  • Über Antje Schrupps Aufruf zu „Mehr Menopausen-Blogging“ bin ich bei Claudia (Sammelmappe) gelandet und hab dort ein Gespräch fortgesetzt, das anscheinend viel zu selten geführt wird.
  • Auf „Beziehungsweise weiter denken“ hat mich der Beitrag „Schweiß, Schreie, Blut und Kacke: Das ist eine Hausgeburt“ von Sabina Urraca zu einem Kommentar inspiriert, den vermutlich viele gewöhnungsbedürftig finden. Aber hey, es hat ja Gründe, dass ich (gerne) kinderlos bin.
  • Über Männer-Beherrschung und Frauen-Überwindung – der Titel des Postings von Betül Ulusoy übers Kopftuch tragen hat mich zum Lesen verlockt und sogar zum Kommentieren. Bzw. zum Verteidigen der Bloggerin gegen wirklich dummdreiste Anwürfe. Seltsamerweise schaltet sie seit Tagen meine Kommentare nicht frei, auch nicht nach Erinnerung auf Twitter. Dabei sind die wirklich unterstützend – ich verstehe es nicht!
  • Menachem schrieb über „das große Missverständnis„, das darin besteht, zu meinen, in der Rente könne man dann ja endlich mal anfangen, richtig zu leben. Volle Zustimmung, ich hab es immer mehr mit dem Hier & Jetzt gehalten als mit dem Gedanken an die Rente, den „Ruhestand“. Deshalb wird die meine auch unterhalb der Grundsicherung liegen. Kein Problem, denn ich kann mir „Ruhestand“ sowieso nicht als etwas Begehrenswertes vorstellen. Beiläufig hat Menachem aber auch von seinem Kampf erzählt, mit dem Rauchen aufzuhören. Also hab ich wieder mal zum Dampfen geraten und extra für ihn einen Einsteiger-Artikel auf meinem Dampf-Blog verfasst.
  • Gilbert Dietrich von „Geist und Gegenwart“ ist Vater geworden und hat aus diesem Anlass einen wunderschönen Artikel „An meinen Sohn M.“ verfasst. Darin gibt er auch dem ambivalenten Gefühl Ausdruck, ein eigenes Kind in diese sich fortwährend dem Abgrund nähernde Welt zu setzen. Ich hab‘ erstmal aus ehrlichem Herzen gratuliert – und bin gespannt darauf, wie das „Vater sein“ ihn verändern wird!

Diskussion

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18 Kommentare zu „Laufende Gespräche: Religion, Feuer, Menopause, Hausgeburt, Kopftuch, Ruhestand, Vater werden“.

  1. Daß es überhaupt so etwas wie „Gespräche“ und Dialoge im Netz gibt, ist schon erstaunlich! Oft beginnen ja Gespräche garnicht richtig, weil der Gesprächsfaden, von jemand angestossen, garnicht aufgegriffen wird. Der jeweils Kommentierende zu einem Blogtext hat was abgesetzt und kommt danach nie mehr wieder. Deshalb bemerkt er die Antwort auf seinen Text , auch gerade Fragen, nicht mehr. Auch Dir muß man manchmal das „Nichtwiederkommen“ ankreiden. So manches Kommentieren einer Deiner Einträge irgendwo, nicht nur von mir jetzt(!), wurde nicht fortgeführt, der Dialog versackt, bleibt stecken, ist wie ein abgerissenes Seil. Manchmal längere Texte sind dann sozusagen ins Blaue an XYZ geschrieben worden. Das Argument, daß man dabei ja für sich schrieb, um seine eigene Sicht zu klären, gilt nur bedingt. Denn oft hat man ja Fragen!
    Wenn man sich an einem Gespräch beteiligt, sollte man sich eigentlich merken, wo man das getan hat und in Erwägung ziehen, daß das Gespräch dort weiter lebt.
    Das verdrießt mich schon sehr am Netz.
    Wie siehst Du das?

