Claudia am 24. Juli 2015 —

Wir stecken nicht im Körper, wir SIND der Körper!

Nadja, die in der Blogosphäre als „Erzaehlmirnix“ bekannt ist, hat im Frühjahr ihr E-Book Fettlogik überwinden heraus gebracht, das sich zu einem Erfolg entwickelt, der vielen nicht wirklich passt.

Sie beschreibt darin nämlich nicht nur ihren Weg von der 150-Kilo-Figur zum nie zuvor erlebten Normalgewicht von 63 Kilo, sondern entlarvt auch alle gängigen „Fettlogiken“ (z.B. den „Hungermodus“) als Illusionen: verzichtbarer Hirnballast, der nur vom Wesentlichen ablenkt: Jedes Pfund geht durch den Mund! (Auch ich nehme seitdem ab!)

In ihrem Blog rund um die Buchthemen zeigte Nadja bisher beeindruckende Vorher-Nachher-Bilder, die die Verwandlung zur schlanken, sportlichen Figur demonstrieren. Jedoch: „Es ist nicht alles Sonnenschein“ – ein neues Foto zeigt auch, dass sich Haut nicht überall gleich gut zurück bildet. „Unters Messer“ will sie dennoch nicht, sondern schreibt:

„Auf der anderen Seite kann ich trotzdem sagen, dass ich mich mittlerweile zum ersten Mal im Leben in meinem Körper wohl fühle. Unabhängig vom Äußeren. Das Körpergefühl gründet sich ja nicht (nur) darauf, wie andere Menschen einen sehen, sondern hauptsächlich darauf, wie es sich anfühlt, in dem Körper drin zu stecken.“

Gut, dass sie das so empfindet, denn heute scheinen ja viele ihr Befinden einzig von der Optik für Andere abhängig zu machen. Ein direkter Weg ins Unglück, denn jedes dem Ideal möglichst nahe Erscheinungsbild baut ja doch irgendwann ab – und wo bleibt dann das Selbstbewusstsein?

Zu diesem Artikel inspiriert hat mich allerdings die – umgangssprachlich sehr übliche“ – Formulierung „im Körper drin stecken“. Wir wissen heute, dass es nicht so ist, wie die Altvorderen glaubten: dass da eine Seele (wandernd oder nicht), ein Geist oder eine Psyche im Körper sitzt wie der Kuckuck in der Kuckucksuhr oder der Baggerfahrer auf dem Bagger. Aller Geist, alles Psychische basiert auf der materiellen Grundlage unserer Körperzellen, sowie den chemischen und chemo-elektrischen Vorgängen zwischen ihnen. Dass Psychopharmaka und Drogen funktionieren und im Stande sind, unser So-Sein drastisch zu veränderen, ist der nächstliegende Beweis dafür. Auch die Hormonlage verändert die Persönlichkeit, viele Krankheiten können das leider auch.

Rein instrumentelle Abnehm-Programme scheitern

Trotz dieses Wissens behandeln wir in verschiedensten Bereichen den Körper wie ein Reagenzglas: Was tatsächlich oder möglicherweise fehlt, wird einfach rein geschüttet (Nahrungsergänzungen etc.) – ungeachtet der komplexen Prozesse im Körper, die keineswegs so einfach zu kontrollieren sind.

Ganz krass aber wird es bei vielen Diäten und Abnehm-Konzepten, die Geist und Psyche einfach ignorieren. Nadjas „Geschichte der Fettlogik“ mit all ihren Diät-Erfahrungen (auch die Kommentare lesen!) enthält viele Beispiele für solche ignoranten Hau-Ruck-Diäten. Leider glauben immer noch viele Menschen daran, dass es genüge, den Körper „egal wie“ zum abnehmen zu zwingen, um DANACH dann ein normales schlankes Leben führen zu können. Aber weit gefehlt! Wie jeder weiß, scheitern viele derartige Diäten – entweder, weil sie nicht durchgehalten werden, oder weil das Gewicht danach bald wieder den vorherigen Status erreicht.

Essen ist eine Lust und muss es auch bleiben

Das kann auch gar nicht anders sein, denn Essen ist eben nicht nur „Stoffe in ein Reagenzglas werfen“. Essen ist vor allem ein leicht zu erlangendes Lusterlebnis, das vielerlei anderen Zwecken dient als nur der Ernährung. Wer meint, wochenlang mit drei Sorten teuer bezahlter Abnehmpampe ein nachhaltiges Normalgewicht zu erreichen, täuscht sich über die eigene menschliche Verfassung, die nun mal mehr ist als nur ein Stoffgemisch. Wer erfolgreich abnehmen will, sollte es mit einer Ernährungsumstellung versuchen, bei der man auf Freude am Essen nicht verzichten muss. Ich behaupte sogar: In einen deutlich schlankeren Körper muss man sich erstmal reinleben! Allzu schnelle und krasse Gewichtsverluste nehmen die Psyche nicht mit (genausowenig wie die Haut) – z.B. bei Menschen, die persönliche, oft unbewusste Gründe haben, sich gegen den Rest der Welt möglichst gut zu polstern.

Selbst sehe ich mich als Übergewichtige aus Ignoranz: mit den Wechseljahren jedes Jahr ein bisschen mehr drauf geschafft, die damit einher gehenden Verschlechterungen ignorierend, und mir das Ganze mit den üblichen Fettlogiken rund redend („Übergewichtige leben länger“ und ähnlicher Unsinn). Seit ich das Buch gelesen habe (25.Mai), bin ich über 6 Kilo leichter geworden, mache jedoch seit zwei Wochen langsamer bzw. gönne mir eine stagnierende Phase. Mich treibt zum Glück kein großer Ehrgeiz zum schnellen Abnehmen. Lieber gewöhne ich mich erstmal an dieses neue Gewicht und gehe die nächsten 6 Kilo langsamer an.

Ich kann das jetzt niemandem wissenschaftlich hieb- und stichfest begründen, bin mir aber intuitiv sicher: Mich wesentlich zu verändern – und 20 Kilo weniger bis zum Normalgewicht SIND eine wesentliche Veränderung – braucht (in meinem Fall) kein Hauruck-Verfahren sondern langsame Gewöhnung und schrittweises Vorgehen.

