Claudia am 02. November 2003 —

Veränderungen im Nahbereich

Man muss sich Zeit zum Krank-Sein nehmen, um zu gesunden! Zwar bin ich immer noch sehr erkältet, doch in Sachen Mausarm vielleicht ein Stück weiter – und das kam so:

Über den Tag war die Erkältung wieder stärker geworden, ich fühlte mich schwächer, fiebriger – und wagte es schließlich um 14 Uhr, innerlich Schluss zu machen, ohne noch meine Kursteilnehmer besonders zu informieren. Im Grunde hatte ich für heute alles getan – warum dieses komische Gefühl, mich extra „abmelden“ zu müssen?

Ich telefonierte mit einem Freund und fragte ihn, wie es ist, während einer Erkältung „was zu rauchen“ – er bot mir sogleich eine „Hauslieferung“ an, die ich dankend annahm. Kochte also Tee, plauderte kurz mit meinem Gast, wir rauchten einen Joint… dann ging er wieder und ich legte mich aufs Bett. Bekifft und fiebrig, sehr angenehm. Endlich konnte ich einfach abliegen, keine Stimme murmelte mehr im Hintergrund: Du solltest jetzt lieber…!

Ruhe, fließende Wärme. Ich fragte mich, ob die homöopathischen Globuli, die ich vor einigen Stunden eingenommen hatte, wohl etwas bewirken würden. Immerhin, das Gefühl der Übelkeit, das ich beim Husten immer verspürt hatte, war verschwunden. Meine Aufmerksamkeit wanderte weiter durch den Körper. Plötzliche Schauder schickten Empfindungsgewitter durch alle Nerven und Zellen – war es etwa zu kalt? Oder kam das vom Fieber, bzw. von der erhöhten Temperatur? So „richtig“ Fieber bekomme ich nämlich nie: diese großartige Selbstheilungsmethode des Körpers ist leider in der Kindheit mit heftigen Medikamenten unterdrückt und somit „abgewöhnt“ worden. (So wird ein Grundpfeiler gelegt, auf dem der beständige Profit der Pharmaindustrie dann selbstgewiss ruhen kann!).

Einmal noch holte ich eine dickere Decke, bei den nächsten Schauern entspannte ich mich dann, genoss einfach die winzigen stromstoßartigen Sensationen, die mich vielfältig durchfluteten, versuchte, sie möglichst WEIT durchfließen zu lassen – vom rechten Zeh ins Scheitelchakra – und immer mehr zu genießen. Wie angenehm…

Heureka!

Auf einmal realisierte meine Aufmerksamkeit Stellen, wo etwas im Argen lag. Wo es nicht „durchfloss“, sondern im Gegenteil schmerzhafte Empfindungen ihren Ursprung hatten. Zum Beispiel der rechte Oberarm, mindestens an zwei Stellen – und an der Schulter auch, eine beständige Verspannung, wirbelsäulennah. Klar, das war der „Mausarm“, lang bekannter Teil der chronischen Beschwerden, die vom zuvielen Sitzen herrühren. Interessant, dass so als dichte, dunkle Stelle von innen zu spüren! Ich versuchte, die Energien, die mich rieselnd durchwanderten, sämtlich auf diese blockierten Stellen zu „jagen“ – ein bisschen wirkte es auch, die Schmerzpunkte am Arm wurden plötzlich heißer. Ich nahm den Vibrator und massierte die schmerzenden Stellen – nachhaltig, insistierend. Es war sehr „lustvoll“ und ich bekam als „inneres Bild“ fast eine Art Diagnose, was da im Einzelnen eigentlich los ist, physisch gesehen.

Während ich so in den „kranken Bereich“ hinein spürte, erinnerte ich mich auf einmal an die Haltungen, die ich täglich vor dem PC einnehme. Nicht als Bild, von außen gesehen, sondern als „Empfindungserinnerung“, von innen erlebt. Und plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen: NA KLAR!!! Ich saß ja ständig SCHIEF, unsymmetrisch, beide Arme und Schultern unterschiedlich belastet und angespannt – immer auf die gleiche „unharmonische“ Art!

Und warum? Wegen der „ausgebauchten“ Form meines neuen Schreibtischs, den ich mir beim Einzug in der Gärtnerstraße als „Fortschritt“ zugelegt hatte. So ein Übereck-Teil, dessen Innenseite im Halbrund nach rechts übergeht. Was zur Folge hat, dass der Arm im Bereich dieses Halbrunds keine „natürliche“ Auflage findet, sondern ständig „im Leeren“ schwebt. Und nicht nur mal kurz, sondern seit zwei Jahren!

GENAU!!! 2001 im Sommer hatte ich den Tisch gekauft, im Frühjahr 2002 fingen die „Mausarm-Beschwerden“ an, und Anfang 2003 musste ich die Maus nach links legen, weil ich vor Schmerz nicht mehr klicken konnte. Seither keine Verschlimmerungen mehr, aber auch keine deutliche Besserung auf der rechten Seite – obwohl da doch gar keine Maus mehr zu bedienen war!

Ich wusste plötzlich: Ich muss auf einer geraden Seite des Schreibtischs sitzen, egal, wie ich ihn dafür hinstellen muss und wie das aussehen wird! HEUREKA, ich hatte es gefunden! Wie konnte ich das nur jahrelang übersehen???!!!