  2. @Gerhard: Ja, ich gebe dir recht, dass es blöd ist, wenn Gespräche versacken bzw. nicht richtig beginnen, weil die Kommentierenden nicht wieder kommen. Normalerweise bemühe ich mich durchaus, das zu vermeiden, weiß aber auch, dass ich es nicht immer schaffe. Da du gerne viel schreibst: magst du mir evtl. mal eine Mail senden, wenn es irgendwo an Antwort fehlt?

    Das Vergessen/nicht wieder kommen liegt zum einen an der Anzahl der Blogs, die ich gelegentlich quer lese – allein meine 4 Blogrolls enthalten ca. 80 Blogs mit jeweils 3 letzten Artikeln. Da kommentiere ich schon mal spontan und merke mir dann nicht, wo das war. Wenn es aber ein „intensiviertes Gespräch“ ist (wie das erste in der Liste oben), komme ich natürlich wieder.

    Es sind allerdings auch andere Faktoren, die Gespräche im Zweifel verhindern:

    -> die unterschiedliche Freischalt-Kultur: oft genug weiß man gar nicht, ob ein Artikel überhaupt frei geschaltet wird – und wenn ja, wann!
    -> Es kann auch sein, dass Resonanzen erst nach Tagen kommen – wie oft soll man da hin schauen?
    -> nicht viele Blogs haben eine Benachrichtigungseinstellung für Kommentare zum Artikel. Wobei es bei mehreren Teilnehmern dann auch schnell zu einer Mailflut kommt.
    -> oft ist es auch kein Gespräch, das da entsteht. Die Kommentare hängen beziehungslos untereinander. Wenn dann nicht mal die Bloggerin/der Blogger etwas zu alledem sagt, ist der Anreiz gering, da erneut zu kommentieren. (Sehr toll macht das Gilbert von Geist & Gegenwart: da wird nahezu jeder Kommentar beantwortet – und nicht nur mit einem „Danke…“, sondern immer auch mit einem Gedanken zum Inhalt.)

  3. Nun gut, 80 Blogs lese ich nicht, das wäre zuviel und ich könnte dann auch nicht adäquat auf die Inhalte reagieren. Vielleicht will manja auch im Einzelfall überlegen, wie und ob man was kommentiert.

    -> die unterschiedliche Freischalt-Kultur: oft genug weiß man gar nicht, ob ein Artikel überhaupt frei geschaltet wird – und wenn ja, wann!

    Solche Blogs besuche ich nicht regelmässig.

    -> Es kann auch sein, dass Resonanzen erst nach Tagen kommen – wie oft soll man da hin schauen?

    Ich finde immer witzig, daß mancher/manche erst nach gefühlter Ewigkeit antworten, dabei wissend, daß keine Antwort darauf mehr kommen wird/kommen kann. Hast Du auch schon so gemacht :-) Ich weiß, lieber spät als nie.
    Ich denke, wenn man Vorwürfe macht oder direkt etwas hinterfragt und die angesprochene Person antwortet grob innerhalb eines Tags, dann soll man sie nicht im Regen stehen lassen.

    -> nicht viele Blogs haben eine Benachrichtigungseinstellung für Kommentare zum Artikel. Wobei es bei mehreren Teilnehmern dann auch schnell zu einer Mailflut kommt.

    Diese Feed-Geschichten nutze ich nicht mehr, ich habe „meine „Blogs im Kopf und wenn ein neuer Blog mal hinzukommt, dann merke ich mir das auf die eine oder andere Weise.

    -> oft ist es auch kein Gespräch, das da entsteht. Die Kommentare hängen beziehungslos untereinander. Wenn dann nicht mal die Bloggerin/der Blogger etwas zu alledem sagt, ist der Anreiz gering, da erneut zu kommentieren. (Sehr toll macht das Gilbert von Geist & Gegenwart: da wird nahezu jeder Kommentar beantwortet – und nicht nur mit einem „Danke…“, sondern immer auch mit einem Gedanken zum Inhalt.)