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Diskussion

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36 Kommentare zu „Wir stecken nicht im Körper, wir SIND der Körper!“.

  1. Ich bin kein Körper. Ich habe keine Seele. Ich bin eine Seele und habe einen Körper.

    Die Seele ist unmittelbare Erfahrung. Nach meinem Verständnis ist die Seele nicht irgendwie „im“ Körper, sondern durch das Gehirn mit dem Körper verbunden. Die Seele ist immateriell, daher kann ich ihr auch keinen auf die physische Welt bezogenen Ort zuordnen.
    Mir vorzustellen, daß nur der Körper real ist und keine Seele existiert, würde für mich den Versuch bedeuten, mich selbst davon zu überzeugen, daß es mich gar nicht gibt.

    Die Seele kann, logisch gesehen, keine Einbildung sein, denn wenn sie nicht existiert, WESSEN Einbildung wäre sie dann? Es wäre ja niemand da, der sich etwas einbilden könnte. Ein nicht-beseelter, nur körperlich existierender biologischer Mechanismus kann sich nichts einbilden. Ich kann einen Computer so programmieren, daß er „ich lebe“ anzeigt, aber das heißt noch nicht, daß der Computer sich tatsächlich einbildet, zu leben.

    Der einzige Mensch, von dem ich weiß, daß er beseelt ist, bin ich – ich weiß das durch unmittelbare Erfahrung. Natürlich läßt sich einwenden, ob unmittelbare Erfahrung als Wissen zählt. Eine Frage der Definition von „Wissen“. Wenn ich Kopfschmerzen habe, woher weiß ich, daß ich Kopfschmerzen habe? Wo ist der Unterschied zwischen realen und eingebildeten Kopfschmerzen? Die Unterscheidung ergäbe keinen Sinn – entweder der Kopf tut weh oder nicht.

    Alle anderen Menschen könnten seelenlose, biologische Automaten sein – es gibt keinen Weg, sicher zu sein, daß auch sie beseelt sind. Es gibt eine Reihe von Gründen, die für die Annahme sprechen, daß sie es sind; keiner davon ist ein Beweis.
    1. die anderen Menschen gehören zur selben Spezies wie ich, also sind sie vermutlich beseelt; 2. ich habe (interessanterweise nicht bei allen) den rein intuitiven Eindruck, es mit einer beseelten Person zu tun zu haben; und 3. aus ethischer Sicht sollte ich besser davon ausgehen, daß sie beseelt sind, denn sonst könnte ich sie ohne jegliche Vorbehalte versklaven oder ihnen jegliches Leid zufügen, es litte ja in Wirklichkeit niemand, weil da eigentlich niemand ist, sondern nur ein biologischer Mechanismus seine Selbstschutz-Mechanismen ausführt.

    Daß vom Körper aus auf die Seele eingewirkt werden kann, widerlegt nicht ihre Existenz, sondern zeigt nur, daß Körper und Seele, solange der Körper lebt, verbunden sind.

  2. Liebe Claudia

    Du hast mich auch auf „Fettlogik“ gebracht, danke nochmal dafür. Ich nehme seit dem ersten Juni ab, mein Ziel sind c.a. 30 Kilo. Ich habe einen anderen Weg gewählt und kopiere ungefähr Nadjas „Methode“ – 500 Kalorien, in meinem Fall 80g Protein, Vitamin-Tabletten, selbst kochen.
    Warum habe ich so einen radikalen Weg gewählt? Nadja schreibt, dass eine schnelle, große Gewichtsabnahme positive mit dem späteren halten des Gewichts korreliert. Von daher spricht nichts gegen diese Methode. Ein paar Monate lang ist das glaube ich gesundheitlich weitgehend unbedenklich (wobei meine Ärztin das auch skeptisch sieht, aber nicht grundsätzlich abrät). Aber mein Grund war: ich sehe Diät als Ausnahmezustand. Um 30 Kilo mit „normalem“ Gewichtsverlust weg zu bekommen bräuchte ich ein, zwei Jahre. Wenn ich wenig esse habe ich dauernd kalte Hände (was mich sehr bei der (Tipp-) Arbeit stört und friere dann generell leicht. Ich wollte das über den Sommer hinkriegen.
    Dass es danach nicht weitergehen kann wie vorher ist mir klar.
    Ich habe in meinem Leben noch nie so viel und so bewusst für mich selbst gekocht wie in den vergangenen Wochen. Wenn ich mal etwas Fettiges oder Süßes esse (zwei Wochen war ich im Urlaub, da habe mir „Gewicht halten“ zum Ziel gesetzt und letztlich in zwei Wochen noch ein Kilo abgenommen) wird mir das extrem bewusst.
    Mein Geschmackssinn ist intensiver geworden, mein Bewusstsein für alles was ich esse deutlich gestärkt. Mein Körpergefühl wandelt sich spürbar. Es geht mir überraschend gut (besser als vorher), ich entwickele eine erstaunlich Energie und Ausdauer, die ich vorher wohl damit verschwendet habe, die zusätzlichen Kilo rumzuschleppen und zu ernähren. Der sichtbare Erfolg stärkt massiv mein Gefühl der Selbst-Wirksamkeit. Es fällt mir mittlerweile oft sehr leicht, meinen Schweinehund zu überwinden, was vorher nicht der Fall war. Es ist alles in allem eine ziemlich überraschende Erfahrung.
    Ich kann Deine Argumente gut nachvollziehen. Wenn ich meinen Weg (den ich im Gegensatz zu Nadja ohne Not gehe) aus einer Außenperspektive betrachte, erscheint er mir ungesund, extremistisch und insgesamt eine schlechte Idee. Ich kann nicht abschließend begründen, warum ich ihn trotzdem verfolge, aber bisher war es ein sehr viel besserer Weg als erwartet.

