Der Extremste, den ich je kennen lernte, war ein Multimillionär, mit dem ich mal in seinem fabrikneuen Mercedes von Frankfurt nach Linz gefahren bin. Mein damaliger Lebensgefährte jobbte bei ihm, verkaufte Lexika an österreichische Lehrer-Studenten.

Alle zwei Wochen kam der Chef angereist und lud die Crew zum großen Essen ohne Blick auf den Geldbeutel ein (wobei das führ ihn selbst nicht galt, denn er feilschte erfolgreich mit dem Wirt um die Rechnung). Er war als Anwalt in Immobilien reich geworden und außerdem Kunsthändler, hatte "die Haitianer entdeckt" und da beachtliche Gewinne realisiert. Aber, weil es wohl noch immer nicht reichte, war da noch der Lexika-Vertrieb: kleine Studentenkolonne, innovative Verkaufsidee, sehr erfolgreich!

Während der Fahrt nach Linz achtete er konsequent darauf, nicht über 120 km/h zu beschleunigen, denn so schrieben es die Vorschriften über das korrekte "Einfahren" eines Motors vor. Ein Schiebedach hatte der Wagen nicht. Das vermisse er eigentlich, sagte er, aber es wäre zu teuer gewesen.

Ich wunderte mich im Stillen und fragte ihn ein wenig aus: In Urlaub fuhr er praktisch nie, aber er tat sein bestes, um Geschäftsreisen mit Familienurlauben zu verbinden, Haiti zum Beispiel.. Doch sei das eigentlich sinnlos, denn den Kontakt zur Familie habe er sowieso lange verloren, die Erziehung mache seine Frau, er verdiene nur das Geld.

Wofür er das Geld denn verdiene, fragte ich ihn. Warum machte er weiter, er hatte doch schon mehr als genug? Und warum geizte er mit Schiebedächern und feilschte mit dem Wirt um "5% oder Diners Club"?

"Ich habe eine erotische Beziehung zu meinem Kontoauszug", sagte er.

Komische Erotik, die das Genießen nicht mehr braucht.