    Ja, Gilbert macht das schon toll. Er antwortet nicht immer, auch manchmal mehrmals hintereinander so, aber das ist gestattet. Es läd ja nicht alles zu einer Antwort ein!

    >Da du gerne viel schreibst: magst du mir evtl. mal eine Mail senden, wenn es irgendwo an Antwort fehlt?

    Das versuche ich mal…gelegentlich! Ich will Dich ja nicht mailmässig zumüllen. Ich habe das mal bei einem lieben Blogger und einem für mich wichtigen Missverständnis gemacht, ich meine das EINMALIGE Nachfragen per Mail, und da kam tatsächlich eine Entschuldigung und ein Versprechen, zu antworten. Es kam dann „ewig“ nichts. 7 Tage später tauchte was auf dem entspr. Blog auf – und stellte mich NICHT zufrieden. Meine Frage, mein Einwand war nicht verstanden worden. Damit belies ich es einfach. In meiner Imagination ist damals ein komisches Hybrid von „zusammen/unzusammenhängenden“ Texten entstanden, eine Melange, eine Suppe, ein Irgend-Etwas, um das tatsächlich tagelang gerungen wurde. Wie absurd!
    Das alles entmutigt schon. Ich frage mich immer wieder einmal, was das Kommentieren im Netz eigentlich soll!

  4. Weil ich mir gerade mal wieder ein paar Gedanken gemacht habe, Gerhard, warum ich blogge, möchte ich dazu folgendes schreiben:

    Bloggen ist für mich definitiv keine Kommunikation im herkömmlichen Sinne, da alle nonverbalen Signale fehlen. Auch ein „Buch lesen“ würde niemand in die Kategorie „Kommunikation“ einordnen. Allerdings, durch die Kommentarfunktion entsteht der Eindruck, ein Gespräch, sogar Kommunikation, könnte möglich werden.

    Aber auch schon der Gedanke, es könnte ein Gespräch erfolgen, ist m.E. falsch, da auch hierfür wiederrum alle Ein- und Zuordnungssignale der realen Kommunikation fehlen. Ein Austausch, ja, der könnte es sein, aber auch hier nur ein „Gedankenaustausch“, der Worte sucht und um Verstehen ringt.

    „Ich war heute auf einem hohen Berg mit wunderschöner Aussicht!“ Ich denke, dass es nicht für zwei Leser dieses Satzes ein deckungsgleiches Bild gibt. Aber, und das ist beim bloggen möglich, es sind Kommentare möglich, wie z.B.“ ….ich kann Berge absolut nicht ausstehen.“

    Gedanken(-welten) treffen auf ganz andere Gedanken(-welten) und schreiben dazu mit der Überschrift, z.B. „Berg“.

    Bloggen, so glaube ich, ist ein ganz neues Medium des zwischenmenschlichen Austausches, dessen Wirken und Sinn ich noch gar nicht richtig erkannt habe. Ich tendiere schon seit längerem dazu, bloggen nicht in die uns bekannten Gesetzmäßigkeiten der Kommunikation hineinpressen zu wollen, sondern es als etwas „Neues“ und „Zusätzlichem“ zu betrachten, zu verstehen und zu erobern.

  5. @Menachem, kann ich so nicht ohne Weiteres unterstützen.
    Auch hier, in Blogs, gilt Rede und Antwort! Das ist usus, das ist gewöhnliche Kommunikation.
    Sonst kann ich auch gleich in den Wald gehen und gegen den Wind schreien.
    Würde das dann Sinn machen? Gut, ich kann in den Wald gehen. Ist das dann eine neue Kunstform?

    DU willst das eher locker sehen, das ist auch vollkommen o.k. Du setzt was rein, ob Reaktionen kommen, ist schnuppe. Weil das Medium SO ist, ist es o.k. Das Medium DIKTIERT, was geht und was nicht. Ein Gespräch wird dann halt zum Monolog, SO WHAT?