  3. Habt Dank für Eure ausführlichen Kommentare! Sowas freut mich immer sehr.

    @Arnd: Es wundert micht nicht, dass Andere das anders sehen und ich will garantiert nicht über Glaubensfragen streiten!

    Ich kann nur von MIR berichten, dass sich bei mir diese deine Sicht der Dinge im Lauf der Jahre und Lebenserfahrungen quasi von selbst zerstört hat. Was du Seele nennst, nenne ich Psyche: Gedanken, Gefühle, Erinnerung, Vorausschau, Reflexionsvermögen, Wahrnehmung – all das ist (für mich) unabweisbar vom Körper und den Vorgängen in ihm (Neuronengewitter und Verschaltungen im Gehirn, zentrales Nervensystem, chemische Prozesse) so sehr abhängig, dass ich das nicht abstreiten kann. Ein Schaden im Bereich der Großhirnrinde und man wird zum empathielosen Serientäter – mal so als Beispiel. Ganz zu schweigen von den krassen Bewusstseinsveränderungen durch Drogen und Psychopharmaka, durch Krankheiten wie Alzheimer/Demenz, die von der einstigen Person irgendwann nichts mehr übrig lassen.
    Das „Ich“ (also die, die sich was vorstellt), ist für mich eine Alltags-bedingte Illusion. Weil wir Tiere und nicht Pflanzen sind und uns vom Fleck bewegen können und müssen, weil wir zudem ein Hirn ausgebildet haben, das sich erinnern kann, bilden wir die Vorstellung, JEMAND zu sein. Dabei ist dieses Ich nirgends auffindbar, zudem ist es veränderlich wie alles andere auch.

    Kurzum: das ist NIEMAND bzw. es ist das Universum, das in mir und allen Anderen zum Leben und zum Bewusstsein kommt.

    Auch mit dieser Sicht der Dinge kann man „Trost finden“ und muss nicht materialistisch-zynisch-verzweifelt werden. Ich danke es meinem langjähringen, buddhistisch inspirierten Yogalehrer, dass ich mit der Vorstellung des Nicht-Selbst ganz gut leben kann. Wir sind alle Sternenstaub, vom Anbeginn der Zeiten dabei, aufgespalten in unzählige vermeitliche „Seelen“, die um ihr Leben fürchten. Eigentlich eine schöne, tröstliche Idee, dass dies nur eine Illusion sei – und im Lauf des Alterns wird mir das immer glaubhafter.

    @Thorsten: gratuliere zu deinem schönen Erfolg! Das Schöne an Nadjas Buch ist ja, dass sie keine spezielle Ernährungslehre propagiert, sondern lediglich Fettlogiken entlarvt, die heute viele davon abhalten, überhauft auf sinnvolle Art das Abnehmen in Angriff zu nehmen!

    (Wenn ich lese, dass Leute sich hoch-kalorisches Zeugs reinhauen, nur um ihren Stoffwechsel nicht in den sog. „Hungermodus“ gleiten zu lassen, stehen mir die Haare zu Berge!
    Dann müssten ja alle Menschen, die je kulturell/religiös begründet und/oder weil die letzte Ernte alle war gefastet haben [typisch im Frühjahr], hinterher übergewichtig geworden sein!)

    Persönlich will ich derzeit dem Abnehmen nicht so einen hohen Stellenwert in meinem Leben einräumen. Es muss beiläufig gehen und das Weglassen von Pizza, Pasta, Brot und Süßzeug, verbunden mit einem mittlerweile angelernten Bewusstsein über den Energiegehalt der Lebensmittel, bringt mir ja auch Erfolge. In meinem Alter (60plus) mag ich auch nicht so schnell abnehmen, um nicht wie ein leerer faltiger Sack auszusehen – und ich muss mich dran gewöhnen, weniger zu wiegen. Unbewusst sind mit einer gewissen „Gewichtigkeit“ noch ganz andere Inhalte verbunden – daher gebe ich der Sache Zeit, damit die Psyche auch mitkommt.

    Insgesamt ist es aber wunderbar, wie Nadja viele inspiriert, ihren je eigenen Weg zu gehen – unbehindert von Fettlogiken, die – wie ich jetzt erst bemerke – wirklich massenhaft vertreten werden! Es gibt tatsächlich einen doppelten Mainstream:

    -> Zum einen den ungebrochenen Schlankheitswahn und die berechtigte Kritik an ihm (man schaue sich nur das heutige Angebot an Damenhosen an – krass, wie extrem eng die zu 95% sind!)

    -> zum anderen die Fettlogiken, die das Abnehmen problematisieren und kritisieren, sowie eine Menge „Tipps“ und Programme (Geschäfte!!!) propagieren, die selten zu nachhaltigen Erfolgen in Sachen Abnehmen führen.

    Mit dem Vorwurf des „Magerwahns“ an alle, die ihrem Übergewicht zu Leibe rücken wollen und mit einer „Fett-Akzeptanz“, die gesundheitliche Probleme und Spätfolgen leugnet, wird der immer übergewichtigeren Bevölkerung nach dem Munde geredet. Hat bei mir ja auch lange geklappt – bis zu Nadjas Buch!

  4. Wie schon geschrieben – das Ich (oder die Seele, das Bewußtsein …) kann keine Illusion sein, weil es dann niemanden gäbe, der diese Illusion haben könnte.

  5. @Arnd: Eine Illusion ist erst mal nur eine fehlerhafte Abbildung (wobei das natürlich nicht auf „Bilder“ beschränkt ist). Die muss niemand haben. Wenn eine fehlerhafte Linse ein falsches Bild projiziert ist das im Prinzip das gleiche wie eine Illusion, nur viel weniger komplex. Ich vermute, Deine Beweisführung basiert auf einem Zirkelschluss.

    @Claudia: Ja, ich hoffe, diese Hosen-Mode geht bald vorbei … Am meisten erstaunt, wie viel Widerstand ich gegen mein Abnehmen erlebe, genau wie Nadja es geschrieben hat: so etwa „Ist ja gut dass Du abgenommen hast, aber jetzt ist auch gut“ (jetzt ist unteres Ende der Adipositas/oberes Ende Übergewicht).

