Eigentlich sollten es ja sieben Trends werden, doch hab‘ ich heute noch anderes vor, also müssen die folgenden vier erstmal reichen:
- Totale Überwachung hat totale Folgen: Je mehr sie ins Bewusstsein dringt, desto mehr übernimmt die „Schere im Kopf“ das Ruder. Bei jedem Klick und jedem Wisch, jeder Suche, jeder privaten (!) Nachricht, bei jedem Telefongespräch und jeder Online-Bestellung – sogar beim Abspeichern selbst geschaffener oder legal erworbener Inhalte auf der eigenen Festplatte werden wir uns immer bewusst sein: All das ist potenziell öffentlich, weil es ausspioniert, aufgezeichnet, abgespeichert und „möglicherweise“ irgendwann von Algorithmen ausgewertet wird. Ausgewertet im Sinne fremder Interessen, die wir nicht ansatzweise überschauen und auf deren Bewertung aus dem Zusammenhang gerissener Daten wir keinen Einfluss haben. Gerade im alternden Europa wird dieses „neue Überwachungsbewusstsein“ zur Mega-Bremse für das Wachstum der IT- und Internet-Wirtschaft. Und wo sonst findet Wachstum denn noch merklich statt?
- „Allways online“ gefährdet das Individuum: Ob man sich passiv berieseln lässt oder aktiv Informations- und Unterhaltungsmöglichkeiten auswählt, ist in einer Hinsicht dasselbe: Es ist INPUT, der eigentlich erst mittels eigener Gedanken und Gefühle verarbeitet werden muss. Der Trend, keine Lücken mehr zuzulassen, in denen man abseits jeglichen Tuns „mit sich selbst alleine“ ist (Wartezimmer, Haltestellen, Heimwege, Supermarktkassenschlange…), führt direkt in den Ameisenstaat. In dem dann allerdings niemand mehr da ist, der das bedauern könnte, weil man sich das „Innenleben“ (=selber denken, Gefühle wahrnehmen, aus beidem Bewertungen entwickeln) abgewöhnt hat.
- Die neue Männerrechtsbewegung sortiert sich: Waren zunächst nur einige recht verrückt und vorgestrig wirkende Frauenhasser und „Masku-Trolle“ ins breitere (Netz-)öffentliche Bewusstsein getreten, so kristallisiert sich jetzt eine – noch kleine – männerbewegte Blogger-Szene heraus, die in mancher Hinsicht gesprächsfähig wirkt und sich inhaltlich zunehmend von jenen distanziert, die man eigentlich längst auf dem Müllhaufen der Geschichte wähnte. Eine gute Entwicklung, wenn auch erst in den Anfängen. (Informativ und mit weiter führenden Links dazu der Überblick von Arne Hoffmann anlässlich eines Blog-Stöckchens, das eine Frau in die Runde der Männerbewegten warf).
- „Weniger Fleisch“ und Kritik an der Massentierhaltung ist im Mainstream angekommen. Zwar ist das noch bei vielen ein Lippenbekenntnis, doch steigt der Anteil jener Menschen, die es auch im Alltag umzusetzen versuchen. Dabei hilft eine breite Veggie-Szene, die neben ethischen auch gesundheitliche, umwelt- und sozialpolitische Begründungen liefert, aber auch mittels schmackhafter Fleischalternativen zeigt, dass vegan/vegetarische Ernährung nicht asketisch sein muss. Dass mit der hierfür erforderlichen Lernkurve zur Zeit noch „mehr selber kochen“ angesagt ist, ist Fluch und Segen zugleich. Segen, weil engagierte junge Frauen und Männer so quasi aus politischen Gründen kochen lernen. Aber eben auch Fluch, weil Supermärkte, Restaurants, Imbisse und Convenience-Produkte noch kaum auf die neue Nachfrage eingestellt sind. Was es im Alltag immer noch schwer macht, mit der „zunehmend pflanzlichen“ Ernährung Ernst zu machen.
Und was siehst du als Zukunfstrend im Jahr 2014?
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15 Kommentare zu „Kulturelle Trends 2014: Selbstzensur, Matschbirne, Männerrechtler, weniger Fleisch“.