    Nichts für ungut, man muß es auch mal auf den Punkt bringen

  6. @Gerhard: du wirkst irgendwie vergrätzt! (Sollte ich persönlich daran Anteil haben, bitte ich um Genaueres per Mail.) Dabei nehme ich dich durchaus gelegentlich hier und dort kommentierend wahr, aber nicht als jemandem, dem nie geantwortet würde!

    Ich finde nicht, dass du Bloggen und Kommentieren richtig auf den Punkt bringst, indem du es als bloßen Monolog beschreibst. Dem widerspricht meine Erfahrung unzähliger Gespräche hier und anderswo.

    Dabei kommt es aber eben auch auf die jeweilige Blog-Kultur an. Es gibt Blogs, die wirklich nicht zum Kommentieren einladen, mal technisch, mal inhaltlich. Das sind dann Artikelsammlungen, die durchaus Leser haben mögen, aber eben keine Einladungen zu Gesprächen. (Manchmal ist es aber auch so, dass es Leute sind, die lieber auf Facebook kommentieren…)

    Mit Menachem stimme ich überein, dass es sich um eine neue Kommunikationsform handelt, die sich von allem bisherigen durch diverse Aspekte unterscheidet – obwohl natürlich die „Grundform“ aus Rede und Antwort immer noch da ist. Sei es in echter Gesprächsform (wie hier jetzt) oder als eine Sammlung von Antworten/Resonanzen zu einem Blogpost, die aber MITEINANDER nichts zu tun haben.

    • Neu ist, dass wir uns im richtigen Leben nicht kennen müssen, um zu diskutieren.
    • Neu ist, dass sogar dann Gespräche stattfinden, wenn die Beteiligten anonym oder pseudonym agieren.
    • Neu ist die Unsicherheit, ob und wann überhaupt etwas kommt (offline sieht man ja immer eine Reaktion).
    • Neu ist, dass Andere hinzu kommen und sich einmischen können – und dass das ok ist!
    • Und: wir können Thema und Zeitpunkt eines Blogposts selbst bestimmen, was bei einer Rede offline nicht der Fall ist.

    Gründe, zu Bloggen (und zu kommentieren), gibt es viele, z.B.

    Hobby-Bloggen und berufliches Bloggen, Ratgeber-Bloggen etc. sind weitere Varianten, sowie auch die Autorinnen und Autoren, die eben „Literatur machen“… so viele Gründe zu bloggen!

    Die meisten in diesem Kommentar verlinkten Blogs bekommen viele Kommentare, aber nicht alle. Ich denke, oft liegt das nicht am Thema, sondern an der Art, wie man seine Postings bekannt macht (!), an der Frequenz der Postings und zum dritten daran, wie man mit Kommentaren umgeht.

    „Meine Frage, mein Einwand war nicht verstanden worden.“

    Das kommt schon mal vor. Auch offline kann man niemanden zwingen, weder zum Verstehen noch zum „auf mich eingehen“.

    „Ich finde immer witzig, daß mancher/manche erst nach gefühlter Ewigkeit antworten, dabei wissend, daß keine Antwort darauf mehr kommen wird/kommen kann. „

    Doch, die KANN kommen. Weil man Blogs so einstellen kann, dass man benachrichtigt wird, wenn ein Kommentar kommt – egal wann der kommt.

