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Beim Bäcker - Keinen Toast

von Frank Black

Er hatte es geschafft - seit einem Jahr war er Leiter des Institutes für Motivationsforschung. Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf, legte die Beine auf den Schreibtisch und schaute durch das Fenster auf die naheliegende Hügelkette. Er war obenauf. Fühlte sich frei. Frei für ein neues Projekt.

"Und diesmal machst Du etwas ganz Anderes" sagte er zu sich.

Das Telefon klingelte. Bread Heart, der Leiter der Abteilung Organisationsplanung, fragte nach, ob Frau Kerkers die Projektmappe vorbei gebracht hätte. "Nein, sie war noch nicht da" murmelte Frank in Gedanken, "Übrigens, wie heißt die Kleine mit Vornamen?" "Jasmin" antworte Bread. Frank erstarrte.

Jasmin. Welch ein betörender Name.... Er hatte sie schon einige Male gesehen. Hatte mit ihr in seiner lockeren Art gesprochen, wie er es mit vielen tat. Es wäre nicht weiter erwähnenswert gewesen, wenn ihm nicht plötzlich zwei Begebenheiten eingefallen wären.

Da war diese peinliche Geschichte.... Sie hatte ihm eine Akte übergeben.
Er saß in seinem Sessel, und sie hatte sich neben ihn gestellt. Und während er in seinen Unterlagen stöberte, beugte sie sich nach vorne. Ihr Busen war 15 cm von seinem Gesicht entfernt. Er traute sich nicht zu bewegen. Und zu allem Unglück betrat in jenem Moment ein Mitarbeiter sein Büro. Der nicht stören wollte - und sofort verschwand.

Und dann ihr Auftritt letzte Woche! Sie hatte sich auf seinen Schreibtisch gesetzt!! Einfach so!!! Und Grimassen gezogen... Ja, wer war er denn!!.... Frank war nur heilfroh, daß Niemand hereingeplatzt war. Wenn das so weiterginge, dachte er damals, dann müsse er sich ernsthaft Sorgen um sein Image machen....

Ein neues Projekt!.... Jasmin.... Ein neues Projekt....

Es klopfte. "Herein!" rief er betont überschwenglich. Wenn das mal nicht ein bißchen zu dick aufgetragen war, befürchtete er, während Frau Kerkers sein Büro betrat. Sie reichte ihm die Mappe, die Heart angekündigt hatte. Und bevor sie sich auf seinen Schreibtisch setzen konnte, bot Frank ihr einen Besucherstuhl an. "Na, Frau Kerkers" strahlte er sie an, "Sind Sie eigentlich zufrieden mit ihrer Arbeit? Bestimmt - aber Sie suchen auch neue Herausforderungen, nicht wahr?!!!"

Er grinste innerlich - an DIESER Angel MUSSTE sie einfach zappeln!
"Nö." antwortete sie.
Na klasse! dachte Frank, genau SO habe ich mir das NICHT vorgestellt. Sein Blick fiel auf das Pausenbrot, das er sich jeden Tag mitbrachte. Eine alte Gewohnheit aus Studentenzeiten.... Ökobrot.... Verstohlen wollte er es beiseite schieben. Er blickte sie seitlich an - und sah ein umwerfendes Grinsen.

"Sie essen also auch keinen Toast" stellte sie fest. "Ich hasse das Zeug" ereiferte er sich fast. Und mit einem Fingerzeig auf sein Brot fügte er an: "Habe ich beim Bäcker nebenan gekauft. Da kann man auch einen Kaffee trinken. Sie hätten Lust?"

"Habe ich" nickte sie.

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Frank Black August 1998 

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