Ich bin in Wiesbaden aufgewachsen, einer Stadt mit damals schon 250.000 Einwohnern - Großstadt genug für mich. Den "Landgang" einer Bekannten erlebte ich mit, die etwas Geld geerbt hatte und in den frühen 70gern noch den Traum vom kollektiven Projekt träumte. Als sie schließlich gemerkt hatte, daß in all den hoffnungsvollen "Wir ziehen zusammen aufs Land-Gruppen" zwar viel "mitbestimmt" und gestritten wurde, aber das ZAHLEN allein ihr Ding gewesen wäre, kaufte sie sich alleine ein Bauernhaus in der Nähe von Alzey (Pfalz), ein kleines Straßendorf, dessen Häuser nach hinten hin ins weite Land zeigten.

Sie war - normalerweise - eine selbstbewußte Frau Mitte 30, frauenbewegt, unverheiratet und sehr selbständig.

"Wo ist denn der Mann?", war die erste Frage, die sich die Dörfler stellten, die von Anfang an das ganze mißtrauisch beäugten.Sie erzählten ihr Schauergeschichten von schlimmen Untaten, die in ihrem Haus statt gefunden hätten und daß der Holzbock in den Balken eine gerechte Sache sei!

Und jeden Tag schauten die Nachbarinnen über den Zaun und sagten: Jetzt muß aber gemäht werden - und die Bohnen gehören ausgegrast!

Zu meinem Erstaunen versuchte meine Bekannte alles, um den Forderungen und Erwartungen der Dörfler gerecht zu werden - gestaltete und pflegte sogar den Garten ganz so, wie es die Nachbarinnen für richtig hielten.

Für mich ein Unding! Das, was sie damit erreichen wollte, nämlich akzeptiert zu werden, erreichte sie damit nicht, die feindselig- mißtrauische Stimmung blieb und ich riet ihr: Mal doch lieber gleich das lila Frauenzeichen auf die Außentür, veranstalte ein großes Hexenfest, stell Boxen in den Garten und dreh auf, daß das ganze Dorf erzittert!!!! Wenn sie dich sowieso nicht mögen, egal, was du tust, dann gib ihnen wenigstens einen Grund!

Sie tat es nicht. Sie blieb ängstlich darauf bedacht, die Dörfler nicht vor den Kopf zu stoßen, sie litt unter der Häme hinter ihrem Rücken, sie geriet in Depressionen und irreale Ängste - es war schauderhaft, mit anzusehen!