  7. Noch etwas: Menschen, die in Büros oder sonstwohin „zur Arbeit gehen“ sprechen über den Tag meist mit einigen oder gar vielen Menschen. Ich arbeite von zuhause aus (was ich nicht missen möchte!!!) und bin auch nicht mehr in dem Alter, das abends zum Ausgehen drängt. Offline rede ich in einer normalen Woche genau mit zwei, manchmal drei anderen Menschen, die mir nahe stehen, mit denen ich „über alles“ reden kann. Mit weiteren drei bis fünf lieben Mitmenschen telefoniere ich ein paar mal im Jahr – und werde in großen Abständen auch mal besucht oder besuche selbst.
    Das war es dann aber auch, ansonsten sehe ich fremde Menschen im „Späti“, im Supermarkt, im Treppenhaus – aber Austausch findet da naturgemäß nicht statt.
    Da ich dennoch ein kommunikativer Mensch bin, ist mir das Internet ein Segen – das war es 1996 und ist es 2016 noch immer! :-)

  8. Ich finde es gut, Gerhard, wenn wir uns nicht immer im Übereinstimmungs- und Wofhlfühlkonsens befinden. Das bringt mich weiter, weil ich dann nochmals über die anderen Argumente nachdenken kann.

    Ein Hauptteil liegt für mich beim bloggen darin, so wie es Claudia hier schon einmal beschrieb, dass ich im Verfassen eines Beitrages mir intensiv Gedanken über das Thema mache. Versuche zu informieren, strukturieren, formulieren. Ich tauche tiefer in das Thema ein, komme sogar evtl. zu ganz neuen Ansichten und Schlussfolgerungen. Nicht selten kann es sogar als therapeutisches Schreiben betrachtet werden. Damit ist das Hauptanliegen des Schreibers erfolgt.

    Kommentare sind eine darüber hinausgehende und sinnvolle Funktion, die das Thema bereichern und erweitern können. Und selbstverständlich haben hier m.E. nach die gleichen Alltags- und Höflichkeitsformen zu gelten wie im realen Leben. Dort, wo das nicht geschieht, sagt es etwas über den Schreiber, und den Mensch an sich, aus. Im Netz scheint das alles deutlicher zu werden. Vielleicht, weil hier der Augenkontakt fehlt.

    Auch ich habe hier meine Grenzen, bis wohin ich mitgehe. Und wenn gar nichts mehr an Reaktionen zurückkommt, dann sag ich mir, Nö, da ist meine Zeit zu schade dafür.

    Ich schrieb ja schon oben, dass ich im bloggen etwas „Zusätzliches“ sehe. Und Claudia hat sehr viele zusätzliche und gute Gründe für das bloggen aufgezählt, was mich schon fast in der Summe an die „Schwarmintelligenz“ erinnert, die hier zum tragen kommen kann.

    Aus meinem bisherigen Umgang mit dem bloggen halte ich das Ganze für eine gute Plattform zum Austausch und Erweitern eines Themas, der eigenen Gedanken, der Selbstjustierung. Für Diskussionen, die in die Tiefe und Härte gehen, da denke ich, greift man besser mal zum „Hörer“ und schnackt darüber.

  9. Danke Menachem, für Deine Ausführungen.
    „Für Diskussionen, die in die Tiefe und Härte gehen, da denke ich, greift man besser mal zum „Hörer“ und schnackt darüber.“
    Wirklich? Ich dachte, gerade DAFÜR ist das Netz da! Da kann doch unmöglich Claudia zustimmen!

    Claudia, Du schreibst: …“ansonsten sehe ich fremde Menschen im „Späti“, im Supermarkt, im Treppenhaus – aber Austausch findet da naturgemäß nicht statt.“
    Ok, das mag bei mir auch so sein, aber wenn ich mal Austausch haben möchte und dem kann ich im Arbeitsumfeld (Kantine) recht leicht nachkommen, dann klärt sich das Relative in den Ansichten recht schnell. Im Netz aber formuliere ich bisweilen 30 Minuten an etwas herum, nicht wissend, ob ich a) wirklich transportiert habe, was ich denke b) mich adäquat ausgedrückt habe c) noch wichtiges vergessen habe und schicke das zum Austausch weg.
    Nun ist es oft so, daß a) nichts zurückkommt b) das Geschriebene falsch verstanden wird c) ein ganz anderer Faden gesponnen wird d) man merkt, daß man sich nicht richtig ausgedrückt hatte.
    Wenn also ein Dialog dann tatsächlich PASSIERT, dann im Schneckentempo und mit VIEL Fehleranteil. Man versteht sich oft nicht wirklich, es ruckelt und zuckelt und man hat Zeit investiert, in der man one to one einen ganzen Berg an Argumenten hätte austauschen können.

