Netzkommunikation: Mit Mailinglisten leben

  1. Dialogische Medien & politische Bildung
  2. Mailinglisten: Soziale Räume, technisch konfiguriert
  3. Listenkommunikation: Zwischen Plauderecke und Symposium
  4. Aktivlisten - Lernen im Netz
  5. Aktive Netze: Turbopolitik im Netz

4. Aktivlisten - Lernen im Netz

Diskutieren, Informationen austauschen, Plaudern und Leute kennen lernen funktioniert gut in unverbindlich fluktuierenden Diskussionslisten. Sobald jedoch ein Projekt oder Vorhaben entsteht, dem sich einige Teilnehmer in konkreter Zusammenarbeit widmen wollen, ist dies nicht mehr über eine offene Liste abzuwickeln. Beschließen zum Beispiel einige Aktive, zusammen eine komplexe WebSite zu erstellen, werden sie ihre Arbeit in einer separaten Liste oder als CC-Group abwickeln. Die Erfahrung hat vielfach gezeigt, daß das nebeneinander Herlaufen von Arbeitsprozessen und allgemeinen Gesprächen in ein- und derselben Liste nicht funktioniert, ja sich gegenseitig verunmöglicht.
 
Als Arbeitsmedium ist die (geschlossene) Mailingliste ein wunderbares Organisationsinstrument: Ohne Zusammenkünfte im physischen Raum, ohne Telefonkonferenzen und Reisen ist es möglich, gleichzeitig in den unterschiedlichsten Arbeitszusammenhängen zu stehen (und WEIL das so ist, beschleunigen sich alle Prozesse, jede Medaille hat eben eine Rückseite).
 
Unendliche Weiten: Im Meer des Wissens
 
Das Internet hätte sich niemals so schnell entwickeln können ohne die schnelle Mailkommunikation der Aktiven untereinander. Der im Web strukturell eingebaute freie Blick auf den Quellcode einer HTML-Datei und die Existenz unzähliger Mailinglisten und WebSites zu technischen Themen machen Learning by Doing praktisch zum Standard. Der freie Austausch von Informationen und Know-how treibt die Entwicklung in großer Geschwindigkeit voran und schleift tradierte Hierarchien: Quereinsteiger verschiedensten Herkommens haben jederzeit die Möglichkeit, sich einzuarbeiten - auch ohne institutionalisierte Ausbildung bzw. Schulung. Zu jedem erdenklichen Thema stehen übergenug Informationen, Anleitungen und Beispiele im Netz und die Mitgliedschaft in einschlägigen Listen und Newsgroups bringt schnelle Antworten auf vertrackte Fragen.
 
Es ist zu erwarten, daß sich auch alle anderen Wissensgebiete früher oder später auf diese Weise erlernen lassen: Schon heute nutzen z.B. Patientengruppen mit schweren oder seltenen Krankheiten das Netz, um selbst zu Experten zu werden, laufende Forschungen zu verfolgen und sich gegenseitig in Betroffenen-Mailinglisten zu unterstützen. EIN ARZT kann nicht Experte ALLER Krankheiten sein, doch EIN KRANKER bezüglich seiner eigenen Krankheit schon!
 
Natürlich haben staatliche und private Bildungseinrichtungen mittlerweile den Zug der Zeit erkannt: Virtuelle Universitäten entstehen, virtuelle Seminare werden vielerorts ausprobiert, die Kampagne "Schulen ans Netz" eröffnet Lehrern die Möglichkeit, als Lotse im Meer des Wissens mit den Schülern auf Forschungsreisen zu gehen. Und auch viele Weiterbildungseinrichtungen und Kursanbieter beginnen, ihre Veranstaltungen web- und mailgestützt zu organisieren - mal mit, mal ohne Präsenztermine.

So bietet z.B. die aus Europamitteln geförderte Einrichtung akademie.de Kurse über Webdesign und andere Netzthemen: jeweils bestehend aus einer Reihe der Öffentlichkeit unzugänglicher Lerneinheiten im Web und einer Mailingliste für die Teilnehmer, die von einem kundigen Dozenten betreut wird. Auf diese Weise beraten sich die Teilnehmer immer auch gegenseitig und der Dozent spart sich kommunikative Wiederholungen, die in Zweiergesprächen zwangsläufig auftreten.
 

Seite 1 | Seite 2 | Seite 3 | Seite 4 | Seite 5

Kontext
Kontakt

 
 von
 Claudia Klinger

Copyright 2000 bei Claudia Klinger