  6. @Thorsten, etwas kann keine Illusion haben, sondern nur jemand. Nach meinem Verständnis ist die Seele das, was den Unterschied zwischen etwas – einem elektronischen oder biologischen Mechanismus – und jemand ausmacht.
    Eine Linse oder ein technischer Apparat jeglicher Art ist niemand, sondern etwas.

  7. @Arnd Das meine ich mit Zirkel-Schluss. Du definierst „jemand“ in „Illusion“ rein und sagst dann, „Siehst Du, Illusion ist Faktum also muss „Seele“ schon Faktum sein. Ist natürlich kein Zirkel-Schluss, sondern erst mal nur ein Schluss aus einem fragwürdigen Axiom.

  8. Ich verstehe nicht, wie der Begriff „Illusion“ einen Sinn ergeben soll, wenn er sich auf auf nicht belebte Objekte bezieht. Das ist m.E. eine bestehende Definition und nicht meine Idee.
    Wenn ich mich mit gehackten Daten in ein System einlogge, ist der Server dann „jemand“, der die „Illusion“ hat, ich sei jemand anders? Das würde doch den Begriff überdehnen und höchstens metaphorisch, antropomorph und halb scherzhaft verwendet werden.

  9. @Arnd Ich meine auch nicht unbelebt sondern unbeseelt. Zahlreiche visuelle Illusionen basieren auf der Struktur der Netzhaut. Wäre die Netzhaut anders aufgebaut, wären die Illusionen anders oder nicht vorhanden. Seele, Bewusstsein usw. haben nichts mit der Phänomenologie der meisten Illusionen zu tun.

    Ein Professor von mir sprach meist von „Erlebensfähigkeit“ und „innerer Perspektive“. Wir vermuten, dass ein rein mechanisches System nichts „erlebt“, daher der erste Ausdruck. Auch ein vollständiges Wissen und Erfahren der physiologischen Vorgänge in Deinem Körper würden mir nicht Dein Erleben der selben Situation erschließen. Letzteres gibt es ausschließlich in der „inneren Perspektive“.

    Ich vermute, Deine Argumentation mit der Illusion zielt auf das, was Prof. Cruse mit diesen Begriffen zu umschreiben versuchte. „Erleben“ braucht jemanden, der etwas erlebt. Die Illusion ist irreführend, es ist wahrscheinlich das „Erleben“ der Illusion, das in Deiner Argumentation die Seele notwendig macht. Es ist aber egal, was erlebt wird.

    Viele Wissenschaftler, die keine Seele postulieren, sprechen von einer „emergenten“ Eigenschaft. „Emergenz“ liegt vor, wenn das Ganze mehr als die Summe seiner Teile ist. Ein elektrischer Schwingkreis besteht aus einer Spule und einem Kondensator. Der Schwingkreis hat Eigenschaften wie die Resonanz-Frequenz. Diese Eigenschaft hat weder eine Spule noch ein Kondensator. Diese Eigenschaft taucht wie aus dem Nichts auf, wenn man die Teile in einer bestimmten Art zusammenführt. Die genannten Wissenschaftler postulieren, dass das was Du „Seele“ nennst, eine emergente Eigenschaft des Gesamt-Systems menschlicher Körper ist. Damit wäre sie aber der Körper und hätte nicht einen Körper.

    Wenn Dich das interessiert empfehle ich mal was von dem Philosophen Thomas Metzinger zu lesen. Der hat in die Richtung recht komplexe Vorstellungen entwickelt, die zahlreiche Resultate moderner Naturwissenschaft inkorporiert.

  10. Auf der materiellen Ebene ist das richtig.
    Was mich aber beschäftigt, ist, wie man ein materialistisches Menschenbild in Einklang bringt mit der unmittelbaren Erfahrung des eigenen Lebendig-Seins, dessen, das ich Seele nenne. Damit meine ich keine konkreten Wahrnehmungen oder Erfahrungen, sondern das unmittelbare Erleben des eigenen Seins.
    Ich habe den Verdacht, daß viele dieses Erleben gar nicht kennen. Das könnte daran liegen, daß die Seele permanent unmittelbar präsent ist, und wir sie deshalb übersehen. So wie wir das Summen des Kühlschranks erst bemerken, wenn er sich abschaltet.

    „Sein“ kann verschiedenes bedeuten; ein Bleistift „ist“ in dem Sinne, daß er ein Bleistift ist, aber er macht (vermutlich) nicht die Erfahrung, ein Bleistift zu sein. Ich bin und erlebe, zu sein.

    Der Materialismus fordert von mir, dieses unmittelbare Erleben zu verwerfen und zu glauben, daß ich auf keine andere Weise bin, als ein Schwingkreis oder ein Bleistift ist.

  11. Wieso hilft es der Theorie, wenn das, was sein eigenes Sein erlebt, ein immaterielles Postulat ist statt eine Eigenschaft oder ein Element des bekannten materiellen Systems? Welche Vorteile ergeben sich aus Immaterialität und Zusätzlichkeit?

  12. Wenn es möglich wäre, eine materiell exakt identische Kopie meines Körpers inklusive des Gehirns in seinem aktuellen Zustand mit allen darin enthaltenen Informationen herzustellen, wäre die Kopie dann ich? Hätte, pardon wäre ich dann zwei Körper? Wie wäre das, die Welt mit zwei Körpern gleichzeitig zu erleben? (Keine anzüglichen Scherze bitte … ;-))

  13. Nein, Du wärst Du und die Kopie die Kopie und Euer Erleben unabhängig voneinander. Eure Erinnerung an die Zeit vor dem Kopier-Vorgang wäre im ersten Moment identisch, würde dann aber vermutlich auch divergieren. Das von Dir vorgeschlagene Experiment wäre im übrigen physikalisch nicht möglich (aufgrund der Heisenbergschen Unschärferelation), wobei nicht sicher ist, ob das relevant ist. Evtl. genügt auch eine „ungefähre“ Kopie für Dein Gedanken-Experiment.

    Kriege ich auch eine Antwort?