    Nun wirst Du, Claudia, gelungene Dialoge aufzählen, wie im eigentl. Artikel schon geschehen. Bei Gilbert etwa ist das so schon fast garantiert. DOCH: Wieviele der angestrengten Dialoge verlaufen denn so vorbildlich?
    Du wirst vielleicht jetzt sagen: Draussen HABE ich nicht die Möglichkeiten, in der Tiefe zu diskutieren, also akzeptiere ich die im Netz vorzufindende Gesprächskultur und wenn die mir ab und an gute Gespräche beschert, dann ist es doch o.k. Aber von der Zeitökonomie her eben nicht!

    Das ist es vielleicht, was mich verdriesst und mich „grätzig“ erscheinen lässt.

    Schönes WE!

  10. Liebe Claudia,

    danke fürs Sinnieren darüber, was Blogs alles sind (bzw. sein können …). Ja, ich schreibe anfallsweise über das, was das Weltgeschehen in mir auslöst – wobei »Weltgeschehen« durchaus auch das sein kann, was direkt vor meiner Nase passiert.

    Mir ist es aber wichtiger, (mehr oder weniger) nett verpackt »dumme« Fragen zu stellen als kluge Antworten parat zu haben – letzteres ist bei mir eh Mangelware. Und das beginne ich mehr und mehr als Geschenk zu sehen …

    Herzliche Grüße aus Nordberlin

    Claus

  11. Gerhard schrieb:

    „Wenn also ein Dialog dann tatsächlich PASSIERT, dann im Schneckentempo und mit VIEL Fehleranteil. Man versteht sich oft nicht wirklich, es ruckelt und zuckelt und man hat Zeit investiert, in der man one to one einen ganzen Berg an Argumenten hätte austauschen können.“

    Ja, ich nenne das den „höheren Datendurchsatz“ beim Sprechen – allerdings besteht nun mal meist nicht die Möglichkeit, statt dessen zu telefonieren. Ich weiß ja nicht, wie es dir geht, aber ich verstehe Online-Dialoge nicht nur als Dialoge, sondern immer auch als „Talkshow“, denn es gibt schweigende Mitlesende. Das motiviert mich, mich klar auszudrücken, es beschwert mich aber auch, denn ich kann/darf mich nicht auf die dialogische Vergangenheit beziehen, sondern muss immer bedenken: es lesen Menschen mit, die nichts „von früher“ mitbekommen haben.

    @Claus: danke für deinen Kommentar! Und ich verstehe deine Intention, teile sie allerdings schon lange nicht mehr. Bloß „dumme Fragen stellen“ reicht mir nicht, spätestens seit dem Niedergang der Piraten ist diese Geste (für mich) zumindest bezüglich schwergewichtiger politischer Probleme (!) verbraucht.
    Aber wie ich lese, beschränkst du dich nicht wirklich aufs Fragen (etwa hier), sondern beziehst durchaus Stellung, gibst also eigene Antworten!

  12. @Claudia, Du schreibst:
    „Ich weiß ja nicht, wie es dir geht, aber ich verstehe Online-Dialoge nicht nur als Dialoge, sondern immer auch als „Talkshow“, denn es gibt schweigende Mitlesende. “
    Die gibt es womöglich gar nicht so oft. Auf einen Artikel bloß „Klickende“ sind von echt Mitlesenden schwer zu unterscheiden. Gibt es da statistische Hinweise, die ich nicht kenne?
    Ich habe diesen Text jetzt recht gekürzt, hatte noch andere Punkte, aber die wieder rausgenommen, weil sie entweder nicht zweckdienlich waren, wegführten oder im Schreiben selbst nicht mehr überzeugend für mich wirkten. So kommt es oft, daß ich recht kurz antworte.