Mach’s jetzt, mach’s gleich…

Sofort aufgestanden und die Lage besichtigt. Mein „Arbeitsplatz-Arragement“ war dergestalt angeordnet, dass der Über-Eck-Schreibtisch einen kleinen Teil des Zimmers gegen den großen Rest abtrennte – wie eine Empfangsdame saß ich da „hinter dem Tresen“, überschaute das ganze Zimmer mit den Türen zum Wohnzimmer, zum Balkon und zum Flur, rechts der Blick aus dem Fenster – Feng Shui-mäßig alles voll in Ordnung. Aber: Auf, unter und hinter dem Schreibtisch zwei Computer, ein Drucker und ein riesiger Kabelverhau, der auch noch den Scanner auf dem Regal hinter mir einbezog, und mich immer wieder durch seine verworrene Unübersichtlichkeit anwiderte. Durch den neuen PC hatte sich das alles noch vervielfacht! In diesem meinem „Cockpit“ klebte ich im Prinzip den ganzen Tag. Alles, was ich brauchte, war in Griffweite, Maus, Tastatur, Telefon – und auch der Aschenbecher und der Tabak. Eine kompakte Situation, aus der man sich „um der Gesundheit willen“ gelegentlich heraus reißt, natürlich nicht oft genug, denn einen „echten Grund“ dazu gibt es ja nicht.

Ich überlegte, wie ich den Schreibtisch umstellen könnte, wo dann der Beistelltisch hinkäme, die beiden PCs, der Drucker – oh, ich merkte sofort, dass es ein Riesenaufwand werden würde, kein Stein würde auf dem andern bleiben! Wollte ich das wirklich tun? Jetzt, in DIESEM ZUSTAND? Egal, ich wusste: wenn ich es jetzt nicht sofort angehe, wird das nichts! Mach’s jetzt, mach’s gleich, mach’s richtig, ermunterte ich mich, und begann, die Kabel eins nach dem anderen abzuziehen. Drei Stunden später war das Zimmer ein völlig anderes!

Ich zuerst – und dann das Gerät..

Das war vor zwei Tagen. Jetzt sitze ich sehr exotisch an der kleinsten geraden Seite des Schreibtisches, die in Richtung Zimmermitte ragt. Mit ein bisschen Monitor drehen und Stuhl rücken kann ich noch zwei andere Sitzweisen mit dieser abwechseln. Der Bildschirm steht vor der Wand, hinter mir (und zu beiden Seiten!) ist freier Raum. Ich kann den Stuhl locker zurück schieben und zum Durchlesen aufstehen! Das Telefon steht zwei Meter weiter am Fenster – ich muss mich erheben und ein Stück laufen, wenn es klingelt, und das ist wunderbar so! Es gibt auch kein Kabelchaos mehr auf engstem Raum, sondern alle Geräte sind über mehrere, an der Wand aufgereihte Tische verteilt, genügend weit auseinander, um ganz übersichtlich vekabelt zu sein. Die „Dünen“ aus vermischten Materialen, Papieren, Technikteilen, Post, Daten- und Musik-CDs sowie Büromaterial sind ganz nebenbei in überschaubare Ordnung gebracht. Der zweite Tisch steht nicht mehr nutzlos rum, bis Gäste kommen, sondern dient als zweiter Schreibtisch für alles, was den PC nicht braucht.

Das Zimmer ist jetzt – sieht man von der „Büro-Zeile“ an der rechten Wandseite ab – ein großer leerer Platz: Ausgesprochen einladend, darin im Kreis herum zu gehen, während ich nachdenke. Es wäre jetzt auch gut Platz für einen Flipp-Chart fürs spontane Malen, bestimmt eine gute Abwechslung für den malträtierten „Mausarm“. Meine To-Do-Listen könnte ich da auch hinschreiben – groß und weithin sichtbar!!! Mal sehen, ob ich mir sowas gönne!

Sogar meiner alten Idee, auch mal im Liegen zu arbeiten, bin ich ein Stück näher gekommen. Im Moment sitze ich im frei nach hinten kippenden Stuhl, die Beine vor mir auf dem Tisch ausgestreckt. Mit den Zehen berühre ich den Monitor, die Tastatur liegt auf den Oberschenkeln. Wegen der Entfernung zum Bildschirm steht die Schrift auf 16 Punkt. Und ich hab mir die Tastaturbefehle von Windows und Word ausgedruckt, um auch mal ohne Maus auszukommen. Ein bisschen sperrig am Anfang, aber es geht.

Klar, das ist nur ein Experiment, der Stuhl ist fürs „Halb-Liegen“ nicht wirklich geschaffen. Ich werde mir eine Spracherkennungssoftware zulegen – etwas, das ich bis heute für gänzlich unnötig und überflüssig hielt – und allen Ernstes versuchen, Texte zu diktieren, langsam im Kreis herum gehend! Denn so, wie ich jetzt „an den PC sitze“, motiviert mich vieles, auch mal wieder aufzustehen, ohne dass ich das Gefühl hätte, mich wirklich von der Arbeit zu entfernen. Warum sollte ich auch immer sitzen bleiben, wenn ich auf den nächsten Satz warte?

Vermutlich wird die Genesung des „Mausarms“ genauso lange dauern, wie seine Erkrankung. Doch ich fühle, ich habe viel mehr gewonnen als nur die Chance auf Gesundung von dieser einen chronischen Beschwerde. Nach dreizehn Jahren „am Gerät“ bin ich zum ersten Mal dabei, das Equipment und alles was dazu gehört, MIR und meinen ganz konkreten individuellen Bedürfnissen anzupassen, anstatt umgekehrt. Dass ich dazu solange brauchte, ist ganz typisch: Selbstveränderung geschieht nicht per Beschluss und Verbesserungsvorsatz, sondern erst, wenn der Status Quo so richtig weh tut!

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