  14. Interessant, welche Wendungen dieses Gespräch mittlerweile genommen hat! :-)

    @Arnd: ich fühle mich komplett unverstanden durch deine Bemerkung:

    „Wie schon geschrieben – das Ich (oder die Seele, das Bewußtsein …) kann keine Illusion sein, weil es dann niemanden gäbe, der diese Illusion haben könnte.“

    Das ist doch, was ich sage: da ist niemand! Es gibt nur die Illusion eines Ichs, quasi als operationale These, um den Alltag als ein Wesen zu meistern, das sich als von der Umwelt abgegrenzte Entität empfindet, die sich für ihr Überleben irgendwie anstrengen muss.

    Die Gleichsetzung von Bewusstsein = Seele hab ich nirgends behauptet! Bewusstsein, wie wir es kennen, entsteht auf der Basis eines Gehirns, eines lebendigen Körpersystems mit Wahrnehmungs- und Reflektionsfähigkeiten. Wird das zerstört, ist auch kein Bewusstsein mehr da.

    Was den Unterschied zwischen unserem Erleben und dem In-der-Welt-Sein eines Apparats / Gegenstands angeht, bin ich voll auf deiner Seite: das ist nicht dasselbe (was ein Apparat „erlebt“, interessiert mich also auch nicht).

    Bevor Wissenschaftler über Bewusstsein und „Ich“ debattierten, war es wohl die Frage nach dem LEBEN im Unterschied zur unbelebten Materie, die sie hauptsächlich bewegte (ich erinnere leider nicht, wie das augegangen ist/beigelegt wurde). Ich greife darauf zurück, weil ich da den Unterschied zu den Maschinen und Programmen sehe: sie können gerne mit Wahrnehmungsmodulen ausgestattet sein und sogar „lernen“ – aber nie und nimmer werden sie dadurch lebendig!

    „Was mich aber beschäftigt, ist, wie man ein materialistisches Menschenbild in Einklang bringt mit der unmittelbaren Erfahrung des eigenen Lebendig-Seins, dessen, das ich Seele nenne. Damit meine ich keine konkreten Wahrnehmungen oder Erfahrungen, sondern das unmittelbare Erleben des eigenen Seins.“

    Was IST das denn? Gibt es das überhaupt oder ist es nicht nur eine Annahme, eine sprachliche Konvention, ein Überbau für den niemals endenden Strom von Erfahrungen, Wahrnehmungen, Gedanken?

    Vermutlich hast du auch irgendwann mal versucht, zu meditieren. Der Strom endet nicht, man kann ihn beobachten und sich davon ein Stück weit distanzieren – man kann allenfalls per Konzentration auf ein Detail (z.B. Atmen) alles andere irgendwann beiseite lassen. Dann aber, im Moment des Gelingens der vollen Konzentration auf dieses Eine gibt es kein „Ich“ mehr, sondern eben nurmehr das Atmen. (Solange noch „jemand“ das Atmen beobachtet, ist es noch nicht ganz gelungen). Erstaunlicherweise gibt dieses Erlebnis einen Euphorieschub und das Gefühl einer großen Befreiung – womit man jedoch aus der Erfahrung schon wieder heraus gefallen ist, denn wieder ist „jemand“ dabei, die Erfahrung zu analysieren und zu bewerten.

    Thorstens Verweis auf „Emergenz“ kann ich gut folgen – aber dennoch empfinde ich meine Sicht der Dinge nicht als rein materialistisch. Den ganzen Gegensatz zwischen Materialismus/Idealismus bzw. Geist versus Materie empfinde ich als einen veralteten Dualismus. Dass mein Verstand das „Ich“ als nützliche Illusion betrachtet, heißt nicht gleichzeitig, dass das große Ganze, das es hervor bringt, eine geistlose Veranstaltung sei. Die Emergenz, die sich da (in deinem Sprachgebrauch als „Seele“) zeigt, ist doch ebenso eine Eigenschaft des Seins / Daseins wie die Schwerkraft. Wir müssten nur mal diese begrenzte, tatsächlich Ego-zentrierte Sucherei rund ums eigene SoSein aufblenden zum Nachdenken übers große Ganze, dessen Teile wir alle sind. Dort ist alles enthalten, angelegt, als Potenzial und Ergebnis – nur eben nicht begrenzt auf unser vergängliches (weil lebendiges) Körper-bedingtes „Ich“.

    Allerdings: Die Wissenschaft wird das sogenannte „Qualia-Problem“ nicht lösen können, den riesengroßen Unterschied zwischen der Außenansicht und der Innenschau.

    Deshalb bewegen wir uns mit solchen Themen immer auch im Reich der Spekulation, des Glaubens, bzw. der persönlichen Poesie. Sich da auszutauschen finde ich toll – leider dominieren in der Welt die Religionsstreitigkeiten.

  15. Mein Pelz,
    fast einem Waschbär würdig,
    wächst,
    seitdem ich wieder meine Bahnen ziehe,
    mehr weiß als grau,
    und wird,
    wie fruchtlos wütend sie dran zupft,
    zur Wohnstatt dieser
    von ihm gut behütet
    tief in ihm sich Wähnenden
    und Frau.

  16. Thorsten: Der Vorteil ist, daß es den Unterschied zwischen dem rein materiellen Sein eines funktionierenden Mechanimus und dem erlebten Sein eines lebenden Wesens beschreibt. Ich sehe nicht, wie das auf der rein materiellen Ebene möglich sein soll. Rein materiell kann ich nur beschreiben, wie das Leben, das Bewußtsein usw. rein technisch funktioniert.

    Zum Gedankenexperiment: Einige Leute lassen sich ja einfrieren in der Hoffnung, in ferner Zukunft könne ihr „Bewußtsein“ auf einen neuen, vielleicht künstlichen Körper übertragen werden. Wenn stimmt, was Du sagst, würde das nur von außen betrachtet funktionieren: Die anderen Menschen erhielten eine exakte Kopie von mir, die noch dazu, aus seiner Sicht zu Recht und im besten Glauben, behauptet, ich zu sein. Die anderen hätten keinerlei Möglichkeit, zu erfahren, ob das wirklich ich bin. Nur ich selbst wäre trotzdem tot und niemand würde es wissen.

