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Diskursive & dialogische Medien

Nach diesem Kriterium kann man zwei große Klassen von Medien unterscheiden: solche, in denen die kodifizierte Botschaft vom Sendergedächtnis zum Empfängergedächtnis strömt, und solche, in denen kodifizierte Botschaften zwischen verschiedenen Gedächtnissen ausgetauscht werden.
Die erste Masse kann man die diskursiven Medien, die zweite die dialogischen Medien nennen. Beispiele für die erste Klasse sind Plakate und Kinos, für die zweite Börsen und der Dorfplatz.

Diese Beispiele wurden gewählt, um sofort die Fragwürdigkeit des Kriteriums ins Auge springen zu lassen. Plakate können dialogische Medien werden, wenn man sie mit Graffiti bekritzelt, und Kinos, wenn man die Leinwand mit Eiern bewirft; andererseits können Börsen zu diskursiven Medien werden, wenn man nicht bietet, sondern die Preistafeln liest, und Dorfplätze, wenn man nicht zum Plaudern hingeht, sondern um sich einen Politiker anzuhören..
 
Also hängt die Funktion des Codes nicht vom metaphysischen Eidos des Mediums ab (wie McLuhan zu meinen geneigt ist) sondern davon, wie man das Medium handhabt. Nichtsdestoweniger ist das Kriterium fruchtbar, und zwar gerade weil es Fragen aufwirft. Man stellt fest, daß viele Medien ausschließlich diskursiv verwendet werden (zum Beispiel eben Plakate und Kinos), und fragt sich, was geschähe, wenn man sie systematisch auch dialogisch verwendete. Das Kriterium ist strategisch fruchtbar und soll hier daher angewandt werden.

Vilém Flusser: Kommunikologie, S.272

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