  13. das mit den schweigenden Mitlesenden
    ist wohl sehr schwer einzuschätzen, ich bin nahezu täglich hier mal am schnuppern, ich vermute dass sehr viele andere dies auch tun.

    nicht immer hab ich zeit und/oder den Wunsch, einen Kommentar zu hinterlassen, aber das hat nichts mit der Lesefrequenz zu tun.

    Homepages würde ich auch nicht als eine Art „talkshow“
    bezeichnen, es fehlt irgendwie die „unmittelbarkeit“ und die
    (wie in den Sabbelshows) sichtbaren Agierenden + Zuschauer.
    als (ehemalige) Leseratte sehe ich Homepages als „genussmittel“:)
    mit Mehrwert, bezogen auf aktuelle Befindlichkeiten innerhalb dieser
    Welt. surfen ist für mich nach wie vor ein „flanieren“ im Buchstaben-universum, jederzeit für eine überaschung gut, meistens jedoch
    schlicht und einfach eine Standard-Gewohnheit, die ich nicht mehr missen möchte. (ersetzt mir unter anderem auch täglichen Zeitungskonsum und TV- Ablenkungs gedöns.

    ich weiss jetzt nicht genau wie die Counter auf den Websites genau funktionieren, denke aber dass der/die Homepage-betreiberIn
    anhand der Angaben sicherlich allgemeine statistische Auskuenfte erhält.

    aber: Wozu sind diese Angaben gut?
    :)
    no lunch like free lunch. nach wie vor.
    gruss aus
    sz.i.m.

  14. Vergesst Statistik, darauf wollte ich mich gar nicht beziehen – und ich schau auch nur selten mal auf die täglichen Abrufe. Derzeit sind das nur ca. 350 am Tag, die sich auf etliche Seiten verteilen.

    Für mich war das immer schon so: Wenn ich ins Netz schreibe, gehe ich davon aus, dass das nicht nur die Kommentierenden lesen. Immer wieder bestätigen mir das auch liebe Menschen, die sich auf irgend einem Kanal melden und als „ewige“ oder gelegentliche Diary-Leser outen. Auch in den Mailinglisten (ich hab früher mal welche administriert) war es immer so, dass nur ganz wenige das Wort ergriffen – die „schweigende Leserschaft“ stellte die Mehrheit. Gefühlt eigentlich auf jedem Kanal.
    Klar, wenn so ein Kommentargespräch mit 2 bis 4 Leuten länger andauert, liest vermutlich niemand mehr mit. Aber wer weiß…
    Es ist mir einfach in Fleisch und Blut und Tastatur übergegangen, mir potenzieller Beobachter/innnen stets bewusst zu sein.

    Und derzeit wird verstärkt dazu aufgerufen, den „Hassenden“ in den verschiedenen Kommentarforen auch etwas entgegen zu setzen. DAMIT bei Mitlesenden (die sich das Kommentieren in diesem Umfeld nicht antun wollen) nicht der Eindruck entsteht, die seien die gesellschaftliche Mehrheit.

  15. wie wärs mit einem disput?

    in irgendeinem Kommentar irgendwo im Netz hab ich die Tage mal geschrieben, dass ich mich (wenn schon als patriot),im Grunde als Weltbürger fühle, diese Bemerkung geht mir seit dem durch den Kopf, isch stelle mir eine Weltbürgerschaft vor und bekomme anstatt vorteilhaften umstanden
    nahezu nur horrorszenarien vor meinen geistigen Bildschirm.