    Bin ich denn der einzige, dem je aufgefallen ist, daß er lebendig ist?

  17. Erster Absatz: Gut, für „Erleben“ setzt Du axiomatisch ein nicht-materielles, nicht-wissenschaftliches Element voraus. Akzeptiert, eine weitere Diskussion erscheint mir für mich nicht sinnvoll.

    Zweiter Absatz: Die „Kopien“ könnten im Prinzip natürlich herausfinden wer oder was Original und Kopie ist, wieso nicht? Menschen die sich einfrieren lassen, sind tot und jeder weiß das. Jeder Arzt würde einem 1,8m langen Eiswürfel ohne Zögern den Totenschein ausstellen. Mutmaßliche würden andere Menschen zumindest potentiell Erfahren, dass Du Dich um die Kopie Deines Kryo-Leichnahms handelst und könnten sich dann ein Urteil bilden, ob sie diese Kopie als Fortsetzung Deiner Person empfinden oder nicht.

  18. Was für ein Haken am Schluß, Susanne. Das philosophische Bonmot.
    Aber eigentlich ging es hier ums Abnehmen!
    Und da gratuliere ich den zwei Erfolgsjüngern.

    @Claudia, Du hattest mal vor gut 2, 3 Jahren über einen Österreicher berichtet, der 100 Kilo abnehmen wollte. Mittlerweile hat er das geschafft.
    Ich fand schade, daß Du das nicht mehr verfolgt hattest.

  19. @Gerhard: Toll! Warum setzt du keinen Link zu ihm? Aber hey, das Blog hat eine Suchfunktion und mit „100 Kilo“ hab ich den Eintrag gefunden!

    Und hier der Abnehm-Held: projekt100kilo.at – beeindruckend! Er hat allerdings am Start eine „Schlauchmagen-Op“ gehabt, ist also kein Beispiel für „einfach so“ abnehmen.

  20. Arnd:

    „Bin ich denn der einzige, dem je aufgefallen ist, daß er lebendig ist?“

    Thorsten:

    „Gut, für „Erleben“ setzt Du axiomatisch ein nicht-materielles, nicht-wissenschaftliches Element voraus. Akzeptiert, eine weitere Diskussion erscheint mir für mich nicht sinnvoll.“

    Meine Beiträge als Versuch, die Positionen zu vereinen, ignoriert Ihr beide (sag ich OHNE Ärger als bloße Feststellung). Dass eine Diskussion wg. des Bezugs auf etwas „Immaterielles“ sinnlos sei, wie Thorsten behauptet, negiert unglaublich viel Philosophie und Wissenschaftsgeschichte. Die Bemerkung von Arnd (ist niemandem aufgefallen….) ignoriert das weite Feld der Auseinandersetzungen rund um Bewusstsein ebenfalls.

    Ich empfehle, die beiden Wikipedia-Artikel zu Qualia und Bewusstsein zu lesen, die klar machen, welch riesigen Stellenwert diese Auseinandersetzung grade auch in den Wissenschaften hat! (Nicht etwa mit der Idee, das hier irgendwie weiter zu bringen :-))

  21. Der Punkt ist eher das Axiomatische als die Immaterialität. Axiome kann man wählen, wie man möchte. Diskutieren kann man nur Fakten und Schlussfolgerungen aber keine Axiome. Man könnte diskutieren ob sich aus gegebenen Axiomen „sinnvolle“ Schlussfolgerungen ergeben oder nicht. Arnd findet die Schlussfolgerungen eines materialistischen Ansatzes – die wir diskutiert haben – nicht sinnvoll. Mich interessieren die Schlussfolgerungen eines dualistischen Weltbildes nicht mehr so sehr, daher besteht da kein Diskussions-Bedarf für mich.

    Allerdings besteht bezüglich Immaterialität für mich auch ein Problem, aber ich sah aus vorgenannten Gründen keine Notwendigkeit, darauf einzugehen. Jetzt aber. Als ich den von Dir zitierten Beitrag schrieb, habe ich kurz überlegt, ob ich „nicht-materielles“ näher definieren soll, fand das aber aus den bekannten Gründen dann auch unnötig.

    „nicht-materiell“ heißt hier ja nicht, dass es nicht einfach nur nicht „stofflich“ ist. Der Geist könnte dann ja immer noch z.B. durch irgendwelche elektromagnetischen Wellen und exotischen Kraftfeldern gebildet werden. Aber das meint der dualistische Ansatz nicht.

    Dualismus geht davon aus, dass das „geistige/seelische“ nicht direkt beobachtbar ist sondern nur dass es sich nur durch seine Wirkung offenbart. Damit entzieht es sich einer mechanistischen Untersuchung, denn auch das Geistige muss ja notwendig irgendwelchen Regeln und „Mechaniken“ folgen, da es sich – so man es denn postuliert – offensichtlich nicht ausschließlich chaotisch verhält.

    Überspitzt formuliert glaube ich, dass der Sinn des Dualismus gerade darin besteht, das eigene Sein zu mystifizieren. Daher prallt in solchen Diskussion jeder Versuch einer tieferen Analyse am dualistischen Weltbild ab. Das ist quasi tautologisch.

    Daher beschränkte ich mich darauf, die Konsequenzen meines monistischen Weltbildes zu erläutern und die Fortführung einer Jahrtausende alten Debatte heute mal auszulassen :-)

  22. Übrigens schrieb ich aus gutem Grund „für mich nicht sinnvoll“ statt „sinnlos“. Ist irgendwie untergegangen :-)

  23. Zum Nicht-Materiellen … daß das Nicht-Materielle existiert, läßt sich doch eigentlich nicht bestreiten. Ist Literatur real? Chemische Analysen beweisen, daß Bücher „in Wirklichkeit“ nur gepreßte Zellulose sind. Ist Musik real? Wir können ein Oszilloskop an den Ausgang eines Verstärkers anschließen und zeigen, daß Musik „in Wirklichkeit“ nur Schwingungen sind, elektrische und dann akustische.

