Richtig dunkel
Das Auto steht vor dem Feuerwehrhäuschen etwas abseits vom Schloß. Mit jedem Meter, den ich mich räumlich entferne, sieht das Gebäude beeindruckender aus, wie es da weiß aus der tiefsten Dämmerung schimmert. Ich will zum Vogelgartenhotel, acht Kilometer weiter. Meine zweite Nachtfahrt, seit ich hier in der Pampa wohne. Um halb neun wird es
gerade dunkel.
Richtig dunkel. Keine Laternen weit und breit, auch bei einem 360°-Blick keine erleuchteten Fenster,
(weil da kein Haus steht, auf diesen paar Quadratkilometern!), kein WEISSER
STREIFEN auf der Strasse, sondern abwechselnd Kopfsteinpflaster
(Vorkriegszeit? Älter?) und zweidrittelasphaltierter "Fahrweg". Zudem
durchgängig Allee. Man fährt wie durch einen Schacht - rechts und links
dräut unbekanntes Märchenland heran, ein wenig bedrohlich auch....
Das Fernlicht ist die einzige Erleuchtung. Keine Sterne heute,
allerschwächster Mond mit dichtem trübgelbem Hof, es wird schlecht Wetter
werden morgen, wahrscheinlich regnen. Nicht toll aber nötig, denn sonst
trocknet der Wald ein und die Frühherbstarbeiten der Gärtner sind in
die Tonne getreten.
Eine EULE. Flog kurz vor mit her, setzte sich auf einen Ast und drehte sich
um. Starrte in die Scheinwerfer. DIESES GESICHT!!!!
Es ist nicht weit bis zum Vogelhotel. Niemand fährt um diese Zeit auf
dieser Neben-neben-Strasse - gestern jedenfalls nicht, auf meiner ERSTEN
Nachtfahrt in diesem Theater, genau auf derselben Strecke. Nicht auf dem
Hin- und nicht auf dem Rückweg. Deshalb fühle ich mich heute schon
sicherer, fahre nicht mehr ganz so schleichend, schließlich seh' ich mit
Fernlicht doch einige Meter vor mich hin.... Ja, ich versacke sogar in eine leichte
Unaufmerksamkeit, die mir das Radio-hören ermöglicht.
Mist, die Abzweigung verpasst! Hätte nach links gemußt, statt
dessen bin ich ein paar Meter ins Dorf hineingeraten. Ich wende, und als
ich fast herum bin, sehe ich starkes Scheinwerferlicht aus der Richtung
aufblitzen, in die ich will. Wieder aufmerksamer, rolle ich auf die
Abzweigung zu und sehe staunend, wie ein riesiger X-Tonner mit Hänger dröhnend die Kurve
nimmt. Dem hätte ich nicht PLÖTZLICH aus einer Senke heraus auf der engen
Straße begegnen wollen....
Im Vogelhotel ist alles dunkel. Mann, klappen die denn sooo früh schon die
Fußsteige hoch? Ich bin ja vom Land einiges gewohnt, aber schließlich bin
ich mit einem Hotelgast im Restaurant verabredet! Das kann doch nicht schon
ZU sein....
Ist es auch nicht. Ist bloß totaler Stromausfall. Mein Besuch begrüßt
mich vor dem Eingang, damit ich mich nicht verlaufe. Im Restaurant sitzt man
im Kerzenschein. Niemand regt sich auf, die Essenszeit ist sowieso vorbei.
Und Wein läßt sich auch ohne Strom ausschenken.
Claudia Klinger
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