    ich dachte, so dieser Globus nur noch eine Währung hat,
    ist schluss mit „geld arbeitet“ und die Karten von wegen Arbeit
    wären neu verteilt, naiv wie ich manchmal bin dachte ich mir,
    Hochfrequenzhandel macht ohne Wechselkurs-Schwankungen keinen Sinn und ist daher Vergangenheit.

    wie naiv dieser Gedanke wirklich ist, zeigt ein Blick in die reale Wirtschaft
    -internationales Handelswesen und Anleihenentwicklungen öffentlicher Hände.

    es wird immer unterschiedliche Bewertungen der jeweiligen regionalen Währungseinheiten, heissen diese nur Dollar, Jen oder kultschimatukulanische Glasfiberperlschnuerchen.

    also DER Vorteil ist keiner, wie siehts mit Sozialen Umgebungsvariablen aus?
    weltweit ein einziges geltendes Sozialgesetzbuch, für jeden erdbewohnenden, selbstbeweglichen Zewibeiner von der Geburt bis zum Tod mit unveräusserlichen Rechten und Pflichten dem sozialen Ganzen gegenüber ausgestattet.
    das klingt verlockend, aber.. (Horrorszenario vorerst noch freibleibend:)

    Judikative Administration:
    so langsam geraet meine Vorstellungskraft in Bereiche die mir selbst
    in einem wohl themperierten, gut belüfteten und beleuchteten Raum
    mit wasserdichtem Dach, versorgt mit allen ziviliasatorisch üblichen
    gimmicks (Strom, Gas, Wasser etc) das kalte Grausen den unbehaarten Rücken heraufschleichen lässt.

    notwendig wäre eine Weltregierung, eine neu-ordnung der Machtverhältnisse, Machtbefugnisse über alle wiederum begrenzt auf eine Schar von dazu gewählten Personen.
    notwendig wäre ein weltweites Forum mit einer unmittelbaren Eigenschaft als parlamentarisches Beschlussorgan.
    Autsch. sowas könnte eventuell wie UNO, Europäisches Parlament,
    Senat, oder auch „Duma“ oder ähnliche Einrichtungen aussehen.

    all diese Beispiele machen mir eher Angst als Mut, keines dieser
    Instrumentarien ist nach meiner Einschätzung bis heute in der Lage gewesen, zufriedenstellend für alle die zugedachte Aufgabenstellung
    zu erledigen.

    Weltregierung hat im Gegenteil bei mir den Klang nach
    milliardenschwere Wahlkämpfe, gekaufte Volksgruppenstimmen,
    millionenfach verbreitete unwahrheiten, Halbwahrheiten und
    gelenkte Propagandaaktivitäten.

    also was nun?
    zurück zu Bakunin?
    :)
    genug erstmal
    gruss aus sz
    i.m.

  16. „Es ist mir einfach in Fleisch und Blut und Tastatur übergegangen, mir potenzieller Beobachter/innnen stets bewusst zu sein. “
    @Claudia: So wird ein Schuh daraus! Es hat aber auch eine Funktion für Dich, so zu denken und zu fühlen. Du pflegst so einen genaueren Schreibstil. Ob wirklich mehr als ein, zwei andere Personen aktiv mitlesen, ist dennoch die Frage.

  17. @Gerhard: wie gesagt, je länger ein Gespräch andauert – und umso mehr, je weniger „Welt bewegendes“ bespricht, desto eher gehe ich auch davon aus, dass nurmehr die Beteiligten mitlesen. Dennoch bleibt immer ein Rest an Öffentlichkeitsbewusstsein…

    @Ingo: schönes Megathema! Nehme ich vielleicht mal auf und schreib was dazu. Jetzt muss ich erstmal raus, es ist Bombenalarm, in der Nähe wurde eine Fliegerbombe gefunden!

  18. Danke für die wohlwollende Erwähnung meines sehr persönlichen Artikels!

    Übrigens hat der Fingerphilosoph auch hier noch seine „Feuer-Anthropologie“ näher ausgeführt.

    Liebe Grüße!