    In meinem Menschenbild bzw. Selbstbild bin die Seele ich, d.h.der Teil, der, über den Weg:

    Seele des Musikers -> Körper des Musikers -> Instrument -> Luft -> Mikrofon -> Medienrekorder -> Medienplayer -> Verstärker -> Lautsprecher -> Luft -> mein Körper (Gehör) -> meine Seele

    erlebt, was der Musiker ausdrückt. (Thorsten ist Musiker, wie ich gesehen habe.)

  24. Claudia:

    Das ist doch, was ich sage: da ist niemand! Es gibt nur die Illusion eines Ichs, quasi als operationale These, um den Alltag als ein Wesen zu meistern, das sich als von der Umwelt abgegrenzte Entität empfindet, die sich für ihr Überleben irgendwie anstrengen muss.

    Da komme ich tatsächlich nicht mit … wie kann es eine Illusion „geben“ wenn niemand existiert, der sie hat? Wessen operationale These? Wenn ich meditiativ versuchen würde, das „Ich“ aufzulösen (was auch immer genau mit „Ich“ in dem Kontext gemeint ist), wer unternimmt dann diesen Versuch?

    Danke für die Links – „Qualia“ heißt das, interessant. Das Thema war mir lose vertraut, aber den Begriff kannte ich nicht. Ich gebe auch zu, daß meine Gedanken zu diesem Themenkomplex einigermaßen unsortiert sind. Da sind etliche „wilde“ Querverbindungen in dem neuronalen Netz, das die materielle Repräsentation meines Ichs darstellt …

  25. Meiner Ansicht nach ist ein Buch – und auch alle anderen von Dir genannten Beispiele – rein materiell. Natürlich hat ein Buch Informations-Gehalt – wie jedes physikalische Phänomen. Ein mit „Information“ verwandter Begriff, die „Entropie“ ist sogar eine der wichtigsten physikalischen Größen überhaupt.

    „Da sind etliche „wilde“ Querverbindungen in dem neuronalen Netz, das die materielle Repräsentation meines Ichs darstellt …“
    Dieser Satz deutet an, dass diese ganze Diskussion einzig ein Problem der Terminologie war (verflucht seist Du Rolf Todesco, Du „trollst“ sogar, wenn Du nicht zugegen bist :-) ).

  26. (verdammt, ich sollte eigentlich arbeiten)

    Darf ich hier nochmal einhaken:

    Claudia:

    Die Gleichsetzung von Bewusstsein = Seele hab ich nirgends behauptet! Bewusstsein, wie wir es kennen, entsteht auf der Basis eines Gehirns, eines lebendigen Körpersystems mit Wahrnehmungs- und Reflektionsfähigkeiten. Wird das zerstört, ist auch kein Bewusstsein mehr da.

    Wenn das so ist, müßte aber im Prinzip auch jeder technische Apparat, entsprechend fortgeschritten, das Potential haben, Bewußtsein zu entfalten, sozusagen also „zum Leben zu erwachen“.

    Aber Du schreibst auch:

    Was den Unterschied zwischen unserem Erleben und dem In-der-Welt-Sein eines Apparats / Gegenstands angeht, bin ich voll auf deiner Seite: das ist nicht dasselbe (was ein Apparat „erlebt“, interessiert mich also auch nicht).

    Thorsten: Die Terminologie ist in diesem Themenbereich ein generelles Problem. Existieren überhaupt verbindliche Definitionen für die Begriffe Ich, Ego, Selbst, Bewußtsein, Geist, Seele? Vielleicht bin ja ich es, der sie nur falsch benutzt.

  27. Ich kenne jedenfalls keine „verbindlichen“ Begriffe dafür. Es geht aber auch nicht um diese Begriffe, sondern wie Du „materiell“ und „geistig“/“seelisch“ verwendest. Die klassischen Dualisten glaubten, dass es eine Seele gibt, die weitgehend unabhängig vom Körper ist und diesen „lediglich“ steuert. Der Tod des Körpers ist nach dieser Auffassung nicht zwangsläufig der Tod der Seele. Dein Satz über die „die materielle Repräsentation meines Ichs“ klingt so als würdest Du gar nicht an diese Unabhängigkeit glauben sondern würdest nur plädieren, dass man über das „Geistige“ unabhängig vom „Physischen“ diskutieren kann. Habe ich das richtig verstanden?

  28. @Claudia, ich hatte den Link zu Hermann bewusst nicht angegeben, weil ich mich gewundert hatte oder mich frage, wieso Du eine Sache nicht weiterverfolgst, obwohl Du sie einst heiß angeboten/angepriesen hast.
    Immerhin hat der Abnehmkünstler einen epischen Kampf hinter sich und er hat beileibe nicht gleich durch eine OP sein Problem gelöst, sondern beharrlich, aber letztlich ohne bleibenden Erfolg, innerhalb zwei Jahren zweimal sehr deutlich durch Sport abgenommen.

  29. @Gerhard: das Abnehmen ist für mich erst seit Kurzem mal wieder ein Thema! Und selbst jetzt folge ich nur dem Blog der Verfasserin des Fettlogik-Überwinden-Buchs, nicht den vielen, die ihren Abnehmweg schildern.

    Wenn ich etwas empfehle, heißt das nicht, dass ich es „ewig“ weiter verfolge – und speziell in diesem Fall wollte eich einach diesem Menschen etwas Gutes tun / ihn unterstützden und ermuntern durch Weitersagen in meinem Blog. Schließlich ist das ein Thema, das viele interessiert – potenziell also auch einige der hier Mitlesenden.

  30. @Thorsten: dass das Geistige real ist, ist für mich ein Fakt, den ich wie Arnd jeden Moment erlebe. Den du auch erlebst, denn was wir hier machen, ist nicht vornehmlich Interaktion irgendwelcher Teilchen, sondern Kommunikation – etwas Geistiges / Psychisches, das sich durchs Studium der Pixel und elektrischen Zustände in Monitor, Internet und Gehirn nicht erfassen lässt.

    Besteht soweit Konsens?

    @Arnd: Eben deshalb ist die Frage „Wer bin ich?“ eine Art KOAN, dessen Lösung ist: da ist nichts / niemand. Wie die Zwiebeln einer Schale kannst du alles, wozu du „ich“ sagst, genauer betrachten und erkennen: es ist nichts als die Kette von Ursachen und Wirkungen, veränderliche Zustände von Gedanken, Gefühlen, Empfindungen, Wahrnehmung – das sogenannte „Ich“, mit dem wir all das verbinden als existiere da etwas Unveränderliches in uns, ist nur ein Konzept, wenn auch ein so sehr Gewohntes, dass es kaum je hinterfragt wird.

    Nun ist natürlich die Frage legitim, was eine solche, unsinnig erscheinene Besinnung bringen soll. Für mich ist das die einzig zugängliche Form von „Religion“ (im Sinne von Re-Ligio, Rückbindung ans große Ganze). Genau wie die uns vertrauteren Religionen (mit einem Gott, einem Leben nach dem Tod, einer unsterblichen Seele etc.) ist auch diese ein „Trostsystem“, denn: wo niemand ist, kann auch niemand sterben. :-)
    Wobei diese Lehre vom „Nicht-Selbst“ den Vorteil hat, sich mit der Wissenschaft zu vertragen, da man auf eine von jeglicher materiellen Repräsentanz unabhängigen „Seele“ verzichten kann.

  31. @Claudia: jain. Ich glaube prinzipiell lässt sich das Geistige durch das Studium der Physik erfassen. Allerdings können wir das bisher nur sehr eingeschränkt und ohne technische Hilfsmittel gar nicht. Ansonsten: ja.

  32. Das spirituelle Konzept des Nicht-Selbst ist mir noch sehr fremd. Ich glaube nicht, daß das das richtige ist für mich.
    Mein Verständnis von Seele verträgt sich m.E. aber ebenfalls mit der Wissenschaft, weil sie prinzipiell gar nicht Forschungsgegenstand der Wissenschaft, zumindest nicht der Naturwissenschaft, sein kann. Wer die Seele naturwissenschaftlich zu beweisen sucht, macht den selben Fehler wie der, der sie naturwissenschaftlich zu widerlegen sucht.
    Die Frage nach der Seele ist keine wissenschaftliche, sondern eine spirituelle Frage. Und wissenschaftliche Fragen müssen mit wissenschaftlichen Methoden angegangen werden, spirituelle mit spirituellen Methoden.
    Wenn ich wissenschaftliche Fragen mit spirituellen Methoden zu beantworten versuche, bekomme ich Resultate wie, daß das Universum 6000 Jahre alt ist, die Erde in seinem Mittelpunkt steht, daß unterirdische Wasseradern den Schlaf beeinflussen (sogar, wenn gar keine da sind), oder daß die Persönlichkeit eines Menschen von dessen Geburtsdatum abhängt. (Jetzt bin ich mit Sicherheit einigen auf die Füße getreten…)
    Und wenn wir versuchen, spirituelle Fragen mit wissenschaftlichen Methoden zu beantworten – was bekommen wir dann? Genau: 42.

  33. @Thorsten:

    „Ich glaube prinzipiell lässt sich das Geistige durch das Studium der Physik erfassen.“

    Messen vielleicht – aber ERFASSEN? Hat man ein tolles Musikstück „erfasst“, wenn man die Töne und Rhytmen in Zahlenwerten vor sich hat? Nicht im Ernst!

    @Arnd: ist ja nicht so, dass ich irgendwann auf der Suche nach einem „Glauben“ dieses Konzept angenommen hätte. Sowas hat bei mir nie funktioniert, obwohl ich phasenweise diverses „ausprobiert“ habe.
    Es diffundierte eher so rein, über Jahre – nicht nur durch Lesen von Büchern und Artikeln aus der buddhistischen oder Advaita-Szene, sondern vor allem durch das, was mein einstiger Yogalehrer während der Yoga-Stunden so als Intro und Ausklang sagte. Ein durchaus westlicher Philosoph an der TU Berlin, kein Räucherstäbchen-Yogi, sondern sehr bodenständig. Er lenkte unsere Aufmerksamkeit immer wieder in Richtung einer neuen „Zwiebelschale“ – Empfindungen, Gefühle, Gedanken, Erwartungen etc. – und wenn man das tut, wird langsam deutlich, dass nichts „fest“ ist, nichts bleibt, wie es ist. Nicht ein einziges übles Gefühl hält die gerichtete Aufmerksamkeit genau auf dieses Gefühl länger als ein paar Augenblicke aus…

    Also ist mir diese Sicht der Dinge (das ist „im Grunde meines Wesens“ NICHTS) sehr vertraut geworden. Und hilfreich ist sie eben auch. :-)

    Ein Beispiel aus der Yogastunde: die Totenstellung

  34. @Claudia Da hast Du sicher recht, aber wenn ich höre was Du hörst, es aus Deiner Perspektive höre und die mit Besonderheiten Deines Gehörs, soweit sei auf mich übertragbar sind, dann darf ich schon von „erfassen“ sprechen.
    Die Neurophysiologie ist heute so weit, dass man (sehr verschwommene) Bilder (!) direkt vom Kortex abnehmen kann. Es ist durchaus plausibel, dass das Innenleben einer Person irgendwann in das einer anderen projiziert werden kann – so weit es denn „übersetzbar“ ist. Wie gesagt, „bisher nur sehr eingeschränkt und ohne technische Hilfsmittel gar nicht“. Aber prinzipiell halt schon.

  35. Danke für den Link. Ich bleibe da aber skeptisch, weil ich meine, dass die Seele prinzipiell kein Forschungsgegenstand der Naturwissenschaft sein kann.
    Der Artikel wirft da auch alles mögliche durcheinander – nun ja, die „Welt“ ist nicht „Nature“. Von Dürr weiß ich nur, dass er in spirituellen Kreisen sehr geschätzt wurde, in wissenschaftlichen, vorsichtig gesagt, weniger.